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SuperUser schrieb am 21.9. 2012 um 13:51:55 Uhr über

Wulff

Rumms...da haben wir's!
Durch die zufällige Zeitgleiche der Klage/Beschwerde gegen den medialen Vater der Nation (Jauch) und den böswilligen Algorithmus (Google) mit der vorgezogenen Veröffentlichung dieses Buches hat man es auf Platz 1 bei Amazon geschafft.

Bereits das Cover zeigt, dass hier zurück geblickt wird. Ein wenig melancholisch, aber dennoch souverän und entschlossen. Die Körperhaltung signalisiert, dass man jetzt nach vorne schreitet, jedoch immer noch einen Seitenblick auf die Vergangenheit hat. Die Tätowierung (einst wicked und crazy, aber mittlerweile doch eher prollig) verdeutlicht nochmals, dass hier eine Frau im Schloss Bellevue residierte, die frischen Wind hätte bringen können (oder zumindest die Seeluft auf Sylt genoß).

Für schmale 19,99€ gönnt uns Frau Wulff tiefe Einblicke in ihre geschundene Seele, ein Schrei nach Aufmerksamkeit, ein »Ich war mal wer« - Ruf einer ehemals bekannten Frau, die böse Zungen von glamurösen Reisen rund um den Globus zurück in die kleinstädtische Realität der niedersächsischen Provinz gerissen haben. Und wenn der kleine Leander, wie Frau Wulff bewundernd feststellt auch im Internet unterwegs, erstmal über eine Suchmaschine nicht nur auf unbewiesene Gerüchte bzgl. roter Beleuchtung im vorehelichen Leben stößt, sondern auch noch diese vielen (bösen) Rezensionen liest, dann ist es verständlich, wenn Bettina Wulff sich beschämt fühlt.
Ein ganzes Kapitel beschäftigt sich Frau Wulff damit, zu insistieren, dass sie in ihrer Jugend nicht in einem Fachgeschäft für rot getönte Leuchtmittel oder dessen Aussendienst bzw. Kundenbetreuung tätig war. So weit, so gut. Wir glauben es ja, solange Sie es uns immer wieder um die Ohren hauen. Ebenso wissen wir jetzt, dass Sie und und Ihr Sohn sich bzw. ihren Namen mehrfach täglich durch Googles Suchorakel jagen und sich gemeinschaftlich traumatisieren. Bereits in de Einleitung schildern man uns (anhand der immer gern genommenen Geschichte des auf dem Schulhof anlässlich der Person seiner Eltern gemobbten verletzlichen Kindes), dass »man das doch nicht darf« (womit der zitierte Sohn der Familie Wulff das Lügen meint), schuldig bleibt man uns allerdings die (an sich zu erhoffenden) weiterführenden (und pädagogisch) wertvollen Lektionen hinsichtlich Buchführung, Finanztransaktionen, Leasingkonditionen von Fahrzeugen der Oberklasse, Hotelrechnungen, Ernennungspartys oder (schlicht und ergreifend) den Sinn und Zweck des höchsten Ehrenamtes in der Bundesrepublik Deutschland.
Beinahe wie Slap-Stick erscheint es, wenn Frau Wulff sich auf mehreren Seiten aalartig windet und das, mit der Muttermilch aufgenommene, Schenkungs- und Verleihverhalten ihrer Eltern beschreibt. Darauf hat die Nation gewartet und mit Sicherheit wäre es alles nicht so weit gekommen (und Frau Wulff könnte jetzt immer noch mit Präsi-Gattinnen Teekränzchen halten), wenn wir das doch einfach mal vorher gewußt hätten. Herr und Frau Schwiegereltern-vom-Christian lassen gerne eine Periode der Passivität zwischen Nehmen und Geben? Es ergibt sich von selbst, dass die Spielregeln eines Ehepaars aus Langwedel ebenso für den höchsten Repräsentanten unseres Staates gelten. Und, wer zweifelt überhaupt nan der Integrität und dem absolut gemeinfreundlichen Willen von Menschen aus der Privatwirtschaft? Also seit der Wirtschaftskrise weiß ich, dass es der Privatwirtschaft letztlich um das Wohl aller geht.
Es ist gleichermaßen traurig und amüsant, wie Frau Wulff versucht, die sakrosankte Schale um ihre Person aufrecht zu erhalten.
Beschämt fühlen sollten sich aber leider alle, die dieses Buch kaufen. Den überteuerten Versuch, neben Ehrensold und neuer Tätigkeit als PR-Beraterin (andere Post-Promi-Frauen werden Moderatorin oder [Schmuck-] Designerin...eine Halskettenkollektion kann ja noch kommen, seien wir gespannt), neben Geld auch weitere Aufmerksam zu erhaschen. Die Aufmerksamkeit, nach der Frau Wulff anscheinend sehr begierig sucht, sie aber nun, aus gegebenen Umständen, nicht mehr mit Glanz und Gloria des politischen Amtes des Ehegattens erleben kannn.
Die verschiedenen Kapitel sind an sich nichts anderes als eine Aneinanderreihung von mehrseitigen Artikeln aus der Selbstbekennungsecke einer Frauenzeitschrift, die durch Selbstmitleid und Hinweis auf (partiell böswilliges) Fremdverschulden gekennzeichnet sind. Sediert vom Wunsch nach Aufmerksamkeit und genährt durch die autosuggestive Strahlkraft der eigenen Person schildert man uns hier das schönste Ferienerlebnis in Berlin bzw. die eingedeutsche Reality-Soap Version von »Plötzlich Prinzessin«. Was bitte ist schon dabei, bar und ohne Quittung die von Freunden vorgestreckte Hotelrechnung zu begleichen. Das machen doch alle so, dann darf das auch der Bundespräsident.
Unausweichlich ist natürlich auch der Part (ich wundere mich, warum eben dieser nicht mehr Seiten in Anspruch genommen hat)....ja, wir ahnen es....ja, exakt...Kinder, Beruf und Karriere. Auch Frau Wulff besitzt die Chuzpe, uns darüber dozieren zu wollen, wie furchtbar schwer (aber mit genug Girl-Power und dem festen Willen dabei auch noch gut auszusehen) aber machbar es ist, die Erste Dame des Staates zu sein und auch noch zwei Jungs im besten Rabaukenalter zu erziehen. Wer jetzt noch nicht verstanden hat, dass nur Mütter aus Politik, (Geld-) Adel oder Showbiz solche Behauptungen aufschreiben, den hat die Autorin erreicht.

Vermissen tue ich hier auch etwas Selbstkritik, eine Reflexion über das Gewesene, die Frage, ob denn all die »Freunde« wirklich der richtige Umgang für ein Präsidentenehepaar waren, ob man sich nicht ggf. etwas hätte zurück halten können, indem man eben während der Amtszeit sich dem eigenen Wunsch nach Glanz und High Society nicht gänzlich untergeordnet hätte. Und das ist es, was mir an diesem »Buch« fehlt.
Sollen wir es als eine Art Erklärung sehen, dann finden sich die altbekannten (siehe die Drohung »Vorerst gescheitert« eines ehemaligen Ministers und Haargelnutzers des Jahres) Bewältigungsstrategien, die Schuld auf andere oder (diffuser aber noch besser geeignet) die Verkettung von unglücklichen Umständen (Privatkredite, Hotelbuchungen ohne Quittungen etc.) abzuladen.
Ich hätte mir sehr gewünscht, dass nur ein Quentchen Selbsterkenntnis aus diesen 200+ Seiten (das sind nunr 0,10pro Seite...) zu extrahieren ist. Scheinbar kann Frau Wulff nicht erkennen, dass sie Opfer ihres eigenen Wunsches nach Aufmerksamkeit wurde und ihr der Aufstieg von der niedersächsischen Provinz und aus einfachen Verhältnissen (ebenso wie ihrem Mann) wohl zu Kopf gestiegen ist. Funkel und Glitzer der Bälle und Vernissagen mit wirklich reichen Menschen taten übriges.

Leider werden zu viele Leute dieses (nach der Lektüre der ersten Seiten sehr simpel erscheinende) Buch kaufen und somit Familie Wulff zu viel Geld in die Kasse spülen. Frau Wulff stellt ja fest, dass nach Abzug aller Verbindlichkeiten damals noch 3000,-netto übrig blieben. Wem ab diesem Kapitel des Buches noch nicht die Tränen gekommen sind, der überfährt auch kleine Tiere mit voller Absicht vor dem Kindergarten...

Wirklich peinlich wird es hier, wenn Frau Wulff auf hohem Niveau anfängt zu jammern (die oben erwähnten »nur« 3000,-netto für eine 4köpfige Familie ist an sich der Gipfel der Unverschämtheit). Wir können alle nur Gott danken, dass (dank Ehrensold) wenigstens diese bescheidene Summe der Familie zusteht...für alle Zeiten und ungeachtet der Tantiemen für diese schlecht heruntergeschriebene große »reverse Homestory« über »Diese Wulffs«...

Liebe Frau Wulff, Sie haben es geschafft sich aus der Provinz ganz nach oben zu heiraten. Sie haben es geschafft, als First Lady all den Glamour zu erleben, all die hübschen Kleider zu tragen und all diesen wichtigen Menschen die Hand zu reichen. Aber, nun sollten sie in Großburgwedel einfach leben wie alle anderen.

Auch wenn es weh tut und auch wenn jetzt noch alle über Sie reden, die Medien ihr Privatleben bis zum psychosomatischen Kollaps auseinanderberichten (worüber Sie sich ja in selbigen beschweren...) und wirklich niemand anders Schuld an der Vertreibung aus dem Paradies hat als eben die Anderen...bald haben wir Sie alle vergessen und keiner redet mehr über Sie.


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