Einige überdurchschnittlich positiv bewertete
Assoziationen zu »CDU-Parteispendenaffäre«
Alvar schrieb am 19.12. 1999 um 23:36:20 Uhr zu
Bewertung: 2 Punkt(e)
Pressestimmen zur Kohl-Affäre
Handelsblatt (Düsseldorf): Hartnäckig hält sich in der CDU dieser Tage ein Missverständnis: Nur wenn Helmut Kohl weitgehend ohne Schrammen aus der Spendenaffäre herauskomme, könne auch die Partei die Angelegenheit unbeschadet überstehen. Das ist die Meinung einer Parteimehrheit, zutreffend ist sie nicht. Noch starren sie im Präsidium auf den Ehrenvorsitzenden wie das Kaninchen auf die Schlange, statt endlich Aufklärung zu fordern. Nur vereinzelte Stimmen verlangen von Kohl Rechenschaft. Es fehlt an breiter Unterstützung; zu groß ist die Angst, es könne die CDU zerreißen, zu groß auch immer noch die Angst vor dem Altkanzler. Die CDU muss sich von ihrem Ehrenvorsitzenden emanzipieren.
Süddeutsche Zeitung (München): Angesichts der homöopathischen Dosierung der Geständnisse Kohls und angesichts der im Bundeskanzleramt verschwundenen Akten erscheinen selbst aufrechten Christdemokraten Vorwürfe, die sie noch vor ein paar Wochen als Hirngespinste des politischen Gegners abgetan hätten, als reale Besorgnis. Das System Kohl könnte sich als Hydra erweisen - immer wenn man einem Verdacht nachgeht, wachsen zwei noch schlimmere Befürchtungen nach.
Stuttgarter Zeitung: Die Parteien sind zentrale Akteure in unserer Demokratie. Deshalb ist es besonders wichtig, dass es bei ihrer finanziellen Ausstattung und bei möglichen Abhängigkeiten von Geldgebern keine Grauzonen gibt. Und aus diesem Grund ist das, was Altkanzler Helmut Kohl im ZDF sagte und am Wochenende noch einmal wiederholte, nichts anderes als ein Bruch unserer Verfassung. Er selbst ist es, der mit seinen Auftritten und Erklärungen Einblicke in sein politisches Denken gewährt, die sein Lebenswerk in einem anderen Licht erscheinen lassen. Er selbst ist es, der jedes Unrechtsbewusstsein vermissen lässt. Er, der Historiker, ist es, der zeigt, dass er aus dem Flick-Parteispendenskandal nichts gelernt hat. Wann setzt sich in der CDU nur die Einsicht durch, dass ein endgültiger Bruch zwar schmerzvoll, aber bitter notwendig ist?
SPIEGEL ONLINE schrieb am 19.12. 1999 um 05:11:47 Uhr zu
Bewertung: 2 Punkt(e)
Leuna-Akten aus Kanzleramt verschwunden
Da hat jemand offenbar besonders gründlich aufgeräumt. Seit Anfang Dezember suchen Mitarbeiter des Bundeskanzleramts Akten zum Verkauf der Leuna-Raffinerie an den französischen Ölkonzern Elf Aquitaine. Die Papiere scheinen spurlos verschwunden zu sein.
Berlin - Die Sichtung der Papiere sei noch nicht abgeschlossen, sagte ein Regierungssprecher am Samstag zu einem ARD-Bericht, nach dem Leuna-Akten aud der Ära Kohl verschwunden seien. Erst nach Ende der Suche werde der Untersuchungsausschuss und dann die Öffentlichkeit informiert.
Es gebe zwar Aktenzeichen über die Leuna-Vorgänge, meldet der ARD-»Bericht aus Berlin«. Die dazu gehörenden Akten aus der Zeit der Kohl-Regierung seien jedoch trotz langer Suche bisher nicht gefunden worden.
»Etwas genauer suchen«: Kohls Kanzleramtschef Friedrich Bohl
Der frühere Kanzleramtsminister Friedrich Bohl wehrt sich gegen Vorwürfe, während seiner Amtszeit seien Akten aus dem Jahr 92 über den Verkauf der Leuna-Werke vernichtet worden. Die jetzige Bundesregierung habe ihn bislang nicht zu den angeblichen Vorfällen befragt. Er empfahl den neuen Amtshabern, »etwas genauer zu suchen«.
Die Schweizer Justiz verstärkt unterdessen ihren Fahndungsdruck in Richtung Deutschland, um den Verbleib von rund 85 Millionen Mark Schmiergeldern zu klären, die im Zusammenhang mit dem Erwerb der Raffinerie auf Schweizer Konten überwiesen worden sein sollen. Der Genfer Generalstaatsanwalt Bernard Bertossa sagte der Sendung, im Zusammenhang mit dem Kauf der Raffinerie seien »sehr wichtige Summen« geflossen. In diesen Ermittlungen gehe es um dieselben Leute, die auch in das deutsche Panzergeschäft mit Saudi-Arabien verwickelt seien. »Die Verbindung besteht in der Tatsache, dass dieselben Leute in beiden Fällen als Personen auftauchen, die Geld bekommen haben.«
Erdölverarbeitungsanlage Leuna 2000: Akten über den Verkauf verschwunden?
Der SPIEGEL berichtet, es seien 100 Millionen Mark über verschiedene Briefkastenfirmen, vor allem in Liechtenstein verteilt worden. Drei Millionen Mark an Provisionen seien dem deutschen Geschäftsmann Dieter Holzer gezahlt worden. Er soll enge Kontakte zu Unionspolitikern gepflegt und in der Schweiz ausgesagt haben, dass mit Millionen von Mark eine »intensive Lobbyarbeit« zu Gunsten Elf Aquitaines honoriert worden sei. Ex-Treuhand-Chef Klaus Schucht sagte, er könne nicht mehr ausschließen, dass Schmiergelder flossen.
Altkanzler Helmut Kohl betonte, er habe beim Verkauf »ausschließlich im Interesse unseres Landes« gehandelt. Insbesondere im Fall Leuna sei es ihm vor allem um die Arbeitsplätze im ostdeutschen Chemiedreieck gegangen, sagte er der »Welt am Sonntag«.
CDU-Chef Wolfgang Schäuble erklärte in der ARD zu Spekulationen über den Leuna-Verkauf: »Ich hab' überhaupt keine Anhaltspunkte, dass die CDU da etwas zu befürchten hat. Aber ich weiß natürlich nicht, was da sonst alles gewesen ist. Das soll der Untersuchungsausschuss prüfen.« Die CDU habe nach seiner Kenntnis wirklich nichts mit den Schmiergeldzahlungen zu tun. »Und bei Helmut Kohl bin auch ganz sicher«, betonte er.
SPON schrieb am 12.1. 2000 um 03:01:21 Uhr zu
Bewertung: 1 Punkt(e)
Schäubles groteske Aufklärung
Von Gerhard Spörl
Aus gegebenem Anlass muss an zwei wichtige Vorhaben erinnert werden, die Wolfgang Schäuble ankündigte, ehe die Parteispendenaffäre, die nun nicht mehr einzig und allein ein Problem Helmut Kohls ist, durch neue Informationen an Unübersichtlichkeit gewann. Der Parteivorsitzende der CDU sprach von Aufklärung, für die er zu sorgen gedenke, und er nannte das System Kohl »patriarchalisch«. Nimmt man beide Vorsätze zusammen, landet man erhellend beim Königsberger Philosophen Immanuel Kant, der Aufklärung im Allgemeinen als Ausgang aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit definierte.
Mittlerweile steht der Parteivorsitzende selbst im Mittelpunkt des Interesses, und die versprochene Aufklärung grenzt ans Groteske.
Nach der Erklärung Schäubles war ihm der bayerische Unternehmer Karlheinz Schreiber, dem er gemäß seiner vorletzten Erinnerung irgendwie flüchtig und irgendwie am Rande eines Begebnisses begegnet war, tags darauf immerhin soweit bekannt, dass er ohne großes Zögern und mannhaft, als sei es reine Routine, 100.000 Mark in bar in Empfang nahm. Einwand: Wenn solche großzügigen Gesten so unüblich gewesen sein sollten, wie es Schäuble jetzt darstellt, hätte das Vorkommnis sein Gedächtnis soweit schärfen sollen, dass es ihm bei der Frage, wie gut er Schreiber kenne, wieder eingefallen wäre.
Schäuble erinnert sich jetzt, dass er den schönen Batzen der Schatzmeisterin Brigitte Baumeister überantwortete. Sie bestätigt die Übergabe, was wichtig ist, weil Schäuble seiner Argumentation zufolge sich damit in toto korrekt verhalten hat, womit es aus seiner Sicht keinerlei Grund zum Rücktritt gibt.
Aus Baumeisters Erklärung - sie bedauert schriftlich ihren Fehler, wie alle in dieser Affäre ihre Fehler, die Rechtsverstöße sind, bedauern - geht hervor, dass sie das Bare in der zweiten Jahreshälfte 1994 von Schäuble bekommen hat. Sie habe nicht recht gewusst, was sie damit machen solle, zumal der Spender keine Spendenbescheinigung gewünscht habe. Um Rat gefragt, habe der vormalige Schatzmeister Walther Leisler Kiep sich gemeinsam mit dem Wirtschaftsprüfer Horst Weyrauch der Sache angenommen. Der Betrag sei mit dem Vermerk »Kiep« auf dem offiziellen Konto der Schatzmeisterei - brav, brav: kein verdächtiges Anderkonto - unter »sonstige Einnahmen« verbucht worden.
Inzwischen, so ließ wiederum Schäuble wissen, sei dank der Wirtschaftsprüfer, die das Rechenwerk der CDU durchforsten, ermittelt worden, dass die 100.000 Mark des bayerischen Geschäftsmannes Schreiber am 18. Dezember 1995 - also schon nach mehr als einem Jahr - auf das Konto einer Frankfurter Bank einbezahlt wurden.
Soweit wäre alles geklärt, wenn da nicht ein kleiner, entscheidender Einspruch käme: Kiep erklärte, er habe von Baumeister keine Spende erhalten und sei weder 1994 noch später um Rat gefragt worden, wie mit Barspenden zu verfahren sei.
Dies sind die Früchte der Aufklärung eines Tages. Und in diesem Zusammenhang fällt dem aufmerksamen Zeitgenossen ein Satz ein, den Schäuble am 8. Dezember von sich gab: »Was mich immer traurig macht: Wenn man alle Fragen beantwortet und dann bleiben immer noch ungeklärte.« Selbst schuld.
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