Einige überdurchschnittlich positiv bewertete
Assoziationen zu »Dummheit«
joachim schrieb am 17.3. 2000 um 16:10:07 Uhr zu
Bewertung: 2 Punkt(e)
Dummheit ist frustierte Neugier, oder vielmehr resultiert daraus, dass Neugier frustriert worden ist (bei Kindern). Jedenfalls behaupten das Adorno und Horkheimer.
Wie auch immer, sie ist ziemlich lästig und wenn man sich selbst dabei ertappt, etwas dummes oder eine Dummheit begangen zu haben, hat man wohl Grund sich zu ärgern, auch wenn das nichts bringt (bringt nie was). Dummheit führt vor allem dazu, Sachen zu tun, mit denen man sich selbst schadet, oder noch unverzeihlicher anderen schadet. Wenn Adorno und Horkheimer recht haben, würde die Welt klüger, wenn man Neugier bei Kindern nicht unterdrückt sondern fördert. Wie auch immmer, Dummheit ist nicht schön, nein das ist sie nicht.
Gilliatt schrieb am 28.6. 2004 um 14:08:36 Uhr zu
Bewertung: 3 Punkt(e)
Dummheit Hierüber schweigt der Kluge, oder redet sich heraus. Was soll man denn halten von Heines Satz: »Wie vernünftige Menschen oft sehr dumm sind, so sind die Dummen manchmal sehr gescheut.«? Oder soll man, wie Musil, unterscheiden zwischen ehrlichen Dummen, also einer rotbackigen Beschränktheit - und schlauen, gescheiten Dummen (die dümmsten Bauern...), obwohl doch der Unterschied sehr konstruiert wirkt und ein wenig paradox, denn die dumme Schlauheit wäre ja ein Zeichen gewisser Intelligenz. »Die erstere beruht eher auf einem schwachen Verstand, die letztere auf einem Verstand, der bloß im Verhältnis zu etwas zu schwach ist, und diese ist die weitaus gefährlichere.« Vielleicht ist es sinnvoller, von verschiedenen Graden des Verstehens zu sprechen? Aber ist es dumm, wenn jemand die Weltläufte nicht versteht?, wenn er sich nur für das interessiert, was er begreift, also sehen und anfassen kann? Geht es vielleicht nur um Denunziation, um das Gefühl der Überlegenheit des Gebildeten gegenüber dem Halbgebildeten, wenn der dem sagt: Du bist dumm? Aber was unterscheidet Bildung von Halbbildung? Die anspruchsvolle Dummheit: »Sie ist nicht sowohl ein Mangel an Intelligenz als deren Versagen aus dem Grunde, daß sie sich zu Leistungen anmaßt, die ihr nicht zustehen ... Diese höhere Dummheit ist die eigentliche Bildungskrankheit (aber um einem Mißverständnis entgegenzutreten: sie bedeutet Unbildung, Fehlbildung, falsch zustande gekommene Bildung, Mißverhältnis zwischen Stoff und Kraft der Bildung), und sie zu beschreiben ist eine beinahe unendliche Aufgabe.« Beinahe Unendlich, ist das nicht auch ein klein wenig dumm? Es trifft jeden einmal. Nur wer schweigt, bleibt Philosoph. Wer redet, kommt über kurz oder lang ins Sottisier.
Philia schrieb am 14.5. 2000 um 00:49:13 Uhr zu
Bewertung: 5 Punkt(e)
Kinder müssen die Dummheiten der Erwachsenen ertragen, bis sie groß genug sind, sie selbst zu machen.
Jörg schrieb am 13.10. 2000 um 13:42:05 Uhr zu
Bewertung: 3 Punkt(e)
Wenn andere klüger sind als wir,
Das macht uns selten nur Pläsier,
Doch die Gewißheit, daß sie dümmer,
Erfreut fast immer.
Wilhelm Busch (1832-1908)
@ schrieb am 30.8. 2010 um 07:34:30 Uhr zu
Bewertung: 1 Punkt(e)
Intelligenz ist zu 50 bis 80 Prozent angeboren”
In den gepflegteren Milieus reagiert man auf dieses Buch, wie man schon auf die Interviews reagiert hatte: Irgendwie hat er ja recht, wenn er nur nicht so provozierend formulieren würde.
In diese Richtung wirbt der Verlag, wenn er Helmut Schmidt mit der Bemerkung zitiert: „Wenn er sich ein bisschen tischfeiner ausgedrückt hätte, hätte ich ihm in weiten Teilen zustimmen können.“
Diese teetassenhafte Besorgnis um Sarrazins Tischfeinheit zeigt, dass der Mann schmutzige Gedanken in den Mund nimmt, die viele Leute mit sauberen Händen im Kopf haben, wenn es um die in- und ausländischen Unterschichten geht. Selbstverständlich hat Sarrazin nichts gegen den türkischen Arzt oder den arabischen Diplomaten. Wie ja einst auch der gehobene Antisemit stets ein paar bessere Juden zu seinen Freunden zählte, um die Unterschichtsjidden im Stetl umso inbrünstiger verachten zu können. Sarrazin und seinen heimlichen Anhängern in der Mittelschicht macht der deutsche und islamische Plebs so zu schaffen, dass sie fürchten, Deutschland schaffe sich ab.
Sarrazins Argumentationsweg lässt sich mit fünf Schritten abkürzen:
Erstens: „Intelligenz ist zu 50 bis 80 Prozent angeboren.“
Zweitens: Die Hochbegabung konzentriert sich in der Oberschicht, die Mittelschicht bringt gut Begabte hervor, in der Unterschicht ist überdurchschnittliche Intelligenz selten, in der von staatlichen Transferleistungen lebenden Unterschicht schon normale Intelligenz die Ausnahme. Drittens: Die Fruchtbarkeit in der Ober- und Mittelschicht ist zu gering, diejenige in der deutschen wie ausländischen Unterschicht zu groß. Je niedriger der Intelligenzquotient, desto höher die Fertilitätsrate.
Viertens: Dies führt zum Sinken der gesellschaftlichen Gesamtintelligenz und zum Steigen der staatlichen Transferkosten.
Fünftens: Zur Korrektur dieser Entwicklung müssen die dummen Leute aus der Unterschicht am Kinderkriegen gehindert und die klugen Leute aus der Mittel- und Oberschicht zum Kinderkriegen animiert werden.
Des Weiteren ist die Zuwanderung dummer Türken, Araber und Afrikaner zu unterbinden und durch eine gesteuerte Migration gebildeter Menschen aus intelligenteren Ländern zu ersetzen…
Das Problematische der sarrazininschen Ideen besteht nicht in den Einzeldiagnosen, sondern in der biologistischen Logik, mit der er Bruchstücke der gesellschaftlichen Wirklichkeit zu einer pseudonaturwissenschaftlichen Weltanschauung fügt. Aber gerade diese Dimension bleibt in der sich selbst befriedigenden öffentlichen Empörung beschämend unbeachtet. Vielleicht auch, weil der so übereifrig den Bösewicht spielende Sarrazin mit seinem biologistischen Gesellschaftsbild, seinem Erbintelligenzlertum und seiner Gen-Rhetorik vielen Menschen der akademischen Mitte mehr aus der Seele spricht, als ihr Mund zugeben würde.
Und weil das kalte Interesse des Geldbeutels meistens über die Wärme des Herzens siegt, fände sicher manche Akademikerfamilie an dem Vorschlag Geschmack, den Sarrazin am Ende seines mit der Peitsche geschriebenen Buches als Zuckerbrot reicht: Das Kindergeld für alle wird gestrichen und durch eine akademische Fortpflanzungsprämie ersetzt: Frauen mit Hochschulabschluss bekommen für jedes Kind, das sie vor Abschluss des dreißigsten Lebensjahres zur Welt bringen, die schöne Summe von 50 000 Euro. Sarrazin hat nichts gegen Staatsknete, er will sie nur nicht politisch, sondern biologisch korrekt verteilen.
Quelle: Tagesspiegel
Anmerkung WL: Wie die Medienkampagnen vor allem in Bild und Spiegel Früchte tragen und auf welches Interesse Sarrazins „biologistische Logik“ stößt und wie viele Leute mit „Tischfeinheit“ sich davon angesprochen fühlen zeigt sich darin, dass Sarrazins Machwerk bei Amazon mit weitem Abstand den Verkaufsrang Nr. 1 einnimmt.
Auch hier sehe ich Parallelen zum Ende der Weimarer Zeit und dem Aufstieg der NSDAP: Die Deutschnationalen und mit ihnen weite Teile des konservativen Bürgertums und des Adels mochten über die «plebejischen» Nationalsozialisten die Nase rümpfen. Inhaltlich herrschte bis weit in die bürgerliche Mitte hinein große Übereinstimmung mit ihnen.
Es ist ein Indiz dafür, dass der Wertekonsens des Grundgesetzes „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ zu bröckeln beginnt. Die Ablenkung von den sozialen und politisch verursachten Problemen und die Lenkung des Unmuts auf ethnische Minderheiten mit biologistischen und rassistischen Unwerturteilen scheint auf fruchtbaren Boden zu fallen.
Siehe dazu: „Deutschland schafft sich ab“ erzählt die Untergangsgeschichte einer Nation. Für diesen Untergang sollen mit den Muslimen nun sechs Prozent der Bevölkerung die Verantwortung übernehmen. Es fragt sich, was die anderen 94 Prozent in den letzten Jahrzehnten für die Zukunft ihres Landes getan haben. Sarrazins Buch ist ein Entlastungsversuch einer desorientierten Elite. Kein Zweifel, dass es ein Erfolg wird.
Siehe auch: Tabubrechende Idiotie
Siehe auch noch: Der elitäre Kleinbürger
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