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Selbstbefleckung Kapitel 11,12,13,14,15
(11)
Es klingelt an der Tür. Wer kann das jetzt wieder sein? Normalerweise rolle ich mit den Augen, wenn ich gestört werde, aber gerade jetzt kommt mir die Unterbrechung gar nicht so unrecht. Ich fange nämlich an, mich zu langweilen. Das Gefühl der Langeweile kenne ich sonst gar nicht, aber nun, da ich an die Wohnung gefesselt bin und mit keinem meiner Vorhaben so richtig Fortschritte mache, kommt es ganz heimlich angeschlichen.
Ich bewege mich Richtung Wohnungstür. „Einen Moment“, rufe ich laut, „ich komme gleich!“
Es ist Frau Mühlau, wie ich durch den Türspion sehe. Ich öffne die Tür.
„Guten Tag, Herr Maas, ich will Sie nicht stören, aber mein Mann hat mir erzählt, dass er Sie mit einem Gipsbein gesehen hat, schon vor ein paar Tagen. Wissen Sie, ich war doch nicht da, ich war doch bei meiner Tochter am Niederrhein, aber ich bin mit dem Zug hingefahren, mein Mann fährt nicht gern so weite Strecken mit dem Auto und er wollte auch nicht mitfahren, er hat es doch mit dem Kreuz, und da sagt er immer, er schläft am liebsten in seinem eigenen Bett. Und Janine, also meine Tochter, die hat ja auch keine so große Wohnung, wissen Sie, sie hat ja jahrelang nicht so gut verdient, aber jetzt geht es etwas besser, jetzt arbeitet sie bei diesem großen Sanitätshaus, dieser Kette, die zahlen ganz gut, dann kann sie sich mal nach einer etwas größeren Wohnung umsehen. Ich habe zu ihr gesagt, sie kann sich ja dann in unsere Stadt versetzen lassen, die haben doch bei uns auch eine Filiale, wissen Sie, neben der Sparkasse, da in der Lorenzstraße, das ist eine schöne große Filiale, helle Räume, alles ganz neu eingerichtet, aber sie will da unten bleiben, am Niederrhein, sie wollte immer weg von zu Hause, ich kann das gar nicht verstehen, der Marvin, mein Sohn, der ist da ganz anders, dem gefällt es hier, der würde nie woanders wohnen wollen, der war ja zwei Jahre arbeitslos und hätte eine Stelle in Frankfurt haben können, aber er meinte, er bleibt hier, die Mieten seien so hoch in Frankfurt, aber dass man dort auch mehr verdient, wissen Sie, das hat er nicht gesehen. Das ist wie in München, da ist auch alles so teuer, aber die Leute verdienen auch mehr, da wohnt meine Schwester, die hat dorthingeheiratet, der ihr Mann war Oberinspektor bei der Bahn, aber der lebt schon seit Jahren nicht mehr. Herzinfarkt, wissen Sie, der war starker Raucher und hatte immer Bluthochdruck. Na ja, sie bekommt eine schöne Rente, die haben eine Eigentumswohnung, die ist schon lange abbezahlt, die muss sich keine Sorgen mehr machen. Aber ich habe zu Marvin gesagt, Marvin, sage ich, du wirst hier auch etwas bekommen, du musst nicht Frankfurt ziehen, überlege mal, was allein der Umzug kostet, und dann die Renovierung, bis man in eine Wohnung überhaupt einziehen kann, da geht auch wieder Geld drauf, spar dir das mal lieber, sage ich zu ihm, du wirst auch hier was kriegen. Und jeden Tag hin und her fahren, das ist ja auch viel zu teuer, da braucht man fünfhundert Euro allein für Sprit, und das jeden Monat, stellen Sie sich das mal vor! Das sind tausend Mark! Ist das nicht Wahnsinn? Und ich habe Recht behalten, wissen Sie, jetzt ist er bei Pfeffer & Luchs, das ist eine große Firma, sehr seriös, altes Haus am Platz, da kann nichts mehr schief gehen, hoffe ich jedenfalls. Man muss halt nur Geduld haben, aber die Janine, die hat Hummeln im Hintern, die war schon als kleines Kind so. Aber sagen Sie, Herr Maas, wie ist denn mit Ihrem Bein passiert? Ich habe zu meinem Mann gesagt, als er mir erzählt hat, der Herr Maas hat ein Bein im Gips, da muss ich doch gleich hinuntergehen und fragen, ob er etwas braucht, wissen Sie, ich meine, Sie sind ja nicht verheiratet und man braucht doch frische Sachen zum Essen, man kann sich ja nicht immer vom Schnellimbiss ernähren und Sie können doch jetzt bestimmt nicht zum Einkaufen gehen, oder geht es mit dem Gips, haben Sie Krücken bekommen?“
„Ja, es geht schon, ich bewege mich schon ganz geübt in der Wohnung mit meinen Krücken, vielen Dank, dass Sie nachfragen.“
„Das ist doch selbstverständlich, man kümmert sich doch um die Leute, wissen Sie, die alte Frau gegenüber, die Frau Boes, die kenne ich ja auch schon länger, man sieht sich ja immer auf der Straße, wenn man vom Einkaufen kommt, und die ist ja auch nicht mehr gut zu Fuß und geht immer mit ihrem Einkaufswägelchen zum Lebensmitteldiscounter, die tut sich aber immer so schwer, wenn sie das Einkaufswägelchen die Treppe hochziehen muss, wissen Sie, sie sagt zu mir, Frau Mühlau, sagt sie, ich brauche eine Viertelstunde, bis ich mit meinem Einkaufswägelchen im ersten Stock bin. Und der helfe ich ja auch, wenn es geht, wenn ich sie gerade sehe, frage ich sie, ob sie was braucht, ob ich ihr vielleicht Katzenfutter mitbringen kann, wissen Sie, die hat ja sonst niemanden mehr außer ihrer Katze, die ist ihr Ein und Alles. Frau Mühlau, sagt sie immer zu mir, wenn meine Katze einmal nicht mehr ist, dann gehe ich auch. Ja, so ist sie, die Frau Boes, und wissen Sie, das Katzenfutter ist ja ganz schön schwer, wenn man da so ein Paar Dosen kauft, die wiegen gleich ganz schön was, aber noch schlimmer ist ja die Katzenstreu, aber die schweren Säcke lässt sie sich immer vom Hausmeister mitbringen und hochtragen, das würde die Frau selbst nie und nimmer schaffen und ich auch nicht. Da gibt sie dem Hausmeister fünf Euro Trinkgeld, und wenn der sowieso im Baumarkt ist, dann bringt er die Katzenstreu mit. Der kann ja auch mit dem Auto in den Hof reinfahren, wissen Sie, das sieht ja sonst die Hausverwaltung gar nicht gern. Da bräuchten Sie am liebsten noch eine Sondergenehmigung, schriftlich, wissen Sie, so sind die. Da haben wir doch mit unserer Hausverwaltung Glück, da gibt es doch eigentlich nie Probleme, oder was sagen Sie? Und das Treppenhaus und der Müllplatz sind jetzt auch immer ordentlich sauber, seit die Frau Ülcin hier putzt, oder wie die heißt. Eine sehr ordentliche Frau, ich habe sie beobachtet, die macht das Treppenhaus wirklich so gut, wie man es selbst machen würde. Putzt das Geländer, wissen Sie, das hat die alte Putzfrau nie gemacht, ich habe mich manchmal geekelt, das Geländer anzufassen, und wie oft bin ich zur Verwaltung gegangen und habe mich beschwert, und jetzt hat es endlich was genützt. Hoffentlich bleibt die Frau Üdic, oder wie die heißt, hier recht lange. Die ist auch so bescheiden, wissen Sie, ich weiß nicht, ob Sie mit ihr mal gesprochen haben, sie grüßt freundlich zurück, wenn man sie grüßt, und sie kann auch ein wenig Deutsch, ich weiß nicht mehr, wo ihr Mann arbeitet, was sie gesagt hat, sie hat es mir erzählt, jedenfalls arbeiten beide und sind fleißig und ordentlich. Da haben wir richtig Glück gehabt, das darf ja auch mal sein, nicht wahr? Also, Herr Maas, ich wollte Ihnen anbieten, ich backe heute Nachmittag Kuchen, weil der Marvin doch morgen kommt, wissen Sie, mit seiner Verlobten, und da bringe ich Ihnen dann gerne ein oder zwei Stücke herunter, Sie müssen doch wieder zu Kräften kommen, nicht wahr? Wie ist das überhaupt passiert mit dem Bein?“
„Beim Skifahren. Ich musste einem angetrunkenen Skifahrer ausweichen. Das wird immer schlimmer, ich mag schon kein Après-Ski, aber die sitzen ja Mittags bereits in den Hütten und trinken Jagertee.“
„Ja, Herr Maas, Sie sind halt ordentlich, ich sage immer zu meinem Mann, der Herr Maas, sage ich, das ist ein ordentlicher Mieter, der raucht nicht und trinkt nicht, der ist ruhig und grüßt immer freundlich im Treppenhaus, solche Mieter, sage ich zu meinem Mann immer, müssten wir mehr haben. Obwohl es bei uns hier im Haus ja noch geht, gegenüber, wissen Sie, da wo die Frau Boes wohnt, da sind jetzt Studenten eingezogen, ich weiß nicht, die feiern andauernd Parties und schlafen dann bis in den Nachmittag. Müssen die gar nicht an die Uni, oder was sind das für Leute? Aber die Frau Boes, das ist so eine, die geht nicht zur Hausverwaltung und beschwert sich, wissen Sie, ich bin da ganz anders, was zu weit geht, geht zu weit, das finden Sie doch auch, oder? Mein Mann sagt immer, wir zahlen hier genug Miete, da haben wir auch Anspruch auf Wohnqualität, und ich finde, da hat er recht. Also ich bringe Ihnen dann den Kuchen vorbei, wenn er fertig ist, ja? Ich muss jetzt los, mein Mann wartet wahrscheinlich schon auf mich. Sie sagen Bescheid, wenn Sie was brauchen, Sie wissen, ich gehe ja fast jeden Tag zum Einkaufen, da kann ich Ihnen schon mal was mitbringen. Aber Ihre Mutter kümmert sich sicher auch um Sie, oder, die wohnt doch nicht weit von hier, wo wohnt die gleich wieder?“
„In Waldspeichenbach, das sind etwa fünfzig Kilometer. Ja klar, sie kümmert sich um mich. Vielen Dank für Ihr freundliches Angebot. Und ich freue mich auf den Kuchen. Grüßen Sie Ihren Mann von mir. Auf Wiedersehen.“
„Tschüss, ich klingle dann bei Ihnen mit dem Kuchen.“
„Ja, tschüss.“
Ich schließe die Wohnungstür und gehe zurück ins Wohnzimmer. Ich lasse mich auf die Couch fallen. Ich bin unfähig, etwas zu tun oder etwas zu denken. Ich muss mich erst einmal regenerieren.
Nachdem ich etwa eine Viertelstunde apathisch auf dem Sofa gesessen habe, beginnen sich meine Lebensgeister langsam wieder zu regen. Es gibt jetzt nur eins: Ich gehe ins Arbeitszimmer, setze mich vor den Rechner, lege mein Bein auf das Beistelltischchen und öffne eine der Internetseiten mit meinem bevorzugten Fetisch. Doch da fällt mir ein, dass ja nach wie vor die Gefahr besteht, dass Mareike zum Putzen kommen könnte.
Also schließe ich die Seite, gehe zurück ins Wohnzimmer, setze mich aufs Sofa, lege mein Bein hoch, ziehe die Wolldecke über mich und beginne zu onanieren. Im Kopfkino laufen die besten Szenen von der Seite mit meinem bevorzugten Fetisch. Es dauert nicht lang, und das Clean-Ex-Tuch nimmt ein paar heftige Schübe Sperma auf.
Jetzt geht es mir besser. Allerdings muss ich eine unangenehme Feststellung machen: Ich fange langsam an zu stinken. Kein Wunder, habe ich doch ein paar Tage lang nicht geduscht. Das letzte Mal war am Vorabend meines Skiunfalls. Es war mir bisher zu umständlich, mit dem Gipsbein zu duschen. Und da ich nicht unter Leute kam, war es nicht unbedingt nötig. Außerdem war ich ja auch die ganze Zeit beschäftigt.
Dabei wäre es gar nicht so kompliziert. Man zieht einen Müllsack über das Gipsbein und klebt ihn mit Paketklebeband zu. Sinnvoll ist es dabei, den Streifen Haut, auf dem das Paketklebeband verläuft, zu rasieren, dann tut es beim Abziehen nicht so weh. Da ich weder Paketklebeband noch größenmäßig passende Müllsäcke im Haus habe, kann ich jedoch im Moment nicht duschen. Ich beschließe, mir beides mitbringen zu lassen.
Es ist ja nicht so, dass ich richtig schlimm stinken würde. Wahrscheinlich bin ich selbst der Einzige, der es im Moment riecht. Jemand, der mir nicht näher kommt als auf die soziale Entfernung, würde es glaube ich nicht merken. Soziale Entfernung, das ist der Abstand, den man einhält, wenn man jemandem die Hand schüttelt oder wenn man sich mit jemand Fremdem unterhält. So wie ich vorhin mit Frau Mühlau. Ich bin mir vollkommen sicher, dass sie nichts gemerkt hat.
Aus dem Gips selbst stinkt es noch nicht. Ich bin gespannt, wann das losgeht. Man hört ja immer davon, dass man im Gips grauenvoll stinkt. Und der Geruch beim Abmachen des Gipses soll einen umhauen. Da der Mensch durch die Haut sehr viele Schadstoffe ausscheidet, ist das eigentlich zu erwarten. Auch wenn man nicht allzu sehr schwitzt. Dazu kommen abgestorbene Hautzellen, da die Haut sich selbst ständig regeneriert. All diese Abfallprodukte werden durch Bakterien zersetzt, wodurch der Geruch zustande kommt.
Mir kommt der Gedanke, dass das vielleicht der interessanteste Aspekt der ganzen Geschichte ist. Ein Selbstversuch, bei dem ich genauestens verfolgen werde, wie die Geruchsentwicklung verläuft. Auch nehme ich mir vor, zu beobachten, wie der Geruch auf meine Umgebung wirkt. Wenn der Gips irgendwann abgenommen wird, werde ich vielleicht fragen, ob ich ihn mit nach Hause nehmen darf.
Wie in diesem medizinischen Bericht, den ich einmal gelesen habe. Die Sache trug sich in einem Skigebiet in den Vereinigten Staaten zu, ich weiß nicht mehr, ob in Colorado oder wo. Es gab dort ein Krankenhaus, in dem naturgemäß viele Knochenverletzungen behandelt wurden. In dem Krankenhaus gab es auch ein Labor. In diesem Labor arbeiteten mehrere Angestellte, die sich alle gegenseitig nicht ausstehen konnten. Wegen jeder Kleinigkeit gab es Streit, Mobbing war an der Tagesordnung. Wenn an einem Arbeitstag kontinuierlich schlechte Stimmung war, so war das ein guter Arbeitstag, denn es bedeutete, dass sonst nichts vorfiel. Keine Eskalation, kein Eklat.
Dieses Labor wurde nun aus irgendeinem Grund, vielleicht wegen Umbauarbeiten, in andere Räumlichkeiten verlegt. In diesen neuen Räumen befand sich ein Lager, in dem die aufgeschnittenen Gipsverbände aufbewahrt wurden. Diese waren über einen längeren Zeitraum gesammelt worden, so dass es bereits eine beträchtliche Menge war. Ich weiß nicht mehr, ob sie für einen bestimmten Zweck gesammelt wurden, vielleicht sollten sie untersucht werden.
Die zerstrittenen Laborangestellten hatten nun also bei der Arbeit den ganzen Tag den Geruch der gebrauchten Gipsverbände in der Nase. Sonderbarerweise beschwerten sie sich aber nicht darüber. Auch verschlechterte sich ihre Laune dadurch nicht. Das genaue Gegenteil war der Fall. Die schlechte Laune und die gereizte Stimmung waren praktisch von einem Tag auf den anderen verschwunden. Die Arbeit machte den Angestellten sichtlich Spaß, sie hatten permanent ein Lächeln auf den Lippen, ihr Umgang miteinander war freundlich, gelegentliche Scherzworte waren zu hören. Nach wenigen Tagen begannen sie, sich über ihr Privatleben auszutauschen, sie stellten fest, dass sie Kinder hatten, die zur selben Schule gingen, sie bildeten Fahrgemeinschaften und die Singles unter ihnen hatten sogar Dates miteinander.
Es war für alle Beteiligten so etwas wie ein Wunder. Bis irgend jemand, ich weiß nicht mehr wer, auf die Idee kam, einen Zusammenhang zu den gebrauchten Gipsverbänden herzustellen. Unter dem Vorwand fortgesetzter Umbau- und Umräumarbeiten wurden diese entfernt. Was nun geschah, war zwar zu erwarten, überraschte aber in seiner Deutlichkeit doch. Die gute Laune war nämlich von einem Moment auf den anderen verschwunden. Sie war wie weggezaubert. Und zwar bei allen Angestellten. Erst mit gerunzelter Stirn, dann mit hängenden Mundwinkeln, dann mit gelegentlichem Grummeln gingen sie ihrer Arbeit nach. Erste Unstimmigkeiten traten auf, der erste Zusammenstoß folgte. Binnen ganz kurzer Zeit war die Stimmung auf dem Gefrierpunkt. Alles war wie immer. Es war, als hätte es die kurze Zeit der Hochstimmung nie gegeben. Erstaunlicherweise konnte sich auch keiner der Beteiligten daran erinnern. Die vergangenen Tage waren bei allen wie aus dem Gedächtnis gelöscht.
Es wurden nun verschiedene Schlüsse aus diesen Vorkommnissen gezogen. Das Ganze hatte natürlich mit Pheromonen zu tun. Mit Sexuallockstoffen, die subliminal ins Gehirn eindringen. Und zwar in den ältesten Gehirnteil, den, den alle Säugetiere miteinander teilen. Den, in dem die ursprünglichsten Triebe angesiedelt sind. Wie der Sexualtrieb.
Gegen solche subliminalen, also unterschwelligen Reize kann man sich nicht wehren. Es ist so ähnlich, wie wenn man auf der Straße an einer Unbekannten das gleiche Parfum riecht, das auch eine längst verflossene Ex-Freundin getragen hat. Sofort kommt die Erinnerung an die Ehemalige hoch, ausgelöst durch ein Paar Duftmoleküle. Es gibt jedoch zwei fundamentale Unterschiede: Pheromone wirken zehntausendfach stärker. Und Pheromone kann man nicht riechen.
Sie sind unriechbar, und sie sind zudem meist unter normalerweise abstoßenden Gerüchen verborgen. Wie zum Beispiel unter Schweißgeruch. Oder eben unter dem strengen Geruch der wochen- und monatelang getragenen Gipsverbände. Wenn sich also Menschen „nicht riechen können“ oder wenn zwischen zweien „die Chemie stimmt“, dann sind das keine übertragenen Redewendungen. Es sind Fakten, die beweisen, dass Menschen Säugetiere sind und sich verhalten wie Säugetiere. Das verbreitete Begrüßungsritual Küsschen links, Küsschen rechts ist nichts anderes als das Begrüßungsritual zweier sich beschnuppernder Säugetiere.
Der Berg gebrauchter Gipsverbände enthielt eine riesige Menge Pheromone. Die einzelnen Pheromone der einzelnen Individuen waren nicht mehr voneinander zu unterscheiden. In dem Labor waberte quasi eine konzentrierte Essenz. Sie versetzte alle Mitarbeiter, ohne dass sie es wussten, in den Paarungsmodus.
Wie gern wäre ich dabeigewesen! Wie gern hätte ich auch ein bisschen in diesem Labor herumgeschnuppert! Mein Gipsbein verschafft mir nun die einmalige Chance, einen ähnlichen Versuch, wenn auch nur im kleinen Maßstab, selbst durchzuführen.
(12)
Was das Thema Telefonieren anbelangt, bin ich faul. Das gebe ich offen zu. Ich muss im Job den ganzen Tag kommunizieren, da bin ich froh, wenn ich in meiner Freizeit mal meine Ruhe habe. Deshalb rufe ich selten Leute an, sondern ich warte, bis die Leute mich anrufen. Dann gehe ich allerdings auch ans Telefon. Es passiert praktisch nie, dass ich es einfach klingeln lasse und nicht rangehe.
Manchmal mache ich eine Ausnahme und rufe selbst jemanden an. Das passiert immer dann, wenn ich das Gefühl habe, eine bestimmte Person müsste eigentlich bald anrufen. Wenn ich vermute, dass der Anruf zu einer ungünstigen Zeit kommen könnte, passiert es, dass ich eine für mich günstige Zeit auswähle und die Person anrufe. Um das Gespräch hinter mir zu haben. Mir ist es lieber, wir telefonieren zu einer für mich günstigen als zu einer für mich ungünstigen Zeit. Auch wenn die für mich günstige Zeit vielleicht für den Gesprächspartner nicht so günstig ist. Aber da alle meine Gesprächspartner viel mehr Zeit zu haben scheinen als ich, wird es für sie auch weniger ungünstige Zeiten geben.
Sonst bleibt nur die Möglichkeit, per E-Mail einen Telefonzeitpunkt zu vereinbaren. Das mache ich aber selten. Das kann man auch nur mit Leuten machen, mit denen man wirklich gerne telefoniert. Wenn man es mit Leuten macht, mit denen man eher nicht gerne telefoniert, dann sitzt einem der vereinbarte Telefonzeitpunkt wie ein extrem lästiger Termin den ganzen Tag lang im Nacken. Oder vielleicht schon einen Tag vorher, wenn man in der Terminkalender schaut.
„Oh je, morgen muss ich mit dem und dem telefonieren! Es gibt derzeit nichts auf der Welt, wozu ich weniger Lust hätte! Verdammt, warum habe ich nur diesen Telefontermin für morgen vereinbart? Hätte ich ihn doch bloß auf nächste Woche gelegt!“
Es kostet sehr viel Energie, diese Lustlosigkeit während des Gesprächs nicht durchschimmern zu lassen. Deshalb: Telefontermine außerhalb des beruflichen Bereichs nur mit Leuten, mit denen man gerne spricht.
Ansonsten halte ich es für sinnvoll, um beispielsweise am Wochenende ungestört masturbieren zu können, am Freitag Abend noch ein paar Leute anzurufen, die mich sonst den ganzen Sonnabend über belästigen würden.
Im Augenblick ist es so, dass ich mir sicher bin, dass meine Mutter jeden Moment anrufen wird. Schließlich wird sie wissen wollen, wie es mir geht und ob ich was brauche. Tatsächlich brauche ich etwas. Um zu vermeiden, dass sie mich beim Masturbieren oder bei sonstwas stört, rufe ich sie jetzt an.
„Hallo Mutter, ich bin’s.“
„Ja Bub, hallo, ich freue mich, wie geht’s dir? Ich dachte schon, ich will dich heute noch anrufen.“
„Das dachte ich mir, deswegen rufe ich an.“
„Schön, darüber freue ich mich. Brauchst du was? Hast du noch was zu essen? Genug Tabletten?“
„Ja, Mutter, ich habe von allem noch, nur eine Sache fehlt mir.“
Ich erkläre das mit den Müllsäcken und dem Paketklebeband.
„Ach Gott, ja meinst du, das geht? Na ja, du hast ja die Dusche, in die man einfach so hineingehen kann, du musst wenigstens nicht über den Badewannenrand klettern, das wäre kompliziert geworden mit dem schweren Gipsbein, nicht wahr?“
Ich pflichte ihr bei.
„Wann soll ich denn kommen? Ich besorge die Sachen gleich heute noch. Ich schreibe mir gleich einen Einkaufszettel. Also die größten Müllsäcke, die sie haben, und Paketband, aber nicht das billige, sondern das qualitativ hochwertige. Brauchst du sonst noch etwas? Magst du was Bestimmtes zu essen? Ich bringe dir Obst mit, und Milch und Joghurt, wie beim letzten Mal.“
„Am besten ist es, wir telefonieren noch mal, wenn du alles hast. Dann können wir vereinbaren, wann du kommen kannst. Es eilt auch nicht, es reicht auch morgen.“
„Besser wäre schon heute. Ich muss doch wissen, wie es meinem Bub geht. Ich kann dann auch gleich die Wäsche von der Leine nehmen, die ich letztes Mal aufgehängt habe. Die müsste jetzt eigentlich trocken sein. Aber wenn es dir lieber ist, dann telefonieren wir später noch mal.“
Es bleibt mir nichts anderes übrig. Irgendwann muss ich die Sache hinter mich bringen. Wir verabschieden uns.
Der Geruchssinn beschäftigt mich noch immer. Ich konnte nämlich schon als Kind riechen, wenn meine Mutter die Tage hatte. Davor graut mir noch heute. Das ist eine der Erinnerungen, die ich gerne löschen würde. Leider weiß ich noch immer nicht, wo der Lösch-Button ist. Und ich habe nach wie vor keine Ahnung, wie ich ihn finden soll.
Natürlich wusste ich als Kind nicht, wie man das nannte, wenn Mutter so sonderbar roch. Genaugenommen wusste ich nicht einmal genau, dass sie es war, die so roch. So viel körperliche Nähe gab es bei uns ohnehin nicht. Nur ganz am Anfang, da gab es sie. Aber da hatte ich die Fähigkeit noch nicht. Ich merkte also nur, dass etwas komisch roch. Anders als sonst. Und dass dieser Geruch irgendwie von meiner Mutter ausging. Bevor ich der Sache jedoch auf den Grund gehen konnte, war der Geruch wieder verschwunden. Er war nur einen oder höchstens zwei Tage lang vorhanden.
Die Fähigkeit, riechen zu können, wann meine Mutter die Tage hat, ging bei mir irgendwann verloren. Ich schätze, spätestens mit 14 war sie verschwunden. Und sie fehlte mir auch ganz und gar nicht. Ich trauerte ihr nicht nach. Die Fähigkeit erstreckte sich merkwürdigerweise nur auf meine Mutter. Bei anderen Frauen roch ich nie etwas.
Das Schlimme ist nun, dass die Fähigkeit etwa vor sechs, sieben Jahren wiedergekommen ist. Ich weiß nicht, warum sie weg war, aber sie ist wieder da. Sie funktioniert allerdings nicht bei allen Frauen. Sie funktioniert, um damit zu beginnen, nicht bei meiner Mutter. Das liegt aber wahrscheinlich daran, dass meine Mutter ein bestimmtes Alter überschritten hat. Dafür bin ich wirklich dankbar.
Sie funktioniert, so sonderbar sich das jetzt anhört, nur bei solchen Frauen, die ich nicht mag. Zum Beispiel Kolleginnen. Bei solchen, die ich mag, funktioniert es nicht. Bei solchen, die ich nicht mag, funktioniert es. Bei einer, die ich erst mochte und später nicht mehr, funktionierte es nicht, so lang ich sie mochte, und begann zu funktionieren in dem Moment, in dem ich sie nicht mehr mochte.
So war es auch bei meiner Ex. So lange unsere Beziehung in Ordnung war, roch ich nie etwas. Als wir immer häufiger Streit hatten und das Ende der Beziehung in Sicht kam, roch ich es.
Und der Geruch ist bei allen Frauen derselbe. Er war damals, als ich ein Kind war, derselbe wie heute, unabhängig von der Frau. Immer wenn ich den Geruch wahrnehme, muss ich daran denken, wie ich ihn als Kind das erste Mal wahrnahm. Glücklicherweise gibt es nicht allzu viele Frauen, die ich nicht mag. Somit passiert es vielleicht einmal alle drei, vier Monate, dass ich in eine entsprechende Duftwolke hineinlaufe. Aber die überfällt mich dann immer mit voller Wucht.
Da hilft nur folgendes Notfallprogramm: Ganz flach atmen, sich wenn möglich von der Person entfernen, sich wenn möglich in die Nähe eines Fensters begeben, und dann vor allem Gedankendisziplin! Die auf einen Schlag hochkommenden Gedanken an alle Frauen, an denen man diesen Geruch wahrgenommen hat, sofort beiseiteschieben! An angenehme Erlebnisse mit menstruierenden Frauen denken!
Davon gibt es zum Glück eine Menge. Ich schlafe sehr gerne mit einer Frau, wenn sie ihre Tage hat. Ich liebe es, mit dem hellblauen Tamponbändchen herumzuspielen. Ich finde, hellblau ist eine sehr passende Farbgebung. Es passt zu jeder Muschifarbe. Hellblau steht gut gebräunten Frauen genauso wie sehr hellhäutigen. Egal, ob das Bändchen verschämt aus geschlossenen Schamlippen heraushängt oder ob man diese schon auseinandergespreizt hat, ich könnte mir keine passendere Farbe als Hellblau vorstellen.
Rot verbietet sich von selbst, Gelb auch. Rosa sähe blöd aus und würde höchstens Lolita-Liebhabern gefallen. Grün sähe aus, wie wenn ein Grashalm da unten herauswachsen würde. Schwarz sähe aus wie ein besonders störrisches Schamhaar. Man würde sofort nach dem dicken Muttermal suchen, aus dem dieses Hexenhaar wächst. Weiß erinnert an Krankenhaus und Mullbinden. Gefällt höchstens Kliniksex-Liebhabern. Braun verbietet sich wiederum von selbst. Bleibt noch Lila, aber das geht auch nicht, weil man an ein durch rotes Blut verfärbtes Blau denken würde. Die einzige Möglichkeit ist also Blau. Ein normales oder dunkles Blau geht allerdings nicht, denn dann würde man an einen abgegangenen Faden der Jeans denken. Es bleibt in der Tat nur Hellblau. Man könnte hier zwar an hellblaue Babykleidung für männliche Säuglinge denken. Tut man aber nicht. Zumindest ich nicht. Und ich habe es auch noch nie von jemandem gehört.
Da Hellblau also die einzige Farbe ist, die übrigbleibt, ist es ein Glück, dass sie jeder Frau steht. Blöd wäre es, wenn sie der Hälfte der Frauen nicht stehen würde. Es gäbe für sie ja keine Alternative. Aber nein, ich kenne keine, der es nicht steht, und ich kann mir auch keine vorstellen.
Ich liebe es also, mich mit dem Bändchen zu beschäftigen, ich liebe es, spielerisch daran zu ziehen, bis Spannung darauf ist. So ein Bändchen muss ganz schön etwas aushalten. Ich würde gerne mal ein Experiment machen und testen, wieviel Gewicht so ein Bändchen trägt. Besonders liebe ich es, das Bändchen mit meinen Zähnen zu packen und den Tampon so herauszuziehen.
Den Tampon legt man, je nachdem wo man sich gerade befindet, auf das Nachttischchen, auf den Küchentisch, den Wohnzimmertisch oder auch auf den Boden. Geeignet sind sowohl Laminat- wie auch Teppichböden. Tampons sind sehr saugfähig, sie machen keine Flecken. Was sie einmal aufgesaugt haben, das geben sie nicht mehr her. Ein Tampon ist kein Teebeutel. Hat man es mit einer Raucherin zu tun, kann man den Tampon auch im Aschenbecher entsorgen.
Das Ficken, wenn eine Frau ihre Tage hat, ist sehr angenehm. Zur natürlichen Schmierung kommt noch die Nässe des Blutes dazu. Eine ohnehin klatschnasse Muschi wird dann triefendnass. Ist triefendnass überhaupt mehr als klatschnass? Ich glaube schon. Also jedenfalls ist ein Höchstmaß an Nässe garantiert. Das macht richtig Spaß.
Ich liebe es auch, meinen blutverschmierten Schwanz hinterher herauszuziehen. Er sieht allerdings nur im ersten Moment gut aus, wenn er noch vor Nässe und Blut glänzt. Sobald er anfängt, kleiner zu werden, verliert er seinen Glanz. Die Oberflächenspannung ist weg. Und außerdem gerinnt das Blut an der Luft sehr schnell. Es wird dann schwarz und sieht nicht mehr schön aus. Deshalb ziehe ich ihn während des Fickens ab und zu ganz heraus und betrachte ihn. Ich will auch sehen, wieviel Blut genau im Spiel ist. Die Stärke der Blutung variiert von Frau zu Frau und ist auch während der verschiedenen Perioden der Periode unterschiedlich. Es gibt die Anfangs-, die Haupt- und die Schlussperiode der Periode. Man könnte auch sagen, die ersten, die mittleren und die letzten Tage der Tage. Klingt aber auch blöd. Sicher haben die Mediziner eine wissenschaftliche Bezeichnung für die verschiedenen Phasen.
Vor Jahren hörte ich eine schöne Geschichte über zwei Lesben. Ich weiß nicht mehr genau, wie es war, aber ich glaube, eine damalige Bekannte von mir hörte sie von einer Bekannten, die lesbisch war und die sie entweder selbst erlebt oder wiederum von einer Bekannten gehört hat. Ist ja auch egal. Jedenfalls ging es um eine attraktive Mitt- oder Endzwanzigerin, die im Job sehr erfolgreich war. Sie war lesbisch, was aber niemand wusste und was man ihr auch nicht ansah. Nun hatte sie geschäftlich für ein Paar Tage in Paris zu tun. Als ihre Meetings vorbei waren, hängte sie noch einen Tag dran. Sie war Single und wollte in der fremden Stadt etwas erleben. In ihrer Heimatstadt verkehrte sie nicht in einschlägigen Bars, weil sie Angst hatte, erkannt zu werden. Das hätte einen Skandal gegeben.
Diesen freien Tag verbrachte sie damit, dass sie sämtliche Lesbenbars der Stadt abklapperte, deren Adressen sie vorher mühsam herausgesucht hatte. Die Geschichte spielt vor dem Internet-Zeitalter. Damals war so etwas unendlich schwierig. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen.
Jedenfalls traf sie sehr bald in einer der Bars eine überaus attraktive Nordafrikanerin. Groß, sehnig, exotisch, eine heiße Tochter der Wüste. Es war klar, dass die beiden sehr bald in dem winzigen Vorstadt-Appartement der Nordafrikanerin landeten. Sie fielen hungrig übereinander her. An einem bestimmten Punkt ihres Liebesspiels stoppten sie einander und gestanden sich gegenseitig fast synchron:
„Ich habe meine Tage.“
„Ich auch!“
„Mir macht das nichts aus.“
„Und mir erst recht nicht!“
Als sich die beiden eine Weile in der 69er-Position vergnügt hatten, hatten sie beide total blutverschmierte Gesichter. Das machte sie noch geiler, als sie schon waren, und sie begannen, sich gegenseitig am ganzen Körper mit Blut zu beschmieren. Es muss eine Art Kriegsbemalung gewesen sein. Ich habe leider damals nicht gefragt, ob jede die andere mit ihrem eigenen Blut oder mit dem Blut der anderen beschmiert hat. Wahrscheinlich beides. Auch habe ich nicht gefragt, ob sie sich in die Muschi gefasst haben und sich dann mit ihren blutigen Händen bemalt haben oder ob sie sich gleich mit ihren Muschis bemalt haben. Wahrscheinlich beides.
Jedenfalls muss hinterher das Bett ausgesehen haben wie ein antikes Schlachtfeld und die beiden wie erschöpfte, verschwitzte Amazonenkriegerinnen nach ihrem triumphalen Sieg. Es war ein Zusammentreffen mehrerer glücklicher Umstände, dass die beiden gleichzeitig ihre Tage hatten, beide recht stark bluteten – ob immer oder nur in dieser Phase der Periode, ist egal –, und auch noch beide Blut geil fanden. Na ja, eigentlich nicht einfach nur geil, sondern die beiden müssen sich in eine Art Blutrausch hineingesteigert haben. Wer liebt nicht den kupfrigen Geschmack des Blutes im Mund und begehrt mehr davon? Ich kann es nachvollziehen.
Soweit ich weiß, begannen die beiden dann eine Affäre oder Beziehung, über deren weiteren Verlauf mir aber nichts bekannt ist. Ob die Weißafrikanerin nach Deutschland zog oder ob die Businesskostüm-Trägerin sich nach Paris versetzen ließ, entzieht sich meiner Kenntnis. Jedenfalls hatten sie, da sie ja schon synchron menstruierten, jeden Monat die Chance, ihre Blutorgie zu wiederholen, was sie, wenn sie klug waren, auch getan haben.
Auch werden sie so klug gewesen sein, die blutverschmierte Bettwäsche zu entsorgen, statt sie im Waschsalon unter den misstrauischen Blicken anderer Vorstadtbewohner in die Waschmaschine zu stopfen. Designerbettwäsche wird es nicht gewesen sein, mit der die abtrünnige Tochter stolzer Beduinenstämme ihr Lager bezog.
Seit Jahren habe ich nicht an diese Geschichte gedacht. Ich bin froh, dass sie mir wieder eingefallen ist. Es ist erfreulich, dass die Operation „Erinnerung“ so gut läuft. Schade, dass ich mit meiner damaligen Bekannten keinen Kontakt mehr habe. Vielleicht hätte sie noch ein paar schlüpfrige Details aus ihrem Gedächtnis hervorkramen können.
Ich nehme mir vor, im Internet nach Bildern junger nordafrikanischer Frauen zu suchen. Ich muss herausfinden, ob es einschlägige Pornoseiten gibt. Aber ich werde auch nach normalen Bildern suchen. Junge, in Frankreich lebende Nordafrikanerinnen, Anfang bis Mitte zwanzig. Sie müssten etwas extravagant gekleidet sein, vielleicht so wie eine Tänzerin oder eine Theaterschauspielerin sich in ihrer Freizeit anzieht, keinesfalls in traditioneller Tracht. Das wäre ziemlich abturnend. Vielleicht finde ich eine, die so ähnlich aussieht, wie ich mir die namenlose Protagonistin dieser Geschichte immer vorgestellt habe.
Die andere Protagonistin, die Deutsche, kann man sich einfach vorstellen: Groß, schlank, hohe Wangenknochen, blonde lange Haare, blauäugig, Businesskostüm. Da brauche ich keine Bilder, das Bild hat man jeden Tag in der Stadt vor Augen. Man braucht nur gegen Büroschluss durch den zentralen Geschäftsdistrikt zu gehen.
Zusammen ergeben die beiden eine hervorragende Besetzung für einen neuen Film. Ich schätze, das reicht für eine Oscar-Nominierung in der Kategorie „Besetzung“. Der Film wird auf jeden Fall heute noch Premiere haben. In meinem Kopfkino.
(13)
Vorausgesetzt, das Telefon hält mich nicht davon ab. Es klingelt nämlich schon wieder.
„Maas.“
„Weigert, hallo Herr Maas, wir wollten ja nochmals telefonieren wegen Ihrer Krankmeldung und wegen der Frage, wie es jetzt weitergeht bzw. was jetzt zu tun ist. Ich hatte in der Zwischenzeit Gelegenheit, mit dem Chef zu sprechen, und die Sache sieht wie folgt aus.“
„Wunderbar, dass Sie anrufen, Frau Weigert, vielen Dank. Einen Moment, ich muss mir erst was zum Schreiben heranangeln. So, ich bin soweit. Bitte erklären Sie mir alles ganz genau und für Dummies.“
Es scheint wohl so auszusehen, dass mein Attest für den Moment ausreicht, dass ich demnächst ohnehin zur Röntgenkontrolle muss, wo ich ein neues Attest bekommen werde, dass momentan wegen des Jahresanfangs nicht so viel zu tun ist, so dass ich erst mal keine Aufträge nach Hause gemailt bekomme, und dass ich mich nächste Woche wieder telefonisch melden soll. Hoffentlich habe ich alles richtig verstanden und notiert.
„Frau Weigert, Sie sind ein Goldstück! Was würde ich ohne Sie nur machen? Ganz herzlichen Dank für Ihre Mühe. Wenn sich irgendwas ändern sollte, rufen Sie mich bitte an oder mailen Sie mir.“
„Mache ich, Herr Maas, und gute Besserung! Bis dann.“
Das klingt doch nicht schlecht. Ich habe praktisch noch etwas Zeit geschenkt bekommen. Nicht mal Arbeit schickt man mir, jedenfalls nicht im Moment. Ich kann also meine Projekte, allen voran die Operation „Erinnerung“, in Ruhe weiterführen.
Hoffentlich wird mir nicht langweilig. Besser wäre es natürlich, wenn ich masturbieren könnte, so oft und wann ich will. Aber mit den dauernden Besuchen und Telefonaten ist das derzeit nicht zu machen. Trotz meiner genialen Erfindung. Die Wolldecke als Tarnkappe.
Wenn ich die Wolldecke zurückschlage, merke ich, dass ich langsam wirklich zu müffeln anfange. Auch deshalb, weil ich nur eine Jogginghose besitze, bei der man die Hosenärmel mit einem Reißverschluss bis ganz nach oben öffnen kann. Vielleicht sollte ich aufhören, das Sperma, das von den Taschentüchern nicht aufgesaugt wird und daher auf meine Hand gerät, immer an meinem T-Shirt abzuwischen. Auch könnte ich mir angewöhnen, nach dem Masturbieren jedes Mal die Hände zu waschen.
An sich mag ich Spermageruch ja ganz gern. Jedenfalls den Geruch meines eigenen Spermas. Wie das von anderen riecht, weiß ich nicht. Ich habe auch kein Bedürfnis, es herauszufinden. Es gibt Dinge im Leben, die muss ich nicht haben. Aber mein eigenes Sperma riecht schon angenehm. Ich glaube, es schmeckt auch gut. Zwar habe ich es mal selbst probiert, aber das ist bestimmt schon zwanzig Jahre her. An eine überraschend starke salzige Komponente erinnere ich mich, ansonsten weiß ich nicht mehr, welche Geschmacksnuancen noch enthalten waren. Eigentlich klar, dass Sperma salzig schmeckt, Tränen und Schweiß enthalten ja ebenfalls beträchtliche Mengen an Salz. Und Muschisaft übrigens auch.
Jedenfalls hat keine meiner Ex-Freundinnen je etwas am Geschmack meines Spermas auszusetzen gehabt. Kommt natürlich auch auf die Ernährung an. Genug Wasser trinken ist auch hier wichtig. Bier ist ganz schlecht, so wie der Urin nach dem Biertrinken stinkt, schmeckt auch das Sperma schlecht. Habe ich gelesen oder mir sagen lassen. Ich weiß nicht mehr genau, wo ich diese Informationen her habe. Wein hat übrigens keine negativen Auswirkungen. Was das Essen anbelangt, sollte man Spargel meiden. Auch hier gibt es die Parallele zum Urin. Positiv ist viel Obst, am besten seien Erdbeeren. Und ich glaube, Ananas auch. Ich muss das im Internet recherchieren.
Ich nehme mir vor, wenn ich irgendwann mal wieder eine Freundin haben sollte, ein paar diesbezügliche Experimente durchzuführen. Nicht nur, was den Spermageschmack anbelangt, sondern auch in Bezug auf den Muschisaft. Allerdings ist eine Beziehung im Moment in weiter Ferne. Ich habe keine Ahnung, was ich anstellen soll, um wieder eine zu bekommen.
Für Selbstversuche ist das Thema Spermageschmack nicht so geeignet. Und zwar einfach deshalb, weil man sofort nach dem Moment, in dem man sein Sperma verschießt, nicht mehr geil ist. Na ja, jedenfalls nicht beim Wichsen. Wenn man sein Sperma in eine Frau hineingespritzt hat, kann es schon passieren, dass man einfach weitermacht und die von der Natur vorgesehene Pause auslässt. Die Natur hat diese Pause vorgesehen, um eine Überlastung des Säugetiermännchens zu vermeiden. Aber der Mensch ist in der Lage, die Natur in diesem Punkt zu überlisten. Man muss sich dem Diktat der Zwangspause nicht unbedingt immer unterwerfen.
Bei Masturbieren allerdings ist es extrem schwierig, sein Geilheits-Level nach dem Orgasmus zu halten. Auch wenn man es sich ganz fest vornimmt und sich selbst das Versprechen gibt: „Gleich danach mache ich es nochmals“, klappt es meistens nicht. Abends im Bett klappt es nicht, weil man einschläft, und tagsüber klappt es auch nicht, weil man danach so entspannt ist, dass man sich frisch den Herausforderungen des Tages stellt und sich seinen anderen Aufgaben widmet.
Es ist also ein Dilemma: Um mit seinem eigenen Sperma experimentieren zu können, muss man geil sein, aber die Geilheit hört sofort auf, wenn das Sperma verschossen ist. Nun möchte man aber auch nicht mit ein oder zwei Stunden altem abgestandenem Sperma experimentieren, das wäre eklig. Um diesem Dilemma zu entkommen, gibt es nur eine Möglichkeit. Man recherchiert im Internet. Irgend jemand auf der Welt wird etwas zu dem Thema wissen. Relativ schnell findet man den Tip, das frische Sperma sofort nach dem Orgasmus einzufrieren. Voraussetzung ist, dass man in einen Becher oder ähnliches gespritzt hat. Das eingefrorene Sperma kann man dann, wenn man spürt, dass man Lust hat, sich damit zu beschäftigen, auftauen. Allerdings stand nicht dabei, wie lange der Auftauvorgang dauert. Ich denke, das wird auch von der Spermamenge abhängen. Und von der Art des Gefäßes. Allzu lang dürfte es nicht dauern. Na ja, mir wäre das zu umständlich. Viel zu viel Aufwand. So geil bin ich nun auch wieder nicht auf den Geschmack meines Spermas.
Den Geruch hingegen mag ich eigentlich schon recht gern. Ich habe den Plan, mir bei Gelegenheit ein Taschentuch aus Stoff zu besorgen und es so lange zum Masturbieren zu verwenden, bis es mehrfach vollkommen von Sperma durchtränkt ist. Das müsste in einer Woche locker zu schaffen sein. Ich bin sehr gespannt, wie dieses Taschentuch dann riecht. Ich habe allerdings keinen blassen Schimmer davon, ob man heute überhaupt noch Taschentücher aus Stoff kaufen kann. Ich kenne niemanden, der sie benutzt. Alle Welt benutzt Papiertaschentücher. Stofftaschentücher sind unhygienisch und eklig. Sie müssen nach der Benutzung in die Kochwäsche. Sie müssen nach dem Waschen sogar gebügelt werden. Kein Wunder, dass niemand sie mehr benutzt.
Ich könnte beim Herrenausstatter fragen. Dort gibt es Einstecktücher für die Brusttasche des Smokings. Es wäre interessant, ein solches Einstecktuch eine Woche lang vollzuwichsen und es dann einzustecken, wenn man zu einem Empfang oder auf einen Ball geht. Wahrscheinlich wäre man von Frauen umschwärmt. Und die Männer wären irritiert. Jedoch gehe ich nie auf solche Events. Ich besitze nicht mal einen Smoking.
Vielleicht frage ich mal im Billigkaufhaus nach einem Stofftaschentuch. Vermutlich gibt es die dann nur im Dreierpack. Eine billige Qualität wäre ohnehin ganz gut, denn das bedeutet, dass der Stoff recht dünn ist. Somit wäre er schneller vollkommen vom Sperma durchtränkt. Was für eine gute Idee, sofort auf meiner To-do-Liste notieren! Auf was für interessante Gedanken man doch kommt, wenn man nur mal ein wenig Zeit für sich selbst hat!
Einen ganz anderen Selbstversuch mit meinem Sperma machte ich einmal in einer frühen Phase der Pubertät. Ich weiß nicht mehr, wann es war, jedenfalls masturbierte ich viel. Zu jenem Zeitpunkt hatte ich noch keine Haare unter den Achseln. Ob ich bereits Schamhaare hatte, weiß ich nicht mehr. Es war zu einer Zeit, als man sich noch nicht am ganzen Körper rasierte. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Ich hätte gern Achselhaare gehabt, denn ich hatte beim Sportunterricht in der Schule gesehen, dass einige meiner Klassenkameraden schon welche hatten. Außerdem gehört es nun mal zur normalen Pubertätsentwicklung dazu, dass sie irgendwann anfangen zu wachsen.
Ich wusste, dass das Wachstum der Achselhaare etwas mit Hormonen zu tun hat. Hormone steuern die Abläufe des Körpers. Hormone haben aber auch etwas mit dem Geschlechtstrieb zu tun. Also müssen sie doch auch etwas mit dem Sperma zu tun haben, das ich in Mengen produzierte und verspritzte. Mein laienhafter Gedanke war also, dass es vielleicht etwas nützen könnte, wenn man das Sperma unter den Achseln verstrich. Vielleicht wirkten die Hormone, von denen ich fälschlicherweise dachte, dass sie im Sperma enthalten sind, auf die Haut in den Achselhöhlen ein und brachten die Behaarung zum Sprießen.
Also lag ich einige Wochen lang jeden Abend in meinem Bett, holte mir einen runter und schmierte mir das Sperma unter die Achseln. Jeden Morgen besah ich meine Achselhöhlen im Badezimmerspiegel. Kein Haar war zu sehen. Es tat sich nichts. Absolut nichts. Die Achselhaare wollten einfach nicht wachsen. Soweit ich mich erinnere, wuchsen sie erst etwa ein Jahr später. Ganz ohne meine Hilfe.
Es war auch nichts davon zu bemerken, dass dieses Deo der ganz besonderem Art irgendeine andere Folge gehabt hätte. Niemand in meiner Umgebung reagierte sonderbar oder war irritiert. Offensichtlich war das so reichlich unter meinen Achseln verteilte Sperma gar nicht zu riechen. Oder vielleicht konnten es meine Mitschüler und Mitschülerinnen deswegen nicht wahrnehmen, weil man derartige subliminale Reize während der Pubertät noch gar nicht wahrnehmen kann. Vielleicht funktioniert das erst bei ausgewachsenen geschlechtsreifen Säugetieren bzw. Menschen.
Nicht dass ich diesen Aspekt meines frühpubertären Selbstversuches genauer betrachtet hätte. Mir ging es ja nur um die Achselhaare. Aber irgend etwas wäre mir sicher aufgefallen. Es gab auch Schüler in meiner Klasse, die sich nicht täglich wuschen. Das gibt es in jeder Schule. Deswegen müssen auch nach jeder Unterrichtsstunde die Fenster im Klassenzimmer weit aufgerissen werden. Bei warmen Temperaturen stehen sie auch während der Stunde offen. Käme jemand in ein ungelüftetes Klassenzimmer, würde ihn der Geruch umhauen. Die verbrauchte Luft an sich ist schon schlimm genug, aber wenn der Geruch einiger ungewaschener Schüler dazukommt, dann wird es katastrophal. Es kann natürlich sein, dass in diesem allgemeinen Schülergeruch mein Spermaduft einfach unterging.
Den Versuch, was passieren würde, wenn ich mich möglichst lang nicht wasche, machte ich erst viele Jahre später. Ich war Anfang zwanzig, hatte kein Geld, wollte aber trotzdem unbedingt im Sommer in Urlaub fahren. Die preisgünstigste Variante ist in so einem Fall ein Rucksackurlaub. Also kaufte ich einen gebrauchten Trekkingrucksack und ein gebrauchtes Zelt. Das musste man sich damals mühsam in Kleinanzeigenblättern zusammensuchen, denn es gab noch kein Internet und kein Ebay. Im Reisebüro ließ ich mir den billigsten Flug nach Südfrankreich heraussuchen, den es gab. Zwei Wochen Provence und Languedoc würden meinen Schulfranzösischkenntnissen guttun und wären landschaftlich ein einmaliges Erlebnis. Bedauerlicherweise gab es niemanden, der bei diesem Abenteuer mitmachen wollte, so flog ich allein. Ich wollte wenn möglich auch die Kosten für Campingplätze sparen und nur alle paar Tage einen solchen aufsuchen, um zu duschen und meine Sachen zu waschen. Nur essen wollte ich in Lokalen, auf selbstgemachtes Essen vom Gaskocher hatte ich keine Lust. Davon abgesehen, dass ich damals genausowenig kochen konnte wie ich es heute kann.
Ich bewegte mich zu Fuß, per Anhalter und mit öffentlichen Verkehrsmitteln und sah fast ganz Südfrankreich. Ich schlug mein Zelt auf, wo es mir gefiel. Eigentlich hätte ich mir das Zelt sparen könne, da die ganzen zwei Wochen lag schönes Wetter war. Man musste aufpassen, denn wildes Camping ist in Frankreich genauso verboten wie in Deutschland. Allerdings ist Frankreich wesentlich weniger dicht besiedelt wie Deutschland, und so konnte man in einsamen Gegenden durchaus an Waldrändern oder in nicht bewirtschafteten Landstücken zelten. Alle paar Tage kam man in eine Stadt, wo man ohnehin den Campingplatz aufsuchen musste. Denn illegales Camping war hier nicht möglich.
Unter diesen sanitären Umständen ergab es sich von selbst, dass ich mich tagelang nicht wusch. An Kleidung hatte ich nur das dabei, was ich anhatte und was ich im Rucksack mit mir trug. Das war nicht viel. Ich wollte Gewicht sparen. Es war glühend heiß, so wie man es in Südfrankreich erwartet. Somit musste ich auch immer ausreichend Wasser in Plastikflaschen mit mir tragen. Das war zusätzliches Gewicht. Man schwitzte den ganzen Tag und auch nachts im Zelt, da die Nächte nicht wirklich kühl waren.
Ich masturbierte so oft es ging. In der Mittagszeit, wenn es am heißesten war, lag ich irgendwo im Schatten. Die Zeit schien stillzustehen. Niemand war zu sehen, kein Auto war zu hören. Nur der Gesang der Zikaden. So hört sich der Sommer an. Ich hatte nichts an als meine Badehose. Was hätte ich in dieser Situation anderes tun sollen als mir einen herunterzuholen? Und was hätte ich abends im Zelt anderes tun sollen? Ich aß frisches Baguette und Salami, in irgendeinem kleinen Dorf gekauft, und trank dazu billigen Rotwein. Zum Nachtisch gab es einen Orgasmus, und im Lauf des Abends folgten noch ein paar weitere.
Erstaunlicherweise begann ich nicht zu stinken, obwohl ich tagelang nicht geduscht hatte und dauernd schwitzte. Manche Menschen meinen, man könnte es selbst nicht riechen, wenn man stinkt. Das ist natürlich Unsinn. Natürlich kann man es riechen. Das, was man nicht riechen kann, ist der typische Eigengeruch, den man hat. Man weiß in der Tat nicht, wie man selbst riecht. Das können nur andere feststellen. Aber wenn der typische Eigengeruch sich verändert, wenn sich zum Beispiel die Bakterien auf der Haut, die immer dort siedeln, übermäßig vermehren, weil sie ein Überangebot an Nahrung vorfinden, da man sich länger nicht gewaschen hat, dann kann man das sehr wohl riechen. Es geht ja dann nicht mehr um den typischen Eigengeruch, sondern um Gerüche, die auf chemischem Wege produziert werden und nicht zu einem selbst gehören, sondern das Resultat bakterieller Prozesse sind.
Ich denke, das ist das Gleiche wie mit dem Mundgeruch. Hat man keinen, weiß man nicht, wie man im Mund riecht oder schmeckt. Hat man Mundgeruch, kann man das sehr wohl riechen, zum Beispiel wenn man sich in die hohle Hand haucht und sofort darauf einatmet. Auch hier geht es nicht um den Eigengeruch, sondern um einen zusätzlich auf chemischem Wege entstandenen Geruch, der den normalen Eigengeruch überlagert. Durch Zähneputzen werden die meisten der für die Geruchsproduktion verantwortlichen Bakterien getötet. Wenn man viel Wasser trinkt, werden sie von der Mundhöhle in den Magen geschwemmt, wo sie durch die Magensäure gekillt werden. Nichts ist einfacher zu vermeiden als Mundgeruch.
Ich stellte also tatsächlich fest, dass ich tun konnte, was ich wollte, ich fing einfach nicht an zu stinken. Woran konnte das nur liegen? Vermutlich daran, dass ich dann doch alle drei oder vier Tage einen Campingplatz aufsuchte, wo ich duschte und meine Kleidung wusch. Zwar wäre es vielleicht manchmal hygienischer gewesen, die Duschen auf dem Campingplatz nicht zu benutzen. Sie waren nicht immer ein wirklich schöner Anblick. Genauso wie die Toiletten. Aber ich glaube, ein gesunder Körper wird mit ganz schön vielen Keimen spielend fertig.
Früher zum Beispiel vermied ich es, Türklinken anzufassen. Wenn überhaupt, dann drückte ich sie mit dem kleinen Finger, den ich danach an meiner Hose abwischte. Das begann schon bei der Haustür des Mietshauses, in dem ich wohne. Die Türen öffentlicher Toiletten versuchte ich mit dem Ellbogen zu öffnen. Trug ich kurze Ärmel, wischte ich den Ellbogen danach am T-Shirt ab. Ich fasste so wenig wie möglich mit den Innenflächen der Hände an. Ich drückte Türen zum Beispiel mit den Fingerknöcheln auf und bediente Toilettenspülungen mit der Handkante oder dem Unterarm.
Ich stellte mir immer vor, dass ich als nächstes einen Hamburger essen würde. Diesen würde ich ganz normal in der Hand halten. Jede Stelle der Hand, die mit dem Hamburger in Berührung kommen würde, dürfte also mit möglichst wenig Dingen in Berührung kommen, die andere Leute mit ihren ungewaschenen Händen angefasst haben. Und andere Leute haben prinzipiell immer ungewaschene Hände.
So penibel bin ich schon lang nicht mehr. Ich denke, wenn ich mit der ganzen Handfläche einen Türgriff anfassen würde, den zehn Sekunden vorher jemand angefasst hat, der gerade von der Toilette kommt und sich nach dem Scheißen die Hände nicht gewaschen hat, und wenn ich direkt danach einen Hamburger essen würde, dann würde mir nichts passieren. Ich könnte sogar noch Pommes dazubestellen. Ich bin mir sicher, dass mein Immunsystem mit den Keimen dieses Türgriffs spielend fertigwerden würde. Vermutlich könnte ich den Türgriff sogar ablecken, ohne dass etwas passiert. Selbst dann, wenn es schon ein paar Tage her ist, seit er das letzte Mal abgewischt wurde. Von der Putzfrau, die mit dem selben Lappen vorher die Klobrillen abgewischt hat. Und die Ränder der Kloschüsseln.
Ich bin mir sicher, dass der Anteil der Putzfrauen, die so etwas tun und den Lappen zwischendrin nicht ausspülen, nicht gerade gering ist. Ganz abgesehen davon, dass das Ausspülen des Lappens gar nicht reicht, sondern dass man einen anderen Lappen nehmen sollte. Und ich bin mir ebenfalls sicher, dass der Anteil von Menschen, die sich nach dem Scheißen die Hände nicht waschen, recht hoch liegt. Er liegt um einiges höher als die pessimistischsten Schätzungen, da lasse ich nicht mit mir diskutieren. Und wenn sie sich die Hände waschen, dann nicht mit Seife. Und auch nicht lang genug.
Meine „Theorie der Keime und Substanzen“ geht genau in diese Richtung. Sie besagt, dass das wirklich Schlimme nicht die Keime sind, denn mit diesen wird die Immunabwehr spielend fertig. Das Ekelhafte sind eigentlich nur die Substanzen, also zum Beispiel ein Popel, der an einer Türklinke klebt. Fasst man Bakterien an, so sieht, fühlt und riecht man diese nicht, weiß aber, dass sie vom Körper bekämpft werden. Erfolgreich. Ein gesundes Immunsystem muss im übrigen gelegentlich trainiert werden. Es braucht etwas zu tun, um in Form zu bleiben. Das ist wie mit den Muskeln. Oder dem Gehirn. Oder den Geschlechtsorganen. Fasst man hingegen in eine Substanz, also zum Beispiel in etwas Glibberiges, Schleimiges, Feuchtes, Schmieriges, Weiches, Klebriges, dann kommt ein Ekelgefühl hoch. Dann muss man sich sofort die Hände waschen. Gründlich. Man weiß ja nicht, in was man hineingefasst hat. Sind es Tröpfchen, weil jemand geniest hat? Ist es ein Popel? Speichel? Hundekot? Katzenkot? Menschenkot? Ohrenschmalz? Pisse? Fotzenschleim? Oder ist es Ketchup oder Mayonnaise, weil jemand kurz vorher gegessen hat und danach keine Serviette benutzt hat? Auch das wäre eklig.
Würde ich also einen viel benutzten, lange nicht abgewischten Türgriff ablecken, so würde ich mich entsprechend meiner „Theorie der Keime und Substanzen“ kein bisschen vor den Bazillen ekeln. Vor jeglichen Substanzen, die ich mit meiner Zunge ertasten würde, und seien sie noch so angetrocknet, würde ich mich hingegen ekeln.
Kein in diese Richtung gehendes Experiment war es übrigens, als ich mir in Südfrankreich beim Masturbieren einen Finger in den Arsch steckte. Ich wusch ihn danach immerhin in einem fließenden Bach mit klarem Wasser ab. Und irgendwann wusch ich ihn auch mit viel Seife. Ich weiß aber nicht mehr, wann. Ob es noch am selben Tag war? Spätestens am nächsten Tag wird es schon gewesen sein. Oder so.
Wenn schon schmuddelig, dann richtig, so dachte ich mir. Und da ich mir überhaupt noch nie etwas in den Arsch gesteckt hatte, probierte ich es bei dieser Gelegenheit aus. Glücklicherweise fühlte es sich nicht so eklig an wie die Fieberzäpfchen, die mir meine Mutter, als ich noch ein kleines Kind war, immer in den Arsch schob. Gut, man ist bei so einer Gelegenheit gesundheitlich angeschlagen, und man soll es ja im übrigen auch gar nicht genießen, schließlich ist es die eigene Mutter, die einem etwas hinten reinsteckt.
Aber dass so ein kleines dünnes Zäpfchen, das nicht nur von einer gleitfähigen Wachsschicht überzogen ist, sondern von meiner Mutter auch noch zusätzlich mit Creme eingefettet wurde, so einen brennenden unangenehmen Schmerz verursacht, finde ich schon etwas merkwürdig. Ich glaube, es ist einer der größten Vorteile des Erwachsenendaseins, dass diese Darreichungsform für Medikamente nicht mehr gewählt wird. Obwohl ich nicht wirklich weiß, ob das stimmt. Vielleicht gibt es im Krankenhaus sadistische Schwestern oder schwule Pfleger, die sich ein Vergnügen daraus machen, hilflosen Patienten Zäpfchen ohne Gleitgel rektal einzuführen? Anal brutal!
(14)
„Ich würde dich am liebsten jetzt sofort mit zu mir in meine Wohnung nehmen.“
„Dann lass uns gehen.“
„Ich wohne aber ganz weit draußen in der Vorstadt.“
„Das macht nichts, ich habe ein Auto.“
„Und meine Wohnung ist ganz klein und überhaupt nicht schön.“
„Dafür bist du um so schöner. Lass uns gehen. Ich will dich am ganzen Körper küssen.“
„Ich dich auch. Ich bin so geil. Ich will dich.“
„Ich kann es kaum erwarten, dich überall zu schmecken.“
Die Autofahrt verläuft fast schweigend. Beide geben sich ihren erotischen Phantasien und Tagträumen hin. Die Nordafrikanerin sagt der Deutschen, wo sie langfahren soll. Die Fahrt dauert über eine Stunde.
„Hier sind wir.“
„Endlich.“
„Das ist meine Wohnung. Es ist nicht aufgeräumt. Ich habe dich gewarnt, die Wohnung ist winzig.“
„Das ist gut, dann haben wir es nicht so weit zum Bett.“
„Das Bett ist nicht mal gemacht. Was denkst du jetzt nur über mich.“
„Ich denke, dass ich dich jetzt sofort mit Haut und Haaren will.“
„Oh ja, ich will dich auch.“
Die Nordafrikanerin ist schon dabei, der Deutschen die Jeans und das Tank-Top auszuziehen. Sie öffnet ihren BH und beginnt gierig, ihre Brüste zu liebkosen. Davon abgelenkt, hat die Blonde etwas Schwierigkeiten, die Dunkle zu entkleiden. Doch diese hilft ihr dabei. Die Klamotten der beiden fliegen achtlos auf den Boden. Die beiden sinken auf das schmale Bett und tauschen leidenschaftliche Zungenküsse. Sie liegen eng umschlungen da, ihre Hände erkunden ihre Körper. Sanft massieren sie einander die festen Brüste. Sie ziehen sich gegenseitig die Slips aus. Ihre Beine verschlingen sich, ihre Körper pressen sich aneinander. Die Hände wandern tiefer. Dabei lassen sie nicht davon ab, weiter heiße Küsse auszutauschen. Doch dann reißt sich die eine von der andern los.
„Ich habe meine Tage.“
„Ich auch!“
„Mir macht das nichts aus.“
„Und mir erst recht nicht!“
Sie ziehen sich die Tampons heraus und massieren sich gegenseitig die klatschnassen Muschis. Fast gleichzeitig werden die beiden heißen Körper von einem ersten mächtigen Orgasmus durchzuckt. Ihre Hände hören nicht auf mit den wohltuenden Bewegungen, um die ausklingenden Wellen des Höhepunkts noch etwas zu verlängern.
„Wow, war das gut!“
„Das war Wahnsinn! Du bist der Hammer!“
„Genau das wollte ich, seit ich dich das erste Mal in der Bar sah.“
„Und ich wollte es auch, vom ersten Moment an.“
„Ich war schon feucht, als wir die ersten Worte miteinander sprachen.“
„Und ich habe mir überlegt, falls es nicht klappen sollte mit uns, falls du keine Zeit hättest oder so, ich wäre sofort nach Hause gefahren und hätte den Rest des Tages masturbierend hier auf diesem Bett verbracht und hätte dabei an dich gedacht.“
„Was für eine geile Vorstellung.“
„Schau, meine Hand ist blutig.“
„Leck sie ab. Meine ist auch blutig. Wir bluten beide ganz schön stark. Mhhhm, ich liebe den Geschmack deines Blutes.“
„Ich liebe es auch. Ich will mehr!“
Die Hände wandern wieder nach unten. Die Finger tauchen in die nassen Muschis ein. Sie verteilen Muschisaft und Blut auf dem Bauch und auf den Oberschenkeln. Ihre Münder sind blutverschmiert. Beide stöhnen vor Geilheit. Sie küssen sich auf die blutverschmierten Lippen und verschmieren dabei das Blut noch mehr. Ihre Brustwarzen glänzen rot. Beide greifen immer wieder nach unten und tauchen die Finger in die triefend nassen Muschis. Mit zwei Fingern malen sie sich gegenseitig Streifen unter die Augen.
„Kriegsbemalung!“
„Meine blutige Kriegerin!“
Das Laken des schmalen Bettes ist blutbefleckt, die Wand hat auch etwas abbekommen. Es stört keine der beiden.
„Ich will deine Muschi lecken!“
„Ich deine auch!“
Zwei Zungen tauchen in zwei klatschnasse Muschis und beginnen einen Tongue Tornado. Stöhnend bewegen die beiden rhythmisch ihre Hüften. Während die Zungen über die Klitoris tanzen, fingern sich die beiden die Muschis. Die Gesichter sind blutverschmiert, die Hände auch.
„Du machst mich so unendlich geil, ich halte es nicht mehr aus.“
„Ich will, dass du kommst!“
Stöhnend bearbeiten sie sich gegenseitig die pulsierenden Muschis. Die Bewegungen ihrer Hände und ihrer Zungen werden immer unkoordinierter, da beide von immer stärkeren Lustschauern geschüttelt werden. In immer kürzeren Abständen kommen diese Lustschauer, immer heftiger stöhnen die beiden jungen Frauen, bis sich schließlich ein gewaltiger Orgasmus Bahn bricht. Beide kommen gleichzeitig. Es ist ein langgezogener Orgasmus, der in mehreren Schüben kommt. Sie schreien ihre Lust hinaus. Langanhaltende Wellen der Erregung pulsieren noch eine Zeitlang durch die heißen Körper, bis die Lust langsam etwas nachlässt und die beiden einander in die Arme sinken.
Blutig und verschwitzt blicken sie einander verliebt in die Augen. Lange küssen sie sich auf den Mund.
„Ich könnte dich auffressen!“
„Ich habe eine bessere Idee.“
„Und was?“
„Ich lecke dich von Kopf bis Fuß ab und wenn ich damit fertig bin, beginne ich von neuem.“
„Wow, bei mir kribbelt schon wieder alles!“
„Ich mag den Geschmack des Blutes, ich mag es, wie deine Haut schmeckt.“
„Ja, ich mag deine auch. Salziger Liebeschweiß, mhhhm.“
Die beiden glänzenden Körper verschlingen sich spielerisch wieder ineinander. Es dauert nicht lang, und die Erregung ist bei beiden wieder so groß, dass sie sich gegenseitig erneut einen gigantischen Höhepunkt bereiten.
„Ich könnte den ganzen Tag so weitermachen.“
„Ja, und genau das werden wir auch tun.“
„Stimmt, es gibt nichts, was uns daran hindert.“
Es folgen weitere Stunden der Lust. Von Höhepunkt zu Höhepunkt werden die Gefühle intensiver.
„Ich glaube, unsere Körper sind füreinander geschaffen.“
„Ja, du machst mich so unendlich geil.“
„Und du mich.“
„Ich weiß gar nicht, wie meine Gier jemals gestillt werden soll.“
„Hmm, wir müssen es einfach immer weiter versuchen. Wir wäre es für den Anfang, wenn ich dir die Muschi auslecke?“
„Oh ja, was für eine geile Idee!“
Mühelos bringt die Französin die Deutsche zu einem weiteren Höhepunkt. Diese revanchiert sich unmittelbar danach. Auch ich habe nun einen pulsierenden und intensiven Orgasmus und pumpe eine beachtliche Menge Sperma in mein Taschentuch. Das Clean-Ex landet auf dem Teppichboden. Ich sinke auf dem Sofa zurück und verstaue meinen Schwanz wieder in der Jogginghose. Ich ziehe die Wolldecke über meinen Beinen glatt. Wow, war das gut! Das war richtig angenehm! Die beiden blutverschmierten Mittzwanzigerinnen gefallen mir. Ich glaube, mit denen werde ich noch eine Zeitlang viel Spaß haben.
Eigentlich kaum vorstellbar, dass ich mal versucht habe, mir das Masturbieren abzugewöhnen. Genauer gesagt habe ich es sogar sehr oft versucht. Warum ich es mir abgewöhnen wollte, ist mir heute allerdings nicht mehr klar. Es muss irgendwie eine Art Schuldgefühl gewesen sein, doch woher das kam, weiß ich wiederum nicht. Mit meinen Eltern habe ich über das Thema ja nie gesprochen. Zum Glück nicht. Das wäre eine eher peinliche Unterhaltung gewesen. Alles, was sich unter der Gürtellinie abspielt, war bei uns kein Gesprächsthema. Allerdings glaube ich, dass genau diese Tatsache zu dem Bewusstsein geführt hat, dass es etwas Ungehöriges ist, sich damit zu beschäftigen. Wenn man schon nicht einmal darüber sprechen durfte, dann war es sicher auch etwas Schlimmes, sich damit zu beschäftigen.
Dieses unklare Schuldgefühl und dieses diffuse Bewusstsein, etwas Ungehöriges zu tun, haben bei mir offenbar ausgereicht, um mir ein schlechtes Gewissen zu machen. Aus diesem schlechten Gewissen heraus versuchte ich dann bei verschiedenen Gelegenheiten, mit dem Masturbieren aufzuhören. Solche Gelegenheiten waren zum Beispiel meine Geburtstage. Ich ging am Vorabend meines Geburtstages mit dem Bewusstsein zu Bett: „Morgen wirst du 14 Jahre alt. Da bist du eigentlich schon ganz schön groß. Zeit, mit dieser kindlichen Beschäftigung aufzuhören.“
Ich genoss es noch einmal richtig, am Vorabend meines Geburtstages zu onanieren, mit dem festen Vorsatz, es ab morgen bleiben zu lassen. Schließlich war ich ja dann ein großer Junge. Und ich würde mich beherrschen können.
Natürlich waren meine Geburtstage willkürliche Termine. Ich hätte auch den Jahresanfang wählen können. „Ab dem 1. Januar höre ich auf damit!“ Oder den Beginn eines neuen Schuljahres. Geklappt hat es selbstverständlich nie. Nicht einen einzigen Tag lang. Am Abend meines Geburtstages ging ich zu Bett und stellte fest, dass ich es nicht schaffen würde. Es wäre vollkommen unmöglich. Man hätte mich steinigen können, aber ich musste jetzt onanieren. Dieses Spiel fand genauso an meinem 13. und an meinem 15. Geburtstag statt. Wahrscheinlich auch am 16., ich weiß es nicht mehr so genau. Oder habe ich irgendwann kapituliert und die sinnlosen Vorsätze aufgegeben?
Auch an Feiertagen nahm ich mir vor, wenigstens einen Tag nicht zu masturbieren. „Heute ist Weihnachten, da wirst du es ja wohl an diesem einen Feiertag mal bleiben lassen können.“ Auch hier sind ein innerer Zusammenhang und eine logische Begründung schwer zu finden. Dachte ich, den Feiertag dadurch zu beschmutzen? Ihn zu beflecken, sozusagen? Und auch hier klappte es nicht. Am Heiligen Abend sagte ich mir: „Na ja, eigentlich ist ja heute noch kein Feiertag. Die Feiertage beginnen erst morgen. Also kann ich mir heute guten Gewissens einen runterholen.“ Am ersten Feiertag sagte ich mir: „Es sind ja zwei Feiertage. Es reicht vollkommen, wenn ich morgen anfange. Heute schaffe ich es einfach nicht.“ Und am zweiten Weihnachtsfeiertag war dann ohnehin schon alles egal. Es hatte am Heiligen Abend nicht geklappt, es hatte am ersten Feiertag nicht geklappt, warum sollte es also ausgerechnet am zweiten Feiertag klappen? Verschieben wir das Ganze auf Ostern! Ostern hat auch zwei Feiertage. Eigentlich sind die Osterfeiertage sogar höhere Feiertage als Weihnachten. Zumindest bei den Christen. Dass es an Ostern, wenn frühlingsbedingt noch mehr Geschlechtshormone durch den Körper jagen als ohnehin das ganze Jahr schon, erst recht nicht klappte, war voraussehbar.
Ich kann diesen Teil meiner Erinnerung nicht genau auf der Zeitachse lokalisieren, aber es müssen mehrere Jahre hintereinander gewesen sein, in denen ich es zu meinem Geburtstag und an den Feiertagen versuchte. Auf diese Erinnerungen könnte ich gut und gerne verzichten. Peinlich ist daran nicht, dass es nicht geklappt hat mit dem Abgewöhnen, sondern dass ich es überhaupt für nötig hielt, es mir abzugewöhnen. Sich das masturbieren abzugewöhnen ist genauso sinnlos wie sich das Sporttreiben abzugewöhnen. Sinnvoll ist nur, sich gesundheitsschädliche Verhaltensweisen abzugewöhnen, aber nicht gesundheitsfördernde.
Zwar wurde bei uns zu Hause nie über irgend etwas gesprochen, was auch nur im Entferntesten mit dem Thema Sex zu tun hatte, aber meine Mutter hielt es offenbar doch für nötig, dieses Thema mir gegenüber zu kommunizieren. So schenkte sie mir eines Tages doch tatsächlich ein Pubertätsbuch. Ich fiel aus allen Wolken. „Jetzt nur nicht rot werden“, dachte ich. „Ähm, ja, ääh, danke. Vielen Dank auch“, sagte ich.
Zum Glück war es kein Weihnachts- oder Geburtstagsgeschenk. Man stelle sich vor, die Familie sitzt um den Weihnachtsbaum, alle packen ihre Geschenke aus und freuen sich, und man selbst findet in einer der bunten raschelnden Verpackungen so etwas. Das wäre an Peinlichkeit nicht zu überbieten. Man müsste das Buch möglichst schnell unter dem Sofa oder sonstwo verstecken und sich auf die anderen Geschenke konzentrieren. Und was würde man seinen Freunden erzählen, wenn sie fragen, was man zu Weihnachten bekommen hat? „Ach ja, und ein Pubertätsbuch habe ich auch noch bekommen.“ Man wäre das Gespött der ganzen Schule.
Dies ersparte mir meine Mutter glücklicherweise und schenkte mir das Buch ohne Anlass. Ich glaube, sie brachte es vom Einkaufen mit. Als Mitbringsel. Sonst brachte sie mir nie etwas mit. Es gibt nur eine Sache, die peinlicher ist, als ein Pubertätsbuch geschenkt zu bekommen, nämlich, es auch noch zu lesen. Dies allerdings ersparte ich mir. Ich begnügte mich damit, die Bilder anzusehen, die völlig unerotisch waren, wenn es sich nicht ohnehin um medizinische Zeichnungen handelte. Und natürlich durchsuchte ich das Buch nach „Stellen“. Nach Textpassagen, in denen es zur Sache ging. Die einen heiß machen würden. Aber auch hier Fehlanzeige.
Ein solches Buch kann man nicht einmal ins Regal stellen. Man will es ja nicht ständig vor Augen haben. Und es wäre unendlich peinlich, wenn etwa Freunde zu Besuch wären und es sehen würden. Man muss es irgendwo in einem Schrank oder in einer Schublade unterbringen. Wo es später abgeblieben ist, kann ich nicht sagen. Wahrscheinlich habe ich es irgendwann entsorgt. Die ganze Erinnerung daran könnte von mir aus gerne gelöscht werden.
Ich höre, wie ein Schlüssel ins Schloss meiner Wohnungstür gesteckt wird. Na prima, ich bin ja auch lange nicht gestört worden. Meine Mutter war heute schon da und brachte mir Müllsäcke und Paketklebeband. Außerdem Nachschub an Obst, Milch und Joghurt. Wegen des Kalziums. Was Leckeres Selbstgekochtes zum Aufwärmen hat sie mir auch mitgebracht. Hühnerfrikassee mit Reis. Leider schon wieder Fleisch. Das konnte sie sich nicht merken, dass ich nach dem Hotelessen jetzt einige Zeit kein Fleisch essen wollte. Oder habe ich ihr das gar nicht gesagt? Immerhin ist es Hühnchen. Das geht noch.
„Hallo, Helmar, ich bin’s, Mareike. Bist du da?“
„Ja, ich bin hier, im Wohnzimmer.“
Ich blättere unverfänglich in einer Zeitschrift. Eine weitere liegt am Boden. Unter ihr das Papiertaschentuch. Es wird die Rückseite der Zeitschrift vollsuppen und das Papier wellig machen. Auf dem Teppich wird kein Fleck bleiben. Der Wohnzimmerteppich ist graugesprenkelt und sehr strapazierfähig. Sehr gute Spermafleckenresistenz. Das habe ich schon mehrfach getestet.
„Hi, wie geht’s dir denn? Ich wollte doch mal kurz nach dir sehen. Du, stell dir vor, ich habe Frau Mühlau in der Stadt getroffen, und sie hat mir gesagt, was dir passiert ist. Sie meinte so, ob ich schon zum Putzen da gewesen sei. Ich so: Nein, warum? Und denke mir: Was geht das jetzt die Frau Mühlau an, wann ich putzen komme? Sie so: Ja, mein Mann hat gesehen, wie ein Freund ihn mit dem Auto abgesetzt hat und wie er dann mit Krücken ins Haus gegangen ist. Ich so: Ach Gott, da muss ich ja gleich mal anrufen. Jetzt ist aber bei uns im Labor wieder so viel zu tun, ich kam nicht mal zum Anrufen, stell dir vor. Ich habe ohne Pause seit heute Morgen durchgearbeitet. Ich habe nicht mal was gegessen. Na ja, das schadet mir auch nicht.“
„Komm, hör auf, du hast doch eine gute Figur.“
„Ja, das denkst du, aber ein paar Kilos müssen schon noch runter bis zum Frühjahr. Die sind seit Weihnachten drauf. Also, was ich sagen wollte: Ich wollte jetzt nur mal kurz nach dir sehen und dich fragen, ob du was brauchst. Zum Putzen wollte ich morgen kommen, wenn es dir recht wäre. Ich weiß ja nicht, wie das jetzt ist, wenn du zu Hause bist. Wie lang hast du den Gips denn noch? Schon noch einige Zeit, oder? Die Frau Mühlau wollte es auch gleich von mir wissen, sie meint so: Sie sind doch vom Fach, Sie haben doch auch etwas mit Medizin zu tun, wie lang muss man denn so einen Gips tragen? Ich so: Frau Mühlau, ich weiß ja noch nicht mal, was der Herr Maas überhaupt hat, und außerdem bin ich kein Arzt, und mit Orthopädie und Sportmedizin habe ich sowieso überhaupt nichts zu tun. Sie so: Ja, sie hätte dir schon Kuchen gebracht, sie hätte sowieso gerade gebacken, und der Herr Maas sei doch so ein netter Mieter, angenehm und freundlich und ruhig. Ich so zu ihr: Ja, wissen Sie, ich muss weiter, ich muss meine Kinder abholen, den älteren vom Basketball und die jüngere vom Reiten, die reitet doch jetzt bei diesem neuen Reiterhof, weißt du, wenn man bei der ganz neuen König-Filiale links einbiegt und dann immer geradeaus fährt. Da kommt doch erst ein Industriegebiet, und danach dieser neue Reiterhof. Sehr schön gemacht, alles. Na ja, ganz neu ist er nicht, es gibt ihn schon ein halbes Jahr, etwa.“
„Die König-Filiale ist auch nicht ganz neu, die gibt es auch schon etwa ein halbes Jahr.“
„So lang schon? Na egal, jedenfalls muss ich nachher sowieso noch einkaufen, und da wollte ich dich fragen, ob du was brauchst oder ob du mit allem versorgt bist. Aber jetzt erzähl erst mal, wie das passiert ist. Was hast du dir denn genau gebrochen? Hoffentlich ist es nichts so Kompliziertes. Oder weißt du was, erzähl es mir lieber morgen, wenn ich zum Putzen komme. Ist dir das recht? Dann habe ich auch etwas mehr Zeit, ich liefere die Kinder beim Vater ab, der will mit ihnen in den Freizeitpark fahren. Soll ich dir was mitbringen? Du weißt, du brauchst jetzt viel Kalzium, das ist gut für die Knochen. Hast du genug Milch und Milchprodukte im Haus? Weißt du, was mir gerade einfällt? Ich mache eine große Schüssel Früchtequark und bringe dir davon was mit. Da hast du Vitamine und Kalzium, und er schmeckt auch noch lecker. Bei meinen Freundinnen kommt er immer super an, und bei meinen Kindern auch. Die könnten sich reinsetzen, sagen sie immer. Aber die wachsen noch, da ist das genau das Richtige.“
„Ja, cool, da freue ich mich.“
„Also bis morgen dann, und wenn dir noch etwas einfällt, was du brauchst oder was ich dir mitbringen soll, dann ruf mich an.“
„Gerne, tschüss.“
Papiertaschentücher vielleicht? Sollte sie mir eventuell Papiertaschentücher mitbringen? Eigentlich habe ich davon noch genug. Aber ich glaube fast, ich brauche jetzt eines davon. Verdammt!
(15)
Ein neuer Morgen, ein neuer Tag. Ich habe lang und tief geschlafen. Ich glaube, das hat auch mit der Selbstheilung des Körpers zu tun. Der Körper benötigt für den Heilungsprozess eine Menge Energie. Er verrichtet Tag und Nacht Schwerstarbeit. Daher schlafe ich derzeit jede Nacht überdurchschnittlich lang und sehr tief. An den Tabletten liegt es glaube ich nicht. Ich denke, man kann unterscheiden, ob man gesund und tief schläft, weil der Körper hart gearbeitet hat, oder ob man wie betäubt schläft, weil man Medikamente genommen hat. Meine Erfahrung mit Medikamenten geht gegen Null. Meine Erfahrung mit harter, aber gesunder Beanspruchung des Körpers ist hingegen beträchtlich.
Die übliche Morgenmasturbation verleiht mir den ersten Energieschub für den Tag. Das Powermüsli den zweiten. Heute muss ich duschen, ob ich will oder nicht. Ich breche das Experiment widerwillig ab. Allerdings verlief es bisher unbefriedigend. Es will mir einfach nicht gelingen, richtig zu stinken. Über ein leichtes Müffeln bin ich bis heute nicht hinausgekommen. Ich stinke nicht mal unter den Achseln. Mein Deo hat laut Hersteller 24-Stunden-Rundum-Schutz. Es wirkt aber deutlich länger als 48 Stunden, das habe ich in der Vergangenheit schon öfter ausprobiert. Wie viele Stunden es aktuell sind, weiß ich nicht. Ich rechne nicht mehr in Stunden, sondern in Tagen. Und das sind schon einige.
Trotzdem: Meine Achseln stinken nicht. Entweder das Deo wirkt noch immer, oder ich schwitze einfach nicht, da ich mich nicht bewege. Da reicht anscheinend auch noch so häufiges Masturbieren nicht. Dass ich unter den Achseln durchaus beträchtlichen Geruch produziere, merkte ich letzten Sommer. Es geschah allerdings unfreiwillig; es war kein kontrolliertes Experiment. Zum Glück passierte es am Wochenende und nicht an einem Tag, an dem ich ins Büro musste. Ich hatte am Freitag Abend nach dem Sport geduscht und nicht gemerkt, dass mein Deo-Roller leer war. Ich verwendete ihn also wie sonst auch, nur eben dass die Roll-on-Kugel trocken war. Es war ein heißer Sommerabend, und bereits eine oder zwei Stunden später fiel mir auf, dass ich unter den Achseln erbärmlich stank. Ich glaube, es gibt unter den Säugetieren nur sehr wenige Arten, bei denen das Männchen einen so penetranten Geruch absondert wie die Menschen. Ich stank tatsächlich wie ein Puma. Oder wie ein Ziegenbock. Na ja, es war auch ein heißer Tag. Doch musste ich bei allem Wohlwollen mir selbst gegenüber objektiv feststellen, dass meine Pheromone unter der Wolke aus Achselschweiß schon recht gut verborgen waren.
Vor dem Duschen muss ich mich rasieren. Am Bein. Zumindest an den Stellen, wo das Paketklebeband hin soll. Ich setze mich auf den Rand der Badewanne. Er fühlt sich kalt an. Ich habe keinen Rasierschaum im Haus. Daher nehme ich etwas Wasser und Flüssigseife und mache die zu rasierenden Stellen nass. Mit einem Einwegrasierer ziehe ich einen Streifen rund um mein Bein. Ist mein Bein etwa schon dünner geworden? Das war zu erwarten, aber ich erschrecke doch ein wenig. Die Haut sitzt nicht wirklich straff auf der Oberschenkelmuskulatur. Nicht so, wie es sein sollte. Da werde ich einiges nachzuholen haben, wenn der Gips ab ist.
Ich rasiere den Streifen deutlich breiter, als er sein müsste. Ungefähr eine Handbreit. Dann reibe ich die rasierten Stellen mit einem Handtuch trocken. Ich ziehe den Müllsack über meinen Gips. Ich ziehe ihn bis zu der rasierten Stelle, wo ich ihn mehrfach falte, um ihn dicht zu kriegen. Dann nehme ich das Paketband und fixiere erst einmal die gefalteten Stellen. Jetzt fixiere ich den Müllsack an der Haut, damit er nicht verrutscht. Alles scheint recht gut zu sitzen. Nun gehe ich mit dem Paketklebeband einmal rund um mein Bein. Zur Sicherheit noch ein zweites Mal. Ich denke, das reicht. Es wird vermutlich dichthalten. Schließlich werde ich nicht stundenlang unter der Dusche stehen.
Mein Bad hat eine separate Duschkabine neben der Badewanne. Das haben sonst nur Wohnungen mit gehobener Ausstattung. Ich habe keine Ahnung, warum man das hier eingebaut hat. Vielleicht hat der damalige Besitzer selbst mal in dieser Wohnung gewohnt und wollte es so. Ist ja auch egal. Praktisch ist es jedenfalls. Jetzt mit dem Gipsbein erst recht.
Warmes Wasser prasselt auf mich herunter. Es macht seltsame Geräusche auf dem Plastiksack. Das Klebeband hält dicht. Ich drehe das Wasser ab und wasche meine Haare. Dann seife ich mich ein. Ich stehe die ganze Zeit auf einem Bein. Es gelingt mir, mein Standbein bis zu den Zehenspitzen einzuseifen. Das andere Bein ist sicher verpackt. Ich spüle Seife und Shampoo gründlich ab und greife mir eine Krücke. Ich verlasse die Duschkabine und trockne mich ab. Ich reiße das Paketklebeband ab. Es ziept noch ganz ordentlich, trotz meiner gründlichen Nassrasur. Ich möchte nicht wissen, wie weh es getan hätte, wenn ich mich nicht rasiert hätte. Bei dem Muskelschwund erst recht! Vorsichtig streife ich den Müllsack ab. Außen ist er noch nass. Aber er hat dichtgehalten. Kein Tropfen Wasser ist auf dem Gips zu sehen. Den Müllsack lasse ich auf dem Boden liegen. Mareike kann ihn später entsorgen. Aus Sicherheitsgründen werde ich jedes Mal, wenn ich dusche, einen neuen Müllsack verwenden.
Die Dusche hat mich erfrischt. Es ist ein angenehmes Gefühl, sauber zu sein und frische Sachen anzuziehen. Leider muss ich wieder die selbe Jogginghose anziehen. Ich habe keine andere. Ich meine, keine andere mit einem Reißverschluss an den Hosenärmeln, der bis ganz oben geht. Wieso sagt man bei der Hose eigentlich Ärmel und nicht Beinel? Na ja, weil es sich ziemlich lächerlich anhören würde wahrscheinlich.
Jetzt habe ich eigentlich nichts mehr zu tun. Mareike wird erst später zum Putzen kommen. Ich habe meine E-Mails heute noch gar nicht gecheckt, fällt mir ein. Also fahre ich den Rechner hoch. Zum Glück sind keine wichtigen Mails in meinem Postfach. Ich surfe ein wenig herum. Beim Surfen kann man die erstaunlichsten Dinge im Internet entdecken. Leider weiß man nie so genau, ob das, was die Leute schreiben, auch stimmt. Aber manche Dinge sind, wenn sie schon nicht stimmen, wenigstens gut erfunden. Man kann sich auch an Texten hervorragend aufgeilen, nicht nur an Bildern. Ich habe mir schon oft vor dem Computer einen heruntergeholt, während ich die Beiträge in diversen Foren gelesen habe.
Wie die Geschichte einer jungen Frau, die ein Bein gebrochen hat und mit einem Gipsbein wochenlang zu Hause auf dem Sofa sitzt. Die Geschichte stammt natürlich aus einem Forum, wo es um Selbstbefriedigung geht, nicht aus einem medizinischen Forum. Jedenfalls schreibt die Frau, sie wird wohl Mitte oder Ende zwanzig gewesen sein, dass sie sich allein auf dem Sofa gelangweilt hat. Sie sah fern, das war uninteressant. Sie telefonierte, hatte aber irgendwann alle Freundinnen und Bekannten durch. Sie las, hatte aber keine Geduld und keine spannende Lektüre. Also fing sie an zu masturbieren. Endlich hatte sie eine Beschäftigung gefunden, die ihr gefiel und Spaß machte. Sie machte es sich den ganzen Tag lang. Abends war sie wund und die Arme taten ihr weh. Sie schrieb, dass sie sich in eine Art Rausch hineingesteigert hätte und einfach nicht mehr damit aufhören konnte, auch nicht, als es schon weh tat. Sie musste dann ihre Muschi erst einmal mit kühlender Salbe eincremen und war froh, dass sie keine Sehnenscheidenentzündung in den Unterarmen hatte. Sie hätte dem Arzt schwerlich erklären können, woher die kam, wenn sie doch den ganzen Tag untätig auf dem Sofa gesessen hat.
Überhaupt finde ich Masturbationsgeständnisse viel interessanter als Sexgeständnisse. Natürlich muss es dabei um Erwachsene gehen, nicht um Jugendliche.
Eine junge Frau, ich glaube, sie war 24 und Studentin, schrieb, dass sie sich selbst genug sei und gar keinen Freund brauche. Sie sei noch Jungfrau, aber sie habe kein Problem damit. Sie hätte auch gar kein Bedürfnis nach Sex. Und zwar deshalb, weil sie sich sehr oft selbst befriedige. Sie nannte keine Zahlen, schrieb aber, dass sie mehrmals am Tag masturbieren würde. Das würde gut funktionieren, weil sie als Studentin nicht den ganzen Tag an der Uni sein müsse und ihre Zeit frei einteilen könne. Sie würde nicht schlecht aussehen, sich geschmackvoll kleiden und durchaus merken, dass sich gelegentlich Studenten für sie interessieren, aber sie interessiere sich nicht für die Studenten. Sie würde sich sogar gelegentlich, wenn sie bei Freunden oder auf einer Party sei, auf die Toilette verkrümeln und sich dort befriedigen.
Das hört sich in der Tat so extrem an, dass man nicht weiß, was man davon halten soll. Ist dieser Text der feuchte Traum eines männlichen Teenagers oder der eines männlichen Erwachsenen? Welche Frau würde von sich selbst sagen, dass sie nicht schlecht aussieht? Andererseits lieferte sie Details wie zum Beispiel, sie würde sich ausschließlich mit der Hand und klitoral stimulieren. Würde das ein Mann sagen? Sie gestand, sie würde sich ein bisschen Sorgen wegen der Häufigkeit machen. Sie vermute auch, dass das häufige Masturbieren eine Beziehung verhindere und fragte, wie das bei anderen weiblichen Lesern dieses Forums sei.
Diese antworteten prompt und machten ähnliche Geständnisse. Sie seien derzeit Single, lehnten aber One-Night-Stands ab, so bleibe ihnen nur die Lust am eigenen Körper, die sie hemmungslos auslebten. Sie kämen abends von der Arbeit nach Hause, dann habe sich so viel Spannung angestaut, dass sie diese Spannung erst einmal abbauen müssten. Und nein, sie würden es nicht als Sucht bezeichnen, denn wer weiß, was sie für Süchte hätten, wenn sie nicht masturbieren würden, und außerdem sei es gesund und mache Spaß. Sie würden es auch nicht so sehen, dass häufige Selbstbefriedigung eine Beziehung verhindere, der Richtige sei halt noch nicht gekommen.
Eine andere pflichtete ihren Vorrednerinnen bei und meinte, sie habe zwar vor Jahren mal eine Beziehung gehabt, aber sie habe auch während der ganzen Zeit dieser Beziehung ausgiebig weitermasturbiert und habe sich auch gerne von ihrem Freund mit der Hand befriedigen lassen.
Eine weitere junge Frau schrieb, sie sei nicht attraktiv und habe schon seit langer Zeit keine Beziehung. Sie sei daher auf Sex mit sich selbst angewiesen, was für sie aber keine Notlösung sei, sondern ihr sehr viel Spaß mache. Sie wohne in einem recht hellhörigen Mietshaus, und ihre Wohnungsnachbarin, die sehr hübsch sei, habe ein reges Sexualleben. Immer wenn eindeutige Geräusche aus der Nachbarwohnung zu hören seien, mache sie es sich selbst und stelle sich dabei entweder vor, wie sie es mit dem Freund ihrer Nachbarin macht, den sie einmal im Treppenhaus gesehen hat, oder wie sie selbst es ihrer Nachbarin besorgt.
Wieder eine andere gestand, sie hätte versucht, als sie 16 Jahre alt war, sich während eines Urlaubs das Masturbieren abzugewöhnen. Sie wollte es sich jeden Tag ein Mal weniger machen. Begonnen hätte sie bei 25 Mal am Tag. Natürlich sei sie mit dem Abgewöhnen kläglich gescheitert. Aber 25 Mal am Tag? Der Tag hat 24 Stunden, davon schläft man im Schnitt 8 Stunden. Bleiben somit 16 Stunden. Würde sie es sich jede Stunde 2 Mal besorgen, käme sie auf 32 Mal am Tag. Sie kommt aber nur auf 25 Mal. Also macht sie es im Schnitt deutlich weniger als 2 Mal pro Stunde. Genau gesagt hat sie im Schnitt alle 38,4 Minuten einen Orgasmus.
Biologisch geht das bei einer Frau, aber was war das für ein Urlaub? War sie nicht am Strand, unternahm sie nichts? Was machten ihre Eltern? Hat sie keine Geschwister? Ich kann mir das nur so erklären, dass sie nicht einen Urlaub, sondern die Ferien meinte. Und diese Ferien verbrachte sie wohl zumindest teilweise zu Hause. Sie würde ja, um diese Abgewöhnaktion durchzuziehen, 25 Tage brauchen, das sind dreieinhalb Wochen. Vielleicht war sie in den Sommerferien mit ihren Eltern zwei Wochen in Urlaub und wollte die restliche Zeit nutzen, um sich von 25 selbstgemachten Orgasmen am Tag auf Null herunterzuarbeiten. Oder das Ganze ist überhaupt ein Fake. Vielleicht sind alle Beiträge Fakes. Wer kann das schon wissen?
Neben allgemeinen Masturbationsgeständnissen und Beschreibungen von Abgewöhnversuchen gibt es auch noch Geschichten vom Erwischtwerden. Diese sind allerdings meist von Teenagern und somit vollkommen uninteressant. Von erwachsenen Masturbanten gibt es kaum derartige Geständnisse. Wahrscheinlich passen die besser auf, dass sie nicht erwischt werden. Außerdem haben sie meist eine eigene Wohnung, wo sie ungestört sind.
Ich selbst bin einmal haarscharf an einem öffentlichen Skandal vorbeigeschlittert. Die Geschichte trug sich vor einigen Jahren zu, aber die Vorgeschichte spielt noch ein paar Jahre früher. Damals hatte ich eine Freundin, mit der ich gelegentlich in die Nachbarstadt fuhr, um dort zu bummeln, zu shoppen, Kaffee zu trinken oder Bekannte zu besuchen. Bei allen Fahrten in diese Stadt parkte ich stets im selben Parkhaus. Es war günstig gelegen und preiswert.
Nun passierte es einmal, dass mich meine Freundin während der ganzen Fahrt in die Nachbarstadt, die etwa eine halbe Stunde dauerte, sexuell anmachte. Sie flüsterte mir schmutzige Sachen ins Ohr, streichelte mich überall und fasste mir zwischen die Beine, wo sie meinen Schwanz durch die Jeans rieb. Als wir endlich im Parkhaus angekommen waren, musste sie natürlich die Sache, die sie angefangen hatte, zu Ende bringen. Dazu brauchte ich sie gar nicht aufzufordern, sie tat es von alleine. Ich hatte den Motor noch nicht abgeschaltet, da hatte sie schon meine Hose geöffnet und meinen Schwanz im Mund. Ich bekam einen mustergültigen Blow-Job verpasst.
Als ich meine Hose geschlossen und meine Freundin ihr Make-up sowie ihre Frisur überprüft hatte, stiegen wir aus und sahen uns um. Ich hatte neben einem Kleintransporter geparkt, so dass mein Auto von einer Seite nicht zu sehen war. Auf der anderen Seite stand ein Kombi, der ebenfalls größer war als mein Wagen. Mein Auto war also gut verborgen, auch dürfte wohl keine Überwachungskamera etwas gesehen haben. Das Parkhaus war ziemlich voll, aber die meisten Wagen parkten wohl schon länger dort, denn es waren kaum Leute zu sehen, die ihre Autos holten. Mit breitem Grinsen gingen wir Richtung Ausgang.
Das war die Vorgeschichte. Die eigentliche Geschichte spielt einige Jahre später. Ich war schon länger Single. Ich hatte beruflich in der Nachbarstadt zu tun und parkte wie üblich im selben Parkhaus. Als ich meine Aufgaben erledigt hatte, ging ich zurück zum Wagen. Da mein Termin gut gelaufen war, war ich bester Laune. Als ich zu meinem Wagen kam, fiel mir die Sache mit dem Blow-Job wieder ein. „Ach, wie schön wäre es doch, wenn ich jetzt jemanden hätte, der mir einen schönen Blow-Job verpasst“, dachte ich.
Ich stieg ein und spürte, wie sich eine mächtige Erektion einstellte. Im Handschuhfach lagen Papiertaschentücher. „Ich kann nicht anders, ich muss mir jetzt einen herunterholen“, sagte ich mir. In der Tat war ich so aufgegeilt, ich hätte nicht gewusst, was ich sonst hätte tun sollen. Gesagt, getan. Ich öffnete meine Hose und begann, meinen Schwanz zu bearbeiten. Dabei stellte ich mir vor, wie die weichen Lippen meiner damaligen Freundin mich liebkosen.
Meine Einbildungskraft war so lebendig, die heraufbeschworenen Bilder waren so real, dass ich schon nach kurzer Zeit kam. Ich warf das Papiertaschentuch unter den Fahrersitz und schloss meine Hose. Dann startete ich den Wagen und setzte zurück. Dabei sah ich, dass mein Parkplatz ziemlich ungünstig war. Ungünstig jedenfalls für das, was ich gerade getan hatte. Er war gut einsehbar und gut beleuchtet. Links von mir stand ein niedriger Sportwagen, rechts von mir ein Kleinwagen. Ich blickte mich nach allen Seiten um, sah aber niemanden. Als ich den Vorwärtsgang einlegte, um Richtung Ausgang zu fahren, kam mir ein Polizeiwagen entgegen.
„Was macht die Polizei im Parkhaus“, fragte ich mich, „das habe ich ja noch nie gesehen.“ Nicht im Traum hätte ich mit dem gerechnet, was jetzt passierte. Der Polizeiwagen, der mir entgegenkam, lenkte Richtung Fahrbahnmitte und stoppte. Ich konnte somit nicht losfahren. Ich ließ das Fenster herunter, schaltete den Motor ab, machte die Scheinwerfer aus und legte die Hände gut sichtbar aufs Lenkrad. Die Polizisten stiegen aus. Es waren ein Beamter und eine Beamtin. Sie dunkelhaarig, Pferdeschwanz, durchschnittlich attraktiv.
„Guten Tag, Fahrzeugkontrolle, bitte Ihren Führerschein und Fahrzeugschein.“
Ich händigte die beiden verlangten Dokumente einem der beiden Polizeibeamten aus. Er ging um mein Auto herum, um das Kennzeichen zu überprüfen. Da er aus meinen Fahrzeugpapieren ersah, dass ich nicht von hier war, fragte er mich: „Zu welchem Zweck waren Sie hier in der Stadt?“
„Ich hatte geschäftlich etwas zu erledigen.“
„Wo arbeiten Sie?“
Ich nannte ihm den Namen der Firma, für die ich arbeite.
„Und da hatten Sie einen Termin hier?“
„Ja.“
„Wo?“
Ich sagte es ihm.
„Was haben Sie hier in Ihrem Wagen gemacht, unmittelbar bevor Sie losgefahren sind?“
„Nichts, warum? Was soll ich gemacht haben?“
„Uns wurde telefonisch mitgeteilt, dass Sie sich längere Zeit in Ihrem Wagen befanden und sich, nun, sagen wir, merkwürdig verhielten.“
„Aber nein, um Gottes Willen, wie kommt der Anrufer denn auf so etwas, das einzige, was ich getan habe, ist, dass ich mir ein paar Notizen machte. Hier, sehen Sie, auf dem Beifahrersitz sind meine Unterlagen, und ich musste nach dem Termin gleich ein paar Dinge notieren, die mir jetzt auf dem Weg zum Auto eingefallen sind. Das ist alles. Was hat denn der Anrufer gedacht?“
„Und sonst haben Sie nichts gemacht, außer Ihren Notizen?“
„Nein, absolut nichts.“
Er reichte mir meine Papiere: „In Ordnung, Sie können weiterfahren.“
Die beiden Polizisten gingen zu ihrem Fahrzeug und setzten zurück, um die Fahrbahn freizumachen. Ich nickte ihnen lächelnd zu, als ich an ihrem Wagen vorbeifuhr. Als ich dem Kassierer, einem freundlichen Rentner, die verlangte Summe in passenden Münzen gegeben hatte, öffnete er mir die Schranke. Strahlender Sonnenschein empfing mich, als ich das Parkhaus verließ. Ich bog in die Hauptstraße ein und machte mich auf den Rückweg.
Als die Parkgarage im Rückspiegel nicht mehr zu sehen war, begann ich, laut vor mich hinzuschimpfen und zu fluchen: „Was zum Teufel war denn das? Verdammte Kacke, was ist denn da für eine Scheiße passiert? Hat mich da irgendein Spanner beim Wichsen beobachtet? Dabei dauerte das doch gar nicht so lang! Was muss diese blöde Drecksau gleich die Polizei rufen? Wahrscheinlich hat er sich noch selbst dabei aufgegeilt, der perverse Spanner! So eine Unverschämtheit! Können einen diese beschissenen Vollidioten nicht einfach in Ruhe lassen? Scheiße, verfluchte!“
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