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wuming schrieb am 23.4. 2010 um 19:33:15 Uhr über

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Jean Ziegler (* 19. April 1934 als Hans Ziegler in Thun, Schweiz) ist ein Schweizer Soziologe, Politiker und Sachbuchautor. Von 1967 bis zu seiner Abwahl 1983 und erneut von 1987 bis 1999 war er Genfer Abgeordneter im Nationalrat für die Sozialdemokratische Partei. Von 2000 bis 2008 war er UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrungzuerst im Auftrag der Menschenrechtskommission, dann des Menschenrechtsrats – sowie Mitglied der UN-Task-Force für humanitäre Hilfe im Irak. 2008 wurde Ziegler in den Beratenden Ausschuss des Menschenrechtsrats gewählt. Er ist ausserdem im Beirat der Bürger- und Menschenrechtsorganisation Business Crime Control.

Inhaltsverzeichnis [Verbergen]
1 Biografie
2 Politische Haltung
3 Kritik an Ziegler
4 Ehrungen und Auszeichnungen
5 Schriften
6 Einzelnachweise
7 Weblinks


Biografie [Bearbeiten]
Jean Ziegler ist Sohn eines deutschsprachigen protestantischen Amtsrichters. Während seines Studiums der Rechtswissenschaften trat er dem schweizerischen Zofingerverein bei und galt als überzeugter Antikommunist, was er zurückweist und als Unsinn bezeichnet[1]. Nach eigenen Aussagen wurde er durch einen zweijährigen Afrika-Aufenthalt als UN-Experte unmittelbar nach der Ermordung des kongolesischen Staatschefs Patrice Lumumba und das dort gesehene Elend zu einer radikalen Änderung seiner Grundauffassungen bewegt.

Ziegler war befreundet mit Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir sowie mit Che Guevara, dessen Chauffeur er während der Teilnahme Kubas an der ersten Weltzuckerkonferenz der UNO in Genf in der Schweiz war. Auf seinen Wunsch, dass er ihn bei der Rückreise nach Kuba mitnehme, antwortete ihm eigenen Aussagen zufolge Che Guevara: „Der Kopf des Monsters ist hier. Hier ist dein Platz, hier musst Du kämpfen.“[2] Ziegler blieb in der Schweiz, studierte fortan Soziologie, trat vom Protestantismus zum Katholizismus über und verwendete an Stelle der deutschen die französische Sprache.

Bis zu seiner Emeritierung im Mai 2002 war Ziegler Professor für Soziologie an der Universität Genf sowie ständiger Gastprofessor an der Sorbonne in Paris.

In seinen Sachbüchern kritisierte Ziegler mehrfach die historische Rolle der Schweiz, unter anderem wegen ihres Verhaltens in der Zeit des Nationalsozialismus. Er warf den politisch und wirtschaftlich Verantwortlichen jener Jahre vor, durch den Waren- und Kapitalverkehr mit dem Deutschen Reich über Geldwäsche und Handel mit Gold den Zweiten Weltkrieg verlängert zu haben. Er kritisierte auch die Sowjetunion für ihren Einmarsch in Afghanistan.

Wegen massiver Kritik an Schweizer Politik, Wirtschaft, Finanzwesen sowie deren Institutionen in seinen Publikationen wurde er immer wieder als „Landesverräter“ angegriffen und von mehreren Instituten und Privatpersonen, zum Teil erfolgreich, zivil- und strafrechtlich belangt. Die Verurteilungen zu Schadensersatzleistungen brachten ihn an den Rand des wirtschaftlichen Ruins.

Seit September 2000 war Jean Ziegler UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung. In dieser Funktion verfasste er neben jährlichen allgemeinen Berichten und Empfehlungen Länderberichte zu Niger (2002), Brasilien (2003), Bangladesch, den Palästinensergebieten (2004), Äthiopien, der Mongolei (2005), Guatemala, Indien, dem Libanon und Niger (2006), Kuba und Bolivien (2007)[3]. Er forderte unter anderem ein fünfjähriges Moratorium auf landwirtschaftlich erzeugte Biotreibstoffe, ein provisorisches Bleiberecht für Hungerflüchtlinge und einen Verhaltenskodex für nichtstaatliche Akteureinsbesondere Unternehmenbezüglich des Rechts auf Nahrung[4]. Am 26. März 2008 wurde Ziegler mit 40 von 47 Stimmen in den Beratenden Ausschuss des Menschenrechtsrats gewählt[5] wo er gemäss Losentscheid für ein Jahr Einsitz nahm.

Politische Haltung [Bearbeiten]

Ziegler im besetzten Audimax der Universität Wien (2009)Ziegler gilt als Globalisierungskritiker. Er kritisiert die angebliche »Refeudalisierung in der Welt«[6] und bezeichnet sich selbst als Kommunist im Sinne der Redewendung von Karl MarxJeder nach seinen Fähigkeiten, jeder nach seinen Bedürfnissen". Die Pariser Kommune von 1871 sieht er nach dieser Redewendung alseinzigen kommunistischen Staat, den es je gegeben hatan. Staaten im Ostblock wie die Sowjetunion ordnet er auf Grund ihrer Politik hingegen alsTerrorstaatenein. Kubas Politik lobt er im Hinblick auf Ernährung, Gesundheit und Bildung der Bevölkerung. Er bestreitet, dass Kubaner generell an der Ausreise gehindert würden und dass Kuba ein Spitzelstaat sei. Das Land werde vielmehr von einer von Amerikanern beherrschten Mediengesellschaft permanent in einer völlig zynischen Art diffamiert.[7] Probleme mit der Menschenrechtssituation in Kuba wolle er nicht unter Tisch kehren, erachtet andere Probleme aber als wichtiger für die Weltgemeinschaft[8].

Unternehmenbesonders multinationalen Konzernen – wirft er vor, zwecks Profitmaximierung unethisch zu handeln, jede Verantwortung für Menschenrechte oder Umweltschutz abzulehnen und so wesentlich für den Welthunger mitverantwortlich zu sein. Konzerne übten ferner beträchtlichen Einfluss auf die Politik aus und bedrohten damit die Demokratie. Ziegler bezeichnet Hungertod als Mord.[7] Das Bevölkerungswachstum als Ursache für Hunger bezeichnet Ziegler als „kompletten Blödsinn“, da die Weltlandwirtschaft 12 Milliarden Menschen ernähren könne.[7] Seiner Ansicht nach dient die Erklärung des Welthungers als Folge vonÜberbevölkerungdazu, das schlechte Gewissen zu beruhigen.[9]

Insbesondere in der US-amerikanischen Politik unter George W. Bush sah Ziegler eine Politik, die an Konzerninteressen und derOligarchie des amerikanischen Finanzkapitals“ ausgerichtet gewesen sei. Dies sei der Grund, weshalb die USA weltweit menschenrechtsverletzende Regimes – als solche sieht Ziegler u. a. Russland unter Wladimir Putin wegen des Tschetschenien-Krieges und Israel wegen der Besetzung der Palästinensergebiete – unterstützten und die Teilnahme am Kyoto-Protokoll und das Verbot von Anti-Personen-Minen abgelehnt hätten. Den Irakkrieg und den weltweiten Krieg gegen den Terror sieht Ziegler als Massnahmen im Interesse US-amerikanischer Erdölkonzerne.

Kritik an Ziegler [Bearbeiten]
Neben der Ablehnung, die Ziegler auf Grund seiner Kritik an der weltweiten Globalisierungs- und Wirtschaftspolitik erfährt, wird er insbesondere von Seiten der Organisation UN Watch, die eineunfaire Behandlung Israels durch die Vereinten Nationen“[10] beklagt, kritisiert. Nachdem Ziegler 2004 in einem Länderbericht zu den Palästinensischen Autonomiegebieten geschrieben hatte, Israel behindere den Zugang der palästinensischen Bevölkerung zu ausreichender Ernährung, wurde ihm von UN Watch vorgeworfen, er kritisiere fast ausschliesslich die Vereinigten Staaten, Israel und einzelne Konzerne, würde demgegenüber jedoch in zahlreichen Ernährungskrisen gar nicht oder nurmit diplomatischen Samthandschuhenagieren.[11]. Neben anderem wurde ihm die Unterstützung des Holocaustleugners Roger Garaudy und Antisemitismus vorgeworfen.

In seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Jüdischen Weltkongresses kritisierte Ronald Lauder die Ernennung Zieglers für einen Sitz im beratenden Ausschuss des UN-Menschenrechtsrats im Jahr 2008 und bezeichnete ihn als „selbsterklärten Menschenrechtsaktivisten“, der vor allem alsUnterstützer von Diktatoren wie Colonel Khaddafi in Libyen, Robert Mugabe in Simbabwe und Fidel Castro in Kubabekannt sei[12]. Der französische Journalist Luc Rosenzweig, ehemaliger Chefredakteur der Tageszeitung Le Monde, bezeichnete Ziegler alsal-Gaddafi und Castro zu Dank verpflichtet“[13], beziehungsweise als „Anbeter“ (adorateur) Castros und „Pantoffellecker“ (lêcheur de babouches) al-Gaddafis[14].

Ehrungen und Auszeichnungen [Bearbeiten]
Stevenson-Gedächtnispreis (1966)[15]
Bruno-Kreisky-Preis für das politische Buch[15]
Chevalier dans l'Ordre National des Arts et des Lettres (2000)[16]
„Prix littéraire pour les droits de l'homme“ (2008)[17]
Salzburger Landespreis für Zukunftsforschung (2008)[18]
Ehrendoktorwürde der Universität Brüssel (2008/9)[7]
Ehrendoktorwürde der Universität Paris 8 Vincennes-Saint Denis (2009)[19]
„Thunpreis“ der Stadt Thun (2009)[7]
Schriften [Bearbeiten]
(Auswahl)

Der Hass auf den Westen. Wie sich die armen Völker gegen den wirtschaftlichen Weltkrieg wehren, Bertelsmann, September 2009, ISBN 3570011321
Das Imperium der Schande. Der Kampf gegen Armut und Unterdrückung, Bertelsmann, 2005, ISBN 3570008789; dazu: Polar-Rezension
Die neuen Herrscher der Welt und ihre globalen Widersacher, Bertelsmann, München 2003, ISBN 3570006794
Vorwort in James H. Hatfield: Das Bush-Imperium. Wie George W. Bush zum Präsidenten gemacht wurde, Atlantik Verlag, Bremen 2002, ISBN 3-9265-2942-3
Die Schweiz, das Gold und die Toten. Goldmann 2002, ISBN 3442127831
Wie kommt der Hunger in die Welt? Ein Gespräch mit meinem Sohn, Bertelsmann, München 2002, ISBN 3570300595
Wie herrlich, Schweizer zu sein. Goldmann 2002, ISBN 3442150035
Die Barbaren kommen. Kapitalismus und organisiertes Verbrechen, Goldmann 1999, ISBN 3442150299
Das Gold von Maniema. Knaus 1996, ISBN 3813500322
Der Sieg der Besiegten. Unterdrückung und kultureller Widerstand, Hammer 1992, ISBN 3872943820
Die Schweiz wäscht weißer. Die Finanzdrehscheibe des internationalen Verbrechens, Droemer Knaur 1992, ISBN 3426048574
Genossen an der Macht. Von sozialistischen Idealen zur Staatsräson, Athenäum 1988, ISBN 3-610-08505-3
Das Schweizer Imperium. rororo 1986, ISBN 3499174960
Die Lebenden und der Tod. Ullstein 1986, ISBN 3548351549
Gegen die Ordnung der Welt. Befreiungsbewegungen in Afrika und Lateinamerika, Hammer 1986, ISBN 3872942727
Afrika: Die neue Kolonisation. Luchterhand 1980, ISBN 347288017-1, Titel der Originalausgabe: Main basse sur l'Afrique, Éditions du Seuil, 1978, (vergriffen)
Einzelnachweise [Bearbeiten]
Der Bund, 17. März 2009: «Alles, was ich im Leben gelernt habe, habe ich in Thun gelernt»
↑ [1], [2] Deutschlandfunk, Zwischentöne, Sendung vom 28. Februar 2010, Teile eins und zwei, jeweils aufgerufen am 2. März 2010, 19:48Uhr MEZ
↑ Publikationen Zieglers auf Righttofood.org
SF Tagesschau, 16. Oktober 2007: Ziegler beklagt «schizophrene Haltung»
sf.tv: Jean Ziegler berät Menschenrechtsrat, Mittwoch, 26. März 2008
↑ Ziegler, Das Imperium der Schande, S. 213–279
a b c d eDass ich hier bin, ist ein reines Wunder“, Tagesanzeiger, 17. März 2009
Die Welt: »Ein Wahlzettel macht nicht satt«, 20. Januar 2006
↑ Ziegler, Wie kommt der Hunger in die Welt?, S. 1926
UN Watch: Mission & History
UN Watch: Blind to BurundiJean Ziegler's Neglect of the World's Food Emergencies, Oktober 2004
http://www.worldjewishcongress.org/news/wjcnews/wjn_archives/2008/03/wjcn_080331_rslswiss.html
http://www.causeur.fr/peut-on-precher-la-vertu-dans-un-bordel,2205
http://www.causeur.fr/le-socialisme-suisse-un-oxymore-devastateur,843
a bJean Ziegler - Reise gegen den Hunger “, 3sat, eingesehen am 17. März 2009
↑ „Jean Ziegler“, eingesehen am 17. März 2009
↑ „Jean Ziegler reçoit le Prix littéraire des droits de l'homme “, lalibre.be, 3. Dezember 2008
↑ „Jean Ziegler erhält Landespreis für Zukunftsforschung“, Salzburger Nachrichten, 20. November 2008
http://www.righttofood.org/new/PDF/ZIEGLER.pdf
Weblinks [Bearbeiten]
Commons: Jean Ziegler – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikiquote: Jean Ziegler – Zitate
Literatur von und über Jean Ziegler im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek (Datensatz zu Jean Ziegler • PICA-Datensatz • Apper-Personensuche)
Jean Zieglers Seite als UN-Sonderberichterstatter
Archiv verschiedener Texte von Jean Ziegler
Jean Zieglers zweiwöchentliche Kolumne in der Schweizer Gewerkschaftszeitung »work«
Die Zeit (47/2005): Ich habe einen Traum - Jean Ziegler
Video

2009 Live im Audimax Wien zu Bildungsprotesten [3]
2008: zdf.de, Aspekte-InterviewJean Ziegler spricht über sein neues Buch »Der Hass auf den Westen«.
Normdaten: Personennamendatei (PND): 11863674X | Library of Congress Control Number (LCCN): n 83141844 | Virtual International Authority File (VIAF): 68937399
Personendaten
NAME Ziegler, Jean
KURZBESCHREIBUNG Schweizer Soziologe, Politiker und UN-Sonderberichterstatter für Recht auf Nahrung
GEBURTSDATUM 19. April 1934
GEBURTSORT Thun

Vonhttp://de.wikipedia.org/wiki/Jean_Ziegler“
Kategorien: Soziologe | Globalisierungskritiker | Nationalrat (Schweiz) | Funktionär der Vereinten Nationen | SP-Mitglied | Hochschullehrer (Genf) | Korporierter im Schweizerischen Zofingerverein | Schweizer | Geboren 1934 | Mann


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