>Info zum Stichwort Blumenverkäufer | >diskutieren | >Permalink 
Krause schrieb am 8.10. 2003 um 00:55:51 Uhr über

Blumenverkäufer

»Vor dem Haus sind ja alle Parkplätze belegt«, stellt der Blumenverkäufer nach einigen Minuten verwundert fest, in denen er die Flasche Schnaps für den Chef seines Kunden mit großer Ausdauer zur Kühlung durch die Pfütze gewälzt hat. Der Kunde hat jedoch einen Widerwillen gegen jedes Wort des Blumenverkäufers und bleibt ungerührt mit gesenktem Kopf sitzen. »Das ist merkwürdig«, fährt der Blumenverkäufer fort, »nachdem wir uns doch schon auf der Fahrt hierhin in Gedanken überzeugt haben, daß es kaum möglich sein wird, daß der Platz vor dem Hause Ihres Chefs belegt sein kann. Das ist doch schon Ihres Amtes als Prokurist wegen ausgeschlossenBei den letzten Worten schaut der Kunde kurz mit schmerzverzerrtem Gesicht auf, um sich aber sofort wieder in seine Versenkung zurückzuziehen. »Ihr Chef«, so nimmt der Blumenverkäufer den Faden wieder auf, »würde es nie und nimmer dulden können, daß der bevorzugteste Parkplatz vor seinem Haus von einem anderen als seiner rechten Hand in Anspruch genommen werden könnte und daß seine ganze Erwartung - eine Erwartung, der er unter all seinen bedeutenden Geschäften natürlich nebenbei und förmlich mit links nachgehen wird - darauf gerichtet sein muss, ihre Ernennung zum Prokuristen bestätigt zu finden - eine Bestätigung, die sich darin zeigen muss, daß sein Prokurist weiß, daß er Prokurist ist und vor aller Welt fordert, was sein Recht istDer Blumenverkäufer macht eine Pause und schaut den Kunden an, in der Hoffnung, ihn mit seiner schmeichelnden Rede günstig gestimmt und wachgerüttelt zu haben. Als der Kunde jedoch sich weiterhin in Schweigen hüllt, fährt der Blumenverkäufer fort: »Einzig und allein die sehr geringfügige« - der Blumenverkäufer hatte das letzte Wort nur stockend über die Lippen gebracht - »Verschmutzung ihres Autos, hat uns abgehalten, ihre natürliche Macht und Würde in einer glänzenden Parklücke vor dem Haus zur Geltung zu bringen. Doch wenn Sie nur einen einzigen Blick hinüberwenden würden, könnten Sie erkennen, daß jenes Auto, das nun in Ihrer Parklücke direkt vor dem Haus sich breit macht, nicht einmal mit einer Verschmutzung, welche diejenige Ihres Autos bei weitem übertreffen würde, einen abstoßenderen Eindruck machen könnte als es jetzt schon der Fall istDer Blumenverkäufer sieht dabei angestrengt zum Haus des Chefs hinüber, nicht ohne jedoch aus den Augenwinkeln den Kunden unter genauer Beobachtung zu halten. Und siehe da! Sei es aus Neugier oder weil in ihm ein Hoffnungsschimmer aufgeblitzt ist, dreht der Kunde seinen Kopf, den er immer noch auf seine verschränkten und auf die Knie gestützten Arme gelegt hatte, zur Seite, ohne ihn jedoch zu heben, und blickt zum Haus seines Chefs hinüber. Plötzlich aber löst er den Kopf von seinen Armen und sagt: »Es ist das Auto des Oberbuchhalters.« »Das ist doch nicht möglich!«, ruft der Blumenverkäufer erschrocken auf. »Doch, ich erkenne es sofort. Es ist ja für seine Leibesfülle viel zu klein«, erwidert der Kunde. »Aber wenn der Oberbuchhalter«, sagt der Blumenverkäufer, »dem wir ja seiner hinderlichen Schwerfälligkeit wegen den Parkplatz überlassen wollten...« »...der unerträglichen Verschmutzung meines Autos wegen, die zu beseitigen Sie ja in der Waschstraße verhindert haben...«, fährt der Kunde dazwischen. »Ja, ja, ich gebe hier ja nur die von uns offiziell Ihrem Chef gegenüber zu nennenden Gründe wider«, beruhigt ihn der Blumenverkäufer, der auf den Vorwurf des erfolglosen Waschstraßenbesuches um des Friedens willen nicht eingeht, und spinnt seinen Gedanken fort: »Wenn also der Oberbuchhalter nun uns den Parkplatz geraubt hat, bevor wir hier eintreffen konnten, so müssen wir doch in den Augen Ihres Chefs, der mit Leichtigkeit Eins und Eins zusammenzählen wird, durch die Frechheit dieses Mannes gezwungen gewesen sein...« »...uns einen anderen Parkplatz zu suchen«, ergänzt der Kunde, der mit einem Mal ganz lebendig geworden und den Gedanken des Blumenverkäufers genau gefolgt ist, seinen Satz. »Wenn diese Feierlichkeiten vorüber sind, werde ich diese Dreistigkeit des Oberbuchhalters mir gegenüber noch verfolgen müssen«, überlegt der Kunde, in dem sich für einen Moment eine kleine Empörung regt, »nun aber gilt es, uns diesen Vorfall so weil wie möglich zu Nutze zu machen. Fast wage ich es zu hoffen, daß die Aufregung über den scheußlichen Oberbuchhalter meinen Chef so sehr benebelt, daß er die Fehler, mit denen unser Auftreten immer noch begleitet sein wird, nicht bemerkt.« »Das ist gewiss nicht zuviel gehofft«, entgegnet der Blumenverkäufer, »zumal die Besetzung Ihres Parkplatzes sich gegen Ihre Person richtet und gegen Ihr Amt, in das Sie Ihr Chef erhoben hat und das er mit aller Schärfe verteidigen wird. Sie werden daher in seinem Kampf und in der Verurteilung des Oberbuchhalters unter seinem besonderen Schutz und ganz auf seiner Seite stehenDer Kunde hat während der Rede des Blumenverkäufers zum erleuchteten Haus des Chefs gesehen und immer wieder vorsichtig genickt. »Ja, Sie müssen einfach vollkommen recht haben«, stimmt er dem Blumenverkäufer zu. Plötzlich sehen sich beide an und für einen Augenblick ist es, als wollten sie sich in die Arme fallen.


   User-Bewertung: -1
Bedenke: Uninteressante und langweilige Texte werden von den Assoziations-Blaster-Besuchern wegbewertet!

Dein Name:
Deine Assoziationen zu »Blumenverkäufer«:
Hier nichts eingeben, sonst wird der Text nicht gespeichert:
Hier das stehen lassen, sonst wird der Text nicht gespeichert:
 Konfiguration | Web-Blaster | Statistik | »Blumenverkäufer« | Hilfe | Startseite 
0.0100 (0.0017, 0.0069) sek. –– 882202597