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Philosoph

JürgenHabermas

Jürgen Habermas (* 18. Juni 1929 in Düsseldorf) ist einer der weltweit meist rezipierten Philosophen und Soziologen der Gegenwart. Er wurde bekannt durch Arbeiten zur Sozialphilosophie mit diskurs-, handlungs- und rationalitätstheoretischen Beiträgen, in denen er eine konstruktive Umformung der Kritischen Theorie verfolgte. Habermas sieht die Grundlage der Gesellschaft kommunikativ und durch Geltungsgründe bestimmt.


Habermas 2007 an der Hochschule für Philosophie MünchenInhaltsverzeichnis [Verbergen]
1 Überblick
2 Leben
2.1 Jugend und Studium
2.2 Assistent in Frankfurt, Habilitation und Außerordentlicher Professor
2.3 Professor für Philosophie und Soziologie
2.4 Ko-Direktor des Starnberger Max-Planck-Instituts
2.5 Professor für Philosophie
2.6 Nach der Emeritierung
3 Werk
3.1 Die Anfänge
3.1.1 Heidegger und Lukács
3.1.2 Wandel der Technik- und Marxkritik
3.1.3 Philosophische Anthropologie
3.1.4 Demokratie und Öffentlichkeit
3.1.4.1 Konzept einer politischen Partizipation
3.1.4.2 Strukturwandel der Öffentlichkeit
3.2 Theorie und Praxis
3.3 Der „Linguistic Turn“
3.3.1 Universalpragmatik
3.3.1.1 Sprechakte
3.3.1.2 Geltungsansprüche
3.3.1.3 Ideale Sprechsituation
3.3.2 Konsensustheorie der Wahrheit
3.4 Theorie des kommunikativen Handelns (TdkH)
3.4.1 Kommunikative Rationalität
3.4.2 System und Lebenswelt
3.5 Das unvollendete Projekt der Moderne
3.6 Diskursethik
3.6.1 Kognitivistisch
3.6.2 Deontologisch
3.6.3 Formalistisch
3.6.4 Universalistisch
3.7 Faktizität und Geltung
3.8 Aktuelle Debatten
3.8.1 Eugenik
3.8.2 Religion und Christentum
3.8.3 Gehirnforschung und Willensfreiheit
4 Rezeption, Kritik und Wirkung
5 Auszeichnungen
6 Schriften
7 Literatur
7.1 Einführungen
7.2 Weiterführendes
7.3 Kritische Beiträge (Auswahl)
8 Weblinks
8.1 Videos
9 Einzelnachweise

Überblick [Bearbeiten]
Nicht zuletzt durch regelmäßige Lehrtätigkeiten an ausländischen Universitäten, vor allem in den USA, sowie aufgrund von Übersetzungen seiner wichtigsten Arbeiten werden seine Theorien weltweit diskutiert. Er zählt zu den bekanntesten Vertretern der nachfolgenden Generation der Kritischen Theorie. Vom hegelianisch-marxistischen Ursprung der Frankfurter Schule hat er sich durch die Rezeption und Integration neuerer Theorieansätze gelöst.

Wegen der Vielfalt seiner philosophischen und sozialwissenschaftlichen Aktivitäten gilt Habermas als ein produktiver und engagierter Intellektueller.[1] Er verband den historischen Materialismus von Marx mit dem amerikanischen Pragmatismus, der Entwicklungstheorie von Piaget und Kohlberg und der Psychoanalyse von Freud. Zudem beeinflusste er maßgeblich die deutschen Sozialwissenschaften, die Moral- und Sozialphilosophie. Meilensteine waren vor allem seine Theorie des kommunikativen Handelns und, wiederholt inspiriert durch die diskurstheoretische Auseinandersetzung mit Karl-Otto Apel, seine Diskurstheorie der Moral und des Rechts.

Als übergeordnetes Motiv seines multidisziplinären Werks gilt ihmdie Versöhnung der mit sich selber zerfallenden Moderne“.[2] Dazu verfolgt er die Strategie, anders als Apel generell auf Letztbegründungen zu verzichten unddie universalistischen Fragestellungen der Transzendentalphilosophie, bei gleichzeitiger Detranszendentalisierung des Vorgehens und der Beweisziele, aufzunehmen“.[3] Habermas war an allen großen theoretischen Debatten der Bundesrepublik beteiligt und bezog zu gesellschaftspolitischen Kontroversen, wie Historikerstreit, Bioethik, Europäische Verfassung und Irak-Krieg, mit dem Engagement eines „öffentlichen Intellektuellen“[4] Stellung.

Leben [Bearbeiten]
Jugend und Studium [Bearbeiten]
Jürgen Habermas wurde in Düsseldorf geboren, wuchs aber in der nahe gelegenen Kleinstadt Gummersbach auf, wo sein Vater, Ernst Habermas, Geschäftsführer der dortigen Geschäftsstelle der Industrie- und Handelskammer zu Köln war. Das politische Klima in seinem Elternhaus beschreibt er alsgeprägt durch eine bürgerliche Anpassung an eine politische Umgebung, mit der man sich nicht voll identifizierte, die man aber auch nicht ernsthaft kritisierte“.[5]

HabermasVater war Mitglied der NSDAP seit 1933. Er selbst war, wie alle Kinder ab 10 Jahren in der Nazizeit, per Gesetz gedrängt, Mitglied der Hitlerjugend, und wurde im Herbst 1944 als Fronthelfer an den Westwall geschickt. Seine Tätigkeit in der Hitlerjugend bildete im Jahr 2006 den Anlass zu einer heftigen Polemik. Joachim Fest hatte Habermas in seiner postum erschienenen Autobiographie als einendem Regime in allen Fasern seiner Existenz verbundenen HJ-Führerbezeichnet.[6] Der Vorwurf, der vom Magazin Cicero veröffentlicht und von Habermas alsDenunziation“ zurückgewiesen wurde, erschien schließlich nach einer Zeugenaussage von Hans-Ulrich Wehler als haltlos.[7]

Zwischen 1949 und 1954 studierte Habermas an den Universitäten Göttingen (1949/50), Zürich (1950/51) und Bonn (1951–54). Er befasste sich mit Philosophie, Geschichte, Psychologie, deutscher Literatur und Ökonomie. Zu seinen Lehrern gehörten Nicolai Hartmann, Wilhelm Keller, Theodor Litt, Erich Rothacker, Johannes Thyssen und Hermann Wein.

Im Wintersemester 1950/51 begegnete Habermas erstmals Karl-Otto Apel, dessen „engagiertes Denken“[8] und Interesse für den amerikanischen Pragmatismus für seine weitere philosophische Entwicklung von großer Bedeutung wurde.

Habermas erregte 1953 erstmals öffentliches Aufsehen, als er in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung eine Rezension zu HeideggersEinführung in die Metaphysikverfasste, einer Rede aus dem Jahr 1935, die 1953 im Druck erschienen war. Heidegger hatte für den Abdruck der Rede das Wort von derinnere[n] Wahrheit und Größeder nationalsozialistischen Bewegung nicht gestrichen, was Habermas als „Rehabilitation“ des Nationalsozialismus scharf verurteilte.

Im Jahre 1954 wurde Habermas in Bonn mit seiner Arbeit Das Absolute und die Geschichte. Von der Zwiespältigkeit in Schellings Denken von Erich Rothacker und Oskar Becker promoviert. Danach betätigte er sich als freier Journalist für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, den Merkur, die Frankfurter Hefte und das Düsseldorfer Handelsblatt.

1955 heiratete er Ute Wesselhoeft; ihre gemeinsamen Kinder heißen Tilmann (* 1956), Rebekka (* 1959) und Judith (* 1967). Der Sohn Tilmann Habermas ist seit 2002 Professor für Psychoanalyse an der Universität Frankfurt am Main, die Tochter Rebekka Habermas seit 2000 Professorin für Geschichte an der Universität Göttingen.

Assistent in Frankfurt, Habilitation und Außerordentlicher Professor [Bearbeiten]
Ein Stipendium brachte Habermas 1956 nach Frankfurt ans Institut für Sozialforschung. In der Zeit als Forschungsassistent bei Max Horkheimer und Theodor W. Adorno machte er sich mit den (zum Teil unter Verschluss gehaltenen) Schriften seiner beiden Direktoren und anderer Vertreter der Kritischen Theorie aus der Vorkriegszeit vertraut. In besonderem Maße wurde er von Herbert Marcuse beeinflusst, dem er erstmals 1956 begegnete. Unter dessen Einfluss orientierte sich seine Auffassung vom Marxismus am Denken von Freud und dem jungen Marx. Sein politisches Engagement in der BewegungKampf dem Atomtodund seine als radikaldemokratisch rezipierte Einleitung zu der Instituts-StudieStudent und Politik“ lösten bei Horkheimer heftige Reaktionen aus, gegen die ihn Adorno zu verteidigen suchte. Der absehbare Konflikt um seine anstehende Habilitationsschrift bewog ihn zum Wechsel nach Marburg. Dank eines Habilitationsstipendiums der DFG konnte er 1961 in Marburg bei Wolfgang Abendroth mit der vielbeachteten Schrift Strukturwandel der Öffentlichkeit. Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft habilitieren.

Bereits 1961, noch vor Abschluss seines Habilitationsverfahrens, wurde Habermas nach Vermittlung von Gadamer außerordentlicher Professor an der Universität Heidelberg, wo er bis 1964 lehrte. Der Kontakt mit Gadamer hatte die Auseinandersetzung mit dessen Hermeneutik zur Folge. Zugleich beschäftigte sich Habermas mit der Analytischen Philosophievor allem der Spätphilosophie Wittgensteinsund dem amerikanischen Pragmatismus, besonders Peirce, Mead und Dewey. In den Jahren 19631965 beteiligte sich Habermas am Positivismusstreit in der deutschen Soziologie, der ihn zu einer folgenreichen Abhandlung über den erkenntnistheoretischen Status der Sozialwissenschaften motivierte. In dieser Auseinandersetzung entstanden diverse Aufsätze und eine seiner einflussreichsten Arbeiten, Erkenntnis und Interesse (1968).

Professor für Philosophie und Soziologie [Bearbeiten]
Im Jahr 1964 wurde Habermas auf Horkheimers Lehrstuhl für Philosophie und Soziologie an der Universität Frankfurt berufen. Für seine Antrittsvorlesung „Erkenntnis und Interessewählte er Horkheimers AufsatzTraditionelle und kritische Theorie“ (1937 in der Zeitschrift für Sozialforschung erschienen) als Anknüpfungspunkt. Diese wissenschaftstheoretischen Argumentation entwickelte Habermas in demmit der Vorlesung gleichnamigen – Buch Erkenntnis und Interesse (1968) weiter. Er führte den Begriff des „erkenntnisleitenden Interessesein, um Unterschiede in wissenschaftlichen Methoden und Theorien zu erklären. Gemeint ist damit keineswegs, wie häufig unterstellt, eine durch partikulare Gruppen- oder Klassen-Interessen gefärbte Erkenntnis. Vielmehr seien der menschlichen Gattung drei grundlegende Interessen eigen, die mit unterschiedlichen Methoden und Theorien verknüpft seien: das Interesse an technischer Verfügung über objektive Prozesse (empirisch-analytische Wissenschaften), das Interesse an lebenspraktischer Verständigung in der Kommunikationsgemeinschaft (Hermeneutik) und das Interesse an der Emanzipation von naturwüchsigem Zwang (sozialwissenschaftliche Ideologiekritik und Psychoanalyse).

Die ihm angebotene Leitung des Instituts für Sozialforschung lehnte er ab; stattdessen übernahm er mit Ludwig von Friedeburg die Leitung desSeminars für Soziologie“, eine auf die Lehre beschränkte Dependance des Instituts. Seine Vorlesungen und Seminare bot er jeweils für Soziologen und Philosophen an.[9]

Während der in Frankfurt erlebten Studentenrevolte spielte er eine exponierte Rolle. Bereits in den 1950er Jahren war Habermas für demokratische Reformen des Bildungswesens und der Hochschulen eingetreten und wurde als Vertreter derLinkenzu einem geistigen Anreger der Studentenbewegung 1967/68. Mit Rudi Dutschke u.a. nahm er in Hannover am Kongress „Bedingung und Organisation des Widerstandsteil.[10] Zur Konfrontation zwischen Habermas und radikalen Studenten kam es aufgrund unterschiedlicher Einschätzungen der gesellschaftspolitischen Situation. Wähnten sich der SDS und seine Anhänger in einer (vor-)revolutionären Situation, warnte Habermas vor der „verhängnisvollen Strategie“, diePolarisierung der Kräfte um jeden Preiszu suchen und sprach von der „Scheinrevolution und ihren Kindern“.[11] Schon Ende der 1960er Jahre hatte er die Position der sogenannten „verfassungsloyalen“ Linken entscheidend mitgeprägt. Nun ging er zunehmend auf Distanz zu den radikalen Studentengruppen um Rudi Dutschke, denen er einen rhetorisch leichtfertigen Umgang mit der Gewalt vorhielt, mit der Gefahr eines linken Faschismus, eine Wortwahl, die er später bedauerte.[12]

Ko-Direktor des Starnberger Max-Planck-Instituts [Bearbeiten]
Er wechselte 1971 nach Starnberg bei München, wo er bis 1981 gemeinsam mit Carl Friedrich von Weizsäcker das Max-Planck-Institut zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt leitete. Im selben Jahr fand die Debatte mit Niklas Luhmann über dessen Systemtheorie statt.

1973 wurde Habermas der Hegel-Preis der Stadt Stuttgart, 1976 der Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa verliehen.

Im sogenanntenDeutschen Herbst1977 nahm Habermas verstärkt zu tagespolitischen Streitpunkten Stellung. So wandte er sich gegen die Ausweitung des „Radikalenerlasses“ von 1972 und setzte sich mit der Theorie des Neokonservatismus und seiner Kritik an der Moderne auseinander.

1980 erhielt er den Theodor-W.-Adorno-Preis. 1981 veröffentlichte er sein Hauptwerk Theorie des kommunikativen Handelns, in dem er sich unter anderem auf George Herbert Mead, Max Weber, Émile Durkheim, Talcott Parsons, Georg Lukács und Theodor W. Adorno bezog.

Professor für Philosophie [Bearbeiten]
Nach der teilweisen Schließung des Max-Planck-Institut zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt kehrte er nach Frankfurt zurück, wo er von 1983 bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1994 den Lehrstuhl für Philosophie mit dem Schwerpunkt Sozial- und Geschichtsphilosophie übernahm. Mitte der 1980er Jahre widmete sich Habermas im Rahmen eines von der Leibniz-Gemeinschaft und der DFG finanzierten fünfjährigen Forschungsprojekts rechtstheoretischen Fragestellungen und entwickelte in Faktizität und Geltung (1992) seine eigene Rechtsphilosophie und Theorie einer „deliberativen Demokratie“.

Im Jahr 1986 wandte sich Habermas in dem Artikel Die apologetischen Tendenzen in der deutschen Zeitgeschichtsschreibung[13] gegen dievon ihm als revisionistisch bezeichneteArgumentation einer Gruppe von Historikern (vornehmlich Ernst Nolte neben Michael Stürmer, Andreas Hillgruber und Klaus Hildebrand), den Nationalsozialismus mit dem Stalinismus auf einer Ebene zu vergleichen, bzw. diesen als Vorläufer und Vorbild für jenen darzustellen. Der Beitrag stieß auf heftige Reaktionen und löste in der Folge den polemisch ausgetragenen Historikerstreit aus. An der deutschen Wiedervereinigung (1990) kritisierte Habermas den Charakter einesauf wirtschaftliche Imperative zugeschnittenen Verwaltungsvorgangs“ ohneeigene demokratische Dynamik“.[14]

Nach der Emeritierung [Bearbeiten]
Auch nach seiner Emeritierung 1994 meldete sich Habermas immer wieder publizistisch zu Wort. Im März 1999 bezog er in der Wochenzeitung Die Zeit abwägend für den Kosovokrieg Stellung.[15] Die im selben Jahr durch Peter Sloterdijks Rede Regeln für den Menschenpark ausgelöste Kontroverse um das Thema der Eugenik veranlasste Habermas 2001 zu der Veröffentlichung Die Zukunft der menschlichen Natur. Auf dem Weg zu einer liberalen Eugenik?

In seiner Rede anlässlich der Verleihung des Kyoto-Preises, Freiheit und Determinismus (2004), setzte er sich außerdem mit der durch die aktuelle Hirnforschung aufgeworfenen Frage über die Freiheit des Menschen auseinander.

Seit 1997 ist Jürgen Habermas Mitherausgeber der politisch-wissenschaftlichen Monatszeitschrift Blätter für deutsche und internationale Politik. Am 15. September 2007 eröffnete er in Rom einen dreitägigen Kongress mit dem Titel Religion und Politik in der postsäkularen Gesellschaft.[16]

Werk [Bearbeiten]
Die Anfänge [Bearbeiten]
Heidegger und Lukács [Bearbeiten]
Der junge Habermas war stark vom Denken Martin Heideggers beeinflusst. So hatte er in seiner Dissertation Das Absolute und die Geschichte (1954) die Entwicklung des Begriffs des Absoluten im Werk Schellings auf dem Hintergrund von Heideggers Sein und Zeit interpretiert. Im Mittelpunkt von HabermasInteresse steht dabei Schellings Werk Die Weltalter, das er als einewesentlich anthropologisch orientierteGeschichte des Seins versteht. Es nehme dabei bereits Themen der Existenzphilosophie Heideggers wiedie Not der geschichtlichen Existenz: Schmerz, Zerrissenheit, Zweifel, Anstrengung, Überwindung und Streitvorweg.[17]

Einen starken Einfluss übte darüber hinaus die frühe Lektüre von Georg Lukács' Geschichte und Klassenbewußtsein aus. Insbesondere die von Lukács darin entwickelte Theorie der Verdinglichung führte Habermas dazu, sich stärker mit dem Marxismus zu beschäftigen, ohne sich zunächst vom Denken Heideggers zu entfernen.

Wandel der Technik- und Marxkritik [Bearbeiten]
In seinem 1954 veröffentlichten Aufsatz Die Dialektik der Rationalisierung, der bereits viele Kerngedanken seines Hauptwerks Theorie des kommunikativen Handelns (1981) enthielt, entwickelte Habermas im Anschluss an Lukács eine Theorie der kapitalistischen Rationalisierung. Er unterscheidet eine technische (der Produktion), ökonomische (der betrieblichen Organisation) und soziale Rationalisierung der Arbeit. Die Rationalisierung habe zwar die physische Belastung der Arbeiter reduziert, ihre mentale aber erhöht. Er äußert in diesem Text seine Vorbehalte gegenüber der modernen Technik und wirft Marx vor, deren negative Rolle übersehen zu haben.

Diese Kritik an Marx wiederholte Habermas in seinem Aufsatz Marx in Perspektiven (1955). Marx habe nicht begriffen, dassdie Technik selbst, und nicht erst eine bestimmte Wirtschaftsverfassung, unter der sie arbeitet, die Menschen, die arbeitenden wie die konsumierenden, mitEntfremdungüberzieht“.[18]

Mit dem Literaturbericht zur philosophischen Diskussion um Marx und den Marxismus (1957) begann HabermasAnnäherung an Marx und seine Abkehr vom Denken Heideggers. Habermas schließt sich darin dem Gedanken Marxan, dass das Phänomen der Entfremdung keine existenzielle Dimension des Menschen darstellt, sondern als Ergebnis bestimmter sozialer Verhältnisse anzusehen ist. Sie istnicht Chiffre eines metaphysischen Unfalls, sondern Titel einer faktisch vorgefundenen Situation“.[19] In seiner Abhandlung Soziologische Notizen zum Verhältnis von Arbeit und Freiheit (1958) korrigierte Habermas seine heideggerianische Sicht der Technik. Nicht mehr sie selbst, sondern ihr falscher politischer Gebrauch stellt demnach die Ursache der menschlichen Entfremdung dar.

Philosophische Anthropologie [Bearbeiten]
1958 widersprach Habermas in Philosophische Anthropologie (Artikel für Fischer-Lexikon Philosophie) der Auffassung von der unveränderlichen Natur des Menschen. Mit Erich Rothacker, seinem Doktorvater, vertrat er die These von der geschichtlichen Dimension der menschlichen Natur: „Die Menschen leben und handeln nur in den konkreten Lebenswelten je ihrer Gesellschaft, niemals inderWelt“[20] DerontologischeCharakter der traditionellen Anthropologie birgt für Habermas die Gefahreiner Dogmatik mit politischen Konsequenzen, die um so gefährlicher ist, wo sie mit dem Anspruch wertfreier Wissenschaft auftritt“.[21]

Demokratie und Öffentlichkeit [Bearbeiten]
Konzept einer politischen Partizipation [Bearbeiten]
Im Vorwort der 1961 zusammen mit Ludwig von Friedeburg, Christoph Oehler und Friedrich Weltz erstellten Studie Student und Politik über das politische Verhalten deutscher Studenten, legte Habermas erstmals seine Auffassung von Demokratie und bürgerlichem Rechtsstaat vor, die in ihren Grundzügen bis zur Publikation von Faktizität und Geltung (1992) unverändert blieb. Das Wesen der Demokratie ist für Habermas vorrangig durch den Begriff der politischen Partizipation gekennzeichnet. Diese realisiere sich, indem „mündige Bürger unter Bedingungen einer politisch fungierenden Öffentlichkeit, durch einsichtige Delegation ihres Willens und durch wirksame Kontrolle seiner Ausführung die Einrichtung ihres gesellschaftlichen Lebens selbst in die Hand nehmenund sopersonale Autorität in rationale“ überführen (KuK, S. 13). Damit sei Demokratie die politische Gesellschaftsform, diedie Freiheit der Menschen steigern und am Ende vielleicht ganz herstellen könnte“(KuK, S. 11). Sie werde erst dann wirklichwahr“, wenn dieSelbstbestimmung der Menschheitwirklich geworden ist.

Diese Idee der Herrschaft des Volkes sei aber im modernen Verfassungsstaat in Vergessenheit geraten. Habermas kritisiert eine „Verlagerung des Schwergewichts vom Parlament weg auf Verwaltung und Parteien“ (KuK, S. 20f), womit die Öffentlichkeit auf der Strecke bleibe. Der Bürger unterstehe zwarin fast allen Bereichen täglichder Verwaltung, was er jedoch nicht als erweiterte Partizipation, sondern als eine Art Fremdbestimmung erlebe, der gegenüber er eine am Eigeninteresse orientierte Haltung einnehme. Die Parteien hätten sich gegenüber dem Parlament und dem Wähler verselbständigt. Das Parlament sei zu einer Stätte geworden, „an der sich weisungsgebundene Parteibeauftragte treffen, um bereits getroffene Entscheidungen registrieren zu lassen“ (KuK, S. 28). Mit dem Verschwinden der Klassenparteien und der Entstehung der modernen „Integrationsparteien“ ist laut Habermas auch der Unterschied der Parteien untereinander verloren gegangen, während die politischen Gegensätze „formalisiert“ und so gut wie inhaltslos werden. Für den Bürger seijuristisch der Status eines Kunden vorgesehen […], der zwar am Ende die Zeche bezahlen muss, für den im übrigen aber alles derart vorbereitet ist, dass er selber nicht nur nichts zu tun braucht, sondern auch nicht mehr viel tun kann“ (KuK, S. 49f).

Strukturwandel der Öffentlichkeit [Bearbeiten]
Die zentrale Bedeutung derÖffentlichkeitfür den bürgerlichen Verfassungsstaat stellte Habermas in seiner Habilitationsschrift (1962) dar. Er zeigt anhand historischer Beispiele, wiedie politische Öffentlichkeit aus der literarischen“ hervorgegangen ist.[22] In den um die Mitte des 17. Jahrhunderts gegründeten Kaffeehäusern, Salons und Tischgesellschaften bildeten sich Kristallisationspunkte der Öffentlichkeit. Ihre Gespräche kreisten zunächst um Kunst und Literatur, erweiterten sich aber bald um ökonomische und politische Inhalte. Unter den Mitgliedern herrschte Gleichberechtigung und die Macht des Arguments.

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts sieht Habermas (ähnlich wie Ferdinand Tönnies)[23] den öffentlichen Diskurs zunehmend gefährdet. Ihm zufolge gerät die Publizität durch verschärften kapitalistischen Konkurrenzdruck in den Sog von partikularen Interessen. Mit Entstehung der Massenpresse und den ihr eigenen technischen und kommerziellen Gegebenheiten erfolgt eine „Refeudalisierung der Öffentlichkeit“:[24] Die Kommunikation wird wieder eingeschränkt und dem Einfluss einzelner Großinvestoren unterworfen. Der ebenfalls im 20. Jh. starke Einfluss von Staaten, zumal von kriegführenden und totalitären, auf die Öffentliche Meinung, tritt bei Habermas dem kapitalistischen gegenüber ganz zurück.

Um die kritische Funktion von Öffentlichkeit in der Gegenwart wieder herzustellen, müssendie in der politischen Öffentlichkeit agierenden Mächte dem demokratischen Öffentlichkeitsgebot effektiv unterworfen werden“. Außerdem müsse es gelingen, die „strukturellen Interessenskonflikte nach Maßgabe eines erkennbaren Allgemeininteresses“ zu relativieren. Dies könnte erreicht werden, wenn es zum einen gelingt, eineGesellschaft im Überfluss beschleunigt herbeizuführen, die einen von knappen Mitteln diktierten Ausgleich der Interessen als solchen erübrigt“. Zum anderen habeder noch unbewältigte Naturzustand zwischen den Völkernein solchesAusmaß allgemeiner Bedrohungangenommen, dass sichein allgemeines Interessean der Herbeiführung eines „ewigen Friedensim Kant’schen Sinne ergibt.[25]

Theorie und Praxis [Bearbeiten]
Ab Anfang der 1960er Jahre gilt Habermas’ primäres Interesse dem Verhältnis von Theorie und Praxis. Habermas löste sich allmählich von einer am jungen Marx ausgerichteten Geschichtsphilosophie und begann die Grundlagen seiner kritischen, an Horkheimer orientierten Gesellschaftstheorie zu entwickeln. Daneben beschäftigt ihn v.a. die Frage nach dem Status der empirischen Wissenschaften und ihrer Wertfreiheit.

Im sogenannten Positivismusstreit in der deutschen Soziologie warf Habermas Hans Albert und Karl Popper vor, einer eingeschränkten Auffassung von Rationalitätauch bezüglich der empirischen Wissenschaften – anzuhängen. Er kritisierte die Annahme, die empirischen Wissenschaften seien unabhängig von den Standards, „die diese Wissenschaften selber der Erfahrung anlegen“.[26] Die naturwissenschaftlichen Theorien seien vielmehr Gegenstand einer Debatte, die innerhalb einer wissenschaftlichen Gemeinschaft stattfindet. Wissenschaftliche Prinzipien sind Habermas zufolge nicht einfach Ergebnis von Forschung, sondern werden durch die Gemeinschaft der Forscher in einem verständigungsorientierten Diskurs aufgestellt.

Habermas lehnt weiterhin den „instrumentellen“ Charakter der Sozialwissenschaften ab, die auf die Entwicklung von „Soziotechniken“ abzielten, mit denen wirgesellschaftliche Prozesse wie Naturprozesse verfügbar machen können“. Eine solche Soziologie verkenne aber, dass es sich bei gesellschaftlichen Systemen, nicht umrepetitive[27] Systeme [handle], für die erfahrungswissenschaftlich triftige Aussagen möglich sind“.[28]

Als eine Auswirkung dieses Streits entstand 1968 die Schrift Erkenntnis und Interesse. Habermas greift hierin die Fragestellung der Transzendentalphilosophie nach den Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis auf, um sie mit den Mitteln der modernen Sozialwissenschaften zu beantworten. Er stellt heraus, dass es keineobjektiveErkenntnis gibt. Vielmehr bestimmt das jeweilige theoretische oder praktische Erkenntnisinteresse den Aspekt, unter dem die Wirklichkeit objektiviert, das heißt wissenschaftlicher Forschung und Organisation zugänglich gemacht wird. Erkenntniskritik ist daher nur noch als Gesellschaftstheorie möglich. Kurz nach Erscheinen von Erkenntnis und Interesse veröffentlichte Habermas Technik und Wissenschaft alsIdeologie“, eine Schrift, die den Übergang Habermaszur Kommunikationstheorie darstellt und in derso drückt es der Soziologe Helmut Dubiel aus – „alle Elemente der entfalteten Theorie (des kommunikativen Handelns) schon keimhaft“[29] enthalten sind.

Der „Linguistic Turn“ [Bearbeiten]
Mit dem Beginn der 1970er Jahre kam es zum „Linguistic Turn“ in der Philosophie des Jürgen Habermas.[30] Zentrale Einflüsse gingen von der Sprachphilosophie Austins und Searles und der Grammatiktheorie Chomskys aus. Auch die Hermeneutik Gadamers und der Pragmatismus Peirces spielten dabei eine wichtige Rolle. Auf dieser Basis entwickelte Habermas seine Universalpragmatik und seine Konsensustheorie der Wahrheit.

Universalpragmatik [Bearbeiten]
HabermasInteresse an der Sprachphilosophie ist ein gesellschaftstheoretisches. Er geht der Frage nach, ob sich eine Gesellschaftstheorie sprachtheoretisch begründen lässt.[31]

Der zentrale Gegenstand seiner Gesellschaftstheorie ist der BegriffHandeln“. Handeln bestimmt er als einVerhalten, das durch Normen geleitet oder an Regeln orientiert ist“.[32] Normen und Regeln haben einen Sinn, der gedeutet und verstanden werden muss. Die Angemessenheit einer solchen Deutung kannnur mit Bezugnahme auf das Wissen des Subjekts“[33] selbst geprüft werden, von dem man ausgeht, dass es ein implizites Regelwissen bezüglich der Handlungs- und Sprachnormen besitzt. Aufgabe einer Gesellschaftstheorie ist es daher, dieses Regelwissen zu rekonstruieren.

Sprechakte [Bearbeiten]
Zur Erforschung des impliziten Regelwissens verwendet Habermas die von Austin und Searle entwickelte Theorie der Sprechakte, die er gesellschaftstheoretisch umdeutet.[34]

Sprechakte sind danach die Grundeinheiten der menschlichen Rede. Sie können in propositional ausdifferenzierte und nicht ausdifferenzierte eingeteilt werden. Erstere weisen eineeigentümliche Doppelstruktur“ auf: sie sind zusammengesetzt aus einem „propositionalen“ Bestandteil, dem Aussageinhalt, und einem „performativen“ Bestandteil, derIntention“ (Absicht), mit der der Aussageinhalt geäußert wird. Der performative Bestandteil der menschlichen Rede besitzt dabei eine gewisse Priorität, da er den Verwendungssinn des propositionalen Gehalts erst festlegt.

Habermas unterscheidet drei universale Typen von Sprechakten, die jeweils auf einem verschiedenen „Kommunikationsmodus“ beruhen und denen unterschiedliche Geltungsansprüche zugeordnet sind:

Konstativa (beschreiben, berichten, erklären, voraussagen) beziehen sich auf die kognitive Ebene. Sie dienen der Darstellung eines Sachverhaltes im Orientierungssystem der äußeren Welt. Der Maßstab ihrer Geltung ist Wahrheit.
Expressiva, auch Repräsentativa (wünschen, hoffen, eingestehen) beziehen sich auf Intentionen und Einstellungen. Sie sind Ausdruck eines Erlebens in einer subjektiven Welt. Der Maßstab ihrer Geltung ist Wahrhaftigkeit.
Regulativa (entschuldigen, befehlen, warnen, versprechen) beziehen sich auf soziale Normen und Institutionen. Sie dienen der Herstellung eines Zustandes in der gemeinsamen Lebenswelt. Der Maßstab ihrer Geltung ist die Richtigkeit.
Geltungsansprüche [Bearbeiten]
Mit der Durchführung von Sprechakten werden „Geltungsansprüche“ verbunden. Ihre Erfüllung muss im kommunikativen Handeln von den Sprechern unterstellt werden. Solange die Verständigung gelingt, bleiben die wechselseitigen Ansprüche unthematisiert, scheitert sie, müssen die Unterstellungen daraufhin überprüft werden, welche von ihnen unerfüllt blieb. Je nach Geltungsanspruch existieren unterschiedliche Reparaturstrategien. Habermas unterscheidet vier Arten von Geltungsansprüchen, die nicht aufeinander zurückgeführt werden können:

Verständlichkeit: Der Sprecher unterstellt das Verständnis der gebrauchten Ausdrücke. Bei Unverständnis wird zur Explikation durch den Sprecher aufgefordert.
Wahrheit: Bezüglich des propositionalen Gehalts der Sprechakte wird Wahrheit unterstellt. Wird diese bezweifelt, muss ein Diskurs klären, ob der Anspruch des Sprechers zurecht besteht.
Richtigkeit: Die Richtigkeit der Norm, die mit dem Sprechakt erfüllt wird, muss anerkannt werden. Auch dieser Geltungsanspruch ist nur diskursiv einlösbar.
Wahrhaftigkeit: Die Sprecher unterstellen sich gegenseitig Wahrhaftigkeit (Aufrichtigkeit). Erweist sich diese Antizipation (Voraussetzung) als unhaltbar, kann der Hintergrundkonsens nicht mit dem unwahrhaften Sprecher selber wiederhergestellt werden.
Ideale Sprechsituation [Bearbeiten]
Die diskursive Einlösung von Geltungsansprüchen erfolgt im Konsens, der aber kein zufälliger, sondern ein begründeter sein muss, so dassjeder andere, der in ein Gespräch mit mir eintreten könnte, demselben Gegenstand das gleiche Prädikat zusprechen würde“. Um einen solchen begründeten Konsens erzielen zu können, muss eine ideale Sprechsituation vorliegen, die durch vier Bedingungen der Chancengleichheit charakterisiert ist: Chancengleichheit aller bezüglich

der Verwendung kommunikativer Sprechakte, sodass sie jederzeit Diskurse eröffnen und mit Rede und Gegenrede bzw. Frage und Antwort einsetzen können;
der Thematisierung und Kritik sämtlicher Vormeinungen, d. h., dass sie alle sprachlichen Mittel einsetzen können, um Geltungsansprüche zu erheben bzw. einzulösen;
der Verwendung repräsentativer Sprechakte, die ihre Einstellung, Gefühle und Intentionen ausdrücken, sodass die Wahrhaftigkeit der Sprecher garantiert wird (Wahrhaftigkeitspostulat);
der Verwendung regulativer Sprechakte, d. h. zu befehlen, sich zu widersetzen, zu erlauben, zu verbieten usw.
Eine solche ideale Sprechsituation hat nach Habermas weder den Status eines empirischen Phänomens, da jede Rede raumzeitlichen wie psychischen Einschränkungen unterworfen ist, noch ist sie ein ideales Konstrukt. Sie ist vielmehreine in Diskursen reziprok vorgenommene Unterstellung“,[35] die kontrafaktisch sein kann. Soll der vernünftige Charakter der Rede nicht preisgegeben werden, so muss die ideale Sprechsituation „antizipiert“ werden, und insofern ist sie auch „operativ“ wirksam.

Konsensustheorie der Wahrheit [Bearbeiten]
In seinem wichtigen Aufsatz Wahrheitstheorien[36] legte Habermas 1973 eine auf diese Überlegungen aufgebaute Konsensustheorie der Wahrheit vor.

Das, „wovon wir sagen dürfen, es sei wahr oder falsch“, sind für Habermas Aussagen mit „assertorischer Kraft“, d.h. die auch behauptet werden und deren propositionaler Gehalt eine existierende Tatsache betrifft. Wahrheit ist somitein Geltungsanspruch, den wir mit Aussagen verbinden, indem wir sie behaupten“. Behauptungen gehören damit zur Klasse „konstativer Sprechakte“.[37] Habermas stimmt der Redundanztheorie der Wahrheit insoweit zu, als die Aussagep ist wahrder Behauptungpnichts hinzufügt; allerdings liege derpragmatische Sinndes Behauptens gerade in der Erhebung eines Wahrheitsanspruchs bezüglichp“.

Über das Bestehen von Sachverhalten und damit über die Berechtigung eines Wahrheitsanspruchs entscheidet laut Habermas nicht die Evidenz von Erfahrungen, sondern der Gang von Argumentationen innerhalb eines Diskurses: „Die Idee der Wahrheit lässt sich nur mit Bezugnahme auf die diskursive Einlösung von Geltungsansprüchen entfalten“.[38] Das Prädikatwahrdarf nach Habermas dann und nur dann zugesprochen werden, wenn jeder andere, der in den Diskurs eintreten könnte, demselben Gegenstand dasselbe Prädikat zusprechen würde. Der vernünftige Konsens aller ist dabei die Bedingung für die Wahrheit von Aussagen.

Theorie des kommunikativen Handelns (TdkH) [Bearbeiten]
Das 1981 erschienene zweibändige Werk Theorie des kommunikativen Handelns (TdkH) wird vielfach als Habermas' Hauptwerk bezeichnet. Als zeitgeschichtliches Motiv nennt er den seit Ende der 1960er Jahre für die westlichen Gesellschaften eingetretenen Zustand, „in dem das Erbe des okzidentalen Rationalismus nicht mehr unbestritten gilt“.[39] Mit dem „Grundbegriff des kommunikativen Handelns“ erschließt Habermas drei Themenkomplexe (TdkH, Bd. I, S. 8)

die Entwicklung einesBegriffs der kommunikativen Rationalität“,
ein „zweistufiges Konzept der Gesellschaft, welches die Paradigmen Lebenswelt und Systemverknüpft,
eineTheorie der Moderne“.
Die Arbeit ist geprägt von langen Passagen der Auseinandersetzung mit sozial- und sprachphilosophischen sowie soziologischen Autoren. In einer „rekonstruktiven Anverwandlung“ der Theorien von Weber, Lukács, Adorno, Austin, Marx, Mead, Durkheim, Parsons und Luhmann entwickelt Habermas seine eigene Handlungs- und Gesellschaftstheorie.

Kommunikative Rationalität [Bearbeiten]
In der Tradition der Frankfurter Schule stehend, zielt Habermas auf eine Theorie, die Gesellschaft beschreibbar und kritisierbar macht. Aber im Gegensatz zu Horkheimer und Adorno, die Rationalisierung per se als einen menschheitsgeschichtlich verhängnisvollen Prozess analysierten (sieheDialektik der Aufklärung“), begrenzt Habermas sein negatives Urteil auf die Einschränkung der Vernunft im Sinne „instrumenteller Rationalität“, deren Wesen in derVerfügungüber Subjekte und Natur liege. Dagegen setzt er den Begriff einer „kommunikativen Rationalität“, die dieVerständigungmit dem Anderen ermögliche (TdkH, Bd. I, S. 30).

Die Formen der Rationalität korrespondieren Habermas zufolge mit entsprechenden Handlungstypen. Er unterscheidetin betonter Abgrenzung zu PoppersDrei-Welten-Theorie“ – vier Formen des Handelns (TdkH, Bd. I, S. 126ff).

Im ersten Kapitel erörtert Habermas zunächst in einer theoriegeschichtlichen Diskussion vier soziologische Handlungsbegriffe unterschiedlicher Herkunft: den teleologischen (Aristoteles), den normenregulierten (Talcott Parsons), den dramaturgischen (Erving Goffmann) und den kommunikativen Handlungsbegriff (George Herbert Mead). Diese werden in der Sekundärliteratur häufig[40] irrtümlicherweise mit seiner eigenen, erst im dritten Kapitel („Erste Zwischenbetrachtung“) – auf der Grundlage der Sprechakttheorie – systematisch eingeführten Handlungstypologie verwechselt.

Ausgangspunkt seiner Handlungstheorie ist die „Handlungskoordinierung“, die sowohl durch Erfolgs- als auch durch Verständigungsorientierung verwirklicht werden kann. Er differenziert dabei zwischen „instrumentellem“ und „strategischem“ Handeln als Formen erfolgsorientierten Handelns einerseits und „kommunikativem“ Handeln als verständigungsorientiertes Handeln andererseits. Instrumentelles Handeln spielt alsnicht-sozialesin seinen weiteren Überlegungen keine Rolle.

Soziale Handlungen kennzeichnet Habermas als sprachlich vermittelte. Handlungskoordination beim strategischen Handeln leistet die Erfolgsorientierung; Sprechakte dienen hierbei als bloßes Mittel zur Zweck- bzw. Zielerreichung durch Einwirkung auf andere. Im Gegensatz dazu wird kommunikatives Handeln durch Erzeugung eines Einverständnisses koordiniert, und zwar auf der Grundlage kritisierbarer Geltungsansprüche (siehe oben). Nur wenn diese akzeptiert werden, können handelnde Personen ihre Ziele erreichen.

Im Anschluß an die Sprechakttheorie“ (TdkH, Bd. I, S. 384) klärt er die rationalen Grundlagen des kommunikativen Handelns. Mit der Verknüpfung der unterschiedlichen Sprechakte (Imperative, Konstative, Regulative, Expressive), Geltungsansprüche (Wahrheit, Richtigkeit, Wahrhaftigkeit) und Weltbezüge (objektive, soziale, subjektive Welt) kann er das kommunikative Handeln indrei reine Typen oder Grenzfälle“ auffächern: Konversation, normenreguliertes und dramaturgisches Handeln. Grenzfälle sind es deshalb, weil das kommunikative Handeln in der Regel alle drei in sich vereinigt.

Das strategische Handeln bezieht sich auf dieobjektive WeltderSachverhalte“. Wir entscheiden uns für eine bestimmte Handlungsalternative, die uns als das erfolgversprechendste Mittel erscheint, bestimmte Zwecke zu erreichen. Der Erfolg ist dabei zwar häufig vonanderen Aktoren“ abhängig; diese sind aberan ihrem jeweils eigenen Erfolg orientiertund verhalten sichnur in dem Maße kooperativ […] wie es ihrem egozentrischen Nutzenkalkül entspricht“ (TdkH, Bd. I, S. 131). Handlungskoordination ist hier gleichbedeutend mit dem „Ineinandergreifen egozentrischer Nutzenkalküle“ (TdkH, Bd. I, S. 151).

Das kommunikative Handeln ist als zusammenfassender Begriff der drei Grenzfälle zu verstehen und bezieht sich auf alle drei Welten. Neben dem universalen Sinnanspruch der Verständlichkeit aktualisieren sich in ihm drei Kategorien von Geltungsansprüchen: die (propositionelle) Wahrheit, die (normative) Richtigkeit und die (subjektive) Wahrhaftigkeit. Im konkreten Sprechakt steht zwar jeweils ein Geltungsanspruch im Vordergrund und wird primär auf eine Welt Bezug genommen, aber prinzipiell werden stets alle drei Geltungsansprüche und Weltbezüge zugleich thematisiert (Einschlägig ist hier Fig. 16 in TdkH, Bd. I, S. 439).

Ein teleologischer Handlungstypus hat in der ausgeführten Habermasschen Systematik keinen Platz mehr. Ihm zufolge sind alle menschlichen Handlungen auf Ziele gerichtet, was ihren teleologischen Charakter ausmacht. „Der Begriff des teleologischen Handeln oder der Zwecktätigkeit steht seit Aristoteles im Mittelpunkt der philosophischen Handlungstheorie (…). Diese teleologische Struktur ist für alle Handlungsbegriffe konstitutiv.“.[41] Ähnliche Formulierung in TdkH, Bd. I, S. 150f.

System und Lebenswelt [Bearbeiten]
Kommunikativ handelnde Subjekte verständigen sich für Habermasstets im Horizont einer Lebenswelt“ (TdKH, Bd. I, S. 107). „Die Lebenswelt ist gleichsam der transzendentale Ort, an dem sich Sprecher und Hörer begegnen“ (TdkH, Bd. II, S. 192). Lebenswelt ist der Komplementärbegriff zu dem des kommunikativen Handelns.

Der von Edmund Husserl erstmals entwickelte und von Alfred Schütz in die Soziologie eingeführte Begriff der Lebenswelt kennzeichnet die Teilnehmerperspektive der handelnden Subjekte. Er weist nach Habermas folgende Charakteristika auf (TdkH, Bd. II, S. 198–202):

Die Lebensweltist dem erlebenden Subjekt fraglos gegebenund kanngar nicht problematisch werden“, sondernallenfalls zusammenbrechen“.
Die Lebenswelt verdankt ihre Gewissheiteinem in die Intersubjektivität sprachlicher Verständigung eingebauten sozialen Apriori“.
Die Lebenswelt lässt sichnicht transzendieren“, sondern bildeteinen nicht hintergehbaren und prinzipiell unerschöpflichen Kontext“.
Habermas fixiert in seiner zweistufigen Gesellschaftstheorie mit den KomponentenLebensweltundSystemdie Dualität von symbolischer und materieller Reproduktion der Gesellschaft. Ihr entspricht die Differenzierung zwischen Teilnehmer- und Beobachterperspektive, dadie Selbsterhaltungsimperative der Gesellschaft (sich) nicht nur in der Teleologie der Handlungen ihrer individuellen Mitglieder, sondern zugleich in den funktionalen Zusammenhängen aggregierter Handlungseffekte durch(setzen)“ (TdkH, Bd. I, S. 533).

Erst in einem Prozess soziokultureller Evolution haben sich symbolische und materielle gesellschaftliche Reproduktion zu selbständigen, autonomen Handlungssphären entkoppelt, indem die Lebenswelt, der logisch und genetisch die primäre Bedeutung zukommt, funktionale Systemevornehmlich Wirtschaft (marktregulierte Ökonomie) und Politik (bürokratischer Verwaltungsstaat) – „freisetzte“. Die ausschließliche Betrachtung der Gesellschaft als System, wie sie von Niklas Luhmann und Talcott Parsons vorgenommen wird, verstellt nach Habermas den theoretischen Zugang, „einen vernünftigen Maßstab für eine als Rationalisierung begriffene gesellschaftliche Modernisierung handlungstheoretisch zu begründen“ (TdkH, Bd. II, S. 422f).

Habermas ist der Ansicht, dass der gesellschaftliche Differenzierungsprozess in seinem Verlauf zu einer „Kolonialisierung“ derLebensweltdurch dasSystemgeführt hat. Mit anderen Worten: Durch Ausbildung „generalisierter Steuerungsmedien“ – Geld und Machtwird die materielle Reproduktion der Gesellschaft nicht nur unabhängig von ihrer kulturellen Reproduktion, sondern dringt auch zunehmend in diese ein. Dieser Prozess ist für Habermas ein zentrales Merkmal moderner Gesellschaften. Er unterscheidet drei Entwicklungsstufen:

1.Traditionale Gesellschaften, in denen dieLebensweltnoch nicht vomSystemgetrennt ist. Gemeint sind damit Gesellschaftsformen, deren materielle Reproduktion noch von ihrer kulturellen Wertsphäre dominiert wird; in denen kulturelle Normen noch entscheidend die Bedingungen materieller Reproduktion beeinflussen.
2.In der zweiten Stufe, historisch gesehen die Zeit von der Reformation bis zur Industrialisierung, entkoppelt sich dasSystemvon derLebenswelt“, mit der Folge, dassMachtundGeldals die Steuerungsmedien desSystemsden Menschen eine von gemeinsamen kulturellen Werten und Normen abgelöste Handlungslogik aufzwingen. Es sind diese Übergriffe desSystemsauf dieLebenswelt“, die Habermas als „Kolonialisierung der Lebenswelt“ charakterisiert.
3.In der dritten Stufe treten nach Habermas die Konflikte zwischenSystemundLebensweltoffen hervor: „Heute dringen die über die Medien Geld und Macht vermittelten Imperative von Wirtschaft und Verwaltung in Bereiche ein, die irgendwie kaputt gehen, wenn man sie vom verständigungsorientierten Handeln abkoppelt und auf solche mediengesteuerten Interaktionen umstellt.“[42]
Das unvollendete Projekt der Moderne [Bearbeiten]
In den 1980er Jahren setzt sich Habermas verstärkt mit philosophischen Strömungen auseinander, die der Moderne kritisch gegenüberstehen. Insbesondere stehen dabei neokonservative Strömungen und die aufkommende Philosophie der Postmoderne im Fokus. Den Ursprung bildet dabei seine Rede Die Moderneein unvollendetes Projekt anlässlich der Verleihung des Adornopreises im Jahre 1980. Deren Grundgedanken fließen später in die Vorlesungsreihe Der philosophische Diskurs der Moderne ein, die Habermas zwischen März 1983 und September 1984 am Collège de France in Paris, an der Universität Frankfurt und an der Cornell University in Ithaca hält.

Habermas Grundanliegen ist eine Abwehr gegenaufklärerischer Strömungen der Philosophie. Er will an dem „unvollendeten Projekt der Moderne“[43] festhalten und ihre Defizitedurch radikalisierte Aufklärung wettmachen“ (Der philosophische Diskurs der Moderne, DphDdM, S. 104).[44]

Modernsind für Habermas Gesellschaften, in denen die tradierten Weltbilderdie ihre Grundlage insbesondere in den Religionen habenihre Fähigkeit verloren haben, verbindliche Lebensdeutungen und normative Handlungsorientierung glaubwürdig zu vermitteln, und die infolgedessen gezwungen sind, „ihre Normativität aus sich selber [zu] schöpfen“ (DphDdM, S. 16). Zu ihrer „Selbstvergewisserung“ und „Selbstbegründung“ (DphDdM, S. 17) ist es notwendig, ein Prinzip zu finden, das einÄquivalent für die vereinigende Macht der Religion“ (DphDdM, S. 105) darstellt. Dieses Prinzip muss als das der gesellschaftlichen Modernisierung der Neuzeit selbst „innewohnende Prinzip“ (DphDdM, S. 46) ausgewiesen werden und die stabilisierende Funktionen der alten Religionen übernehmen können.

Nach Habermas hatte Hegel als erster das Problem der Selbstvergewisserung der Moderne als philosophisches Problem entdeckt und die für die weitere Diskussion maßgebliche Lösung formuliert: Die Subjektivität, verstanden alsStruktur der Selbstbeziehung“, ist sowohl Grundstruktur der Vernunft als auchPrinzip der neuen Zeit“ (DphDdM, S. 27).

Im Laufe derModernisierungwurde aberwie bereits von Adorno und Horkheimer in derDialektik der Aufklärung“ analysiert – deutlich, dass in der subjektzentrierten Vernunft eine Tendenz zur Verabsolutierung der Zweckrationalität und der „jeweiligen Stufe der Reflexion und der Emanzipation“ (DphDdM, S. 70) angelegt ist. Die sich nach Selbstvergewisserung sehnende Moderne muss dahin gebracht werden, dass sie die Dialektik der Aufklärung erkennt. Sie muss dieRückschritte im Fortschritt“ (DphDdM, S. 80) zu kritisieren lernen, um die Selbstkritik dermit sich selbst zerfallenen Modernezu ermöglichen. (DphDdM, S. 33ff)

Die imPrinzip der Subjektivität gründende Vernunft“ (DphDdM, S. 70) verstrickt sich laut Habermas beim Versuch einer „totalisierenden, auf sich selbst bezogene Kritikin ausweglose Paradoxien. (DphDdM, S. 152ff) Es ist ihr anscheinend unmöglich, mit den ihr verfügbaren begrifflichen Mitteln die Aufgabe einer Selbstvergewisserung der Moderne erfolgreich zu lösen.

Diese aporetische Situation der subjektiven Vernunft wird von den Kritikern der Moderne aufgegriffen. Die Vernunft habe ihnen zufolge alleFormen der Unterdrückung und der Ausbeutung, der Entwürdigung und der Entfremdung nur denunziert und unterminiert, um an deren Stelle die unangreifbare Rationalität selbst einzusetzen“ (DphDdM, S. 104).

Einen besonderen Stellenwert nimmt dabei Nietzsche ein, den Habermas alsDrehscheibefür den Eintritt in die Postmoderne bezeichnet. Seine angestrebte radikale Vernunftkritik sollte das ganze auf Hegel zurückgehende Programm einer Selbstbegründung moderner Lebensformen aus Vernunft vollständig unterminieren. Problematisch ist dabei allerdings für Habermas, dass Nietzsche zwischen zwei Strategienschwankt“: Einerseits versucht er, ganz auf die Philosophie zu verzichten und die Zurückführung jeweiliger Wahrheitsansprüche auf bloße Machtkonstellationen als Aufgabe einermit anthropologischen, psychologischen, und historischen Methoden“ arbeitenden positiven Wissenschaft aufzufassen. Andererseits hält er an der Möglichkeit einer philosophischen Vernunftkritik fest, diedie Wurzeln des metaphysischen Denkens ausgräbt, ohne sich selbst als Philosophie aufzugeben“ (DphDdM, S. 120).

In der Tradition Nietzsches sieht Habermas Heidegger, Derrida und Foucault. Die Heideggersche Seinsphilosophie – und ihre „grammatologische“ Überbietung bei Derridableibe ein „umgekehrter Fundamentalismus“, der sich nicht wirklich von der Problemvorgabe der traditionellen Metaphysik lösen kann und folglich keine wirkliche Überwindung der Metaphysik darstellt. (DphDdM, S. 197) Die Ersetzung der autonomen Subjektivität durch anonyme seinsgeschichtliche Prozesse habe unvermeidbar die Folge, dass die Subjektivität durch ein „subjektloses Geschehen“ (DphDdM, S. 210) ersetzt wird.

Foucault knüpfe an Nietzsches Entwurf einerals Anti-Wissenschaft auftretenden, gelehrsam-positivistischen Geschichtsschreibung“ (DphDdM, S. 292) an; aber auch ihm gelinge es nicht, durch seine historisch angelegte Machttheorie „eine radikale Vernunftkritik durchzuführen, ohne sich in den Aporien dieses selbstbezüglichen Unternehmens zu verfangen“ (DphDdM, S. 290). Die Macht, die als „irritierender Grundbegriff“ (DphDdM, S. 298) seiner Theorie fungiert, hat einen zweideutigen Status: Sie sollgleichzeitig transzendentale Erzeugungs- und empirische Selbstbehauptungsmacht sein“ (DphDdM, S. 300).

Habermas zieht den Schluss, dass die Durchführung des Hegelschen Programms einer Selbstbegründung der Moderne aus Vernunft immer noch möglich und wünschenswert ist. Allerdings muss der zugrundegelegte Vernunftbegriff einer Revision unterzogen werden. Nicht die subjektzentrierte Vernunft, sondern einzig diekommunikative Vernunftist geeignet, die zugedachte Begründungsfunktion erfolgreich zu übernehmen (DphDdM, Kapitel XI).

Diskursethik [Bearbeiten]
Ausgehend von seinen Überlegungen zur Universalpragmatik entwirft Habermas ab Beginn der 1980er Jahre im Dialog mit Karl-Otto Apel seine eigene Variante einer Diskursethik. Habermas stellt sie explizit in die Tradition der Kantischen Ethik, die er jedoch gleichzeitig mit kommunikationstheoretischen Mitteln neu formulieren und ihre metaphysischen Elemente „detranszendentalisieren“ will.[45] Er charakterisiert seine Diskursethik als eine „deontologische, kognitivistische, formalistische und universalistische Ethik“.[46]

Kognitivistisch [Bearbeiten]
Moralische Normen haben im Verständnis von Habermas einen wahrheitsanalogen Charakter.[47] Die „Sollgeltung“ moralischer Normen lässt sich einerseits zwar mit rationalen Argumenten begründen; aufgrund des gegenüber dem Wahrheitsbegriff fehlenden Realitätsbezuges ist ihre Geltung aber nur wahrheitsanalog. Die Richtigkeit moralischer Urteile stellt sich dabei für Habermas zwar einerseitsauf demselben Wege heraus wie die Wahrheit deskriptiver Aussagendurch Argumentation“. Auf der anderen Seitefehlt moralischen Geltungsansprüchen der für Wahrheitsansprüche charakteristische Weltbezug“.[48]

Habermas unterscheidet moralische Richtigkeit von theoretischer Wahrheit. Eine Norm erhebt Anspruch auf Gültigkeitauch unabhängig davon, ob sie verkündet und in dieser oder jener Weise in Anspruch genommen wird“.[49] Im Gegensatz dazu besteht ein Wahrheitsanspruch niemals unabhängig von der Behauptung, in der er formuliert wird.

Deontologisch [Bearbeiten]
Habermas unterscheidet mit Kant zwischen den Fragen desguten Lebensund Fragen des moralischen Handelns. Seine Diskursethik stellt ausschließlich die Sollgeltung moralischer Gebote und Handlungsnormen als das erklärungsbedürftige Phänomen in den Mittelpunkt und schließt damit Fragen nach dem, was es bedeutet, ein gelungenes Leben zu führen, aus dem allein Gerechtigkeitsfragen thematisierenden Bereich der Moral aus. Trotz dieser Trennung ist Habermas allerdings nicht bereit, die ethischen Folgen einer Handlung bei der Beurteilung ihres moralischen Gehaltes gänzlich außer Acht zu lassen. Der Kategorische Imperativ dient nach HabermasInterpretation der Überprüfung existierender moralischer Normen auf Gültigkeit; er ist als ein „Rechtfertigungsprinzip“ zu verstehen, da nur verallgemeinerungsfähige Maximen berechtigterweise als gültige moralische Normen anerkannt werden können.

Habermas führt dabei eine eigenwillige Unterscheidung zwischen den Adjektiven „ethischundmoralischein. Die ethischen Fragen bleibenin den thematisierten lebensgeschichtlichen Kontext eingebettet“ und erheben keinen Anspruch auf universelle Gültigkeit. Es sind vielmehr Fragen nach dem eigenen Lebensentwurf vor dem Hintergrund der jeweiligen kulturellen Gemeinschaft. Dagegen erfordern „moralisch-praktische Diskurse […] den Bruch mit allen Selbstverständlichkeiten der eingewöhnten konkreten Sittlichkeit wie auch die Distanzierung von jenen Lebenskontexten, mit denen die eigene Identität unauflöslich verbunden ist“:[50]

Wir machen von der praktischen Vernunft einen moralischen Gebrauch, wenn wir fragen, was gleichermaßen gut ist für jeden; einen ethischen Gebrauch, wenn wir fragen, was jeweils gut ist für mich oder für uns.[51]“

Habermas erklärt, dass man aufgrund dieser begrifflichen Differenzierung genau genommen nicht vonDiskursethik“, sondern von einer „Diskurstheorie der Moralsprechen müsste. Er hält aber aufgrund des eingebürgerten Sprachgebrauchs an dem BegriffDiskursethikfest.[52]

Formalistisch [Bearbeiten]
Das formalistische Moment bezieht sich auf eine Abgrenzung gegenüber materialen Wertethiken, die versuchen, bestimmte Werte als erstrebenswert auszuzeichnen, was zum Problem der Legitimation einer wertenden Rangfolge bestimmter Güter führt. Die Diskursethik umgeht dieses Problem, indem sie auch hier an Kants Bestimmung des Kategorischen Imperativs anknüpft. Im Zentrum der Diskursethik steht das formale Prinzip des Universalisierungsgrundsatzes „U“, gemäß dem eine strittige Norm unter den Teilnehmern eines praktischen Diskurses nur dann Zustimmung finden kann, „wenn die Folgen und Nebenwirkungen, die sich aus einer allgemeinen Befolgung der strittigen Norm für die Befriedigung der Interessen eines jeden Einzelnen voraussichtlich ergeben, von allen zwanglos akzeptiert werden können“.[53]

Sinn und Zweck dieses Prinzips ist die Möglichkeit einer unparteilichen Urteilsfindung im Fall moralischer Konflikte ohne direkte Bezugnahme auf inhaltliche Fragen. Die Diskursethik versucht damit ein Prinzip an die Hand zu geben, welches formal, das heißt unabhängig von inhaltlichen Vorgaben, die Möglichkeit eröffnet, darzustellen, welche Normen tatsächlich moralische Geltung beanspruchen können.

Universalistisch [Bearbeiten]
Habermas beschreibt schließlich die Diskursethik im Anschluss an Kant als eine universalistische Ethik, da die Geltung der von ihr über ein formales Prinzip ausgezeichneten Normen weder auf einen bestimmten Kulturkreis noch auf einen bestimmten Zeitraum beschränkt ist:

„Universalistisch nennen wir schließlich eine Ethik, die behauptet, daß dieses (oder ein ähnliches) Moralprinzip nicht nur die Intuition einer bestimmten Kultur oder einer bestimmten Epoche ausdrückt, sondern allgemein gilt.[54]“

Dabei steht der Versuch im Mittelpunkt, eine Begründungskonzeption der Sollgeltung moralischer Normen zu entwickeln, die aufzeigen kann, „dass unser Moralprinzip nicht nur die Vorurteile des erwachsenen, weißen, männlichen, bürgerlich erzogenen Mitteleuropäers von heute widerspiegelt“, sondern aufgrund ihrer überzeugenden Kraft auch auf Kulturen bezogen werden kann, deren moralische Vorstellungen nicht durch die Geschichte der Aufklärung beeinflusst wurden. Habermas bezeichnet dies als den „schwierigsten Teil der Ethik“.[55]

Faktizität und Geltung [Bearbeiten]
Nach dem Mauerfall von 1989 widmet sich Habermas verstärkt rechts- und staatsphilosophischen Themen. Im Jahre 1992 erscheint sein Werk Faktizität und Geltung (FuG), das nach seiner Theorie des kommunikativen Handelns (TdkH) als sein wichtigstes Werk gilt. Es stelltdie erste ausgearbeitete Rechtsphilosophie aus dem Umkreis der Kritischen Theorie der Frankfurter Schuledar.[56] Habermas entwickelt hierin seine eigene Konzeption – wie schon in seinen früheren Schriftenüber weite Strecken in Auseinandersetzung mit anderen Theorien.

Habermas' Interesse gilt in erster Linie der Rolle des Rechts in den modernen Gesellschaften. Recht ist für ihndas moderne gesatzte Recht, das mit dem Anspruch auf systematische Begründung sowie verbindliche Interpretation und Durchsetzung auftritt“ (Faktizität und Geltung (FuG), S. 106).[57] Das Recht hat die Funktion der „sozialen Integration“. Diese wird in der modernen Gesellschaft notwendig, da dortGeltung und Faktizität, also die bindende Kraft von rational motivierten Überzeugungen und der auferlegte Zwang äußerer Sanktionen […] inkompatibel auseinandergetreten sind“ (FuG, S. 43). Das Recht zeigt einen Ausweg zur Alternative zwischen Kommunikationsabbruch und strategischem Handeln auf. Es regelt die „strategischen Interaktionen, auf die sich die Aktoren selbst verständigen“ (FuG, S. 44).

Rechtliche Regelungen stelleneinerseits faktische Beschränkungen“ dar, denen der strategisch Handelnde sich fügen muss; „andererseits müssen sie zugleich eine sozialintegrative Kraft entfalten, indem sie den Adressaten Verpflichtungen auferlegen, was […] nur auf der Grundlage intersubjektiv anerkannter normativer Geltungsansprüche möglich ist“ (FuG, S. 44).

Habermas will das Recht in einer empirisch-normativen „Doppelperspektive“ betrachten, aus dersich das Rechtssystem gleichzeitig von innen in seinem normativen Gehalt rekonstruktiv ernstnehmen, wie von außen als Bestandteil der sozialen Realität beschreiben läßt“ (FuG, S. 62): „Ohne den Blick auf Recht als empirisches Handlungssystem bleiben die philosophischen Begriffe leer. Soweit sich aber die Rechtssoziologie auf einen objektivierenden Blick von außen versteift und gegenüber dem nur intern zugänglichen Sinn der symbolischen Dimension unempfindlich ist, gerät umgekehrt die soziologische Anschauung in Gefahr, blind zu bleiben“ (FuG, S. 90).

Habermas untersucht das Verhältnis von Recht und Moral. Rechtliche und moralische Regeln differenzieren sich gleichzeitig aus traditionaler Sittlichkeit aus undtreten als zwei verschiedene, aber einander ergänzende Sorten von Handlungsnormen nebeneinander“ (FuG, S. 135). Das Recht unterscheidet sich von der Moral dadurch, dass es sich nicht primär auf den freien Willen, sondern auf die individuelle Willkür richtet, auf das äußere Verhältnis von Personen bezieht und mit Zwangsbefugnissen ausgestattet ist (FuG, S. 143).

Habermas geht auf die platonische „Verdoppelung“ des Rechts als positives und natürliches Recht ein. Dem liege die Intuition zugrunde, dass das positive Recht das natürliche abbilden solle. Diese Intuition sei nicht in jeder Hinsicht falsch, „denn eine Rechtsordnung kann nur legitim sein, wenn sie moralischen Grundsätzen nicht widerspricht. Dem positiven Recht bleibt, über die Legitimitätskomponente der Rechtsgeltung, ein Bezug zur Moral eingeschrieben“ (FuG, S. 137). Doch dürfe dieser Moralbezug nicht dazu verleiten, die Moral dem Recht in einer Normenhierarchie überzuordnen. Rechtsfragen und Moralfragen beziehen sich zwar auf dieselben Probleme, aber auf verschiedene Weise: „Trotz des gemeinsamen Bezugspunktes unterscheiden sich Recht und Moral prima facie dadurch, daß die posttraditionale Moral nur eine Form kulturellen Wissens darstellt, während das Recht zugleich auf institutioneller Ebene Verbindlichkeit gewinnt“ (FuG, S. 137). „Deshalb dürfen wir Grundrechte, die in der positiven Gestalt von Verfassungsnormen auftreten, nicht als bloße Abbildungen moralischer Rechte verstehen, und die politische Autonomie nicht als bloßes Abbild der moralischen“ (FuG, S. 138). Der Vernunftrechtstradition indes bleibt Habermas im Wesentlichen treu.[58]

Gesetze können für Habermas nur dannlegitime Geltung in Anspruch nehmen“, wenn sie in einemihrerseits rechtlich verfassten diskursiven Rechtsetzungsprozeß die Zustimmung aller Rechtsgenossen finden können“ (FuG, S. 141).

Habermas formuliert im weiteren Verlauf vier Hauptprinzipien des Rechtsstaats:

1.dasPrinzip der Volkssouveränität“ (FuG, S. 209),
2.dasPrinzip der Gewährleistung eines umfassenden individuellen Rechtsschutzes“ (FuG, S. 212),
3.dasPrinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung“ (FuG, S. 213),
4.dasPrinzip der Trennung von Staat und Gesellschaft“, welches eine politische Kultur fordere, „die von Klassenstrukturen entkoppelt ist“ (FuG, S. 215).
Aktuelle Debatten [Bearbeiten]
Eugenik [Bearbeiten]
In dem Sammelband Die Zukunft der menschlichen Natur (ZmN) nimmt Habermas zu Fragen der Eugenik Stellung. Eine grundsätzliche Problematik beim Eingriff in das menschliche Erbgut stellt für ihn die Tatsache dar, dass die Person, die eine Entscheidung über die „‚natürliche Ausstattung‘ einer anderen Person trifft“,[59] ihr gegenüber die Macht besitzt, unwiderruflich bestimmte Eigenschaften ohne den Konsens des Betroffenen zu bestimmen. Dieser Konsens kann im Fall einernegativen Eugenik“, in der es um rein präventive Maßnahmen gegen zukünftige Krankheiten geht, vorausgesetzt werden (ZmN, S. 79).

Diepositive Eugenikjedoch, bei der das Kind mit bestimmten nützlichen und wünschenswerten Eigenschaften ausgestattet werden soll, bedroht nach Habermas die Autonomie des Subjekts. Wenn der Leib in der pränatalen Phase des Individuums von den Eltern manipuliert wird, bedeutet dies, dass über ihn verfügt wird. Das macht aber ein „Selbstseinkönnen“ des Individuums für Habermas unmöglich (ZmN, S. 100). Habermas unterscheidet in diesem Zusammenhang mit Bezug auf Hannah Arendt zwischen einem Natur- und einem Sozialisationsschicksal. Unser Selbstbewusstsein als menschliches Subjekt ist wesentlich daran geknüpft, dass wir auf ein „Naturschicksal“ aufsetzen können: denndas Selbstbewusstsein der Person erfordert einen Bezugspunkt jenseits der Traditionsstränge und Interaktionszussammenhänge eines Bildungsprozesses, in dem sich die personale Identität lebensgeschichtlich formiert“ (ZmN, S. 103).

Religion und Christentum [Bearbeiten]
Seit dem Ende der 1990er Jahre beschäftigt sich Habermas wieder mit religiösen Themen, v.a. mit dem Einfluss der jüdisch-christlichen Tradition auf das westliche Denken. Der „egalitäre Universalismus, aus dem die Ideen von Freiheit und solidarischem Zusammenleben, von autonomer Lebensführung und Emanzipation, von individueller Gewissensmoral, Menschenrechten und Demokratie entsprungen sind“, ist für Habermasunmittelbar ein Erbe der jüdischen Gerechtigkeits- und der christlichen Liebesethik“.[60]

Habermas räumt ein, dass sich im „nachmetaphysischen Denken“ moderner, säkularer Gesellschaften, „jeder generell verbindliche Begriff vom guten und exemplarischen Leben entzieht“. In denheiligen Schriften und religiösen Überlieferungen“ fänden sich dagegen über Jahrtausende wach gehaltene „Intuitionen von Verfehlung und Erlösung“. Sie stellten „hinreichend differenzierte Ausdrucksmöglichkeiten und Sensibilitäten für verfehltes Leben, für gesellschaftliche Pathologien, für das Misslingen individueller Lebensentwürfe und die Deformation entstellter Lebenszusammenhänge“ zur Verfügung.[61]

Es müsse die Aufgabe einer „nachmetaphysischen“ Philosophie sein, die kognitiven Gehalte der religiösen Überlieferungim Schmelztiegel begründender Diskurse aus ihrer ursprünglich dogmatischen Verkapselung freizusetzen“, um soeine inspirierende Kraft für die ganze Gesellschaft entfalten zu können“.[62]

Diese Haltung zur Religion ist von Hans Albert mehrfach scharf kritisiert worden. Habermas habe sich, so Albert, „nach einer langen Entwicklung, die mit einer hermeneutischen Umdeutung des Marxismus und mit einer Betonung des Anspruchs auf Aufklärung begann, nun dazu bereitgefunden, der Aufklärung buchstäblich in den Rücken zu fallen.“[63] Albert kritisierte Habermas' Haltung als einekorrupte Hermeneutik, also eine Konzeption, die die Suche nach Wahrheit dem Streben nach Konsens opfert“.[64]

Gehirnforschung und Willensfreiheit [Bearbeiten]
Ein weiteres aktuelles Thema von Habermas stellt die moderne Gehirnforschung und das Problem der Willensfreiheit dar. Habermas wendet sich gegen die unter anderem von Wolf Singer und Gerhard Roth vertretene These, „mentale Vorgängeseienallein aus beobachtbaren physiologischen Argumenten zu erklären“ (Freiheit und Determinismus. In: Habermas: Zwischen Naturalismus und Religion, FuDINuR, S. 155).[65]

HabermasAnliegen ist es, einerseitsder intuitiv unbestreitbaren Evidenz eines in allen unseren Handlungen performativ mitlaufenden Freiheitsbewusstseins“ gerecht zu werden, andererseits aber auchdas Bedürfnis nach einem kohärenten Bild des Universums, das den Menschen als Naturwesen einschließt“ zu befriedigen (FuDINuR, S. 156). Zu diesem Zweck unterscheidet er zwischen einer Beobachter- und Teilnehmerperspektive. Diese werden in verschiedenen „Sprachspielen“ vertreten, die nicht aufeinander reduziert werden können. Beide Perspektiven müssen gleichzeitig betrachten werden, um das Phänomen der Interaktion von Natur und Geist zu verstehen. Wir seien Beobachter und Kommunikationsteilnehmer in einer Person.

Habermas kritisiert u. a. das Design bestimmter neurophysiologischer Versuchanordnungen, denen ein eingeschränkter/einfacher Handlungsbegriff zugrunde liege und bei denen die Testpersonen durch die Versuchsanweisung schon im Vorhinein in einen Handlungsplan eingespannt seien, wodurch ein wesentlicher Freiheitsaspekt hintergangen würde (FuDINuR, S. 158f). Denn für Habermas sindHandlungen das Ergebnis einer komplexen Verkettung von Intentionen und Überlegungen, die Ziele und alternative Mittel im Lichte von Gelegenheiten, Ressourcen und Hindernissen abwägen.“ (FuDINuR, S. 158f). Freie Handlungen seien besonders durch denKontext von weiterreichenden Zielen und begründeten Alternativen“(FuDINuR, S. 159) gekennzeichnet. Er bringt es auf die griffige Formel: „Frei ist nur der überlegte Wille.“ (FuDINuR, S. 160).

Rezeption, Kritik und Wirkung [Bearbeiten]
Habermas gilt als einGrenzgänger“[66] zwischen Philosophie und Sozialwissenschaften. Seine Werke wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und lösten disziplinübergreifende Kontroversen in Philosophie, Wissenschaftstheorie, Soziologie und Politikwissenschaft aus. In Deutschland wurde Habermas, nachdem er bereits durch den Positivismusstreit und sein Werk Erkenntnis und Interesse allgemein bekannt geworden war, nach der Veröffentlichung der Theorie des kommunikativen Handelns zu einem der meistdiskutierten deutschen Philosophen der Gegenwart. Seit den 1980er Jahren erschien eine Reihe von Einführungen in sein Leben und Werk. Habermas publizierte zudem regelmäßig in zahlreichen deutschen Feuilletons wie dem der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der Süddeutschen Zeitung oder der Zeit.

Herbert Schnädelbach, der sich bei Adorno und Habermas habilitierte (1969/1970), kritisierte 1982 als einer der ersten Interpreten von Habermas' Hauptwerk Theorie des kommunikativen Handelns, dass normative Begründungen nie vollständig objektiviert werden könnten, weil sie immer auch an die erste Person von Forschern gekoppelt seien (ich/wir). Albrecht Wellmer (fünf Jahre Assistent bei Habermas in Frankfurt) und Ernst Tugendhat (fünf Jahre Forschung mit Habermas in Starnberg) relativierten die diskursethische Konstruktion einer idealen Sprechsituation als bloße Fiktion. Karl-Otto Apel und einige seiner Schüler kritisierten, dass Habermas auf dem historischen Charakter der Kommunikationsvoraussetzungen besteht und die Möglichkeit einer Letztbegründung der Ethik ablehnt, weil sich letztere aus den jeweiligen Voraussetzungen ergäbe. Wichtige Schüler Habermasin Deutschland sind Axel Honneth und Rainer Forst, die ebenfalls einige seiner Themen reflektierten und weiterentwickelten. Auch Ulrich Oevermann, Claus Offe und Klaus Eder studierten bei ihm und wurden seine Assistenten. Aus dem Ausland kamen unter anderem Johann Arnason, Zoran Đinđić, Hans-Hermann Hoppe,Thomas A. McCarthy und Jeremy J. Shapiro hinzu.

In den USA erfreut sich Habermas bereits seit Ende der 1970er Jahre einer besonderen Beliebtheit. Im Jahr 1978 erschien dort die erste bedeutende Abhandlung über Habermas von Thomas A. McCarthy (The Critical Theory of Jürgen Habermas). Seit Beginn der 1990er Jahre ist ein Anstieg an Veröffentlichungen zu beobachten, die sich mit unterschiedlichen Aspekten des Denkens von Habermas beschäftigen. Seine zahlreichen USA-Aufenthalte als Gastprofessor führten ihn mit den bedeutendsten Vertretern der amerikanischen Gegenwartsphilosophie zusammen, etwa Richard Rorty, Ronald Dworkin, Thomas Nagel, Donald Davidson, Noam Chomsky und Robert Brandom. Eine breite Aufmerksamkeit zog zudem seine Debatte mit John Rawls über dessen Konzept der Gesellschaftsbegründung (A Theory of Justice) auf sich. Mit Hilary Putnam entstand anlässlich des 70. Geburtstags von Habermas ein freundschaftlicher Dialog in mehreren wechselseitigen Aufsätzen über die Begründung von Werten und Normen im Rahmen einer pragmatischen Philosophie.[67]

In Italien wurde Habermas in den 1970 Jahren als Vertreter der Kritischen Theorie wahrgenommen und seit Beginn der 1980er verlagerte sich das Interesse auf seine Diskurstheorie der Moral. In Frankreich kam es in den 1980er und 1990er Jahren zu Kontroversen mit Vertretern der Postmoderne (Jean-François Lyotard und Jacques Derrida). Anschließend richtete sich das Interesse verstärkt auf Habermas als Rechts- und Staatsphilosoph. Auch in Lateinamerika gilt in den letzten Jahren das Hauptinteresse an Jürgen Habermas seiner Rechts- und Staatstheorie. Seine auf der Diskurstheorie basierenden Konzepte wurden dortzu einer Art drittem Weg zwischen den weit verbreiteten konservativen Positionen und den minderheitlichen, aber trotzdem stark präsenten Positionen linksrevolutionärer Bewegungen“.[68] Generell wird heute das spätere Werk Jürgen Habermas’ rezipiert, das er nach seiner Theorie des kommunikativen Handelns publizierte.

Auszeichnungen [Bearbeiten]
1999 wurde Habermas von der Theodor-Heuss-Stiftung der Theodor-Heuss-Preis für sein lebenslanges, prägendes Engagement in der öffentlichen Diskussion um die Entwicklung von Demokratie und dem gesellschaftlichen Bewusstsein, verliehen. 2001 wurde Habermas mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet, 2003 wurde ihm der Prinz-von-Asturien-Preis verliehen, und 2004 erhielt er für sein Lebenswerk den mit 364.000 Euro dotierten Kyoto-Preis der Inamori-Stiftung des japanischen Kyocera-Konzerns, eine Ehrung für Kultur und Wissenschaft mit internationaler Bedeutung. Habermas ist ferner als zweiter Preisträger mit dem Holberg-Preis der norwegischen Holberg-Stiftung ausgezeichnet worden; die Verleihung fand am 30. November 2005 in Bergen (Norwegen) statt; die mit 570.000 Euro dotierte Auszeichnung wurde ihm für seine „grundlegenden Theorien über Diskurs und kommunikative Aktion“, verliehen. Der Holberg-Gedenkpreis wird seit 2004 für herausragende Arbeiten im Bereich der Geistes-, Sozial- und Rechtswissenschaften vergeben. 2006 wurde ihm der Bruno-Kreisky-Preis für sein „literarisches und publizistisches Gesamtwerkverliehen und im November desselben Jahres der Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen.

Übersicht

1980: Theodor-W.-Adorno-Preis
1985: Geschwister-Scholl-Preis für Die neue Unübersichtlichkeit
1986: Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis
1987: Sonning-Preis der Universität Kopenhagen
1995: Karl-Jaspers-Preis
1999: Hessischer Kulturpreis, Theodor-Heuss-Preis
2001: Friedenspreis des Deutschen Buchhandels
2003: Preis Von Asturien Sozialwissenschaften[69]
2004: Kyoto-Preis (50 Mill. Yen, zur Dankesrede siehe Weblinks)
2005: Holberg-Preis (520.000 Euro)[70]
2006: Bruno-Kreisky-Preis für das politische Buch (zur Dankesrede siehe Weblinks)
2006: Staatspreis des Landes Nordrhein-WestfalenMinisterpräsident Jürgen Rüttgers begründete die Auszeichnung für Habermas am 7. November 2006 auf dem Petersberg bei Bonn damit, dass der Philosophein großer Denker europäischer Kultursei undin der Tradition unseres Abendlandes und der Aufklärungstehe.
2008: Europapreis für politische Kultur der Hans Ringier Stiftung (50.000 Euro).[71]
Schriften [Bearbeiten]
Das Absolute und die Geschichte. Von der Zwiespältigkeit in Schellings Denken (Dissertation), Bonn 1954. ASIN B0000BIXRS.
Student und Politik. Eine soziologische Untersuchung zum politischen Bewußtsein Frankfurter Studenten (zus. mit L. v. Friedeburg, Ch. Oehler und F. Weltz), Luchterhand, Neuwied 1961. ASIN B0000BODJX.
Strukturwandel der Öffentlichkeit. Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft (Habilitationsschrift). Luchterhand, Neuwied 1962 (Neuauflage: Suhrkamp, Frankfurt am Main 1990), ISBN 3-518-28491-6.
Theorie und Praxis. Sozialphilosophische Studien, Neuwied 1963. ISBN 978-3-518-27843-7. (Neuauflage: Suhrkamp Taschenbuch 9, Frankfurt am Main 1971. ISBN 3-518-06509-2)
Erkenntnis und Interesse. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1968. (Mit einem neuen Nachwort, 1994) ISBN 3-518-06731-1.
Technik und Wissenschaft alsIdeologie“, Frankfurt am Main 1968, ISBN 3-518-10287-7.
Protestbewegung und Hochschulreform, Frankfurt am Main 1969. Broschiert in 2008: ISBN 978-3-518-41984-7.
Zur Logik der Sozialwissenschaften, [zuerst Beiheft 5 der Philosophischen Rundschau, Tübingen 1967] Frankfurt am Main 1970 (5., erw. Aufl. 1982), ISBN 3-518-28117-8.
Theorie der Gesellschaft oder Sozialtechnologie. Was leistet die Systemforschung? (zus. mit Niklas Luhmann), Frankfurt a.M. 1971. ISBN 978-3-518-06358-3.
Philosophisch-politische Profile, Frankfurt a.M. 1971 (erw. 1991). ISBN 978-3-518-28259-5.
Kultur und Kritik. Verstreute Aufsätze, Frankfurt a.M. 1973. ISBN 978-3-518-36625-7.
Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus, Frankfurt a.M. 1973, ISBN 3-518-10623-6.
Zur Rekonstruktion des Historischen Materialismus, Frankfurt a.M. 1976, ISBN 3-518-27754-5.
Politik, Kunst, Religion. Essays über zeitgenössische Philosophen. Stuttgart 1978, ISBN 3-15-009902-1.
Theorie des kommunikativen Handelns (Bd. 1: Handlungsrationalität und gesellschaftliche Rationalisierung; Bd. 2: Zur Kritik der funktionalistischen Vernunft), Frankfurt a.M. 1981, ISBN 3-518-28775-3.
Kleine politische Schriften IIV, Frankfurt a.M. 1981. ISBN 978-3-518-56560-5. 2001: ISBN 978-3-518-06561-7.
Moralbewußtsein und kommunikatives Handeln, Frankfurt a.M. 1983, ISBN 3-518-28022-8.
Die neue Unübersichtlichkeit. Kleine Politische Schriften V, Frankfurt a.M. 1985, ISBN 3-518-11321-6.
Vorstudien und Ergänzungen zur Theorie des kommunikativen Handelns, Frankfurt a.M. 1984. ISBN 978-3-518-28776-7.
Eine Art Schadensabwicklung. Kleine Politische Schriften VI, Frankfurt/a.M. 1987. ISBN 978-3-518-11453-7.
Nachmetaphysisches Denken. Philosophische Aufsätze, Frankfurt/a.M. 1988. ISBN 978-3-518-28604-3.
Der philosophische Diskurs der Moderne, Frankfurt a.M. 1985, ISBN 3-518-57722-0.
Die nachholende Revolution. Kleine politische Schriften VII, Frankfurt a.M. 1990. ISBN 978-3-518-11633-3.
Die ModerneEin unvollendetes Projekt. Philosophisch-politische Aufsätze, Leipzig 1990. ISBN 978-3-379-00658-3.
Erläuterungen zur Diskursethik, Frankfurt a.M. 1991. ISBN 978-3-518-28575-6.
Texte und Kontexte, Frankfurt a.M. 1991. ISBN 978-3-518-28544-2.
Vergangenheit als Zukunft? Das alte Deutschland im neuen Europa? Ein Gespräch mit Michael Haller, Zürich 1991. ISBN 978-3-85842-251-4.
Faktizität und Geltung. Beiträge zur Diskurstheorie des Rechts und des demokratischen Rechtsstaates, Frankfurt a.M. 1992, ISBN 3-518-28961-6.
Die Normalität einer Berliner Republik. Kleine Politische Schriften VIII,Frankfurt a.M. 1995. ISBN 978-3-518-11967-9.
Die Einbeziehung des Anderen. Studien zur politischen Theorie, Frankfurt a.M. 1996, ISBN 3-518-29044-4.
Vom sinnlichen Eindruck zum symbolischen Ausdruck. Philosophische Essays, Frankfurt a.M. 1997, ISBN 3-518-22233-3.
Die postnationale Konstellation. Politische Essays, Frankfurt a.M. 1998. ISBN 978-3-518-12095-8.
Wahrheit und Rechtfertigung. Philosophische Aufsätze, Frankfurt a.M. 1999. ISBN 978-3-518-29323-2.
Zeit der Übergänge. Kleine Politische Schriften IX, Frankfurt a.M. 2001. ISBN 978-3-518-12262-4.
Die Zukunft der menschlichen Natur. Auf dem Weg zu einer liberalen Eugenik? , Frankfurt/a.M. 2001. ISBN 978-3-518-29344-7.
Kommunikatives Handeln und detranszendentalisierte Vernunft, Reclam Verlag, Stuttgart 2001, ISBN 3-15-018164-X.
Der gespaltene Westen. Kleine politische Schriften X, Frankfurt a.M., 2004, ISBN 3-518-12383-1.
Zwischen Naturalismus und Religion. Philosophische Aufsätze, Frankfurt a.M. 2005, ISBN 3-518-58447-2.
Ach, Europa. Kleine politische Schriften XI. Frankfurt am Main 2008, ISBN 3-518-12551-6
Philosophische Texte, 5 Bände, Studienausgabe, Suhrkamp, Frankfurt/M. 2009. Inhaltsverzeichnis
Literatur [Bearbeiten]
Einführungen [Bearbeiten]
Hauke Brunkhorst: Habermas. Reclam, Leipzig/Stuttgart 2006, ISBN 978-3-379-20309-8.
Hauke Brunkhorst / Regina Kreide / Christina Lafont (Hrsg.): Habermas-Handbuch. LebenWerkWirkung. J. B. Metzler Verlag, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-476-02239-4.
Andrew Edgar: The philosophy of Habermas. Acumen, Chesham 2005, ISBN 1-902683-94-3.
Andrew Edgar: Habermas. The Key Concepts. Routledge, London/New York 2006, ISBN 0-415-30379-6.
Jens Greve: Jürgen Habermas. Eine Einführung. UTB 2009, ISBN 978-3-8252-3227-6.
Martin Iser / David Strecker: Jürgen Habermas zur Einführung. Junius, Hamburg 2010, ISBN 978-3-88506-668-2.
Axel Honneth: Jürgen Habermas. In: Klassiker der Soziologie, Bd. II: Von Talcott Parsons bis Anthony Giddens. Hrsg. von Dirk Kaesler, 5. Aufl. C. H. Beck, München 2007, S. 265–288, ISBN 978-3-406-42089-4.
Detlef Horster: Jürgen Habermas zur Einführung. Junius, Hamburg 2006 (3. Aufl.), ISBN 3-88506-349-2.
Stefan Müller-Doohm: Jürgen Habermas. Suhrkamp Basisbiographie, 2008, ISBN 978-3-518-18238-3.
Alessandro Pinzani: Jürgen Habermas. Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-54764-5.
Walter Reese-Schäfer: Jürgen Habermas. Campus-Einführungen. Campus, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-593-36833-1.
Rolf Wiggershaus: Jürgen Habermas. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2004, ISBN 3-499-50644-0.
Weiterführendes [Bearbeiten]
Pieter Duvenage: Habermas and Aesthetics. The Limits of Communicative Reason. Polity Press, Cambridge 2003, ISBN 0-7456-1597-X.
Franz Maciejewski (Hrsg.): Theorie der Gesellschaft oder Sozialtechnologie. Beiträge zur Habermas-Luhmann-Diskussion. Theorie-Diskussion Supplement, Bd. 1, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1973, ISBN 3-518-06101-1.
Thomas A. McCarthy: Kritik der Verständigungsverhältnisse. Zur Theorie von Jürgen Habermas. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1989, ISBN 3-518-28382-0.
Matthias Restorff: Die politische Theorie von Jürgen Habermas. Tectum, Marburg 1997, ISBN 978-3-89608-768-3.
Michael Funken (Hrsg.): Über Habermas. Gespräche mit Zeitgenossen. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2008, ISBN 978-3-534-20791-6.
Markus Knapp: Glauben und Wissen bei Jürgen Habermas. Religion in einer „postsäkularen“ Gesellschaft. In: Stimmen der Zeit 226 (2008) 270-280.
Kritische Beiträge (Auswahl) [Bearbeiten]
Hans Albert: Kritische Vernunft und menschliche Praxis. Stuttgart 1977, ISBN 3-15-009874-2.
Heide Berndt: Geschichte und Eigensinn. Was heißt kritische Theorie der Gesellschaft heute? Keine Laudatio auf den kritischen Theoretiker Jürgen Habermas. In: Studien von Zeitfragen 34, 2000; zuerst in: die tageszeitung, 5. August 1989, S. 13f.
Gerhard Bolte (Hrsg.): Unkritische Theorie. Gegen Habermas. Zu Klampen, Lüneburg 1989, ISBN 3-924245-11-8.
Paolo Flores d’Arcais: Elf Thesen zu Habermas. Die Weltreligionen sind mächtig genug. Deshalb ist es ein Fehler, wenn Philosophen sie als Sinn-Ressource der Demokratie feiern. In: Die Zeit, Nr. 48, 22. November 2007.
Gotthard Günther: Kritische Bemerkungen zur gegenwärtigen Wissenschaftstheorie. Aus Anlaß von Jürgen Habermas: Zur Logik der Sozialwissenschaften. In: Soziale Welt 19, 1968, S. 328–341 (PDF).
Dieter Henrich: Was ist Metaphysik, was Moderne? Thesen gegen Habermas. In: Merkur 40 (1986) Heft 448, S. 495–508.
Reinhart Maurer: Jürgen Habermas' Aufhebung der Philosophie. Philosophische Rundschau, Beiheft 8. J.C.B. Mohr, Tübingen 1977. ISBN 3-16-839631-1.
Herbert Schnädelbach: „Transformation der kritischen Theorie. Zu Jürgen Habermas' Theorie des kommunikativen Handelns“. In: Philosophische Rundschau 1982, wiederabgedruckt in ders.: Vernunft und Geschichte. Vorträge und Abhandlungen. Frankfurt am Main 1987. ISBN 3-518-28283-2.
Uwe Steinhoff: Kritik der kommunikativen Rationalität. Eine Darstellung und Kritik der kommunikationstheoretischen Philosophie von Jürgen Habermas und Karl-Otto Apel. Mentis, Paderborn 2006, ISBN 3-89785-473-2.
Sibylle Tönnies: Des Kaisers neue Kleiderkeine Hommage. Zum 80. Geburtstag von Jürgen Habermas. Deutschlandfunk, 7. Juni 2009, gedruckt in: Tönnies-Forum, 18. Jg. 2009, Heft 2, S. 26 ff.
Weblinks [Bearbeiten]
Wikiquote: Jürgen HabermasZitate
Commons: Jürgen HabermasSammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Literatur von und über Jürgen Habermas im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Habermas: Werk und Wirkung – Umfangreiche Bibliografie von René Görtzen (Primär- und Sekundärliteratur; PDF; 72 kB)
Literatur zum ThemaHabermas und die Religion
Habermas Forum mit aktualisierter Bibliografie, Sekundärliteratur und Linksammlung (englisch)
Linksammlung mit englischen, teilweise aber auch deutschen Texten (zuletzt aktualisiert im Dezember 2004)
Eintrag in der Stanford Encyclopedia of Philosophy (englisch, inklusive Literaturangaben)Vorlage:SEP/Wartung/Parameter 1 und weder Parameter 2 noch Parameter 3; siehe auch den Abschnitt The Structural Transformation of Democracy: Habermas on Politics and Discursive Rationality im Eintrag Critical Theory
Videos [Bearbeiten]
Interview mit Habermas (YouTube; engl., 4:56 min).
The Kantian Project of Cosmopolitan Law, Vortrag an der Purdue University (YouTube; 9:55 min).
Von den Weltbildern zur Lebenswelt XXI. Deutscher Kongress für Philosophie 2008.
EinklappenHerausgeberkreis der Blätter für deutsche und internationale Politik
Norman Birnbaum | Micha Brumlik | Dan Diner | Jürgen Habermas | Detlef Hensche | Rudolf Hickel | Walter Jens | Reinhard Kühnl | Claus Leggewie | Ingeborg Maus | Klaus Naumann | Jens Reich | Rainer Rilling | Irene Runge | Karen Schönwälder | Friedrich Schorlemmer | Gerhard Stuby | Rosemarie Will

Einzelnachweise [Bearbeiten]
1.↑ Laut Michael Funken ist erder meistzitierte deutsche Philosoph der Gegenwart, und zwar mit Abstandund Ralf Dahrendorf sieht in ihm den bedeutendsten Intellektuellen meiner Generation. In: Michael Funken (Hrsg.): Über Habermas. Gespräche mit Zeitgenossen, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2008, S. 7 und 124.
2.↑ Habermas: Die neue Unübersichtlichkeit, S. 202.
3.↑ Habermas: Vorstudien und Ergänzungen zur Theorie des kommunikativen Handelns, S. 505 f.
4.↑ Stefan Müller-Doohm: Jürgen Habermas, Suhrkamp, Frankfurt am Main 2008, S. 130.
5.↑ Habermas: Zwischen Naturalismus und Religion, S. 17 ff.
6.↑ Joachim Fest: Ich nicht. Hamburg 2006.
7.↑ Andreas Zielcke: NS-Vorwürfe gegen Habermas – Verleumdung wider besseres Wissen. In: Süddeutsche Zeitung, 27. Oktober 2006.
8.↑ Habermas: Das Absolute und die Geschichte, S. 86.
9.↑ Stefan Müller-Doohm: Jürgen Habermas, Suhrkamp BasisBiographie, Frankfurt am Main 2008, S. 31ff.
10.↑ Klaus Mlynek, in: Stadtlexikon Hannover, Hannover 2009, S. 611f.
11.↑ Jürgen Habermas: Protestbewegung und Hochschulreform, Frankfurt am Main 1969, S. 188 ff.
12.↑ Briefe an Fried und Grossner; zitiert nach Gerhard Bauß: Die Studentenbewegung der sechziger Jahre, Pahl-Rugenstein, Köln 1977, ISBN 3-7609-0320-7, S. 64.
13.↑ Jürgen Habermas: Die apologetischen Tendenzen in der deutschen Zeitgeschichtsschreibung, in: Die Zeit Nr. 29, 11. Juli 1986.
14.↑ Habermas: Vergangenheit als Zukunft?, S. 56 f.
15.↑ Jürgen Habermas: Bestialität und Humanität. Ein Krieg an der Grenze zwischen Recht und Moral. In: Die Zeit, Nr. 18, 1999. Zwar fordert Habermas: „Wenn es gar nicht anders geht, müssen demokratische Nachbarn zur völkerrechtlich legitimierten Nothilfe eilen dürfen.“ Er fährt jedoch gegen die im Kosovokrieg angewandten Praktiken fort: „Gerade dann erfordert aber die Unfertigkeit des weltbürgerlichen Zustandes eine besondere Sensibilität.“ Und abschließend stellt er mit Blick auf den nicht von der UNO legitimierten Angriff der NATO fest: „Die Selbstermächtigung der Nato darf nicht zum Regelfall werden.“
16.↑ Paul Badde: Jürgen Habermas antwortet dem Papst, ohne ihn zu erwähnen. In: Die Welt, 15. September 2007.
17.↑ Habermas: Das Absolute und die Geschichte, S. 9.
18.↑ Habermas: Arbeit, Erkenntnis, Fortschritt, S. 80.
19.↑ Habermas: Theorie und Praxis, S. 400.
20.↑ Habermas: Kultur und Kritik, KuK, S. 107.
21.↑ Habermas: KuK, S. 108.
22.↑ Habermas: Strukturwandel der Öffentlichkeit, Frankfurt am Main. 1990. S. 90.
23.↑ Allerdings nur mit geringfügigen Rückbezügen von Habermas auf Tönnies’ umfangreichste Studie Kritik der öffentlichen Meinung von 19222002, in: TG 22, Walter de Gruyter, Berlin/New York] (vgl. Habermas 1962, VI. Abschnitt, Eingangsfußnote 39).
24.↑ Habermas: Strukturwandel der Öffentlichkeit, S. 292.
25.↑ Habermas: Strukturwandel der Öffentlichkeit, S. 339–342.
26.↑ Habermas: Zur Logik der Sozialwissenschaften, S. 48. – Habermaseigene logischen Anstrengungen in dieser Studie wurden allerdings von Gotthard Günther (in: Kritische Bemerkungen zur gegenwärtigen Wissenschaftstheorie – Aus Anlass von Jürgen Habermas: Zur Logik der Sozialwissenschaften, in: „Soziale Welt“, Jg. 19, 1968, S. 328–341) scharf kritisiert. (online, PDF, 69 kB)
27.↑ sich wiederholende
28.↑ Habermas: Zur Logik der Sozialwissenschaften, S. 26.
29.↑ Helmut Dubiel: Kritische Theorie der Gesellschaft. Weinheim und München 1988, S. 95.
30.↑ Vgl. Albrecht Wellmer: Communications and emancipation. Reflections on the linguistic turn in critical theory. In: John O’Neill (Hrsg.): On Critical Theory. Seabury Press, New York 1976, ISBN 0-8164-9297-2, S. 230–265.
31.↑ Vgl. dieChristian Gauss Lectures“ von 1971, in: Vorstudien und Ergänzungen zur Theorie des kommunikativen Handelns, S. 11–126.
32.↑ Habermas: Vorstudien und Ergänzungen zur Theorie des kommunikativen Handelns, S. 13.
33.↑ Habermas: Vorstudien und Ergänzungen zur Theorie des kommunikativen Handelns, S. 17.
34.↑ Zum folgenden vgl. auch Habermas: Was heißt Universalpragmatik? In: Karl-Otto Apel (Hrsg.): Sprachpragmatik und Philosophie. Frankfurt am Main 1976, S. 174–272, und Habermas: Vorbereitende Bemerkungen zu einer Theorie der kommunikativen Kompetenz. In: Habermas/Luhmann: Theorie der Gesellschaft oder Sozialtechnologie, S. 101–141.
35.↑ Jürgen Habermas: Wahrheitstheorien. In: Helmut Fahrenbach (Hrsg.): Wirklichkeit und Reflexion. Walter Schulz zum 60. Geburtstag. Neske, Pfullingen 1973, ISBN 3-7885-0037-9, S. 211–265, hier S. 258.
36.↑ Jürgen Habermas: Wahrheitstheorien. In: Helmut Fahrenbach (Hrsg.): Wirklichkeit und Reflexion. Walter Schulz zum 60. Geburtstag. Neske, Pfullingen 1973, ISBN 3-7885-0037-9, S. 211–265.
37.↑ Habermas: Wahrheitstheorien, S. 212.
38.↑ Habermas: Wahrheitstheorien, S. 218.
39.↑ Habermas: Theorie des kommunikativen Handelns (TdkH), Bd. I, S. 9.
40.↑ Walther Müller-Jentsch: Habermas schludrig rezipiert. Einführung und Lehrbuch verbreiten Missverständliches über seine Handlungstheorie, in: Soziologie (Forum der Deutschen Gesellschaft für Soziologie), 33. Jg/ 2004, Heft 3, S. 3946.
41.↑ Habermas: Vorstudien und Ergänzungen zur Theorie des kommunikativen Handelns, 1984, S. 575f.
42.↑ Habermas: Die neue Unübersichtlichkeit, S. 189.
43.↑ Habermas: Kleine politische Schriften, S. 444 ff.
44.↑ Habermas: Der philosophische Diskurs der Moderne (DphDdM)
45.↑ Vgl. Habermas: Wege der Detranszendentalisierung. Von Kant zu Hegel und zurück. In: Habermas: Wahrheit und Rechtfertigung. Philosophische Aufsätze. Erweiterte Ausgabe. Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-518-29323-0, S. 186–229 (zuerst 1999).
46.↑ Habermas: Treffen Hegels Einwände gegen Kant auch auf die Diskursethik zu? In: Habermas: Erläuterungen zur Diskursethik, S. 930, hier S. 11.
47.↑ Vgl. Habermas: Treffen Hegels Einwände gegen Kant auch auf die Diskursethik zu?, S. 11.
48.↑ Habermas: Richtigkeit versus Wahrheit. In: Wahrheit und Rechtfertigung. Philosophische Aufsätze. Frankfurt am Main 1999, S. 294.
49.↑ Habermas: DiskursethikNotizen zu einem Begründungsprogramm. In: Habermas: Moralbewusstsein und kommunikatives Handeln. Frankfurt am Main 1983, S. 53–125, hier S. 70.
50.↑ Habermas: Vom pragmatischen, ethischen und moralischen Gebrauch der praktischen Vernunft. In: Habermas: Erläuterungen zur Diskursethik, S. 100–118, hier S. 113.
51.↑ Habermas: Transzendenz von innen, Transzendenz ins Diesseits. In: Habermas: Texte und Kontexte. Frankfurt am Main 1991, S. 127–156, hier S. 149.
52.↑ Vgl. Habermas: Vorwort. In: Erläuterungen zur Diskursethik, S. 7.
53.↑ Habermas: DiskursethikNotizen zu einem Begründungsprogramm, S. 103.
54.↑ Habermas: Eine genealogische Betrachtung zum kognitiven Gehalt der Moral. In: Habermas: Die Einbeziehung des Anderen. Studien zur politischen Theorie. Frankfurt am Main 1999, S. 12.
55.↑ Habermas: Eine genealogische Betrachtung zum kognitiven Gehalt der Moral, S. 12.
56.↑ Ralf Dreier: Diskurstheorie und Rechtsphilosophie. Bemerkungen zu Jürgen Habermas’ „Faktizität und Geltung“. In: Zeitschrift für philosophische Forschung 48, 1994, Nr. 1, S. 90.
57.↑ Habermas: Faktizität und Geltung (FuG)
58.↑ Vgl. etwa Thomas Kupka: Jürgen Habermas’ diskurstheoretische Reformulierung des klassischen Vernunftrechts. In: Kritische Justiz 27, 1994, S. 461 ff.
59.↑ Habermas: Die Zukunft der menschlichen Natur (ZmN), S. 30.
60.↑ Habermas: Zeit der Übergänge, S. 175.
61.↑ Habermas: Zwischen Naturalismus und Religion, Frankfurt/Main 2005, S. 115.
62.↑ Habermas: Zwischen Naturalismus und Religion, Frankfurt/Main 2005, S. 149.
63.↑ Hans Albert, Joseph Ratzingers Rettung des Christentums – Beschränkungen des Vernunftgebrauchs im Dienste des Glaubens, S.104
64.↑ Hans Albert: Der religiöse Glaube und die Religionskritik der Aufklärung. Beschränkungen des Vernunftgebrauchs im Lichte kritischer Philosophie. In: Journal for General Philosophy of Science (2006) 37, S. 355–371., hier S.369. (online verfügbar bei nsdl.org)
65.↑ Habermas: Freiheit und Determinismus. In: Habermas: Zwischen Naturalismus und Religion, FuDINuR, Frankfurt/Main 2005
66.↑ Otfried Höffe: Kategorische Rechtsprinzipien. Frankfurt am Main 1990, S. 358.
67.↑ Vgl. Jürgen Habermas: Werte und Normen. Ein Kommentar zu Hilary Putnams kantischem Pragmatismus. In: Deutsche Zeitschrift für Philosophie 48, 2000, Nr. 4, S. 547–564; auch enthalten in: Habermas: Wahrheit und Rechtfertigung. Philosophische Aufsätze. Erweiterte Ausgabe. Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-518-29323-0, S. 271–298.
68.↑ Alessandro Pinzani: Jürgen Habermas, S. 200.
69.↑ fundacionprincipedeasturias.org.
70.↑ Holberg International Memorial Prize
71.↑ «Europapreis für politische Kultur» geht an Jürgen Habermas. Auf: presseportal.de, 10. August 2008.
Normdaten: PND: 118544209 (PICA) | LCCN: n78093535 | VIAF: 108179854 | WP-Personeninfo
Personendaten
NAME Habermas, Jürgen
KURZBESCHREIBUNG deutscher Soziologe und Philosoph
GEBURTSDATUM 18. Juni 1929
GEBURTSORT Düsseldorf
Vonhttp://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%BCrgen_Habermas“
Kategorien: Jürgen Habermas | Philosoph (20. Jahrhundert) | Philosoph (21. Jahrhundert) | Moralphilosoph | Politischer Philosoph | Soziologe (20. Jahrhundert) | Kyoto-Preisträger | Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels | Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung | Wissenschaftliches Mitglied der Max-Planck-Gesellschaft | Mitglied der Academia Europaea | Mitglied der British Academy | Mitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften | Mitglied der Serbischen Akademie der Wissenschaften und Künste | Leibnizpreisträger | Träger der Wilhelm-Leuschner-Medaille | Träger des Geschwister-Scholl-Preises | Hochschullehrer (Frankfurt am Main) | Vertreter der Kritischen Theorie | Autor | Wissenschaftliche Prosa | Politische Literatur | Essay | Vertreter der Diskurstheorie | Person (Düsseldorf) | Person (Oberbergischer Kreis) | Deutscher | Geboren 1929 | Mann | Holberg-Preisträger


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