Einige überdurchschnittlich positiv bewertete
Assoziationen zu »Naturtheater«
anna schrieb am 3.3. 2001 um 14:29:14 Uhr zu
Bewertung: 12 Punkt(e)
NunZilla versucht, uns Mut zu machen. „All die Kinder hier“ sagt sie, „warum haben sie sich das Naturtheater-Ritual ausgesucht? Ihnen gefällt die Kargheit dieser Wüste, dieses Gebirges. Sie hatten, als sie noch lebten, nicht einmal Kraft für das, wovon sonst jedes Kind überquillt: Phantasie. Daß sie keinen Hunger, keinen Durst, keine Schmerzen mehr haben, das macht sie so geduldig. Die bunten Bänder an der Grenze zum Naturtheater, und wie der Wind sie bewegt, das ist ihnen Paradies genug.“
anna schrieb am 13.3. 2001 um 21:30:38 Uhr zu
Bewertung: 14 Punkt(e)
Im Mongolen-Zelt, es ist totenstill. Draußen ist nach einem beständigen Tag beständige Dämmerung eingekehrt. Ich schlafe nur halb. Welche Verlassenheit hatte uns, Nyima und mich, heute überfallen. Welche Verlassenheit! Was wäre ich ohne meine Liebste Nyima! Wäre sie nicht bei mir – eben habe ich das gedacht, schon taste ich im Zelt umher, allein bin ich, es packt, es schüttelt mich. Krieche aus dem Zelt. Rufe „Nyima, Nyima!“ – die Stimme klein wie die eines Kätzchens. In Wellen erfaßt mich Übelkeit. Ich krümme mich, hocke hin, pisse in den Sand. Der Himmel noch niedriger, der Horizont noch näher als je zuvor. Von fern, es kommt aber rasch näher, ein Springen und Keuchen. Ein Schatten, ein Windhund! Rennt mehrmals ums Zelt, legt sich hin, winselt leise. Ich flüstere „Veltro“. Das Winseln hört auf. Ich berühre vorsichtig seinen Kopf. Im Zelt zurück. Ich höre mein Herz laut schlagen. Finde ein Kopftuch, knülle es in meine Hand, lege mich hin. Im Bauch breitet sich Ruhe aus. Frieden. Ruhe, bis auf ein schwaches unterirdisches Donnern, genau unter dem Zelt, unter mir, fast in mir.
anna schrieb am 12.3. 2001 um 19:38:41 Uhr zu
Bewertung: 8 Punkt(e)
Aus leeren Kisten hat sich NunZilla ein Podest gebaut und bläst Posaune! Hier, beim Naturtheater, war ewiger Vormittag. Aber nun ist es Abend, durch die Wolkendecke bricht da und dort noch Licht, und NunZilla hat es geschafft, perfekt beleuchtet zu werden. Eine Art Blues, etwas steif dreht NunZilla sich immerzu um sich selbst. Der Horizont rückt näher. Wie die Ebene glänzt, wie der Bodennebel, das Gebirge leuchtet! Fußspuren tausender Kinder rings umher. Die Kinder alle im Nebel des Naturtheaters verschwunden. Noch immer der Blues, dann: Scheinwerfer aus, NunZilla fort!
Nyima und ich, mit einem Mal so kummervoll! In einem leeren Welt-Innenraum, auf einem traurigen Planeten, unser Zelt eine gestrandete Raumkapsel: dorthin ziehen wir uns zurück.
anna schrieb am 8.3. 2001 um 07:58:11 Uhr zu
Bewertung: 4 Punkt(e)
Da steht nun NunZillas Fracht, zwei Paletten voller Kisten. Die Hubschrauber-Intervention hat alle Kinder vertrieben. Eher mißmutig sehen wir uns die Bescherung an. Alles handliche, dunkelrote Kisten. So geschichtet, daß zu unserer Bequemlichkeit treppenartige Schneisen ausgespart sind. Ein kleinere Kiste fällt auf, und eine größere. Ich öffne, neugierig wie ich bin, die kleinere. Das geht ohne weiteres und ich sehe, sauber gestapelt, nichts als blaue Kopftücher. Schön! »NunZilla weiß, wie sehr du Kopftücher liebst. Bestimmt für dich, Nyima!« . Nyima hat die größere Kiste geöffnet und zieht lange Stoffbahnen heraus und Stangen. »Anna, ein Zelt!«. Wir schauen uns an - das haben wir vermißt! Für uns! Ein Zelt, das uns vor neugierigen Kindern verbirgt! Und nun sind die Kinder fort. Wir öffnen weitere Kisten. Die sind alle mit Mobil-Telefonen beladen. Wir wickeln einige aus dem bunten Seidenpapier. Kindertelefone. Ein Knopf nur, als Herz geformt. Ausziehbare Antennen, mit bunten Kügelchen am Ende. Wir drücken das kleine Herz und hören Rauschen, hören ferne Stimmen. Die Kindertelefone funktionieren.