Einige überdurchschnittlich positiv bewertete
Assoziationen zu »Ptolemy-Institute-of-Astrology«
laura\PIA schrieb am 20.1. 2003 um 10:43:23 Uhr zu
Bewertung: 24 Punkt(e)
Heute lädt mich Ibi zu einer Fahrt mit seinem Chang Jiang - Motorrad ein. Zu seinem 14. Geburtstag bekam er
sein Chang Jiang wieder,
eine Tüte Briefmarken aus Yteke,
von mir ein kleines Kreuz aus Negrit, an einer feinen silbernen Kette.
Wir ziehen unsere Spinnweb-Overalls an. Bevor wir die antiken Kosmonauten-Helme aufsetzen, sagt Ibi:
»Laura, was ist Liebe?«
Ach Ibi, muß du das jetzt wissen! Ich bin unruhig und halte nicht viel von Ibis Fahrkünsten.
»Wenn wir von unserem Ausflug zurück sind, sag ich dir alles, was ich weiß!«
Wir fahren los. Um mich zu beruhigen, fährt er sehr langsam - und hält schon wieder an: »Wir sind da!«
Vor der Kirche St. Kosmas und Damian. Dort sind heute ein paar Markstände. Ibi kennt ein Mädchen, das Pferde-Schaschlik brät: sie wird auf sein Motorrad aufpassen. Ich sehe, wie sie hüpft und ihre Zöpfe fliegen. Hat Ibi eine Rundfahrt versprochen?
Jetzt betrachten wir die seit einem Jahr so berühmte Ikone. Hier unten in der Kirche ist es finster. Immer brennen vor den beiden Heiligen Kerzen.
Die goldenen Reflexe machen aus Ibi einen Engel.
»Sieh mal, Gummihandschuhe!« Einer der Heiligen hält tatsächlich ein Paar Handschuhe in der Hand. »Damals gab es kein Gummi. Vielleicht feines Leder. Wahr ist: die beiden sind berühmte Ärzte.« Ibi entdeckt chirurgische Instrumente, schließlich Kranke und Krüppel.
»Und was ist mit dem?«
»Der war von einem Dämon besessen. Von einem Heiligen nur ein Wörtchen: auf und davon muß er! Wird einfach ausgespuckt!«
»War ich auch besessen?«
Letzte Woche war Ibi drei Tage lang wie im Fieber.
»Wer weiß? Er hat es versucht und fand nirgendwo Platz. Dein Dämon hat freiwillig aufgegeben.«
"Wie mich die Heiligen anschauen! Sind fast lebendig!
Und wo ist das Telefon?"
Das Telefon aus Stein ist ihm von unseren Erzählungen bekannt.
In der Finsternis verborgen, dort an der Wand ist es befestigt.
Ich gebe Ibi den Hörer, schwer wie eine Hantel.
Er hält ihn ans Kerzenlicht.
»Ein Ohr!« - »Dahinein mußt du sprechen.«
»Ein Mund!« - "Dort mußt du hören.
Er horcht. »Es rauscht!« Ich beuge mich zu ihm, um mitzuhören.
»Da sind Stimmen! Viele!«
Ibi, wir lieben dich.
Sag nichts! Wir wissen alles.
Geh mit Laura zum Brunnen im Park!
»Es kommt nichts mehr!«
Ich führe ihn durchs Dunkel hinaus und sage: »Ich, beim ersten Mal, hatte nur geheult. Hatte überhaupt nicht zugehört.«
Ich kaufe uns geröstete Maiskolben. Ibi vereinbart mit der Bratköchin ein Rendezvous.
Um das Motorrad im Instituts-Foyer zu parken, schieben wir es gemeinsam die Stufen hoch.
Dann nimmt mich Ibi an der Hand.
Wir stehen am Brunnen, die Spinnweb-Overalls wärmen uns. Die Maiskolben, in Zeitungspapier verpackt, sind noch heiß. Es ist 11 Uhr, die Sonne ist hinter kleinen, dicht gepackten silbrigen Wolken verborgen. Wie eine Stuck-Decke ist der ganze Himmel. Ringsum tönt die Stadt; heute ist schöner Alltag.
Auf dem Wasser im Brunnen, die dünne Eisschicht, wie sie mit einem Mal leuchtet! Um uns ist feiner Nebel aus Silber und Rosa.
»O Laura, wie schön ist das!«
neo fausuto\PIA schrieb am 12.5. 2003 um 22:56:42 Uhr zu
Bewertung: 23 Punkt(e)
Kaum ein unbelebter Planet bietet Schöneres.
Der zart türkisfarbene Himmel, die riesige, rötliche Sonne, das dunkle Meer. Glänzende Wogen, Wasserberge, sich sanft bewegende Wassergebirge in jeglichem Grün, in jeglichem Hell und Dunkel. Bis in den Himmel hinein. Die steilsten Berge sind wie Säulen. Langsam wandernde, sich biegende Säulen, langsam wieder zerfallende.
Dann scheinen die Säulen den Himmel zu tragen. Gegen Mittag scheint alles stillzustehen.
Würden dann nicht leuchtende Gebilde landwärts treiben, still überallhin schwebende Wasserblasen - es wäre ein atemberaubender Stillstand der Zeit.
Wir lasen gemeinsam in einem Buch, und Yamins Zeigefinger blieb immer wieder stehen. Bei merkwürdigen Zeichen. Bei Worten wie QHWAI - XKHWE.
Weiß ich keine Antwort, wenn er mich fragend anschaut, dann wird dort, wo der Zeigefinger stehengeblieben ist, eine Illustration in die Seite eingefügt, und sticht der Zeigefinger, mitten im Bild, noch ein wenig zu - mit einem lustvollen Seufzer sind wir mitten drin.
Dann stehen wir auf einer Pagode, in einem verwahrlosten Park, es ist Herbst. Ich friere, wir sind wir wieder draußen und lesen weiter.
Dieses Mal mein Frieren, ein anderes Mal Yamins Gähnen.
Überall Fußnoten, jede wird gelesen. Auch bei QHWAI-XKHWE ein Verweis, zum Verweis aber keine Fußnote. Auf dieser Seite sind überhaupt keine Fußnoten.
Noch am Ende der Reise, als wir auf einem der Doppelplaneten QHWAI-XKHWE einen Landeplatz suchen, denke ich an die unten auf der Seite fehlenden Fußnoten.
Wie leicht, wie vollkommen automatisch verlief die Raumfahrt!
Umso mühsamer das Rangieren auf dem Landeplatz. Dieser Planet, der größere von beiden, ist ein im ganzen Kosmos beliebtes Ausflugsziel.
Überwältigt war Yamin von den geparkten Raumschiffen. Keines so groß und glänzend wie unseres - im nostalgischen Design des ausgehenden 22. Jahrhunderts, mit Chromleisten und dekorativen Heckflossen. Die andern gelblich überstäubt, manche fast von Sand zugeweht. Einige wie Flaschenkürbisse geformt, einige wie gebuckelte Schildkrötenpanzer.
Und jetzt, Yamin, schau hoch zum Himmel!
Ein Mond bedeckt den halben Himmel. Eine leuchtende Mondsichel. Von einem schwachen Widerschein erhellt, ist die ganze Scheibe des Mondes, des Bruderplaneten sichtbar.
Eine rötliche, nicht besonders helle Sonne, noch größer als der Mond, schiebt sich in einer steilen Bahn hinter dem Mond dem Horizont entgegen. Die Mondsichel, heller als die Sonne, wird zusehends größer, wird blendend hell.
Wir sind auf einer Hochebene gelandet.
Wir hören Brandung, wir sehen Brandung in der Ferne zum Himmel steigen, ganze Berge aus Brandung.
Der Wind weht Sandschlieren zum Meer.
Dieser Planet besteht aus Fels, Stein, Sand und Meer.
Der ungeheure Mond oder Bruderplanet macht uns ganz schwach. Oder ist es das Tönen der zum Himmel steigenden Brandung?
Es gibt einen Weg zum Meer, nach wenigen Schritten müssen wir uns hinsetzen. Wir legen wir uns hin und schauen empor. Wir fühlen uns von diesem Mond angesogen. Hier haben wir ohnehin nur das halbe Gewicht.
Wäre doch unsere Erde mit diesem Planeten befreundet. Hier lebten einmal Menschen, Menschen fast wie wir, klein und zierlich. Ausgewandert zu uns sind sie, bescheiden in einer menschenleeren Wüste angesiedelt haben sie sich, versklavt und vernichtet haben wir sie.
Die Sonne ist verschwunden, wir sehen langsam den Schatten unseres Planeten über den hellen Bruderplaneten ziehen.
Sandwolken treibt der Wind über uns hinweg zum Meer.
Der Weg führt zu einer von steilen Wänden umschlossenen Bucht.
Unter uns das ohne Rhythmus bewegte dunkle Meer.
Yamin ist schon gesprungen.
Es gibt eine in den Fels gehauene Treppe, aber die Stufen sind für uns viel zu klein.
Wir springen von einem Vorsprung hinab zum nächsten.
Hier sind die dunklen Logen eines Naturtheaters.
In manchen dieser Logen oder Grotten hocken oder liegen Zuschauer. Skelette.
Zu zweit oder allein. Kleiner und feiner gebildet als wir sind alle, aber nicht fremdartig.
Bei den Skeletten liegen Kleider, manche fest und dicht gewoben und fast indianisch gemustert. Andere wie aus Keramik - zarte Panzer aus Keramik.
Wir finden eine bequeme Loge, die mit feinem Sand gefüllt ist.
Die Nacht ist bald vorüber, beängstigend schnell steigt das Riesenrad der Sonne aus dem Wasser.
Das Getöse des Meers hatte in der Nacht kaum nachgelassen, nun schwillt es ungeheuer an. Jetzt weht der Wind vom Meer zum Land, treibt helle Nebelschwaden auf uns zu und kurze warme Schauer von salzigem Wasser. Wir verstauen unsere Spinnweb-Overalls hinten in unserer Höhle.
Wasserberge steigen zum Himmel und zerfallen. Leuchtende Gischtwolken. Regenbogen. Wasserhosen bilden sich, wandern und zerfallen.
Das Getöse wird nach und nach zu einer Musik. Wir hören eigentlich nur Musik. Immer leisere, immer langsamere Musik.
Die Wasserberge steigen langsamer zum Himmel, steiler und höher als je zuvor.
Die mittägliche Sonnenfinsternis beginnt.
Der Wind treibt kleine Blasen wie Perlen in die Bucht. Sie kommen näher, die Blasen sind nicht klein, sie schweben heran und glänzen, während der Himmel dunkler wird, immer heller.
Sie besuchen auch unsere Loge. Yamin will sie zum Platzen bringen, ich halte seine Hände fest. Er windet sich lachend in meinen Armen. Sein Lachen klingt in der Grotte merkwürdig dunkel. Jetzt zerdrückt er eine heranschwebende Wasserblase mit seinen Schenkeln.
Wir lesen gemeinsam in einem Buch.
Yamin zeigt jetzt auf eine Initiale, so kunstvoll, daß nicht zu erraten ist, welcher Buchstabe dargestellt ist. Ich erkenne Ölbäume, unter den Ölbäumen Schlafende. Dorthin will ich nicht.
Yamin ist schläfrig geworden.
Sein Finger zeigt immer noch auf diese Initiale.
Ich erwache, den Kopf auf meinem Schreibtisch.
Vor meinen Augen eine Konservendose. Oliven, mit einem Leuchtturm auf dem Etikett.
Ich bin sicher, es war jemand bei mir und ist soeben verschwunden.
laura\PIA schrieb am 15.12. 2002 um 22:32:13 Uhr zu
Bewertung: 22 Punkt(e)
Kaum noch Menschen in unserem Institut. Wir, Ibi und ich, sind oft allein. Es wird nicht mehr geheizt, trotzdem ist es nicht zu kalt, weil überall die Fenster zugemauert sind. Außerdem tragen wir jetzt unsere neuen Spinnweb - Overalls.
Ich gehe hoch ins „Weltobservatorium“ - jeden Tag üben wir dort etwas TaiChi, etwas Karate, und was uns sonst einfällt. Immer um 3 Uhr, wie früher, als Billy Lehrer war; immer noch hoffen wir, daß er wieder unterrichtet.
Wie oft ist Ibi schon da und hockt nachdenklich auf einem Stapel Bodenmatten. Flüchtig begrüße ich ihn und beginne. Nie mehr werde ich den Fehler machen und ihn zum Mitmachen auffordern, wenn er dort sitzt und eventuell noch eine Erektion besänftigen muß.
Das silberschwarze Spinnweb-Overall ist dünn und weich; es verlockt zum Streicheln.
Ibi ist fast 14, ich bin doppelt so alt.
Bei Partnerübungen kennt er keine Rücksicht, er preßt meinen Kopf gegen seine Brust, rasch und fest schlägt sein Herz.
Neulich, wir saßen im türkischen Bad, es war dunkel und der Ofen glühte, da liebte er mich heftig. Einen Atemzug lang: ein heftiges Ein-, ein langsam stöhnendes Ausatmen.
So ungerührt wie möglich sagte ich zu ihm: wie kräftig du geworden bist! Bald bist du stärker als ich!
neo fausuto/PIA schrieb am 25.4. 2001 um 14:41:23 Uhr zu
Bewertung: 11 Punkt(e)
Ich sitze am Schreibtisch von Negro, dem vom PIA zu Merkur geschickten Piloten, der letztes Jahr starb. Ich finde in seinen Notizbüchern:
Negros Traum vom versäumten Weltende.
Auf dem Merkur erfaßt mich immer wieder ein Zeit-Schwindel-Gefühl. also ob jede Merkur-Sekunde ein Erden-Jahr bedeutete.
Daher dieser immer wiederkehrende Angsttraum, wenn ich im Schatten meines Nacht-Felsens schlafe.
Keine Funksignale mehr von der Erde. Schon im Merkur-Orbit, gelingt mir trotzdem ein perfekter Start, auf die Sekunde genau, mit minimalem Schub. Der Bord-Wecker weckt mich in regelmäßigen Abständen aus der Narkose, die Erde ist jedesmal größer. Immer noch Funkstille und was mich wirklich in Panik versetzt: die Erde ist braun geworden. Schließlich im Erd-Orbit. Es war keine Täuschung: statt Wolken Staubstürme, die Kontinente haben ihre Konturen verloren. Ich tauche in die Nacht ein: keine Lichter mehr auf der Erde!
So wie ich sonst zum Abstieg den charakteristischen Schatten eines Himalaya-Tals angepeilt hatte, so nun einen langgezogenen Schatten in der Gegend der nordamerikanische Ostküste. Da ist der Gegendruck der Atmosphäre, da der Funkenflug von den Rändern des Hitzeschilds, da die Explosionen, wenn die Fallschirme herausgeschossen werden - in traumhafter Exaktheit. Ich tauche in den Talschatten, in eine Schlucht ein, sehe umherliegende Trümmer und bin schon zu Boden. Sturz, Schmerz und Übelkeit. Zerre mühsam meinen Helm los, der Fallschirm legt sich wie ein Laken über mich, Ohnmacht. Jetzt der Traum im Traum:
Mit unwirklicher Leichtigkeit stehe ich auf, sehe Schwärze und Schönheit des Hudson-Canyons. Noch eine Kletterei in die Tiefe, dann am Hudson, ein klarer, rasch fließender Bach, aus dem ich ohne Bedenken trinke, in den ich mich ganz hinein werfe.
Liege, genieße die Kälte, lasse meine Augen den Canyon langsam hochwandern. In der Nähe ein Frachter, fast ganz mit Sand zugeweht. Rostige unidentifizierbare Reste von allerlei Versunkenem. Heulender Wind, Sandwirbel. Weiter oben teilt sich der Canyon, und ganz oben: Reste von Brücken.
Da ragt Geborstenes in den Abendhimmel, und dort ragen noch die schwarzen Türme von Manhattan.
neo fausuto\PIA schrieb am 21.4. 2003 um 17:13:18 Uhr zu
Bewertung: 9 Punkt(e)
Das Rätsel der „dunklen Materie“ war gelöst. Im Traum hat es sich mir eröffnet, mit überwältigender Logik: dunkle Materie besteht aus Kakao. Pulver oder Staub, fein und bitter. Wird von einem Schwarzen Loch (leeren Magen) angesogen, mit einer gleichfalls angesogenen jungen Galaxis verrührt, in einem Sternreaktor erhitzt, in helle, sichtbare Materie verwandelt, in glänzende, fühlbare, schmeckbare Masse. Mir fließt das Wasser aus dem Mund, ich erwache. Schmerzhafter Hunger.
Muß sofort an Catos Zimmer denken und dort gehortete Süßigkeiten. „Cato hortet Süßigkeiten“ hieß es immer.
In Catos Zimmer ist Sonnenlicht.
Ihr Fenster wurde zuletzt zugemauert. Sie hat sich heftig gewehrt. Hat erreicht, daß eine halbe Ziegelbreite ausgespart blieb.
Ihr Zimmer ist leer.
Mein Spiegelbild steigt mir schräg aus der Tiefe entgegen, in den ausgehängten, an die Wand gelehnten Fensterflügeln.
Schränke, Schubladen: leer. Auf dem Bett ein Kopfkissenbezug, mit Wäsche vollgestopft. Auf dem Boden ein Berg leerer Schachteln.
Vor dem Spalt im Fenster pendelt ein Stück Glas an einem Faden.
Dreht sich langsam, über die Wände bewegen sich Lichter.
Kein Hunger mehr, dafür ein Schwindelgefühl.
Ich lege mich auf Catos Bett.
Man wird uns vermissen, sie und mich.
Wird glauben, wir seien gemeinsam geflüchtet.
Wir sind geflüchtet, in entgegengesetzte Richtungen.
neo fausuto\PIA schrieb am 21.2. 2003 um 22:38:48 Uhr zu
Bewertung: 19 Punkt(e)
Grüne Kacheln schweben im Weltraum, zu einer halben Kuppel lose gefügt.
Heute, im türkischen Bad meines Instituts, habe ich für mich allein Feuer gemacht und liege in einem Zuber aus Zedernholz. In Becken, dort, wo ein dünner Strahl kochend heißes Wasser aus der Wand in und neben meinen Zuber fällt. Was überfließt, mäandert über den Beckenboden und glänzt ölig. Ein zweiter Zuber mit frischem kaltem Wasser. Ein dritter, umgedreht, dient als Tisch. Auf dem Tisch mein Sanyo-Recorder und fürs Badewasser eine Tüte Badesalz mit betäubender Ginster - Essenz.
Draußen heftiger Wind, der Dampf steigt senkrecht hoch, zieht dann waagrecht durch dunkle und von Feuer beleuchtete Zonen davon. Grün leuchten die Kacheln.
An den Beckenrand gelehnt eine Matratze, ein goldgerahmter Spiegel. Davor ein Holzstuhl. Requisiten einer Filmszene. Später weggeschnitten. Auf der Sitzfläche des Stuhls eine kleine blaue Turnhose, auf der Lehne ein gelbes Unterhemd mit kurzen Ärmeln und einem mit kleinen Knöpfen verschließbaren Ausschnitt. Ich sah Kanister mit Petroleum (Lampen) und Olivenöl (Massage). Der Regisseur wurde entlassen, der Produzent ist geflüchtet. Ich sah alte Handtücher. Militärdecken mit dem geflügelten Äskulapstab zwischen den Buchstaben U und S. Drehbuch-Skripte wurden gestohlen. Fördermittel gestrichen. Ich sehe eine dünne silberne Kette und weiß: sie ist ein zurückgewiesenes Geschenk. Oder ein achtlos vergessenes.
Ein ganzer Schwall heißes Wasser. Dampfwolken. Draußen der unaufhörliche Wind, heller Schein aus dem Ofen, das wenige Holz wird bald verbrannt sein. Rauch ist zu riechen, nicht zu sehen. Ich sehe überall silberne Ketten und weiß: mit ihnen war ich an die Wirklichkeit gekettet, jetzt bin ich entbunden. Diese Erkenntnis muß im Recorder festgehalten werden. Er liegt in unerreichbarer Ferne.
Widerschein in der Kuppel über mir, eine halbe Kuppel aus grünen Kacheln ragt in den leeren Weltraum. Dort, im Weltraum, bin ich in ein Rettungsmanöver verwickelt. Der Ausstieg war nicht einfach. Wie mühsam bin ich aus dem warmen Wasser gestiegen.
Begleiter halfen, haben mich gestützt, fast getragen; durch Schläuche sind wir miteinander verbunden.
Kraterwände, steil abfallende. Hier ist die dunkle, gegenüber die helle Seite. Unten ein dunkleres, oben helleres Grün. Ganz unten, der Kraterboden, ist eine tiefgrüne Ebene. Dort sind Bäume, zwischen den Bäumen glänzt Wasser. Von steilem Bergwald ist ringsum alles Land paradiesisch umschlossen.
So seht doch!
Meine Begleiter wollen umkehren. Sie schieben mich empor und sprechen von Erschöpfung, Höhenrausch und Sauerstoffmangel. Sie sehen nur schweflig verfärbte kahle Wände, hier und dort Rauchwolken. Jetzt, wo sie es sagen, sehe ich es selbst.
Kehrt nur ohne mich um, sage ich. Ich komme später nach. Der Rückweg ist das Allerleichteste.
Carlos-Antonio nimmt mich begeistert an der Hand, zieht mich fort, zeigt mir die urweltlichen Bäume, Äste strecken sich bis an die Kraterwand, einladende, auf die er wie ein Vogel hüpft.
Wie hatte Carlos-Antonio gebettelt und wollte mitkommen. Vergeblich, er ist erst zwölf.
Auf Ästen sitzen wir, von denen wir mit der größten Lust senkrecht in die Tiefe schauen. Von Ast zu Ast springen wir, schweben, denn starker Aufwind trägt uns. Mit welchem Vergnügen kämpfen wir gegen den Aufwind, um hinab und tiefer hinab an den grünen Grund zu gelangen! An den Fuß der im Wasser wurzelnden Bäume, deren Stämme und Äste bis in den Himmel ragen, dorthin, wo wir unter den dunklen und alles beschützenden Kronen den Abend aller Tage finden werden.
Es ist dunkel und kalt, ich finde kaum die Stufen, die aus dem Becken führen. Der Ofen ist noch warm, beim Ofen finde ich den warmen Bademantel.
Kolumbien, 1984. Ich erinnere mich an alles.
Ein Jahr vor seinem Ausbruch bestiegen wir den gletscherbedeckten Ruiz. Haben wir nicht nachdenklich, auf unsere Eispickel gestützt, die Senke in der Bergkuppe betrachtet, die frischen Kanten und Brüche im alten, gelblich verfärbten Schnee? Dann stiegen wir, noch immer durch das Seil verbunden, in den Krater hinab.
Ich taste mich den dunklen, schrägen Gang vom Bad ins hintere Treppenhaus hoch, gehe durch die Flure meines ganz verlassenen Instituts und erinnere mich an alles.
neo fausuto\PIA schrieb am 8.9. 2002 um 19:54:51 Uhr zu
Bewertung: 9 Punkt(e)
Im Roten Gemach des PIA treffe ich unvermutet auf „Jogger“ Mefisuto.
Er betrachtet aufmerksam die Wand, kratzt an einem der vor Alter mürben Ziegelsteine. In den Wandnischen flackern Kerzen.
„Neo, erinnerst du dich? Vor einem Jahr noch habe ich Kerzen verkauft...“
(Überall in Samarkand gab es sie - Kerzen, paarweise verkauft, wie das World-Trade-Center geformt. Funkensprühend und qualmend brannten sie ab. Erst Belustigung, dann, nach dem 11. September, Verwunderung und Befremden).
„Fast ohne mein Zutun!“ sagte Jogger, „die Idee hatte zuerst ......!“
„Dein Zutun?“ frage ich, „dein Zutun zum 11. September ?“
Jogger starrt mich etwas belustigt an. Dann erzählt er.
„Die Idee hatte zuerst Tezuma Usamu - ein japanischer „Anime“. 1971 war die Idee geboren - in einem Comic flogen japanische Terroristen mit gekaperten Militärmaschinen in die Zwillingstürme. Die japanischen Animatoren sind sehr gewissenhaft - Tezuma traf 1972 seinen Landsmann, Minoru Yamasaki, den WTC - Architekten. Einige Fragen, die Statik des WTC betreffend, waren zu klären.
Sie trafen sich in New York, in Schatten der Türme, in einem alten Fischrestaurant.
Minoru verriet, daß während des Baus eine Asbest-Verordnung in Kraft trat - die Eisenträger der oberen Etagen hatten keinen schützenden Asbest-Mantel mehr. So konnte er leicht voraussagen, daß bei einem Kerosin-Großbrand in der Turmspitze die oberen Etagen kollabieren würden und durch ihr Gewicht die unteren eindrücken.
Durch Tezuma kam die Idee in die Welt - das war das Entscheidende!“
„Und was war dein Beitrag?“ frage ich Jogger. Hast du Osama und Usamu zusammengeführt?“
„Ich, Osama und diejenigen, die auf der 1 - Dollar - Note >COEPTI< heißen - wir dienen demselben Herrn!“
Manchmal ist Jogger geradezu theatralisch großspurig.
„Einer dieser COEPTI hatte spät begriffen, daß der längst bekannte Plan garnicht verhindert werden sollte.“ („Ein DIA - Mann“ , sagte Jogger geheimnisvoll).
„Er, eigentlich ein Schwächling, wollte den starken Mann spielen. Mein einziger Beitrag - wenn du es wirklich wissen willst - mein einziger Beitrag war, daß diese kleine Aufwallung sich rasch wieder legte.
Nur er hätte den Anschlag verhindern können!
Minoru gefiel Tezumas Idee übrigens außerordentlich! Denn wenige Wochen zuvor hatte man in St. Louis ein Werk von ihm, auf das er besonders stolz war, zerstört. Billige, schöne, geräumige Bauten für Ärmere! Angeblich, weil sie zu einem Slum verkommen waren!“
Währenddessen haben wir das Rote Gemach - was wollte Jogger dort eigentlich? - verlassen, sind hochgestiegen und haben den Park betreten. Wir sind an unserem Lieblingplatz angekommen - dem Springbrunnen.
Wir setzen uns auf den Brunnenrand.
Jogger ist merkwürdig nervös, er zittert fast.
War das alles? Sein Werk: einen schwachen Menschen, der eine Anwandlung von Tatkraft hat, wieder besänftigen?
Ist das geradezu eine Strategie ?
Informator schrieb am 9.11. 2003 um 23:00:47 Uhr zu
Bewertung: 16 Punkt(e)
PTOLEMY-INSTITUTE-OF-ASTROLOGY
The Republic of Uzbekistan, established in 1924 as a constituent republic of the former Soviet Union, declared independence as an Islamic nation in 1991. As the nation moves ahead into the 1st century, it struggles to find ways to modernize its industrial and economic systems in order to join the global community. At the same time, it is essential for the new nation to recover from 75 years of repression during the Communist era and strengthen its particular religious, cultural, and intellectual values.
To this end, the government of Uzbekistan has set up a national trust to finance the construction of the PIA, a center for advanced astrological research. The ancient city of Samarkand has been chosen as the site for this facility, which will be the most advanced research institute of its type in the world. A number of Communist-era buildings will be demolished so that the scale and complex spatial hierarchy of the historic quarter can be extended into the modern city. The PIA will comprise lecture halls and classrooms, laboratories, an auditorium, libraries and housing for students and faculty, and it will be equipped with VLT optical and infrared telescopes.
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