Einige überdurchschnittlich positiv bewertete
Assoziationen zu »Hypertext«
hei+co schrieb am 26.4. 2000 um 19:29:24 Uhr zu
Bewertung: 2 Punkt(e)
rhizomatisieren
Als Modell für eine neue »Ordnung der Dinge« funktioniert die rhizomatische Vernetzung auf mehreren Ebenen, durchquert verschiedene Diskurs-Schichten:
Konnexion / Heterogenität auf der Strukturebene der Dokumente
»Jeder Punkt eines Rhizoms kann (und muß) mit jedem anderen verbunden werden.«(Deleuze/Guattari92, 16)
Mannigfaltigkeit in der Art und Weise nicht-hierarchischer Verknüpfungen (intertextuelle Bezüge, Fluchtlinien, offene Ringe, flache Diskurse als Gegensatz zum
klassischen und romantischem Buchkonzept)
Asignifikanter Bruch ununterbrochene Vernetzungen und Querverbindungen, die Abstammungslinien aufbrechen (Antigenealogie)
Karthographie / Abziehbild vielfältige, offene Zugangsmöglichkeiten, die eine Überschreitung struktureller und generativer (Baum-)Modelle darstellen
In dieser Komplexität dekonstruieren rhizomatische Verknüpfungen auf der Ebene der Dokumente die Linearität abendländischen Denkens, auf der Ebene der
Verknüpfung von Dokumenten untereinander die Herrschaft einheitlicher Signifikanten, hermeneutischen Abstammungslinien und Referenzen werden offene
Text-Netzwerke entgegengesetzt, geschlossene Zeichensysteme und Auslegungsmonopole (Diskurs-Herrschaft und Gewalt) werden durch experimentelle
Eingriffe, Montagen, den Einsatz künstlicher Mittel in ein offenes System Text - Leser /Schreiber - Welt umgesetzt.
Die Radikalität rhizomaschischer Verknüpfungsweisen liegt darin begründet, daß sie auf der Ebene der Produktion, der Rezeption und der Kommunikation
funktionieren:
Text, Schreiber / Leser, Welt/ Gesellschaft bilden zusammen ein Rhizom.
jorge schrieb am 23.6. 2000 um 14:45:21 Uhr zu
Bewertung: 2 Punkt(e)
Die Ruchlosen behaupten, dafl in der Bibliothek die Sinnlosigkeit normal ist, und dafl das Vernunftgem‰fle (ja selbst das schlecht und recht Zusammenh‰ngende) eine fast wundersame Ausnahme bildet. Sie sprechen (ich weifl es) von der Fiebernden Bibliothek, deren Zufallsb‰nde st‰ndig in Gefahr schweben, sich in andere zu verwandeln, und die alles behaupten, leugnen und durcheinanderwer fen wie eine delirierende Gottheit´. Diese Worte, die nicht nur die Unordnung denunzieren, sondern sie mit einem Beispiel belegen, liefern einen offenkundigen Beweis des verwerflichen Geschmacks der Urheber und ihrer verzweifelten Unwissenheit. In der Tat birgt die Bibliothek alle Wortstrukturen, alle im Rahmen der f¸nfundzwanzig orthographischen Symbole mˆglichen Variationen, aber nicht einen absoluten Unsinn. Es er¸brigt sich zu bemerken, dafl der beste Band der vielen Sechsecke, die ich verwalte, >Gek‰mmter Donner< betitelt ist, und ein anderer >Gipskrampf< und wieder ein anderer >Axaxaxas Mlˆ<. Diese auf den ersten Blick unzusammenh‰ngenden Wortf¸gungen entbehren gewifl nicht einer kryptographischen oder allegorischen Rechtfertigung; diese Rechtfertigung verbaler Art figuriert - ex hypothesi- bereits in der Bibliothek. Ich kann nicht etliche Schriftzeichen kombinieren
dhcmrlchtdi,
Christoph schrieb am 2.3. 2005 um 10:31:55 Uhr zu
Bewertung: 2 Punkt(e)
Dieser Text ist ein Hypertext. Er besteht aus einer Reihe von Wörtern, von denen jedes, das gelb unterlegt ist, wieder ein ganzes Universum an neuen Texten eröffnet, einfach, indem man darauf klickt und dem Link folgt.
Es ist sozusagen eine verschachtelte Reihe von Textwelten, die sich auf Wunsch des Lesers entfalten oder verborgen bleiben können. Jede dieser Textwelten bietet wieder eine schier endlose Reihe weiterer Worte an, von denen jedes wieder einen Tunnel in eine neue Welt bietet.
Der Leser ist damit nicht mehr gezwungen, dem Textverlauf, den der Autor geschrieben hat, zu folgen, sondern kann bei jeder Gelegenheit aus dem Zusammenhang ausbrechen.
hei+co schrieb am 2.3. 2000 um 12:37:04 Uhr zu
Bewertung: 3 Punkt(e)
HYPERTEXT: PALIMPSEST
"Als Hypertext bezeichne ich also jeden Text, der von einem früheren Text durch eine einfache Transformation [...] oder durch eine indirekte Transformation (durch
Nachahmung) abgeleitet wurde. [...](18) Es gibt kein literarisches Werk, das nicht, in einem bestimmten Maß und je nach Lektüre, an ein anderes erinnert; in diesem Sinne
sind alle Texte Hypertexte. Aber wie bei den Gleichen aus Orwells 1984 sind es manche mehr (oder offensichtlicher, massiver und expliziter) als andere [...] Ich kann in
jedem beliebigen Werk die partiellen, lokalisierten und flüchtigen Echos irgendeines anderen, früheren oder späteren Werkes verfolgen. (20) [...] während der Hypertext fast
immer fiktional ist, eine aus einer anderen Fiktion oder aus der Schilderung einer tatsächlichen Begebenheit abgeleitete Fiktion. [...] Der Hypertext kann nicht-fiktional
sein, insbesonders wenn er sich von einem nicht-fiktionalen Werk herleitet. Ein Kant-Pastiche oder eine Versifikation der Kritik der reinen Vernunft wäre sicherlich ein
nicht-fiktionaler Hypertext. [...] (530) Die Hypertextualität gehört gewissermaßen zum Basteln. [...] (532 )Sagen wir nur, daß die Kunst, 'aus Altem Neues zu machen', den
Vorteil hat, daß sie Produkte hervorbringt, die komplexer und reizvoller sind als die 'eigens angefertigten' Produkte: eine neue Struktur legt sich über eine alte Struktur und
verschränkt sich mit ihr, und die Dissonanz zwischen diesen beiden gleichzeitig vorhandenen Elementen verleiht dem Ganzen seinen Reiz. [...] Diese Doppeltheit des
Objekts läßt sich im Bereich der Textbeziehungen durch das alte Bild des Palimpsests abbilden, auf dem man auf dem gleichen Pergament einen Text über einem anderen
stehen sieht, den er nicht gänzlich überdeckt, sondern durchscheinen läßt. Pastiche und Parodie hieß es zu recht, 'bezeichnen die Literatur als Palimpsest' (R. Amossy und
E. Rosen, La dama aux catleyas; in: Litérature, 14. Mai 1974 - Originalfußnote in Genette 1993)..Das muß, genereller, für jeden Hypertext gelten, wie Borges bereits zur
Beziehung zwischen dem Text und seinen Vortexten anmerkte. ('Ich bin zu der Ansicht gekommen, dass es berechtigt ist, wenn man in dem endlichen Quijote eine Art
Palimpsest erblickt, auf dem - schwach, aber nicht entzifferbar - die Spuren der vorhergehenden Schrift unseres Freundes sich abzeichnen sollen.' (F.L. Borges,
Gesammelte Werke, Bd. 3/I, S. 123); es handelt sich natürlich um unseren Freund und Kollegen Pierre Ménard. - Originalfußnote in Genette 1993).
Der Hypertext fordert uns zu einer relationalen Lektüre auf, deren Reiz [...] recht gut in dem [...] erfundenen Adjektiv zum Ausdruck kommt: palimpsestuöse Lektüre: Liebt
man die Texte wirklich, so muß man von Zeit zu Zeit den Wunsch verspüren (mindestens) zwei gleichzeitig zu lesen. [...] Das Vergnügen am Hypertext ist jedoch auch ein
Spiel." (553)
(Genette, Gérard (1993): Palimpseste. Die Literatur auf zweiter Stufe. Frankfurt am Main. Originaltitel (1982): Palimpsestes. La littérature au second degré, Paris, 18-553)