Einige überdurchschnittlich positiv bewertete
Assoziationen zu »Big-brother«
BB schrieb am 18.9. 2000 um 15:07:13 Uhr zu
Bewertung: 1 Punkt(e)
Runterspülen. Und weg damit...
Ernst Corinth 09.06.2000 Big Brother - das Finale
Ob nun die rheinische Frohnatur oder das Potsdamer Weichei heute gegen Mitternacht gewinnen wird, wen interessiert das denn wirklich noch? Uns jedenfalls nicht, obwohl wir mehrere Wochen lang zugeschaut haben, was in Deutschlands bekanntestem Wohncontainer geschah.
Doch irgendwann war die Luft raus aus »Big Brother«: Zlatko war zu schnell weg. Manu und Kerstin, das SozPäd-Nerv-Duo, flogen ebenfalls raus. Dann ging noch der Playboy-Darsteller Alex und Sabrina, die zweite Frohnatur, uns ziemlich schnell auf die Nerven. Was übrig bliebt, hörte sich am heutigen Freitagvormittag so an:
Andrea: »ja??...was denn?....hä?«
Jürgen: »du mußt mal rauskommen, sonst kann ich dich das nicht fragen....Wer singt das?« (Musik ist zu hören)
Andrea: »Dire Straits.«
Jürgen: »Dire Straits?......oooh. das find ich so geil das Lied...«
Andrea: »Dire Straits, ja....hmhm...« (geht wieder rein und spült weiter...)
Nachzulesen sind diese Dialoge im Internet (beispielsweise: www.bigbrother.bild.de/), wo 100 Tage lang Fans der Show fast jedes Wort und jede Regung, die sie über die »Big Brother«-Netzseite hören und sehen konnten, auf- oder mitgeschrieben haben. Aber nicht nur dieser abgedrehte Irrsinn beweist, wie erfolgreich die heftig umstrittene Sendung gewesen ist. So schauten nämlich im Schnitt 2,5 Millionen meist junge Zuschauer Tag für Tag auf RTL 2 zu, und zuweilen gab's sogar Einschaltrekorde mit bis zu sieben Millionen Zuschauern, und dabei verschlug es offensichtlich selbst den anfangs aufgeregten Medien- und Sittenwächtern völlig die Sprache. Dennoch: der Spaß am Voyeurismus, auf den diese TV-Veranstaltung beruht, verging nicht nur uns zunehmend durch die unangenehmen Begleiterscheinungen. Dabei war es noch das geringste Übel, dass RTL 2 mit Percy Hoven und Sophie Rosentreter zwei Moderatoren verpflichtet hatte, deren Auftrag es offenbar war, zu zeigen, dass heutzutage wirklich jeder eine Chance im Fernsehen hat.
Unerträglicher als »Pörsi und Kermit« war dagegen das Vorgehen der zuständigen Produktionsfirma Endemol gegen Internet-Fanseiten, deren Betreiber schon wegen Kleinigkeiten teure Abmahnschreiben (siehe auch www.freedomforlinks.de) erhielten. Und das Schlimmste war dann, wie das Schicksal der hochverschuldeten Kandidatin Sabrina von RTL 2 und seinen sogenannten Medienpartnern brutal ausgeschlachtet wurde. Dabei schoss die SAT.1-Sendung »Akte 2000« den Vogel ab, die ausgerechnet von einer Firma produziert wird, an der Endemol beteiligt ist. Und als nach den auf Einschaltquoten zielenden Bildern aus Sabrinas angeblich verwahrloster Wohnung und dem Gerede über ihre Selbstmordgefährdung der Sender RTL 2 eine genauso eiskalt kalkulierte Sammelaktion für die arme Kandidatin startete, war endgültig Schuss mit lustig. Und so ist für uns Verona Feldbuschs »Big Brother«-Mobil-Toilette am Ende der 100 Tage zum wahren Symbol dieser Sendung geworden. Kurzum: Runterspülen. Und weg damit.
BB schrieb am 18.9. 2000 um 15:17:09 Uhr zu
Bewertung: 2 Punkt(e)
Big Brother - der echte
Konrad Lischka 09.05.2000
CDU, CSU, SPD, Grüne und PDS arbeiten in den Bundesländern an neuen Polizeigesetzen - Ziel: Mehr Videoüberwachung
Gruselgeschichten über fremde Länder drucken deutsche Zeitungen gern. Reißenden Absatz fand Anfang April eine schaurige Meldung aus Singapur. Dort sei eine Familie von der Stadt per Videokamera beobachtet worden, weil sie ihren Müll in die Gegend warfen. Am selben Tag startete in Brandenburg ein Pilotprojekt zur Videoüberwachung von Schulbussen. Positiver Tenor der wenigen Meldungen darüber: So könne man Zerstörungen verhindern.
Brandenburg ist nur ein Beispiel. Anfang Mai erklärte die Innenministerkonferenz Videoüberwachung einhellig zum »geeigneten Mittel, um die Bürger wirksamer vor Straftaten zu schützen«. Und zu überwachen. Während der Bundesbeauftragte für Datenschutz Joachim Jacob noch eine gesellschaftspolitische Diskussion und bundesweite Gesetzgebung fordert, arbeiten so gut wie alle Landesregierungen an neuen Polizeigesetzen und Überwachungs-Pilotprojekten.
In Sachsen-Anhalt unter Mitwirkung der PDS. Die toleriert dort nach dem »Magdeburger Modell« eine SPD-Minderheitenregierung. Die SPD will noch vor der Sommerpause eine neues Polizeigesetz verabschieden. Obwohl im Land die Zahl der Straftaten von 1995 bis 1999 um fast 20 Prozent zurückging, ermöglicht es neben verdachtunabhängigen Polizeikontrollen auch die offene Videoüberwachung auf öffentlichen Straßen und Plätzen. Die Stimmen der CDU für die Gesetzesänderung sind sicher. Die PDS ist nun fein raus. Sie kann das Gesetz pro forma ablehnen und trotzdem weiter mit der SPD zusammenarbeiten. Der parlamentarische Geschäftsführer der PDS-Fraktion, Wulf Galler, erklärte das so: »Wir tun alles, damit das Land nicht im Chaos versinkt.« Und wenn es uniformiertes Spannen ist.
Die Neudefinition der Polizeigesetze ist Abschluss einer langen Entwicklung. Was erlaubt ist, weiß nicht einmal der Bundesbeauftragte für Datenschutz. Er warnte schon vor einem Jahr vor »rechtlichen Grauzonen«. Grundsätzlich gilt nach dem Bundesdatenschutzgesetz: Es darf gesehen, aber nicht aufgezeichnet werden, bis ein konkreter Tatverdacht einer Straftat besteht. Aber der kann schon existieren, wenn an einem Ort ab und an kleine Drogendeals laufen, also überall. Der Schleswig-Holsteinische Datenschutzbeauftragte Helmut Bäumler: »Im Polizeirecht hat es in den vergangenen Jahren aus Gründen, die ich jetzt nicht vertiefen kann, eine derartige Aufweichung der gesetzlichen Tatbestände gegeben, dass man auf diesem schwankenden Boden rechtstaatliche Pfeiler nur noch schwer verankern kann.«
In Nordrhein-Westfalen haben Grüne und SPD ebenfalls Überwachungs-Pilotprojekten zugestimmt. Grünen-Fraktionssprecher Roland Appel nennt das zwar »die Spitzenposition im Datenschutz übernehmen«, tatsächlich aber verfahren die Koalitionäre nach einem alten Trick. Innenminister Fritz Behrens erläuterte den unfreiwillig: »Die Menschen wollen keinen Überwachungsstaat. Sie wollen Sicherheit und Schutz vor Gewalttaten. Kameras sollen nur dort eingesetzt werden, wo sie zur Verbesserung des Sicherheitsgefühls beitragen können.« Diese Verbesserung wird wie auch der Verdacht von der Polizei nach »einsatztaktischen Gesichtspunkten« definiert. Und somit kann natürlich überall im öffentlichen Raum zugeschaut werden.
Die bayerische Staatspartei geht das alles etwas perfider an. Innenminister Günter Beckstein hat wohl genauer als seine rot-grünen Freunde die Lage studiert: In Deutschland gibt es 400000 Kameras - allerdings können diese nicht zentral ausgewertet werden. Die Kontrollmonitore verteilen sich auf private Sicherheitsdienste, Polizeizentralen, Verkehrsleitstellen. Und eben das will Beckstein ändern. Bei einem Pilotprojekt in München wird die Polizei auf über 1000 Geräte der Verkehrsbetriebe und -überwachung zurückgreifen. Damit kann jetzt schon ein Fußgänger auf den knapp Tausend Metern zwischen dem Münchener Lenbach- und Karlsplatz nahezu nahtlos beobachtet werden.
Das erinnert an Großbritannien. Hier wurden seit 1995 landesweit 45 Millionen Pfund in Videoüberwachung investiert. Über 200000 hochauflösende, schwenk- und zoombare Kameras gibt es. London wird inzwischen fast flächendeckend überwacht. Als im April 1999 die britische TV-Moderatorin Jill Dando vor ihrer Haustür erschossen wurde, konnte man ihre letzten Stunden Dandos durchgehend auf Video dokumentieren - vom Einkaufsbummel durch die Stadt bis zur Fahrt nach Hause.
Soweit ist man in Deutschland, ja selbst in Bayern nicht. Aber die Münchner Polizei arbeitet dran: Sicherheitspartnerschaften mit Geschäftleuten sollen deren Kameras verfügbar machen. Der Verdacht einer flächendeckenden Überwachung sei da völlig abwegig, versicherte der Sprecher des Innenministers Christoph Hillebrand. Was soll er auch tun, Innenminister Beckstein signalisierte bereits vorausschauend, dass eine Ausweitung auf andere Städte »denkbar« sei.
Unterdessen werden in weniger fortschrittlichen Ländern erste Pflöcke eingeschlagen. In Berlin will Innensenator Eckart Werthebach (CDU) bis Jahresende ein Gesetz zur Videoüberwachung verabschieden. Ein neues Polizeigesetz soll auch her. Erklärtes Ziel: Überwachung öffentlicher Plätze. In Baden-Württemberg setzt CDU-Innenminister Thomas Schäuble ebenfalls auf die Kombination von Kameras und neuen Polizeigesetz. Allzu lang kann es nicht mehr dauern, bis die FDP weichgeklopft ist. Zwei Wochen lang sollen die Aufnahmen aufgehoben werden. Zugang haben in erster Linie Polizei und Staatsanwaltschaft, Datenschützer nur »bei etwaigen Missständen«. Was Missstände sind, wird er - geht es nach Schäuble - nicht mehr selbst definieren.
In Brandenburg tut sich Innenminister Jörn Schönbohm (CDU) durch interessante Beobachtungsorte hervor. Nach dem die Schulbusse dran waren, konnte der Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten gerade noch Sanssouci retten: »Ich glaube an das Gute im Menschen, sie müssen so lernen, die Parkordnung einzuhalten.« Schönbohm will aber spannen, er muss nur noch die SPD-Koalitionäre herumkriegen. Das versucht er mit interessanten Argumenten: »Der Staat bespitzelt nicht seine Bürger, sondern will sie vor Straftaten schützen, bevor sie begangen werden.«
Wie will Schönbohm Kriminelle erkennen, bevor sie kriminell werden? Erfahrung gibt es ja noch aus zwölf Jahren staatlicher Praxis in Deutschland. Raffiniertere Methoden als Nasenformen mittlerweile auch. An der Universität Leeds wird eine Software entwickelt, die automatisch »verdächtiges« von »normalem« Verhalten unterscheiden soll. Einen Dieb erkennt der Computer also schon bevor er klaut - am Gang. »PersonSpotter«, ein an der Ruhr- Universität Bochum und University of Southern California entwickeltes Gesichtserkennungsprogramm vergleicht Videobilder mit einer Datenbank und identifiziert Personen so verlässlich, dass es vom US-Militär bereits ausgezeichnet wurde. Deutsches Sahnehäubchen: eine demographische Analyse der Menschen im Kamerabereich nach Alter, Geschlecht - und sogenannter Rasse.
Während sich die Innenminister abstrampeln, entsteht eine neue Überwachungs-Front. Nicht nur der Staat, auch Unternehmen haben einen Heidenspaß am beschauen ihrer Untergebenen. In Deutschland dürfen sie das nach eine Urteil des Bundesarbeitsgerichts von 1987 zwar nicht mehr, aber man findet immer wieder gute Gründe, es doch zu tun. Nachdem wieder einmal ein Flugzeug abstürzte, verlangte in den USA die Transportsicherheitsbehörde die ununterbrochene Videoüberwachung von Piloten. Die Luftfahrbehörde prüft. Brandenburgs Schulbusfahrer warten.
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