Der Teufel
teufel
EXORZISMUS UND DÄMONOLOGIE
Dämonen können
durch einen
Exorzismus ausgetrieben
werden. Der GROßE
EXORZISMUS
umfasst folgende
aufeinander folgende
rituelle Handlungen:
Besprengung mit
Weihwasser,
Präsentation des
Kruzifixes, Gebet an
den Heiligen Michael,
erneute Besprengung mit Weihwasser, den
Exorzismus selbst, weitere Besprengung mit
Weihwasser, Psalm 67 in Verbindung mit
Kreuzschlagen mit dem Weihwasserwedel,
Besprengung mit Weihwasser und einem Gebet.
Die Dämonologie stellt Satan als Anführer der gegen
Gott aufrührerischen Engel dar. Nachdem sie von den
Gott treu gebliebenen Engeln unter der Führung von
Erzengel Michael besiegt worden waren, wurden sie
aus dem Himmel vertrieben und in die Hölle verbannt.
Aber sie kehren zur Erde zurück "und versuchen, den
Menschen zu schaden und sie durch Versuchung zum
Bösen zu verführen."
Im 21. Jahrhundert gibt es in Deutschland keine
Priester mehr, die den Exorzismus durchführen, denn
die deutschen Bischöfe haben sich entschlossen, keine
für diese Aufgabe zu ernennen. Hinter dieser
Entscheidung steckt eine seelsorgerische Strategie: Es
sei besser, Jesus Christus zu verkünden, als sich um
den Teufel zu kümmern. Gleiches gilt für Portugal,
wenn auch aus anderen Gründen: Dort gab es in der
Vergangenheit vielleicht zu viele solcher Fälle.
In Frankreich gibt es in jeder Diözese einen Priester,
der einen Exorzismus - Teufelsaustreibung -
durchführen darf. Deren Strategie besteht jedoch oft
darin, nicht um jeden Preis die Konfrontation mit dem
Teufel zu suchen, sondern eher das versteckte Leiden
der betreffenden Person zu verstehen.
Seit einigen Jahrzehnten hat die Zahl der Exorzisten in
Frankreich stark zugenommen, denn die Menschen
tendieren immer stärker dazu, für ihr persönliches
Unglück Erklärungen aus der Sphäre des Religiösen zu
suchen. Bei diesen Priestern sind Menschen
ungeachtet ihrer Religion willkommen, seien es
Christen, Gläubige anderer Religionen oder Atheisten...
Während sich die ersten Päpste noch wenig um die
Durchsetzung jener Doktrin kümmerten, änderte sich
dies bald. Schon Johannes III. im sechsten Jahrhundert
und das Konzil von Braga verdammten bereits
diejenigen, die sich weigerten, an Dämonen zu
glauben, die gefallenen Engel. Das Vierte Laterankonzil
von 1215 und das Konzil von Trient bekräftigten nichts
anderes, als dass der Teufel den Menschen weiterhin
zur Sünde verführt. Im 20. Jahrhundert definierte dann
Paul VI. den Teufel als »rein geistige Erscheinung«,
nämlich als den Hochmut, der den Menschen dazu
treibt, Gott gleich sein zu wollen, wobei seine übelste
List darin bestehe, die Menschen glauben zu lassen,
dass Gott gar nicht existiert.
Weiterhin verkündete die Dämonologie, dass die
biblischen Engel Botschafter und Diener Gottes in
seinen Beziehungen zu den Menschen sind und sie seit
ihrer Erschaffung die Wahl zwischen dem Guten und
dem Bösen hatten. Zu denjenigen, die sich für das
Böse entschieden, indem sie sich von Gott abwandten
(die so genannten Engel der Finsternis oder gefallenen
Engel) zählen Satan, Beelzebub und Asmodeus.
Als Engel, die Gott treu blieben, nennt die Bibel
insbesondere drei: Michael, der Luzifer besiegte,
Raphael, der den jungen Tobias [den Sohn des
Propheten und Autors des gleichnamigen Buches der
Bibel, Tobit] beschützte sowie Gabriel, der Maria die
Menschwerdung Gottes verkündete.
Im Rahmen ihrer wissenschaftlichen Untersuchungen
weisen die Dämonologen auch noch weitere
Teufelsbeweise in der Bibel nach: in der Genesis
(43,1), den Büchern Henoch [ein »apokryphes« Buch,
das nicht zu den »kanonischen Schriften« gezählt wird,
d.h. nicht in der heutigen Bibelfassung auftaucht] und
Hiob sowie in den Evangeliumsberichten von der
Versuchung Christi.
Im Gegensatz zur offiziellen und kirchendogmatisch
verbindlichen Dämonologie bildet sich zudem rasch
eine volkstümliche »Teufelskunde« heraus, die
wesentlich weniger komplex ist. Nach dieser verströmt
der Teufel einen widerlichen Gestank. Man stellt sich
vor, dass er beim Werben um Frauen diesen Gestank
mit mysteriösen Salben zu überdecken versucht.
Andererseits ist nichts einfacher, als ihn zu erkennen,
trägt er doch wie alle Bewohner des Reiches der
Finsternis Hörner.
Die offizielle Dämonologie macht sich die Furcht und
sogar bodenlose Angst der Menschen zu Nutze. Die
populäre Teufelskunde besiegt das Böse dagegen
durch Respektlosigkeit. Im Übrigen entstehen oft
wahre Satanskulte, ebenso wie andere heidnische
Kulte wieder auferstehen. Die traditionelle
Überlieferung volkstümlicher Sagen und Erzählungen
stellt ein wahres Füllhorn von mehr oder weniger
zuneigungsvollen Bezeichnungen des Teufels dar.
DIE AFFÄRE VON LOUDUN
Die Besessenheitsepidemie
von Loudun (1632-1634) gilt
als Beispiel für
Teufelsbesessenheit. Die
Nonnen eines
mittelfranzösischen Ursulinen-
Klosters sowie ihre Äbtissin
Johanna von den Engeln
(Jeanne des Anges) zeigten
plötzlich vollkommen
ungewöhnliche
Verhaltensweisen: So rissen
sie sich die Kleider vom Leib, schrien und lästerten
Gott. Johanna beschuldigte einen Dorfgeistlichen, den
sie niemals gesehen hatte, Urbain Grandier, einen
Pakt mit dem Teufel geschlossen und ihm Einlass in die
Körper jener Ordensfrauen gewährt zu haben. Die
Zeremonie der Teufelsaustreibung dauerte sehr lange.
Schließlich wurde Urbain Grandier wegen Hexerei zum
Tode verurteilt und lebendig verbrannt. Seitdem umgibt
diese Nonnen und Johanna eine Aura von Heiligkeit,
weil sie den Dämon besiegten.
Was ist das vollkommen Neue an dieser Affäre?
Besessene Frauen, die durchaus als Hexen hätten
angesehen werden können, greifen die Männer an; auf
dem Scheiterhaufen landet ein Mann und nicht sie.
Diese "satanische
Besessenheit" wird mit dem
Konzept der Hysterie erklärt;
einige Mediziner hatten
erkannt, dass die
konvulsivischen Bewegungen
der Nonnen von Loudun einen
stark sexuellen Charakter
hatten.
Aus etymologischer Sicht ist
das Wort »Hysterie« mit dem Wort »Uterus« verwandt.
Seit der Antike war man der Ansicht, der Uterus einer
von Hysterie befallenen Frau könne sich wie ein
ausgehungertes Tier durch ihren Körper bewegen, da
es ihm an sexuellen Beziehungen fehle: das erste Bild
einer Form von Besessenheit.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts nehmen sich die
Psychiater der Hysterie an. Sie versuchen,
Besessenheits-Phänomene mit Hilfe eines historischen
Ansatzes zu verstehen, indem sie die Phänomene der
Vergangenheit mit den Begrifflichkeiten der modernen
Medizin analysieren.
Jean-Martin Charcot macht seine gesamte Karriere am
Hôpital de la Salpétrière in Paris, damals ein
Frauenkrankenhaus. Einer seiner Schüler wird
Sigmund Freud sein, der spätere Begründer der
Psychoanalyse.
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