Anzahl Assoziationen zu diesem Stichwort (einige Beispiele folgen unten) 196, davon 174 (88,78%) mit einer Bewertung über dem eingestellten Schwellwert (-3) und 78 positiv bewertete (39,80%)
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Der erste Text am 23.10. 1999 um 20:58:25 Uhr schrieb
Liamara über Mittelalter
Der neuste Text am 30.7. 2022 um 14:23:58 Uhr schrieb
MaraLarina über Mittelalter
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am 1.5. 2003 um 22:24:55 Uhr schrieb
Charch über Mittelalter

am 5.7. 2003 um 23:12:14 Uhr schrieb
Huntz über Mittelalter

am 25.1. 2006 um 00:35:33 Uhr schrieb
Bettina Beispiel über Mittelalter

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Assoziationen zu »Mittelalter«

Charch schrieb am 31.8. 2000 um 19:34:16 Uhr zu

Mittelalter

Bewertung: 9 Punkt(e)

Das Pferd im Mittelalter



Die Pferde im Hochmittelalter sind vergleichbar mit leichten oder mittelschweren Jagdpferden. Sie hatten ein Stockmaß bis ca. 1,50m, waren also verhältnismäßig klein. Man unterscheidet zwischen dem gewöhnlichen Reitpferd, dem Palafridus und dem Dexstrarius, das als Streitross bei Kampfhandlungen geritten wurde. Der Dexstrarius war so agressiv, daß er beißend und tretend in die Schlachtreihe einbrach, er hatte jedoch den Nachteil, daß er schnell ermüdete.
In der Schlacht wurden Hengste geritten. Diese wurden auf Menschenmassen, Fahnen, Lärm und Anrempelungen geschult.
Für Sendboten standen schnelle Pferde (curriles equi) zu Verfügung.
Der Zelter, der im Paß gehen konnte, wurde besonders von den adligen Frauen geschätzt.
Die Pferde des Ritters: l Palafridus als Reitpferd
l Dexstrarius als Streitross bei Kampfhandlungen
l Ein Packpferd (roncinus) oder Maultier und
l ein bis zwei berittene Knappen.



Die Pferdeausrüstung
Das Zaumzeug wurde aus Leder hergestellt. Hebelstangentrensen (Kandaren) waren gebräuchlich.
Der Krippensattel ist aus Holz mit Leder überzogen. Der hintere Sattelbogen ist nach vorne gebogen und umschließt die Hüfte des Reiters um den Ritter einen festen Sitz zu geben. Der vordere Sattelbogen ist kleiner als der Hintere. Er kann gerade oder nach hinten gebogen sein.
Besonders wichtig war der Brustriemen, der verhinderte, das der Sattel beim Aufprall nach hinten rutschte.
Steigbügel hatten einen geraden oder halbrunden Steg. Der Bügel ist rund oder leicht geschweift.
Die Pferdedecke (Kuvertüre) ist zweiteilig und wird am dazwischen liegenden Sattel befestigt. Sie reicht bis zu den Fesselgelenken und ist heraldisch geschmückt.
Die Pferdepanzerung (isine kovertiure) ist seit 1187 bezeugt.







Die Geschichte der Reitkunst - (Mittelalter).
HISTORIE - Die Schlachtrosse der Könige.
Ein Lichtstrahl im »dunklen Zeitalter«.
Höfische Kultur - Joachim Bumke
Josef Fleckenstein - Der Ritter in der Stauferzeit




Charch schrieb am 18.10. 2000 um 06:15:54 Uhr zu

Mittelalter

Bewertung: 11 Punkt(e)

Tischsitten

Im 12. Jh. hat sich zuerst in Frankreich, an großen weltlichen Höfen, ein neuer Gesellschaftsstil herausgebildet, der durch eine bis dahin unbekannte materielle Aufwendung und durch eine Verfeinerung der Umgangsformen gekennzeichnet war. Als neue Sitte kam das paarweise Speisen und das Trinken aus einem Becher auf. Der Reichtum der Tafel zeichnete sich auch durch kostbares Tafelgeschirr aus.

Für die Organisation eines höfischen Festes waren die klassischen Hofämter, Truchseß, Kämmerer und Schenk zuständig.

Das festliche Mahl am Hof unterlag einem reich ausgestaltetem Zeremoniell, das eine große Dienerschaft erforderte.



Der Truchseß überwachte mit seinem Stab die Einhaltung des Hofprotokolls und war für die Sitzordnung zuständig. Bei vielen hochgestellten Gästen erforderte diese Aufgabe viel diplomatisches Geschick.



Vor dem Festmahl erfolgte eine Handwaschung, bei der Aquamanilen, Schalen und Handtücher benötigt wurden.



Schenken brachten die Weinkannen während die Truchsessen in langer Reihe das Essen heran trugen. Vorschneider und Speisemeister zerlegten das Essen in mundgerechte Stücke.



Zur höfischen Mahl gehörte Musik und getanzt wurde zu Harfenmusik.

Neue Gänge wurden mit Trompeten und Trommeln angekündigt.



Es wurde mit den Fingern gegessen. Die Gabel war zwar bekannt, wurde aber nur zum Vorlegen benutzt. Messer und Löffel dienten zum Tranchieren und zum Austeilen.



Als Teller diente eine Scheibe Brot. Oft wurde gemeinsam aus einer Schüssel gegessen und der Becher mit dem Nachbarn geteilt.



























Tischzuchten:







nicht das Brot bevor der erste Gang auf den Tisch kommt sonst wirst du für unbeherrscht gehalten. Breche das Brot!



Stecke nicht ein zu großes Stück in den Mund das die Krumen links und rechts aus dem Mund fallen.



Schlucke das was du im Mund hast nicht herunter bevor es gut gekaut ist damit du dich nicht verschluckst.



Trinke erst wenn dein Mund leer ist sonst hält man dich für einen Säufer.



Sprich nicht solange du etwas im Mund hast.



Ihr sollt nicht zu eng an die Dame heranrücken und sollt alles Derbe und Unziemliche in ihrer Gegenwart unterlassen.



Trinkt nicht zu viel und klagt nicht über das Essen.



Macht beim Speisen keinen Lärm.



Legt die abgegessenen Knochen nicht wieder in die Schale zurück.



Kratzt euch nicht mit der bloßen Hand an der Kehle und schneuzt nicht in die Hand.



Greift nicht mit den Fingern in Senf oder Saucen.



Schneuzt nicht in das Tischtuch.



Blast nicht in das heiße Getränk.



Legt euch beim Essen nicht über den Tisch.



Trinke nicht mit fettigem Mund.




Charch schrieb am 31.8. 2000 um 19:14:48 Uhr zu

Mittelalter

Bewertung: 6 Punkt(e)

Die höfische Liebe

Hinsichtlich dessen was »höfische Liebe« ist herrscht unter den Wissenschaftlern Uneinigkeit. So kann es nicht darum gehen eine endgültige Beurteilung zu manifestieren, sondern die einzelnen Aspekte der »Minne« zu analysieren und diskutieren, vorbehaltlich weiterer Untersuchungen zu diesem Thema.

Es sieht so aus, daß eine Vielzahl von Faktoren am Entstehen des »höfischen« Liebeskonzepts beteiligt war, wie z.B. die konzeptionellen Vorstufen bzw. Grundlagen (Augustin, Neuplatinismus, Mystik), die literarischen Traditionen, auf denen der Minnesang aufbaute (z.B. Ovid, mittellateinische Briefkultur, Liturgie, Panegyrik) sowie sozial-, bildungs-, kirchengeschichtliche Veränderungen und sozialpsychologische Strukturen im 11. u. 12. Jh.. Die Vielfalt der recht unterschiedlichen Merkmale »höfischer Liebe« weisen auf den entscheidenden Aspekt hin, daß man es mit keiner festumrissenen Liebestheorie zu tun hat, sondern mit einer »höfischen« Diskussion über höfisches Liebesverhalten. Diese Diskussion umspannt einen weiten, teilweise konträren Themenkreis, u.a. sittliche Vervollkommnung durch die Liebe, ehebrecherische Liebe, hartherzige Minnedame, Allmacht des Gottes Amor, erfüllte Liebe, völlige Unterwerfung unter den Willen der umworbenen Dame, Fernliebe, ritterliche Abenteuer im Dienste einer Dame, Liebe in Troubadourliedern, Liebe bei verschiedenen Schriftstellern / Dichtern, doch in der Zielsetzung, auf ein vorbildhaftes Verhalten hinzuweisen, stimmen die unterschiedlichen Perspektiven der meisten Dichter überein. Jedes Lied, jeder Roman hat teil an dem Diskurs der »höfischen« Gesellschaft über das Ideal rechten Liebens und muß als Teil einer auf eine kleine Elite beschränkten Diskussion gesehen werden, welche im 12. Jh. noch ständig im Fluß ist, die stets neue Korrekturen an dem erreichten Diskussionsstand vornimmt, die in spielerisch - witziger Weise und zuweilen in lehrhafter Manier die Frage umkreist: Wie ist die wahre Liebe zwischen zwei Menschen unterschiedlichen Geschlechts zu bestimmen?

Vor dem 13. Jh. sind präzise und umfassende Liebesdefinitionen in der Volkssprache nicht greifbar. Deshalb tut sich die Forschung schwer, die »höfische Liebe« und ihre Position gegenüber anderen mittelalterlichen Liebeskonzeptionen zu bestimmen. Im folgenden sollen einige grundlegende Merkmale »höfischer Liebe« vorgestellt werden, was nicht heißt, daß alle oder nur diese Elemente in einer » höfischen Liebesdichtung« in Erscheinung treten, doch finden diese sich in der Trobadorlyrik, im deutschen Minnesang, in den nordfranzösischen Artusromanen und Erzählungen sowie in provenzialischen Minnetraktaten. Bei diesen Merkmalen, die die ideale Liebe in volkssprachlichen Dichtungen des 12. u. 13. Jhs. kennzeichnen, handelt es sich um Zielvorstellungen deren »Weltfremdheit« die Minnesänger selbst immer wieder eingestehen müssen, auch wenn sie dieses anvisierte ideale Liebesverhalten zuweilen schon als von ihnen verwirklicht ausgeben.

1. Zielvorstellungen

Trobadors wie Minnesänger vertreten immer wieder die Auffassung, die wahre Liebe zu einer Dame lasse keine Liebesbeziehung zu einer weiteren Frau zu, eine Forderung, die umgekehrt auch für die Frau gilt. Unbeirrt hält die wahre, rechte Liebe an einem einzigen Partner fest, gleichgültig ob es sich um den eigenen Ehepartner oder um eine außereheliche Beziehung handelt.

Einer vorbildhaften Liebesbeziehung wird Dauerhaftigkeit (staete) als Wert zuerkannt. Dieser einhellig von Minnesang und Roman vertretenen Auffassung eines Idealbildes rechten Liebens stehen die Klagen über unstete, wechselnde und mehrfache Liebes- und Ehebeziehungen in den historischen mittelalterlichen Quellen gegenüber.

Liebende Hinwendung zu einem Menschen setzt voraus, daß es dieser mit seiner (erwidernden) Liebe ernst meint und nicht Liebe vortäuscht, in der Wirklichkeit aber nur schnellen Liebesgenuß sucht und somit den Partner als Objekt mißbraucht. Die Lauterkeit der Liebe bildet einen unverzichtbaren Bestandteil »höfischer« Liebe. Verlaß ist allein auf das treue, reine Herz und die inneren Vorzüge eines Menschen. Die Kontrastierung von »Innen« und »Außen« prägt den »höfischen« Diskurs entscheidend; Liebe wird ganz ´von innen´ her definiert.

In der »höfischen« Liebe sieht sich der Mann sich selbst gegenübergestellt und reflektiert über den Wert, der im liebenden Dienen selbst schon bereitliegt. Der »höfische« Diskurs versucht zwischen den beiden Extrempositionen - rein sexuelle Genußliebe / Verzichtliebe - zu vermitteln, immer wieder den Zwiespalt zwischen begehrendem Verlangen nach sexuelle Erfüllung sowie der Selbstkontrolle durch Verstand und neue sittliche Ideale zu thematisieren. In der Diskussion dieses Zwiespalts konnte ein neues Bewußtsein angeregt werden. Nach Rüdiger Schnell ist genau in diesem Weder - Noch der konzeptionelle Kern der »höfischen« Liebe zu fassen. Dieser jahrzehntelang anhaltende Diskurs über die rechte, wahre Liebe ist als ein bedeutsamer zivilisatorischer Vorgang zu werten. »Höfische« Liebe ist nicht Verzichtliebe, sondern geglückter Einklang zwischen egozentrischem, physisch - sinnlichem Begehren und selbstloser, nur am Wohl des Partners sich orientierende Liebe. Erst der Wille zur Harmonisierung der beiden Extrempositionen macht den »höfischen« Liebhaber aus. (S. 252/3)


Der Diskurscharakter der »höfischen« Liebe zeigt sich gerade daran, daß neben dem zuweilen verkündeten Ideal der Verzichtliebe sehr wohl die Forderung nach Gegenseitigkeit in der Liebe stehen kann, sogar in ein und demselben Lied. Einseitiges Liebeswerben und glückliche, erfüllte Liebe sind als zwei Perspektiven desselben Liebeskonzeptes zu betrachten.

»Höfische« Liebe ist aus freier Entscheidung geschenkte Liebe. Die Freiwilligkeit als wesentlichem Element des Sittlichen wurde seit Aristoteles bis ins Mittelalter hinein stetige Wert- schätzung zuteil. Gerade auch in kirchlich-religiösen Schriften erlangt die Freiwilligkeit einer Handlung, einer Beziehung oder einer Lebensweise entscheidende Bedeutung für deren Bewertung. Doch scheint es eine institutionalisierte Form sexueller Beziehung zu geben, die, von der Kirche sanktioniert, der »höfischen« Liebesauffassung zutiefst widersprechen scheint: die Ehe. Die cortly love Forschung wird nicht müde auf diesen Gegensatz von »höfischer« freiwilliger Liebe und kirchlich verordneter ehelicher Pflicht hinzuweisen. Dabei kann sie sich auf lateinische und volkssprachliche Quellen berufen, die die aus freien Willen geschenkte Liebe über die dem Ehepartner geschuldete sexuelle Hingabe stellen (u.a. Streitgedichte, Heloise, Andreas Capellanus, Richard von Fournival) Chretien de Troyes hat aber in seinen Romanen »Erec et Enide«, »Yvain«, »Cliges« und »Perceval« eine Verschmelzung von frei sich schenkender Liebe und eheliche Beziehung angestrebt. Als Enide, Erecs Gattin, von einem Grafen gefragt wird, ob sie die Frau oder Freundin ihres Begleiters sei, antwortet sie: »BeidesGeliebte und Gattin bilden hier keinen Gegensatz mehr.

»Höfisches« Lieben ist nicht denkbar ohne Maß, Mäßigung (mezura = feine, kultivierte Rede), vernunftbestimmtes Verhalten, Mäßigung der Affekte. In diesem Punkt scheinen »höfische« Liebe und christliche Morallehre übereinzustimmen: beide zielen auf Mäßigung, Zügelung, Beherrschung des Sexuellen zugunsten eines von der ratio bestimmten Verhaltens. Es gibt innerhalb der Trobadorlyrik durchaus unterschiedliche Äußerungen zum Verhältnis von Liebe und Vernunft. Während etwa Marcabru für eine Kontrolle der Liebe durch Vernunft eintritt, verkündet Bernhard von Ventadorn, das Vernunft in der Liebe nichts zu schaffen habe, er preist die Liebe als alles beherrschende Macht, die sogar den Verstand raubt, eine Auffassung die auch Troveres, deutsche Minnesänger und Romanautoren vertreten. Wenn in diesen Textbeispielen Maß und Vernunft als unvereinbar mit Liebe gelten, kann tatsächlich der Eindruck entstehen, daß die "höfische Liebe der von Moraltheologen verurteilten sinnlichen Leidenschaft entspricht, denn als wesentliches Kriterium sexueller Begierde nennen die kirchlichen Autoren immer wieder Maßlosigkeit und den Verlust der Vernunft (moraltheologische Verurteilung sexueller Liebe als eine Fesselung des Geistes durch den Körper). So verwundert es, daß einige Minnesänger gerade den Aspekt der Unvernunft und Torheit ihrer Liebe unablässig thematisieren.

Nach moraltheologischer Auffassung kommt die Gefangenschaft des Liebenden dadurch zustande, daß der Verstand unter der Herrschaft des Fleisches gerät (ausschließliche Ausrichtung des Menschen auf die Befriedigung des Sexualtriebes). Die von Trobadors und Troveres besungene »Gefangenschaft« der Liebenden meint dagegen etwas völlig anderes: der Liebende - von der Macht Amors gezwungen - richtet sein Liebesbegehren dorthin wo Leid und Schmerz ihn erwarten, wo der Lohn nur ein Blick und die Gesprächsbereitschaft der Dame winken. Offensichtlich ist die in den Trobadorliedern besungene Liebe mit anderen Maßstäben zu messen als mit denen des »normalen« Menschenverstandes, demnach es »vernünftig wäre Liebesgenuß anzustreben anstelle einer entbehrungsreichen Liebesbeziehung. Der Außenwelt erscheint der «höfisch» Liebende wegen seiner Ausrichtung des Werbens, nämlich dort zu lieben, wo keine Gegenliebe zu finden ist, als Tor. Die in den Trobadorliedern verkündete Gefangenschaft durch Amors befähigt den Liebenden zur Niederwerfung «niederer» sinnlicher Triebe, verhilft ihn zum Sieg über die bloß «fleischliche" Liebe.

Die von kirchlicher Seite verurteilte Gefangenschaft der ratio durch den sensualitas wird bei den Trobadors umgeformt zur positiv verstandenen Unterwerfung des wahrhaft Liebenden unter die Macht Amors. Obwohl also Moraltheologen wie Trobadors und Troveres von Gefangen-schaft und Knechtschaft des Verstandes in der sinnlichen Liebe sprechen, meinen beide Seiten etwas völlig Verschiedenes. Dies rührt daher, daß die Minnesänger eine andere Liebeskonzeption und eine andere Auffassung von der Frau (sie ist nicht Verführung zur »fleischlichen« Sünde) besitzen. Somit lassen sich scheinbar konträre Äußerungen (B. von Ventadorn: »in der Liebe hat Vernunft keinen Platz«, Marcabru, Piere d´Auvergne: »in der Liebe muß Maß und Vernunft herrschen«) unter einen gemeinsamen Nenner bringen. Bernhards Liebesideal meint eben nicht das von Marcabru kritisierte unkontrollierte sexuelle Verhalten sich in tierisch - triebhafter Manier seinen Begierden hinzugeben und Maß sowie Vernunft vermissen zu lassen.

Liebe, die kaum mit baldiger Erfüllung des sexuellen Verlangens rechnen darf, erfordert Leidensbereitschaft und Leidensfähigkeit. Immer wieder hören wir die Klagen der Minnesänger, daß es fast übermenschlicher Anstrengungen bedarf, in ihrer sittlich hochstehenden Liebesbeziehung auszuharren. Auch die »höfischen« Romane bieten zahlreiche Beispiele dafür, wie schwer es fällt, den genannten Forderungen zu entsprechen. So stehen sich in der »höfischen« Dichtung Ideal und Wirklichkeit, Soll und Sein, ständig gegenüber. In den zahlreichen und tiefgreifenden Widersprüchen der »höfischen« Liebe auf verschiedenen Ebenen --- im Liebenden selbst, im Verhältnis des Liebenden zur Dame, im Verhältnis der Liebenden zur »höfischen« Gesellschaft --- tritt ihr Wesen deutlich zutage, es ist ein literarisch geführter Diskurs über Voraussetzungen und Ziele wahrer erotischer Liebe. Dieser Diskurs konnte nicht widerspruchsfrei geführt werden, denn der Diskussionsgegenstand selbst, die Liebe, läßt sich nicht in ein festes Schema pressen, und das Ideal der »höfischen« Liebe widersprach in entscheidenden Punkten der gesellschaftlichen Moral. In dem Ringen unterschiedlicher Standpunkte zeigt sich die Tendenz, gegenüber herkömmlichen Verhaltensweisen (schneller Liebesgenuß, Vergewaltigung, Täuschung, rasch wechselnde Liebesbeziehungen etc.) neue Leitbilder zu entwickeln. Nicht das Ideal der »höfischen« Liebe als unerreichte Form wahren Liebens, sondern die literarische Diskussion über die rechte Liebe besaß wohl entscheidende zivilisatorische Bedeutung. Der unfassende Diskurs ist im 12. u. 13. Jh. noch lange nicht an ein Ende gekommen.


2. Widersprüche

Seit dem 12. Jh. war weithin die Auffassung verbreitet, daß einem Menschen nur das als Verdienst oder Verfehlung angerechnet werden könne, was er in freier Entscheidung und freiwillig tue. Zahlreiche Trobadors halten sich viel darauf zugute, daß sie lieber in der wenig aussichtsreichen Liebe zu einer abweisenden, aber vortrefflichen Dame verharren wollen als bei einer anderen, aber nicht so volkommenen Frau sexuelle Freuden zu genießen. Wo aber bleibt der moralische Verdienst, wenn das lyrische Ich von einer überpersönlichen Macht (Amors) zu unbelohntem Liebesdienst gezwungen wird? Wenn mit Amors eine fremde Macht gemeint ist, läßt sich das Festhalten an einer wenig aussichtsreichen Liebesbeziehung kaum als sittlicher Verdienst werten. Verbirgt sich hinter Amors eine Kraft im Menschen selbst, die ihn gegen sein triebhaftes Verlangen nach sexueller Befriedigung in einer wenig Erfolg versprechenden Liebesbindung ausharren läßt, wäre dagegen zu folgern, daß sich das lyrische Ich gegen diese Kraft wehrt, also »höfische« Liebe eine Liebe gegen den Willen wäre. In diesem unaufgelösten Widerspruch spiegelt sich etwas von der Spannung, die den »höfischen« Diskurs insgesamt im 12. Jh. begleitet: eine »weltfremde« Haltung als Ideal begründen zu wollen.

Rascher Liebesgenuß / langes Dienen ist ein Gegensatzpaar dem man in der »höfischen« Dichtung häufig begegnet. »Höfische« Liebe meint weder das extrem asketische Liebesverhalten noch das auf schnellen Liebesgenuß ausgerichtete Taktieren, sondern existiert in dem Widerstreit von Verlangen und Entsagen, der hauptsächlicher Gegenstand des »höfischen« Diskurses über die Liebe ist.



Eine bekannte Grundauffassung »höfischer« Liebe besagt, daß der Mensch durch die Liebe sittlich gebessert werde und die Liebe wird als Quelle alles Guten gepriesen. Andererseits hat in der Literatur häufig den Anschein, daß nur die bereits vortrefflichen Menschen von der sittlichen Macht der Liebe profitieren (z.B. in den Frauenstrophen des Minnesangs).

Zwei unvereinbare Positionen stehen sich bei der immer wieder erhobenen Forderung nach Belohnung des Frauendienstes gegenüber: einerseits wird die Frau gepriesen, die den Minnedienst lohnt, ja ihr wird größere ere in Aussicht gestellt, andererseits erleidet die Frau, die den langen Dienst ihres Verehrers belohnt, einen großen Verlust ihres gesellschaftlichen Ansehens. So manche Frauenstrophe und einige erzählende Dichtungen künden von dem Konflikt zwischen Minnetheorie» und «Minnepraxis", in dem sich eine umworbene Dame gestürzt sieht (Kollision mit kirchlichen und adlig-feudalen Normen).

Die Idealforderungen nach Beständigkeit und Ausschließlichkeit einer Liebesbeziehung schränkten den Spielraum einer Dame noch weiter ein. Je mehr Regeln der »höfische« Diskurs hervorbrachte, desto engere Grenzen waren der Freiheit der Liebe gesetzt.

In den Zielvorstellungen der »höfischen« Liebe waren Ideale avisiert, die mit den Normen der Adelswelt nicht in Einklang zu bringen waren. Diese Widersprüche spiegeln Ausein-
andersetzung zwischen dem Streben nach individuellen Glück und der Respektierung gesellschaftlicher Normen wider. So stehen wir vor dem Paradoxon, daß die »höfische« Gesellschaft eine literarische Utopie förderte, die ihren praktizierten Wertvorstellungen z.T. erheblich widersprach.

Unverkennbar ist das Bestreben, die Liebe in die Gesellschaft zu integrieren, zu einem Teil des »höfischen« Lebens zu machen. Wer »höfisch« ist, zeichnet sich aus durch gesellschaftliche Anerkennung, persönlichen Wert, persönliche Tüchtigkeit, Maß, Verstand, Wissen, Bildung / Kultiviertheit, Demut, Gehorsam; diese Qualitäten zeichnen zugleich den wahren Verehrer einer Dame aus. So verwundert die in der »höfischen« Dichtung ständig wiederholte Forderung nach Geheimhaltung der Liebe. Liebe gilt als höchster gesellschaftlicher Wert und muß doch verschwiegen werden, weil sie, an die Öffentlichkeit gelangt, in ihrer Existenz gefährdet wäre. Möglicherweise bedingen unterschiedliche historische Entwicklungen, die im 12. u. 13. Jh. noch zu keinem Ausgleich gefunden haben, diesen Widerspruch.

Das Ideal der urbanitas, curialitas, hövescheit setzt sich seit dem 10. Jh. mehr und mehr an den Bischofshöfen, dann an den weltlichen Fürstenhöfen durch. Seit dem 11. Jh. gilt der Liebe erhöhtes literarisches Interesse. Im 12. Jh. beeinflußt Ovids Liebesdichtung in hohem Maße die Darstellung der Liebe in der volkssprachlichen und lateinischen Dichtung. Klerikale Verdächtigung der sexuellen Liebe hält dagegen Liebe als bedrohende Macht stets im Bewußtsein (vgl. den Artusroman).


3. Innennormen und »höfische« Gesellschaft

»Höfische« Liebe ist eine Liebe des Herzens, die keiner weiteren Legitimation für eine sexuelle Vereinigung bedarf. Die »höfische« Dichtung bestimmt den Wert eines Menschen mehr und mehr von seinen inneren Vorzügen her: liebende Zuneigung soll aufbauen und triuwe, staetekeit, tugenden, güete, nicht (nur) auf Schönheit, Reichtum oder adliger Herkunft. WahreLiebe zeichnet sich gerade dadurch aus, daß sie vor allem Äußeren, von Besitz, Herkunft und Status absieht: dies deutlich zu machen, darin liegt nach Rüdiger Schnells Auffassung die eigentliche Aufgabe der Reichtum / Liebe - Diskussion innerhalb der Trobadorlyrik.

Die Frage stellt sich, ob die Liebe ganz ihren eigenen Gesetzen und Wünschen leben darf, legitimiert durch die vorzüglichen Eigenschaften und lauteren Absichten der Liebenden, oder ob ihr nicht dort Einhalt zu gebieten war, wo sie mit Außennormen (moralisch und rechtlich geschützten Institutionen: Ehe, Vasallenpflicht, Verbot von Betrug, Ehe zwischen Standesgenossen u.a.) kollidierte.

Berühmtestes Beispiel aus der mittelalterlichen Literatur für diesen Konflikt der Liebe (Innennormen verpflichten) und Außennormen der Gesellschaft ist neben Chretiens »Lancelot« Gottfrieds von Straßburg »Tristan und Isolde«.


Die »höfische« Liebesdichtung sieht sich mit einem grundsätzlichen Dilemma konfrontiert: der »höfische Diskurs entwirft einerseits ein Ideal rechten Liebens, das ganz von Innennormen her bestimmt wird (Beständigkeit, Aufrichtigkeit, Freiwilligkeit, Gegenseitigkeit, Selbstlosigkeit, Leidensfähigkeit), andererseits kann sich die «höfische» Liebesdichtung der ganz andere Wertwelt, des Adels und der Kirche mit ihren eigenen Normen des Handelns (z,B. Ehepartner nur unter Standesgenossen zu auszusuchen) nicht entziehen, was eine konsequente Verwirklichung der «höfischen» Liebe ausschließt. Verständlicherweise tut sich hier eine tiefe Kluft auf zwischen dem neuen revolutionären Ideal einer nur sich selbst gehorchenden Liebe und den Erfahrungs - und Verhaltensnormen des feudalen Alltags. Die Adelsgesellschaft war in ihren Wertvorstellungen sehr stark den Außennormen verpflichtet (Besitz, Herkunft, gesellschaftliche Position, Rangordnung, Sitzordnung, höfisches Zeremoniell u. a.), während die «höfische" Liebe allein nach der inneren Einstellung des Partners fragt, nach dem Innennormen menschlichen Verhaltens.

In der Frage, ob es die »höfische« Liebe als gesellschaftliche Praxis gegeben hat, zeichnet sich zunehmend die Meinung ab, daß der höfische Frauendienst keine gesellschaftliche Realität war; die »höfische« Liebe existierte nur in der Literatur und bildete nur insofern einen Teil der gesellschaftlichen Realität, indem die »höfische« Liebesdichtung vorgetragen wurde.












Die höfische Liebe

Hinsichtlich dessen was »höfische Liebe« ist herrscht unter den Wissenschaftlern Uneinigkeit. So kann es nicht darum gehen eine endgültige Beurteilung zu manifestieren, sondern die einzelnen Aspekte der »Minne« zu analysieren und diskutieren, vorbehaltlich weiterer Untersuchungen zu diesem Thema.

Es sieht so aus, daß eine Vielzahl von Faktoren am Entstehen des »höfischen« Liebeskonzepts beteiligt war, wie z.B. die konzeptionellen Vorstufen bzw. Grundlagen (Augustin, Neuplatinismus, Mystik), die literarischen Traditionen, auf denen der Minnesang aufbaute (z.B. Ovid, mittellateinische Briefkultur, Liturgie, Panegyrik) sowie sozial-, bildungs-, kirchengeschichtliche Veränderungen und sozialpsychologische Strukturen im 11. u. 12. Jh.. Die Vielfalt der recht unterschiedlichen Merkmale »höfischer Liebe« weisen auf den entscheidenden Aspekt hin, daß man es mit keiner festumrissenen Liebestheorie zu tun hat, sondern mit einer »höfischen« Diskussion über höfisches Liebesverhalten. Diese Diskussion umspannt einen weiten, teilweise konträren Themenkreis, u.a. sittliche Vervollkommnung durch die Liebe, ehebrecherische Liebe, hartherzige Minnedame, Allmacht des Gottes Amor, erfüllte Liebe, völlige Unterwerfung unter den Willen der umworbenen Dame, Fernliebe, ritterliche Abenteuer im Dienste einer Dame, Liebe in Troubadourliedern, Liebe bei verschiedenen Schriftstellern / Dichtern, doch in der Zielsetzung, auf ein vorbildhaftes Verhalten hinzuweisen, stimmen die unterschiedlichen Perspektiven der meisten Dichter überein. Jedes Lied, jeder Roman hat teil an dem Diskurs der »höfischen« Gesellschaft über das Ideal rechten Liebens und muß als Teil einer auf eine kleine Elite beschränkten Diskussion gesehen werden, welche im 12. Jh. noch ständig im Fluß ist, die stets neue Korrekturen an dem erreichten Diskussionsstand vornimmt, die in spielerisch - witziger Weise und zuweilen in lehrhafter Manier die Frage umkreist: Wie ist die wahre Liebe zwischen zwei Menschen unterschiedlichen Geschlechts zu bestimmen?

Vor dem 13. Jh. sind präzise und umfassende Liebesdefinitionen in der Volkssprache nicht greifbar. Deshalb tut sich die Forschung schwer, die »höfische Liebe« und ihre Position gegenüber anderen mittelalterlichen Liebeskonzeptionen zu bestimmen. Im folgenden sollen einige grundlegende Merkmale »höfischer Liebe« vorgestellt werden, was nicht heißt, daß alle oder nur diese Elemente in einer » höfischen Liebesdichtung« in Erscheinung treten, doch finden diese sich in der Trobadorlyrik, im deutschen Minnesang, in den nordfranzösischen Artusromanen und Erzählungen sowie in provenzialischen Minnetraktaten. Bei diesen Merkmalen, die die ideale Liebe in volkssprachlichen Dichtungen des 12. u. 13. Jhs. kennzeichnen, handelt es sich um Zielvorstellungen deren »Weltfremdheit« die Minnesänger selbst immer wieder eingestehen müssen, auch wenn sie dieses anvisierte ideale Liebesverhalten zuweilen schon als von ihnen verwirklicht ausgeben.

1. Zielvorstellungen

Trobadors wie Minnesänger vertreten immer wieder die Auffassung, die wahre Liebe zu einer Dame lasse keine Liebesbeziehung zu einer weiteren Frau zu, eine Forderung, die umgekehrt auch für die Frau gilt. Unbeirrt hält die wahre, rechte Liebe an einem einzigen Partner fest, gleichgültig ob es sich um den eigenen Ehepartner oder um eine außereheliche Beziehung handelt.

Einer vorbildhaften Liebesbeziehung wird Dauerhaftigkeit (staete) als Wert zuerkannt. Dieser einhellig von Minnesang und Roman vertretenen Auffassung eines Idealbildes rechten Liebens stehen die Klagen über unstete, wechselnde und mehrfache Liebes- und Ehebeziehungen in den historischen mittelalterlichen Quellen gegenüber.

Liebende Hinwendung zu einem Menschen setzt voraus, daß es dieser mit seiner (erwidernden) Liebe ernst meint und nicht Liebe vortäuscht, in der Wirklichkeit aber nur schnellen Liebesgenuß sucht und somit den Partner als Objekt mißbraucht. Die Lauterkeit der Liebe bildet einen unverzichtbaren Bestandteil »höfischer« Liebe. Verlaß ist allein auf das treue, reine Herz und die inneren Vorzüge eines Menschen. Die Kontrastierung von »Innen« und »Außen« prägt den »höfischen« Diskurs entscheidend; Liebe wird ganz ´von innen´ her definiert.

In der »höfischen« Liebe sieht sich der Mann sich selbst gegenübergestellt und reflektiert über den Wert, der im liebenden Dienen selbst schon bereitliegt. Der »höfische« Diskurs versucht zwischen den beiden Extrempositionen - rein sexuelle Genußliebe / Verzichtliebe - zu vermitteln, immer wieder den Zwiespalt zwischen begehrendem Verlangen nach sexuelle Erfüllung sowie der Selbstkontrolle durch Verstand und neue sittliche Ideale zu thematisieren. In der Diskussion dieses Zwiespalts konnte ein neues Bewußtsein angeregt werden. Nach Rüdiger Schnell ist genau in diesem Weder - Noch der konzeptionelle Kern der »höfischen« Liebe zu fassen. Dieser jahrzehntelang anhaltende Diskurs über die rechte, wahre Liebe ist als ein bedeutsamer zivilisatorischer Vorgang zu werten. »Höfische« Liebe ist nicht Verzichtliebe, sondern geglückter Einklang zwischen egozentrischem, physisch - sinnlichem Begehren und selbstloser, nur am Wohl des Partners sich orientierende Liebe. Erst der Wille zur Harmonisierung der beiden Extrempositionen macht den »höfischen« Liebhaber aus. (S. 252/3)


Der Diskurscharakter der »höfischen« Liebe zeigt sich gerade daran, daß neben dem zuweilen verkündeten Ideal der Verzichtliebe sehr wohl die Forderung nach Gegenseitigkeit in der Liebe stehen kann, sogar in ein und demselben Lied. Einseitiges Liebeswerben und glückliche, erfüllte Liebe sind als zwei Perspektiven desselben Liebeskonzeptes zu betrachten.

»Höfische« Liebe ist aus freier Entscheidung geschenkte Liebe. Die Freiwilligkeit als wesentlichem Element des Sittlichen wurde seit Aristoteles bis ins Mittelalter hinein stetige Wert- schätzung zuteil. Gerade auch in kirchlich-religiösen Schriften erlangt die Freiwilligkeit einer Handlung, einer Beziehung oder einer Lebensweise entscheidende Bedeutung für deren Bewertung. Doch scheint es eine institutionalisierte Form sexueller Beziehung zu geben, die, von der Kirche sanktioniert, der »höfischen« Liebesauffassung zutiefst widersprechen scheint: die Ehe. Die cortly love Forschung wird nicht müde auf diesen Gegensatz von »höfischer« freiwilliger Liebe und kirchlich verordneter ehelicher Pflicht hinzuweisen. Dabei kann sie sich auf lateinische und volkssprachliche Quellen berufen, die die aus freien Willen geschenkte Liebe über die dem Ehepartner geschuldete sexuelle Hingabe stellen (u.a. Streitgedichte, Heloise, Andreas Capellanus, Richard von Fournival) Chretien de Troyes hat aber in seinen Romanen »Erec et Enide«, »Yvain«, »Cliges« und »Perceval« eine Verschmelzung von frei sich schenkender Liebe und eheliche Beziehung angestrebt. Als Enide, Erecs Gattin, von einem Grafen gefragt wird, ob sie die Frau oder Freundin ihres Begleiters sei, antwortet sie: »BeidesGeliebte und Gattin bilden hier keinen Gegensatz mehr.

»Höfisches« Lieben ist nicht denkbar ohne Maß, Mäßigung (mezura = feine, kultivierte Rede), vernunftbestimmtes Verhalten, Mäßigung der Affekte. In diesem Punkt scheinen »höfische« Liebe und christliche Morallehre übereinzustimmen: beide zielen auf Mäßigung, Zügelung, Beherrschung des Sexuellen zugunsten eines von der ratio bestimmten Verhaltens. Es gibt innerhalb der Trobadorlyrik durchaus unterschiedliche Äußerungen zum Verhältnis von Liebe und Vernunft. Während etwa Marcabru für eine Kontrolle der Liebe durch Vernunft eintritt, verkündet Bernhard von Ventadorn, das Vernunft in der Liebe nichts zu schaffen habe, er preist die Liebe als alles beherrschende Macht, die sogar den Verstand raubt, eine Auffassung die auch Troveres, deutsche Minnesänger und Romanautoren vertreten. Wenn in diesen Textbeispielen Maß und Vernunft als unvereinbar mit Liebe gelten, kann tatsächlich der Eindruck entstehen, daß die "höfische Liebe der von Moraltheologen verurteilten sinnlichen Leidenschaft entspricht, denn als wesentliches Kriterium sexueller Begierde nennen die kirchlichen Autoren immer wieder Maßlosigkeit und den Verlust der Vernunft (moraltheologische Verurteilung sexueller Liebe als eine Fesselung des Geistes durch den Körper). So verwundert es, daß einige Minnesänger gerade den Aspekt der Unvernunft und Torheit ihrer Liebe unablässig thematisieren.

Nach moraltheologischer Auffassung kommt die Gefangenschaft des Liebenden dadurch zustande, daß der Verstand unter der Herrschaft des Fleisches gerät (ausschließliche Ausrichtung des Menschen auf die Befriedigung des Sexualtriebes). Die von Trobadors und Troveres besungene »Gefangenschaft« der Liebenden meint dagegen etwas völlig anderes: der Liebende - von der Macht Amors gezwungen - richtet sein Liebesbegehren dorthin wo Leid und Schmerz ihn erwarten, wo der Lohn nur ein Blick und die Gesprächsbereitschaft der Dame winken. Offensichtlich ist die in den Trobadorliedern besungene Liebe mit anderen Maßstäben zu messen als mit denen des »normalen« Menschenverstandes, demnach es »vernünftig wäre Liebesgenuß anzustreben anstelle einer entbehrungsreichen Liebesbeziehung. Der Außenwelt erscheint der «höfisch» Liebende wegen seiner Ausrichtung des Werbens, nämlich dort zu lieben, wo keine Gegenliebe zu finden ist, als Tor. Die in den Trobadorliedern verkündete Gefangenschaft durch Amors befähigt den Liebenden zur Niederwerfung «niederer» sinnlicher Triebe, verhilft ihn zum Sieg über die bloß «fleischliche" Liebe.

Die von kirchlicher Seite verurteilte Gefangenschaft der ratio durch den sensualitas wird bei den Trobadors umgeformt zur positiv verstandenen Unterwerfung des wahrhaft Liebenden unter die Macht Amors. Obwohl also Moraltheologen wie Trobadors und Troveres von Gefangen-schaft und Knechtschaft des Verstandes in der sinnlichen Liebe sprechen, meinen beide Seiten etwas völlig Verschiedenes. Dies rührt daher, daß die Minnesänger eine andere Liebeskonzeption und eine andere Auffassung von der Frau (sie ist nicht Verführung zur »fleischlichen« Sünde) besitzen. Somit lassen sich scheinbar konträre Äußerungen (B. von Vent




aus »Curialitas«
Rüdiger Schnell: »Die höfische Liebe als höfischer Diskurs über Liebe«, S. 231 - 301
zusammengefaßt von Edeltraud C. Beckers

wauz schrieb am 24.7. 2001 um 23:47:26 Uhr zu

Mittelalter

Bewertung: 6 Punkt(e)

Gar zu gerne wird im Zusammenhang mit Mittelalter das Adjektiv »finster« gebraucht. War das wirklich so? Mir scheint, hier hat sich eine falsche Vorstellung festgesetzt. Klar, der Zusammenbruch des Weströmischen Reiches mag den Bewohnern Italiens als Katastrophe erschienen sein. Weiter nördlich aber ist die Perspektive anders. Die Begründung des Karolingerreiches hat zwar soziale Veränderungen nach sich gezogen, die für viele erst mal nachteilig waren, zB die zunehmende Leibeigenschaft. Andererseits stieg nördlich der Alpen die Produktion, Produktivität und Bevölkerungszahl ständig an. Die Pestkatastrophen waren ja erst bei einer relativ hohen Bevölkerungsdichte möglich. Zum Ende des Mittelalters war nur noch die Landwirtschaft feudal organisiert. Die technische Produktion lag fest in den Händen freier Stadtbürger. Die gotische Kathedrale ist ein deutlicher Beweis der technischen Überlegenheit des Mittelalters über der Antike, die alten Römer konnten sowas einfach nicht.

Charch schrieb am 4.1. 2001 um 19:05:00 Uhr zu

Mittelalter

Bewertung: 7 Punkt(e)

HERALDIK

Wappenkunde

Das Wort Wappen leitet sich von Waffen ab, sein Ursprung ist der Kampf in Rüstungen, die Freund und Feind unkenntlich machten.
Seit dem Anfang des 12.Jhs. begannen die Ritter im Kampf und Turnier unterschiedliche Farben und Abzeichen zu führen, damit Freund und Feind sie weithin sichtbar, erkennen und unterscheiden konnten. Daraus entwickelte sich am Ende des 12. Jhs. die Wappen.

Bei einer Wappenbeschreibung (Blasonierung) wird ein Wappen immer aus der Sicht des Schildträgers beschrieben. (Rechts - lat. dexter - links - lat. senestre).

Die Heraldik kennt nur bestimmte Farben. Diese teilen sich in Metalle und Tinkturen auf.

Tinkturen: Metalle: In der Buchmalerei golden oder silbern dargestellt.
rot (frz. gules) gold (frz. or)
blau (frz. azure) gelb dargestellt.
grün vert) (silber (frz argent)
schwarz (sable) weiß dargestellt.

Andere Farbtöne durften nicht verwendet werden.

Die wichtigste Regel der Heraldik besagt, daß nie Tinktur auf Tinktur oder Metall auf Metall gesetzt werden durfte. Das Nebeneinander der Tinkturen und Metalle ist nicht zu vermeiden, wenn etwa drei Felder aneinanderstoßen wie z.B. beim Deichselschnitt oder bei halbgespalten und geteilt oder bei gespalten und halbgeteilt.

Da es sich für den Erben anbot, das Wappen des Vaters, daß durch lebenslangen Gebrauch schon mit dem Geschlecht in Verbindung gebracht wurde beizubehalten, entstanden erbliche Familienwappen.

Da immer nur das derzeitige Familienoberhaupt das Stammwappen führen durfte, änderten alle anderen männlichen Familienmitglieder das Wappen ab. Sie »brachen« es (frz. - briser). Eine der häufigsten Form der Brisüre war der Farbwechsel unter Beibehaltung des Wappenmotives. Sehr beliebt waren auch drei - oder fünflätzige Turnierkragen. Diese wurden im oberen Drittel über das Stammwappen gelegt. Jedes Familienmitglied brach das Stammwappen durch ein eigenes Beizeichen oder eigene Farbgebung, so das jeder sein eigenes nur ihm zuzuordnende Wappen führte. Nach dem Tod des Familienoberhauptes legte sein Nachfolger, meist der älteste Sohn, seine Brisüre ab und führte von diesem Zeitpunkt an das Stammwappen.

Auch Querstäbe oder Schrägfäden wurden als Brisierung über das Stammwappen gelegt. Fanden diese Wappenbeibeizeichen ab dem 15. Jh. eine häufige Verwendung für illegitim geborene Nachkommen, ist im 13. Jh. diese Bedeutung noch nicht üblich. Vielmehr trifft man diese Beigaben bei sich von der Hauptlinie abspaltende jüngere Familienzweigen an, die diese Beizeichen zum festen Bestandteil ihres neuen Stammwappens machten.

Auch Vasallen und Ministerialen, nahmen ähnliche Wappen an, wie sie ihre Herren führten.

Ein Beispiel, um dem Wappen seines Herrn, ein eigenes Wappen hinzufügen besteht in der Anwendung eines gevierten Wappens. In den Feldern 1 und 4 ist das Wappen des Herren angebracht, während in den Felder 2 und 3 das eigene Wappen dargestellt wird.









Heraldische Kreuzformen:


Weckenkreuz Antoniuskreuz Krückkreuz Kugelkreuz geschweiftes Prankenkreuz



Wiederkreuz Lilienkreuz Kalvarienkreuz Kleeblattkreuz



Fußspitzkreuz Andreaskreuz Balkenkreuz Ankerkreuz



Patriarchenkreuz oder Lothringer Kreuz



Pelzwerksymbole traten nie als Einzelzeichen in Wappen auf. Vielmehr waren Wappenflächen mit ihnen bestückt. (Heraldisch - besät)


Pelzwerksymbole:



Hermelin Eisenhutfeh Wolkenfeh

Auf Bannern, Waffenröcken und Kuvertüren zeigen unsymmetrische Wappenzeichen wie z.B. Löwen, Adler und Greifen immer nach vorne.

Die Trennung der Farben und Metalle geschieht durch Schnitte. Das Ergebnis sind Heroldsbilder oder Heroldsstücke. Die Verdoppelung einer Teilung oder Spaltung ergibt bei zwei Farben einen Balken bzw. einen Pfahl (Heroldsbild) Kommen aber drei Farben vor bleibt es eine einfache Teilung (Heroldsstück).
Beispiel: Ein Wappen mit zwei Pfählen = Heroldsbild
Ein Wappen drei, oder fünfmal gespalten = Heroldsstück.


Wappenbilder enthalten auf einer ungeteilten Grundfarbe eine oder mehrere Figuren.



Charch schrieb am 27.12. 2000 um 21:09:37 Uhr zu

Mittelalter

Bewertung: 5 Punkt(e)

Das Bischofsornat





a. Mitra b. Bischofsstab c. Pilcolus d. Fasciae
e. Amikt f. Pallium g. Pontificalhandschuh
h. Manipel i Kasel j Kaselstab k. Dalmatik
l. Tunika m. Stola n. Quasten des Cingulum
o. Albe (vom Cingulum gehalten) p. Pontificalschuhe und Strümpfe


Der Bischofsstab (mlat. virga pastoralis, pedum)
Seit dem Frühmittelalter Abzeichen der bischöflichen Würde. Er gilt als Symbol der Sorgfalt und Milde aber auch der Strenge und Züchtigung. Der lateinische Begriff pedum deutet die Ähnlichkeit der oberen Krümmung mit den Hirtenstab an. Ursprünglich wurde er aus Edel-hölzern gefertigt. Die Krümmung besteht seit der Zeit der Ottonen aus Elfenbein, zuweilen auch aus Silber oder Gold.

Amikt (mlat. amictus)
Schultertuch, seit dem 8. Jh. Bestandteil des bischöflichen Ornats.

Pallium (lat.)
Eigentlich ein rechteckiges Stück Tuch, das um die Schultern, Brust und Rücken getragen wurde. Entwickelt sich allmählich zu einem langen Band; aus weißer Wolle mit zwei bis fünf schwarzen Kreuzen oder dem Monogramm Christi bestickt.

Stola Charakterisches Abzeichen, Insignie der empfangenen Weihe.

Manipel (mlat. manipulus, mappa, mappula, fano)
Zierstreifen mit einem Kreuz in der Mitte, wird seit dem 12. Jh. aus Seide gefertigt mit Goldstickerei und Perlenbesatz.
Ursprünglich war es ein zu einem Streifen gefaltetes Tuch.


Mitra (mlat. infula) auch Infel Bischofsmütze




Mitra 12. Jahrhundert a. - Mütze b. - Infulae, Fanones bzw. Vittae


Die aus dem Phrygium entstandene pontifikale Kopfbedeckung ist in ihrer ältesten Form eine kegel- bzw. kalottenförmige Mütze aus weichem Stoff mit Zierbesatz und Bändern, die vom unteren Rand der Hinterseite herabfallen. Die um die Mitte des 10. Jh. in Rom erstmals nachweisbare Mütze ändert im 12. und 13. Jh. ihre Form, es kommt zu seitlich ausgeprägten Bauschen und Hörnern.
Hergestellt wird sie aus Leinen, aber auch aus weißem Byssus (feines schleierartiges Gewebe aus Leinenfäden), Damast und Seide. Viele Mitren sind mit Perlen und Edelsteinen geziert.
Im 12. Jh. ist die Mitra bei den Bischöfen allgemein in Gebrauch.


Kasel (mlat. casuala - kleines Haus) Meßgewand
Die Kasel ist bis zum 13. Jh. glockenförmig und ohne Schlitz, überdies dermaßen weit und lang, dass sie auf Armen und vor der Brust in Falten gelegt werden muß (Glockenkasel). Die Spitze der Kasel wird für den Kopfdurchlass abgeschnitten.
Die Kasel wurde vorwiegend aus Seide, Brokat oder Damast hergestellt mit Stickereien aus Gold oder farbiger Seide.
Der vertikale Bordürensatz auf dem Vorderteil der Kasel heißt Stab oder Kaselstab.


Albe (mlat. alba) Hemdartiges, knöchellanges Untergewand.
Die Albe ist aus der römischen Tunika entstanden. Ursprünglich aus weißem Leinen (Sinnbild der Reinheit) gefertigt. Seit dem Ende des 12. Jh. stimmt die Farbe der Besatzstücke der Albe mit jener der Kasel überein.


Dalmatik (mlat. dalmatica) Oberkleidung (Amtskleidung)
Wird unter der Kasel getragen. Materialien ursprünglich Wolle und Leinen, jedoch seit dem 12. Jh. aus Seide.
Mit der Ausbildung des liturgischen Farbkanons im späten 12. Jh. wird die Farbe der Dalmatik den übrigen gottesdienstlichen Gewändern angeglichen.


Tunika (mlat. dalmatica minor, tunica subtile)
Ursprünglich über den Kopf gezogenes Gewand mit einem rechteckigen Schnitt.
Seit dem 13. Jh. Bestandteil der Pontifikalkleidung aus Leinen oder Seide im enganliegenden Schnitt, engen Ärmeln und Zierstreifen am Ärmelsaum.


Pluviale (mlat.) auch Cappa
Chormantel
Die liturgische Cappa erfährt im 11. Jh. eine Modifikation; sie wird vorne aufgeschlitzt und mit Hilfe eines Pektorale oder mittels Haken und Ösen zusammengehalten. Das P. wird lange Zeit vornehmlich aus Seide, seit dem 13. Jh. auch aus Goldbrokat hergestellt; Fransen werden als Verzierung am Saum angebracht und Aurifrisien aufgenäht.
Die ursprünglich an der Cappa vorhandene Kapuze bildet sich zum Schild (Pluvialschild - mlat. clipeus) zurück, der in gleicher Weise figural und ornamental bestickt ist. Das P. zählt zum liturgischen Obergewand des Bischofs und Priesters und findet bei allen Feierlichkeiten Verwendung (Prozessionen, Segnungen, feierliche Vespern, Begräbnisse etc.), bei denen die Kasel nicht gebraucht werden darf.



Bildwörterbuch der Kleidung und Rüstung Harry Kühnel

Charch schrieb am 18.10. 2000 um 06:10:27 Uhr zu

Mittelalter

Bewertung: 9 Punkt(e)

Es sollte noch etwas über die Sauberkeit der mittelalterlichen Menschen gesagt werden. Anders als zu Zeiten Ludwigs XIV., in denen man Dreck und Gerüche mit Parfümen und Pülverchen zu überdecken versuchte, legten die Menschen im Mittelalter großen Wert auf die Körperpflege. Nur die Ärmsten der Armen konnten sich kein tägliches Bad leisten. Für die Adligen dagegen war häufiges Baden eine Selbstverständlichkeit. Und nach dem Waschen schminkten die Herren und Damen ihre Wangen und Lippen z.B. mit dem roten Farbstoff der Schildlaus, gaben ihren Augenbrauen den gewünschten Schwung, kräuselten, bleichten oder färbten ihr Haar und parfümierten sich mit Rosen- und Lavendelöl. Besonders gepflegt wurden auch die Hände und die Fingernägel. Vornehme Spanierinnen trugen im 14. Jh. ungefähr 20 cm lange Fingernägel, die - um besonders zu beeindrucken - »extra poliert« wurden. Zudem galt blasser Teint als Zeichen höchster Eleganz. Um ihn zu bewahren, nahm man Gesichtsdampfbäder und trug anschließend in Rosenwasser gelöste weiße Schminke auf der Basis von Weizenschrot oder Bleiweiß auf.

Hohlwein, Jakob schrieb am 27.4. 2001 um 21:55:27 Uhr zu

Mittelalter

Bewertung: 4 Punkt(e)

Die Ritterorden im Hochmittelalter

Einführung:

Die Ritterorden des Hochmittelalters stellen für den heutigen Menschen ein oft schwer verständliches Phänomen dar. Im Ansehen des mittelalterlichen Menschen standen sie aber über andere religiöse Gruppen; sie galten oft als die Verkörperung des ritterlichen Ideals schlechthin.
Die Ritterorden waren Bruderschaften von Rittern. Zusammen mit den Priestern und dienenden Brüdern des Ordens lebten sie in Konventen, Ordenshäusern und Ordensburgen. Wie die Mönche lebten sie streng nach ihrer jeweiligen Ordensregel. Und ebenso verpflichteten sie sich zu den drei klassischen Gelübden: zu Armut (Verzicht auf Eigentum), Keuschheit (Ehelosigkeit) und Gehorsam (gegenüber den Ordensoberen und dem Papst.
Ihre Ziele und Aufgaben waren immer auch karitativer Natur, sie pflegten im heiligen Land in eigenen Hospitälern kranke Pilger und fungierten auch als Schutz reisender Pilger. Nach und nach traten diese Funktionen aber oft in den Hintergrund und die Ordensritter verstanden sich immer mehr als die »Gottesstreiter« schlechthin; ihre Aufgabe war der Dienst für Gott in der Befreiung des Heiligen Landes. Dieser Dienst drückte sich in der Sicherung des Königreiches Jerusalem und im permanenten Kampf gegen die Heiden - die Muslime - aus.




Die Ritter vom Hospital des heiligen Johannes des Täufer
Die Johanniter

Wappen: Weißes Balkenkreuz auf schwarzem Grund.
Ordenstracht: Schwarze Mäntel mit weißem Kreuz auf der linken Schulter
und
als Kriegskleid ein roter Wappenrock auf dem ein weißes Kreuz mit acht Zungen aufgenäht oder aufgemalt ist.

Ordensbanner: Rot mit weißem Balkenkreuz.

Der Orden wurde 1022 von Kaufleuten in Amalfi gegründet. Seine Mitglieder widmeten sich zunächst der Krankenpflege; die Johanniter bauten musterhafte Spitäler nahe dem heiligen Grab in Jerusalem, in Akkon und später auf Zypern, Rhodos und Malta. Bald aber nahmen die Kämpfe gegen die Ungläubigen die Ritter so in Anspruch, daß 1118 die Spitalarbeit ganz den dienenden Brüdern überlassen wurde. In der Struktur ähnelte dieser Orden dem der Templer.
Nach dem endgültigen Verlust des Heiligen Landes zogen sich die Johanniter zuerst nach Zypern zurück und später nach Rhodos zurück.. Von dort aus führte der Orden mit einer eigenen Flotte Angriffe gegen türkische Schiffe und Häfen.








Die armen Ritter Christi
Die Templer oder Tempelritter


Wappen: Ein rotes Ankerkreuz auf weißen Grund.
Ordenstracht: Weißer Mantel mit rotem Kreuz.
Ordensbanner: Ein geteiltes Banner, oben schwarz und unten weiß.

1118 gründete ein französischer Ritter, Hugo de Payns zusammen mit einigen Gefährten eine Bruderschaft zur Sicherung der Pilgerstraßen nach Jerusalem. König Balduin II gab der noch kleinen Gemeinschaft ein Gebäude auf dem Boden des alten Salomonischen Tempels in Jerusalem. Aufgrund dieses Ortes wurde die Gemeinschaft »militia templi« (Ritterschaft des Tempels) genannt, woraus sich der Name »Templer« entwickelte. Die Ritter selbst bezeichneten sich lieber als »pauperi milites Christie«, als die "armen Ritter Christi.
Bedeutung erlangten die Templer erst durch die Unterstützung von Bernhard von Clairvaux, dem Begründer des Zisterzienserordens. Unter dem Eindruck von zwei Mitgliedern der Templer im Jahre 1126 hatte er eine Schrift »de laude novac militiae« (vom Lob der neuen Ritterschaft) verfaßt, in der er im Gegensatz zu den »weltlichen« Rittern das Ideal einer »geistlichen Ritterschaft« verherrlichte.
Bernhard von Clairvaux wirkte auch maßgeblich bei der Gestaltung der neuen Ordensregel mit: unter seinem Einfluß wurde sie eng an die der Benediktiner angelehnt; letztendlich war sie eher von mönchischen und weniger von ritterlichen Grundsätzen geprägt. In ihr spiegelte sich der Charakter des neuen Ordens wieder: wesentlich ist der Gedanke der Disziplin und der einfachen Lebensführung. Die Regel warnt die Ordensbrüder vor übertriebenen Ehrbegriffen. Sie verbietet u.a. das Schach- und Würfelspiel, die Jagd und Falkenzucht. In den Ordenskonventen durften keine Gaukler und Schauspieler anwesend sein; zusätzlich war den Brüdern selbst das Singen von lustigen oder gar anzüglichen Liedern verboten.
Hugo de Payns selbst fügte der Regel ausführliche Bestimmungen über die Bewaffnung, Pferde und die Art und Weise des Kampfes bei.
Festzuhalten bleibt, daß die Templer kein Mönchsorden waren, der sich den Idealen des kreuzfahrenden Rittertums verschrieben hatte, sondern ein Ritterorden, der seine Lebensformen aus der Regel der Mönchsorden begründete. Die Kraft, aus der die Templer lebten, war das Bewußtsein der wahren Streiter Christi und nicht die Frömmigkeit der Mönche. Dies galt im Übrigen auch in ähnlicher Weise für andere Ritterorden, so wie auch die Regeln anderer Ritterorden, so wie auch die Regeln der anderen Orden in Fragen der Zucht, der Lebensweise etc. der Templerregel ähnelten.
Dem Orden traten hauptsächlich französische und normannische Ritter bei. An der Spitze stand der Großmeister. Die Ritter lebten in sog. Konventen, die mehr Burgen als Klöster waren; hier genügten schon 13 Ritter um ein Konvent zu bilden.
Aufgrund des roten Kreuzes, nannte man sie auch die »roten Mönche«. Bei den Sarazenen waren sie wegen ihrer Tapferkeit gefürchtet. Im Gegensatz zu weltlichen Heerführern war der Orden nicht bereit Gefangene gegen Lösegeld freizukaufen. Auch machte der Orden im Kampf selbst keine Gefangenen. Als Beispiel für die Tapferkeit der Ordensritter sei die Schlacht von Banjas im Jahre 1156 angeführt: hier fielen über 300 Ritter im Kampf und nur 27 kehrten zurück. Von den 22 Großmeistern des Ordens fielen 5 in der Schlacht, 5 weitere starben an ihren Verletzungen; einer starb in muslimischer Gefangenschaft und der letzte Großmeister des Ordens starb 1314 auf dem Scheiterhaufen.




Die Schwertbrüder - Der Livlandorden



Wappen: Zwei nach unten zeigende gekreuzte, rote, Schwerter auf weißem Grund.
Ordenstracht: Weißer Mantel mit zwei nach unten zeigenden, gekreuzten roten Schwertern.
Banner: ?

Der 1202 gegründete Orden eroberte 1237 Livland und Kurland. Im Jahr 1230 verbündeten sie sich mit dem Deutschen Ritterorden und wurden 1237 mit diesem zusammengeschlossen.



Der Deutsche Ritterorden



Wappen: Schwarzes Balkenkreuz auf weißem Gewand.
Ordenstracht: Weißer Mantel mit schwarzem Kreuz auf der linken Schulter.
Banner: Schwarzes Balkenkreuz auf weißem Banner.
Knappen trugen ein schwarzes T-Kreuz auf dem weißen Gewand aber einen grauen Mantel.
Sergeanten trugen das schwarze T-Kreuz auf einem grauen Gewand und grauen Mantel.
Die Laienbrüder trugen das T-Kreuz während die Brüder, die das Gelübde abgelegt hatten, ein Vollkreuz trugen.

Der Orden wurde während des dritten Kreuzzuges 1190 in Akkon gegründet.
Auch hier stand am Beginn der karitative Gedanke: es wurde ein Spital für die Kranken und Siechen errichtet. Zusätzlich entstand bald ein zweites Hospital in Jerusalem und man nannte sich nun »Hospitale sancte Marie domus Theutonice in Jherusalem« = Spital St. Marien des Deutschen Hauses zu Jerusalem; hieraus wurde der spätere Name "Orden der Ritter des Hospitals
Sankt Marien der Deutschen in Jerusalem".
Der Aufschwung des Ordens begann aber erst mit Hermann von Salza einem Berater des Königs Friedrich von Sizilien, des späteren Kaisers FriedrichII. Hermann von Salza wird 1196 Hochmeister des Ordens und es gelang ihm nach und nach Privilegien für den Orden bei Kaiser und Papst zu erlangen. 1221 wurde der Deutsche Ritterorden rechtlich den Orden der Johanniter und Templer gleichgestellt. So heißt es in den Statuten des Ordens, daß man ihnen gewährte Kranke zu pflegen wie die »Johanniter« und ritterlich zu leben wie der Orden der »Templer«.
Die deutschen Ordensritter lebten nach ihren Ordensstatuten in strenger Zucht. Auch hier wurden zuerst die drei klassischen Gelübde angeführt: »die Keuschheit ewiglich; der Verzicht auf eigenen Willen, das ist der Gehorsam bis in den Tod; das Gelöbnis der Armut, daß der ohne Eigentum lebe, der diesen Orden empfängt«. Nur als ganzes durfte der Orden Ländereien, Burgen, Kapellen usw. besitzen.
Hinsichtlich der Lebensweise der Brüder heißt es weiter: »Es ist dieser Orden zur Ritterschaft gegen die Feinde des Kreuzes und Glaubens besonders bestimmt. Daher sind Dinge, die zur Ritterschaft gehören...gestattet. Doch soll am Sattel oder Zaum wie am Schilde kein Gold oder Silber oder andere weltliche Farbe sein... Der Meister verleiht den Brüdern Roß und Waffen und kann sie anderen geben, ohne daß die Brüder widersprechen dürfen, denn sie haben kein Eigentum daran
Im deutschen Ritterorden gab es außer Rittern und Geistlichen auch noch dienende Brüder in grauen Mänteln, die auf dem Acker oder in der Werkstatt die gröberen Arbeiten verrichteten.
An der Spitze des Ordens stand der auf Lebenszeit gewählte Hochmeister. Fünf Großgebietige standen ihm zur Seite; ein jeder von ihnen hatte für einen bestimmten Teil der Verwaltung zu sorgen. Jede bedeutende Ordensburg und das sie umgebende Gebiet wurde einer Komtur anvertraut.
Mehrere Komtureien bildeten eine Ballei.
Bis 1230 kämpfte der Orden im heiligen Land. Dann erhielt Hermann von Salza von Kaiser Friedrich II den Auftrag »in das Preußenland mit den Kräften des Ordenshauses und mit allen Mitteln einzudringen«. Diese Ostkolonialisierung wurde von dem Orden auch als Kreuzzug betrachtet; man kämpfte ja gegen die heidnischen Preußen. Alles eroberte Land wurde dem Orden als Lehen unterstellt - es entstand ein eigener Ordensstaat, der Hochmeister wurde Reichsfürst und der schwarze Reichsadler sein Wappen. 1309 wurde die Marienburg die Residenz des Hochmeisters und damit Zentrum des Deutschordensstaates.
Dieser entstand etappenweise: 1237 beherrschte der Deutsche Orden durch den Zusammenschluß mit dem Schwertbrüder- oder Livlandorden bereits Livland und Kurland. 1309 eroberte er das Gebiet um Danzig, besiegte 1346 die Esten und kämpfte erfolgreich gegen die Litauer.
Der entscheidende Niedergang des Ordens begann 1410, als sein Heer bei Tannenberg vernichtend geschlagen wurde. Von dieser Niederlage konnte sich der Deutsche Ritterorden nie mehr erholen.




Die Ritter des heiligen Grabes

Wappen: Rotes geschweiftes Prankenkreuz auf einem weißem Gewand.
Gründung im 13. Jahrhundert. Geistliche und militärische Institution.
Die Ritter dieses Ordens bemühten sich um die Rückeroberung Jerusalems und dessen Verteidigung. Nach dem Verlust Palästinas zogen sie sich nach Italien zurück.



Der Lazarus Orden Die Lazarener

Wappen: Grünes Kreuz auf weißem Grund.
Der Lazarus Orden ist ursprünglich eine religiöse Gemeinschaft, die das vor 1142 gegr. Leprosenspital in Jerusalem unterhielt. Der Orden lebte nach der Augustinerregel. Vor der Mitte des 13. Jh. konstituierte er sich in Akkon als geistlicher Ritterorden.



Compagnia della buona morte

Wappen: Weißer Totenkopf vor zwei gekreuzten, weißen Knochen auf schwarzen Grund.

Diese Bruderschaft ist mit den vorher genannten Orden nicht zu vergleichen. Sie wurde 1176 in Italien gegründet und bekämpfte die Anhänger der staufischen Könige in Italien. Unter der Führung von Alberto da Giussano zeichneten sie sich auch durch einige Erfolge aus.




Schlußbemerkungen


Wie lassen sich nun diese eng miteinander verknüpften Phänomene »Kreuzzüge« und »Ritterorden« erklären und deuten?
Warum begann 1096/97 der erste Kreuzzug und nicht schon lange vorher - Jerusalem war 638 von den Muslimen erobert worden. Seit Jahrhunderten waren Pilger nach Jerusalem gekommen, ohne wesentlich von den Arabern gestört zu werden und auch die orientalischen Christen im Heiligen Land waren zwar nicht gleichgestellt mit Muslimen, lebten aber vom Gesetz geschützt und in Frieden.
Um der Kreuzzugsbewegung in ihren Ursprüngen gerecht zu werden, muß man die geistliche Erneuerungsbewegung begreifen; hier hatte der mittelalterliche Mensch die Möglichkeit, sich mit seiner ganzen Kraft für Gott einzusetzen und sicher das ewige Heil zu erlangen; er konnte seinem Leben einen ganz neuen Sinn und eine neue Wendung geben. Das dieses Ideal sehr bald und immer wieder von der Kirche und weltlichen Machthabern mißbraucht wurde, muß ebenso festgestellt werden.
Auch die Ritterorden sollte man unter dem Gesichtspunkt der christlichen Erneuerungsbewegung sehen. Ein Ritter war sich durchaus bewußt, daß sein Leben ein Widerspruch in sich selbst trug; als christlicher Ritter war er verpflichtet Barmherzigkeit zu üben und letztlich sogar seine Feinde zu lieben. Als Ritter an sich, als Gefolgsmann seines Lehnsherren, als Berufskrieger mußte er dagegen immer wieder kämpfen und töten.
Hier mochte ein Leben in einem Ritterorden eine Art seelisches Regulativ darstellen: der Ritter konnte der erlernten »Beschäftigung« nachgehen und war zusätzlich seines Seelenheils sicher. Als eine Art »wahrer Ritter« kämpfte er in einem »Heiligen Krieg« für den höchsten Kriegsherrn, für Gott selbst.























Die Farben der Kreuze die von den Kreuzfahrern getragen wurden




Bis zum dritten Kreuzzug trugen alle Kreuzfahrer ein rotes Kreuz als Feldzeichen. Mit dem Beginn des dritten Kreuzzuges 1189 trugen die Kreuzfahrer die Kreuzfarbe ihres Herkunftslandes.



Herkunft: Kreuzfarbe:

Deutschland schwarz

England weiß

Frankreich rot

Italien gelb

Belgien grün



Die Kreuzzüge


1. Kreuzzug 1095 - 1099 Eroberung Jerusalems

2. Kreuzzug 1146 - 1148

3. Kreuzzug 1189 - 1192 Kreuzzug der Könige

4. Kreuzzug 1199 - 1204

Kinderkreuzzüge 1212

Kreuzzug nach Damiette 1217 - 1221

5. Kreuzzug 1228 - 1229

6. Kreuzzug 1249 - 1254

7. Kreuzzug 1270



Charch schrieb am 18.10. 2000 um 06:18:49 Uhr zu

Mittelalter

Bewertung: 9 Punkt(e)

Die Mode im Hochmittelalter

Seit dem 10. Jh. war die Schicht der »Herrschenden« durch die Kleidung leicht von der Schicht der »Dienenden« zu unterscheiden.

So trugen die weltlichen Herrscher zu Beginn des Hochmittelalters wie z.B. Kaiser Otto III. (+ 1002)(Abb. 5) wie die adligen und geistlichen Herren bevorzugt byzantinische Gewänder. Über ein bis zu den Knöcheln reichendes, hemdartiges Untergewand zog man ein etwas kürzeres Obergewand. Für die Beine gab es lange, enganliegende Strümpfe und für die Füße Schlupfschuhe. In den kälteren Jahreszeiten wurde zudem noch ein langer, viereckiger Mantel benötigt, der wie üblich mit einer Fibel auf der rechten Schulter zusammengehalten wurde. Unter dem Untergewand befand sich bei den vornehmen Herren außerdem noch ein Leinenhemd und unter den Strümpfen eine Leinenunterhose.

Die langen Strümpfe oder Beinlinge wurden durch viele kleine Bändchen, die man in der Modefachsprache »Nesteln« bezeichnet, an einem Gurt, der um die Hüfte gelegt wurde, befestigt (Abb. 6). Nebenbei erwähnt, galt es bis ins 16. Jh. hinein als schick und äußerst modern, ein verschiedenfarbiges oder ein unterschiedlich verarbeitetes Paar Strümpfe zu tragen.

Dem byzantinischen Modevorbild entsprach auch das deutsche Königs- bzw. Kaiserornat, das vom 12. Jh. bis zum Jahre 1806 bei den Krönungsfeierlichkeiten angelegt wurde und aus folgenden Hauptkleidungsstücken bestand: der Dalmatika, der Alba, der Stola und dem Pluviale.

Bei der Dalmatika handelte es sich um ein kostbares violettes Unterkleid, das die Knie bedeckte und am Halsausschnitt mit einer Borte versehen war. Die langen und sich vorn verengenden Ärmel wiesen auf rotem Grund blätterartige Zierate aus Goldfäden und Perlen auf.

Die Alba wurde über die Dalmatika gezogen, war aus weißer Seide und besaß ebenfalls kostbare Säume.

Die Stola war ein langer, schmaler Stoffstreifen aus violetter Seide, der reich mit Perlen und Edelsteinen besetzt war. An ihren beiden Enden befanden sich je drei lange goldene Quasten. Die Stola wurde um den Hals gelegt, auf der Brust gekreuzt und dann unter einem Gürtel befestigt.

Das Pluviale stellte einen halbkreisförmigen, offenen Mantel aus rotem Seidenstoff dar, der mit Taft gefüttert war und bis zu den Füßen reichte. Oben wurde es durch eine goldene Spange und eine Schleife zusammengehalten. Auf der äußeren Rückenseite befand sich in der Mitte - mit Goldfäden eingestickt - ein Lebensbaum, der links bzw. rechts von einem Löwen bzw. einem Kamel flankiert wurde.

Zum Königsornat gehörten zudem noch Handschuhe, Strümpfe, Schuhe und zwei Gürtel.

Die Handschuhe aus Purpurseide waren mit Perlen und Edelsteinen bestickt. Die roten Seidenstrümpfe wiesen am oberen Rand eine Goldborte auf und wurden mittels zweier roter Schnüre am Rutschen gehindert. Die mit Gold und Perlen bestickten Schuhe wurden aus glanzlosem karmesinrotem Atlas hergestellt, und einer der beiden Gürtel war aus mit Goldfäden bestickter Seide, der andere aus vergoldeten Silberfäden gefertigt worden.

Wie die Kaiser oder Könige waren auch die hohen geistlichen Würdenträger byzantinisch gekleidet. Aber im Gegensatz zu den weltlichen Herrschern sind die Bischöfe, Erzbischöfe und Päpste noch heute in dieser mittelalterlichen Tracht zu bewundern. In der folgenden Abbildung (7) wurde der heilige Erasmus (links), der der Legende nach Bischof von Antiochia in Syrien war, in den typischen Gewändern eines Bischofs dargestellt. So befindet sich über seiner bis zum Boden reichenden, weißen Alba die kürzere, rote Dalmatika, über die die goldene Casula gelegt wurde. Auch das Schulter- oder Halstuch wie die Handschuhe, die Manipel und die Mitra fehlen nicht. In seiner rechten Hand hält er, der zu Beginn des 4. Jhs. als Märtyrer starb, die Winde, mit der seine Eingeweide herausgerissen wurden. Mit ihm unterhält sich der heilige Mauritius (rechts), der als Anführer der Thebäischen Legion im Jahre 302 bei einer großen Säuberungsaktion des Heeres in Agaunum enthauptet wurde, weil er sich wie seine Soldaten geweigert hatte, Christen zu töten. Er trägt hier die typische Ritterrüstung des Spätmittelalters, die aus dem Plattenharnisch und dem darunterliegenden Kettenhemd bestand. Nur die weißen Handschuhe passen nicht zum mittelalterlichen Ritter. Und statt der vorhandenen Märtyrerkrone schützte normalerweise der Topfhelm oder die Beckenhaube das ritterliche Haupt.

Die Alba des hohen Geistlichen stellt ein bis zu den Füßen reichendes Unterkleid aus weißem Leinen- oder Seidenstoff dar. Um die Hüfte wird ein bestickter Gürtel, der an seinen beiden Enden kleine Schellen oder Glöckchen aus Gold aufweist, und um den Hals die Stola, ein schmales, oft mit Kreuzen reich geschmücktes Band aus Wolle oder Seide, gelegt. Letzteres reicht bis zu den Füßen und wird vor der Brust gekreuzt und unter den Albagürtel geführt. Unter der Alba befindet sich noch ein rechteckiges Tuch, das sogenannte Hals- oder Schultertuch, das die Schultern bedeckt.

Über der Alba und der Stola werden ein oder zwei hemdartige Überziehkleider getragen, die Dalmatika und die Tunicella. Gewöhnlich ist die rote Dalmatika länger als die weiße Tunicella. Wenn beide Gewänder getragen werden, liegt die Dalmatika über der Tunicella.

Die Casula, ein ringsum geschlossener, glockenförmiger Umhang, ist ein ausschließliches Meßgewand und wird zusammen mit dem Pallium getragen, einer mit Kreuzeszeichen geschmückten Binde, die über die Casula gelegt wird.

Das Pluviale, der vorne offene, ursprünglich mit Kapuze versehene Umhang, wird nur auf Prozessionen getragen.

Und dann gibt es noch den Chorrock, der der Alba gleicht, aber meistens nur bis zu den Knien reicht.

Zusätzlich gehören zur Kleidung des hohen Geistlichen noch lange Strümpfe aus violetter Seide oder Samt, die durch spezielle Bänder an den Knien vor dem Rutschen gehindert werden, und ein Paar geschlossene Lederhalbschuhe, die mit Goldstickereien, Edelsteinen und Perlen versehen sind.

Außerdem wird noch die Manipel, ein schmales Band, als bloßes Ornament über dem Arm getragen. Sie soll sich aus dem antiken Schweißtuch oder Handtuch entwickelt haben, das die Priester benutzen mußten, um liturgische Gefäße, die mit bloßen Fingern nicht berührt werden durften, anzufassen.

Die Hände verschwinden unter Handschuhen, die laut einer kirchlichen Verordnung keine Naht aufweisen dürfen. Sie werden deshalb im allgemeinen in einem Stück aus purpurfarbener Seide angefertigt und besitzen auf der Oberseite häufig ein eingesticktes Kreuz.

Auch der Kopf muß bedeckt werden. Im Frühmittelalter trugen die hohen Geistlichen eine einfache Rundkappe. Erst in der zweiten Hälfte des 12. Jhs. führte man die noch heute übliche Bischofs- und Erzbischofsmütze, die Mitra, ein. Von dieser Mützenform, die im Scheitelpunkt tief eingesunken ist, hängen zwei gleichlange Bänder herab. Gewöhnlich ist die Mitra schlicht weiß. Nur bei höheren Kirchenfesten wird eine perlen- und goldbestickte Variante aufgesetzt.

Die Priester, die »weihe-rangmäßig« unter den Bischöfen stehen, dürfen von diesen genannten Kleidungsstücken das Pluviale nicht tragen; den Diakonen, die sich »weihe-rangmäßig« noch unter den Priestern befinden, ist außerdem das Tragen der Casula verboten.

Die geistlichen »Herrscher«, auch Päpste genannt, waren - wie den vorherigen Beschreibungen zu entnehmen ist - nicht nur wie die weltlichen Herrscher gekleidet, sondern besaßen wie diese ebenfalls eine Krone: die Tiara (Abb. 8), die über die Mitra mit ihren herabhängenden Bändern gesetzt wird.

Die mittelalterliche Kleidung der Mönche und Nonnen hat sich wie die der Kleriker ebenfalls nicht geändert und ist auch noch heute bei ihren verschiedenen Vertretern anzutreffen.

Die Gewänder der Mönche sind die Kutte, das Skapulier und die Kukulle.

Die bis zu den Füßen reichende Kutte gleicht einer römischen Tunika mit langen schmalen Ärmeln. Um sie wird im Bereich der Hüfte ein Ledergürtel gebunden. Das ebenfalls bis zu den Füßen reichende, weite Skapulier besteht aus zwei Stoffstreifen, die brust- und rückwärts herabfallen, und einer angenähten Kapuze. Die Kukulle, der große Ausgehmantel mit Kapuze, ist ringsum geschlossen und besitzt sehr weite Ärmel.

Die Kutte und das Skapulier stellten die gewöhnliche Haus- und Arbeitskleidung der Mönche dar. Nur wer das Kloster im Auftrag des Abtes verließ, erhielt die Kukulle.

Jeder Mönch bekam zwei Kutten, zwei Skapuliere und zwei Kukullen ausgehändigt, damit er, wenn er eines dieser Kleidungsstücke an den entsprechenden Waschtagen reinigen wollte, noch ein zweites zum Anziehen besaß. Im Sommer bot sich diese Waschgelegenheit alle drei, im Winter alle vier Wochen. Die Kutten, Skapuliere und Kukullen wurden für den Sommer aus leichten, für den Winter aus dicken, wolligen Stoffen gefertigt.

Je nach der Jahreszeit erhielten die Mönche zudem Sandalen oder geschlossenes Schuhzeug.

Die einzelnen Mönchsorden ließen und lassen sich kleidungsmäßig hauptsächlich auf Grund ihrer gewählten Farben unterscheiden. So trugen die Benediktiner die schwarze, die Zisterzienser, die Dominikaner, die Kartäuser die weiße, die Franziskaner die braune Ordenstracht. Zusätzlich gaben bzw. geben die Größe der Kapuze, die Weite des Skapuliers u.ä. noch nähere Auskünfte. So waren die weißgekleideten Kartäuser z.B. durch ihre übergroße Kapuze von anderen weißgekleideten Ordensbrüdern leicht zu unterscheiden.

Grundsätzlich besaßen alle Mönche die Tonsur. Im Abendland trug man die »Petrus-Tonsur«, bei der ein Kranz von Haaren übrig blieb. Im Morgenland gab es die Totalrasur, und die iroschottischen Brüder waren an ihrer »Jakobs-Tonsur« zu erkennen, bei der nur der vordere Teil des Kopfhaares wegrasiert wurde.

Die Nonnen - nehmen wir hier als Beispiel die Zisterzienserinnen - trugen einen weißen Ärmelrock, der bis eine Handbreit über dem Boden reichte, darüber das etwas kürzere schwarze Skapulier, das schürzenartig über Brust und Rücken lag und die obligatorische Kapuze besaß, und die weiße Kukulle, die glockenartig bis zu den Knöcheln fiel und mit überlangen und überweiten Ärmeln und einer Kapuze versehen war. Über das Haar wurde ein weißes Kopftuch gelegt, und schließlich verhüllte man noch den gesamten Kopf- und Halsbereich mit einem schwarzen Schleier.

Und wie sah es bei den adligen Damen im 10. und 11. Jh. modemäßig aus?

Hier bestimmte die Gattin des deutschen Kaisers Otto II., die byzantinische Prinzessin Theophanu (+ 991), was »in« war.

So wurde das Oberkleid kürzer, und dessen bisher enganliegenden, glatten Ärmel entwickelten sich zu weiten Hängeärmeln, die zuweilen bis zum Boden reichten.

Außerdem trug man nun in den gehobenen Kreisen sowohl bei den Damen wie auch bei den Herren die Kleider und die Schuhe in leuchtenden Farben. Wenn man sich als besonders vornehm geben wollte, empfahl es sich, seine Gewänder in Rot oder Dunkelviolett zu wählen. Auch der kostbare Schmuck mußte bunt sein. Edelsteine und Perlen schmückten den Hals und die Finger. Außerdem wurden sie noch reichlich auf die Gewänder genäht bzw. gestickt.

Und was trug die »dienende« Bevölkerungsschicht?

Der Mann aus dem Volk war stolz, wenn er sich lange erdfarbene Hosen leisten konnte. Normalerweise hatte er sich mit einem meist erdfarbenen hemdartigen Leibrock zu begnügen, während sich die Frauen erdfarbene hemdartige Kleider anfertigten.

Im 11. Jh. wurde die adlige Mode wiederum durch eine Frau besonders stark beeinflußt. Es handelte sich diesmal um die Gemahlin Heinrichs III., die Französin Agnes von Poitou (+ 1077). Durch sie verloren die bisher immer noch sackartig wirkenden Gewänder völlig an Attraktion. Statt dessen wurden ihre den Körperbau betonenden Kleider sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern sehr gefragt.

Über einem leinenen Unterhemd trugen die adligen Damen ihre farbigen Unterkleider, deren Ärmel wie bisher eng zugeschnitten waren und bis zum Handgelenk reichten. Diese Unterkleiderärmel wurden wie die Oberkleiderärmel mittels kleiner Bänder im Bereich der Armhöhlen mit den Unter- bzw. Oberkleidern verbunden. So konnten sie leicht ausgewechselt, separat vom Kleid gewaschen oder verschenkt werden. Denn als Liebespfand in den Turnieren waren sie heißbegehrte Souvenirs!

Angefertigt wurden die Unterkleider der adligen Damen im allgemeinen aus kostbarer Seide. Die Kleider der Bäuerinnen waren dagegen stets aus Wolle oder Leinen.

Mit den Oberkleidern, die über den Unterkleidern getragen wurden, betrieben die reichen Damen noch mehr Aufwand und Luxus. Sie wurden im 12. Jh. so eng zugeschnitten, daß man bei den Frauen die Brüste - beliebt waren kleine feste Brüste - nicht übersehen konnte. Von der ebenfalls enggefaßten Taille sollte das meist sehr bunte Obergewand in weiten Falten bis zu den Füßen herabfallen. Als Stoffe wurden für diese kostbaren Gewänder Atlas, Barchent, Brokat, Damast, Purpur, Samt oder Scharlach gewählt.

Atlas ist ein glatter Seidenstoff - Barchent, ein auf einer Seite aufgerauhter Baumwollstoff - Brokat, ein schwerer, reich gemusterter Seidenstoff, der Gold- und Silberfäden enthält, - Damast, ein kostbarer Stoff mit eingewebten Bildern - Purpur, ein in allen Farben zu erstehendes, kostbares Seidengewebe - Samt, ein kostbares Seiden-, Woll-, Baumwoll- oder Leinengewebe, das im Mittelalter nicht, wie wir es heute kennen, eine angerauhte Oberfläche aufwies, sondern wie Atlas glatt und schwerfallend war, - Scharlach, ein kostbarer Schafswollstoff, der in den Farben Rot, Weiß, Braun, Blaugrün und gestreift zu erstehen war.

Unter- und Oberkleider wurden grundsätzlich immer in verschiedenen Farben getragen. Zudem fielen die Oberkleider oft recht bunt aus oder waren in zwei Farbbereiche geteilt. So konnte die linke Seite des Gewandes grün und die rechte rot sein. Apropos Farben! Im Mittelalter hatte jede Farbe ihre ganz spezielle Bedeutung. Die rote Farbe war, wie schon erwähnt, besonders beliebt. Bereits bei den Germanen galt sie als Farbe des Rechtes.

Jede Farbe besaß auch in der »Liebesskala« ihren ganz besonderen Wert. So konnte der verliebte Ritter anhand der Kleiderfarben seiner Angebeteten deutlich erkennen, wie groß seine Chancen waren. Rot bedeutete Freude, Ehre und »brennende Liebe«, Grün »der Liebe Anfang« oder Verliebtheit, Blau »der Liebe Stetigkeit« oder die Treue, Grau »der Liebe Trauer«, Schwarz »der Liebe Ende« oder »des Leides Anfang und der Freude Ende«.

Weiß war die Farbe der Jungfrauen, der Unschuld und der Reinheit des Herzens. Gelb, das ursprünglich mit »erfüllter Liebe« gleichzusetzen war, wurde im Hochmittelalter zur Farbe der Prostituierten und Juden. Grün wurde im Spätmittelalter sogar zur Teufels- und Hexenfarbe abgewertet.

Auch Farbkominbationen »sprachen Bände«! Grün-Blau war gleichzusetzen mit »Anfang in der Stetigkeit«, Weiß-Blau mit »stets gutes Gedenken«, Grün-Schwarz mit »das Leiden folgt unverhofft auf erwartungsvollen Beginn« und Schwarz-Rot mit »der grausame Mord der schönsten Liebe«.

Unter den Kleidern trugen die Damen wie die Herren Strümpfe, die unterhalb des Knies mit Bändern gehalten wurden.

Während für die Bauern mittlerweile schwarzes und graublaues »Zeug« vorgeschrieben war, durften sich außer den Adligen auch die Geistlichen an den farbenprächtigen Gewändern erfreuen, bis - ja bis ihnen im 13. Jh. dies strikt untersagt wurde. So ordnete ein Kölner Konzil im Jahre 1281 an, daß es für Kirchenangehörige nicht erlaubt sein sollte, rote und grüne Stoffe, Schmuckärmel und Schnürschuhe zu tragen. Aber was bewirkten im Mittelalter schon Verbote! Die hohen Geistlichen jedenfalls ließen sich nicht einschüchtern.

Die Adligen fütterten ihre farbigen Obergewänder und Mäntel schließlich innen noch mit Pelzen vom Eichhörnchen, Fuchs, Iltis, Kaninchen, Lamm oder Schaf, Marder, Wasserwiesel, Fischotter oder mit gefärbten Stoffen.

Den fürstlichen Herrschaften blieben die Zobel- und Hermelinpelze und das »Schwanenfell« vorbehalten. Beim letzteren handelt es sich um die abgezogene, nach einem bestimmten Verfahren bearbeitete Haut einer Schwanenart, die sich durch besonders weiche Flaumfedern auszeichnete. Diese so präparierte Schwanenhaut wurde als kostbarer Besatz oder als Innenfutter verwendet.

Die langen Mäntel von halbrunder Form wurden im 12. und 13. Jh. nicht mehr wie bisher auf der rechten Schulter gefibelt, sondern durch eine Schnur oder eine kleine Kette vorne am Hals zusammengehalten. Die Schnüre oder Ketten führten zu zwei Schmuckstücken am Mantel, die großen Broschen glichen und Tasseln genannt wurden. Nach ihnen erhielt dieser Mantel die Bezeichnung Tasselmantel. Die Spange des Mantels war - nebenbei erwähnt - eine Art Abzeichen der Ehrbarkeit. In Marseille z.B. war es leichten Frauenzimmern verboten, mit Spangen besetzte Mäntel zu tragen.

Sehr oft sieht man bei Statuen des 12. und 13. Jhs., wie die vornehme Dame zwei Finger in die Schnur dieses Tasselmantels legt. Neben dem Aufraffen des Mantels galt diese Geste als »Haltung höchsten Schicks« (Abb. 9)!

Apropos Mantel! Im Mittelalter besaß der Mantel gerade im Rechtsbereich eine besondere, symbolische Bedeutung. So war es seit dem 13. Jh. in Deutschland üblich, voreheliche Kinder während des Trauungsaktes unter den Mantel oder den Schleier der Mutter treten zu lassen, damit sie zu ehelichen Kindern wurden (Mantelkinder).

Bis weit ins 12. Jh. hinein wurden die oben beschriebenen Kleidungsstücke von den Frauen zu Hause angefertigt. Auch die adligen Damen stellten zumindest ihre Unterkleider selbst her. Erst als die Modelle zu kompliziert wurden, waren Spezialisten, die Schneider, gefragt.

Die Gewänder der adligen Herren waren im 12. und 13. Jh. ebenso kostbar, bunt und raffiniert wie die der Damen. Auch sie trugen Oberkleider, die im oberen Teil eng zugeschnitten waren und unten in Falten zum Boden herabfielen. Lange Hängeärmel und Schnürbänder an den Seiten des Oberteiles waren bei ihnen und selbst bei den Mönchen sehr begehrt! Festkleider wurden z.T. noch zusätzlich mit Tausenden von Perlen und kostbaren Steinen besetzt. Kostbare Hüte und Hauben wurden mit Rubinen, Smaragden, Diamanten und Perlen verziert. Karl der Kühne (+ 1477), Herzog von Burgund, überraschte 1471 seine Frau mit einem Hut, der aus 600 großen und kleinen Perlen und unzähligen kleinsten Steinchen zusammengestellt worden war. Auch der Gürtel, den Männer und Frauen trugen, wurde oft reichlichst mit Edelsteinen und Perlen verziert. Dabei waren echte Perlen, die damals am Persischen Golf von Perlenfischern gewonnen wurden, selbst für viele Adlige unerschwinglich. Als Ersatz dienten ihnen Glasperlen aus Venedig, die von Glasmachern hergestellt wurden.

Wie der Mantel besaß auch der Gürtel im Mittelalter im Rechtsbereich seine symbolische Bedeutung. Wenn ein Verurteilter z.B. des Landes verwiesen wurde, hatte er seine Schuhe und seinen Gürtel abzulegen. Zum Zeichen ihrer Unterwerfung mußten Besiegte ihre Gürtel dem Sieger übergeben. Der Brautgürtel wurde der Ehefrau am Hochzeitstag von ihrem Gatten abgenommen, der seine Gattin durch diesen Akt völlig in seinen Besitz nahm. Eine Witwe konnte sich der Schulden ihres toten Mannes entledigen, indem sie ihren Gürtel oder ihren Mantel auf die Bahre oder das Grab des Ehemannes legte.

Neben dem Aussuchen kostbarer Stoffe und dem Anfertigenlassen prächtiger Gewänder wandten die adligen Herren und Damen viel Zeit für ihr Haar auf. Im 12. Jh. waren bei den Männern wieder längere Frisuren gefragt, die aber nicht über die Schultern reichen sollten. Mit Eiweiß und Brenneisen versuchte man auch die Haarsträhnen an der Stirn in künstliche Locken zu legen. Für kahlköpfige Herren wurden Perücken hergestellt. Besonders begehrt war dabei die blonde Haarfarbe mit einem Stich ins Rötliche. Wer zu dünnes Haar besaß, konnte eine größere Fülle vortäuschen, indem er zusätzlich gelbe Seide oder Goldfäden ins eigene Haar hineinflocht. Männer mit besonders dicken und langen Haaren ließen sich sogar Zöpfe flechten.

Die Barttracht der Herren war vom Alter abhängig. Junge Adlige waren in der Regel bartlos. Erst die Männer mittleren Alters zeigten sich mit dem vornehm gestutzten Kinn- oder dem Schnurrbart. Die älteren Herren bevorzugten den Vollbart, der zuweilen in Zöpfe geflochten oder mit Goldfäden versetzt wurde.

Für die Männer aus dem Volk war dagegen kurzes Haar vorgeschrieben.

Die adligen Frauen bedienten sich ebenfalls des Brenneisens, um ihre Haare in Locken fallen zu lassen. Junge Mädchen durften ihr Haar offen tragen. Sie schmückten es mit Blumenkränzen, Krönchen und Metallreifen oder zogen bunte Bänder durch die Haarsträhnen.

Die verheiratete Frau hatte dagegen auf Anordnung der Kirche hin in der Öffentlichkeit ihre Haare unter einem Schleier zu verbergen. Im karolingischen (8. - 10. Jh.) und ottonischen Zeitalter (10. - 11. Jh.) trugen die Ehefrauen lange, faltenreiche Schleier aus durchsichtigen Stoffen, so daß das Haar darunter immerhin noch zu erkennen war. Im 12. Jh. wurde eine neue Kopfbedeckung, das Gebende, modern. Da dessen schmale Tuchbänder fest um die Wangen und das Kinn gebunden wurden, fiel den Frauen von nun an das Sprechen, Lachen, Essen und Küssen recht schwer (Abb. 10).

Neben dem Gebende gab es noch den Wimpel (Abb. 11). Beide Kopfbedeckungen wurden vorzugsweise aus weißem Leinen hergestellt.

Auch das Haar hatte im Mittelalter Rechtssymbolkraft. Das Weiterwachsen der Haare noch gewisse Zeit über den Tod hinaus, ließ es zu etwas Geheimnisvollen werden, zu einem Sitz magischer Kräfte. So verstärkten friesische Männer ihre Schwüre, indem sie z.B. die linke Hand auf ihr Haar legten.

Nach bayerischem und schwäbischem Recht leistete eine Frau den Eid, indem sie mit den Fingern der rechten Hand den über der Brust herabhängenden Haarzopf berührte. Das Abschneiden und die Übergabe von Haar wurden als Zeichen der Unterwerfung betrachtet. Gefangenen Feinden schor man deshalb das Haupthaar. Die Tonsur der Mönche symbolisierte ihre Unterwerfung unter die Regeln des gewählten Ordens.

Die adligen Herren - ob verheiratet oder nicht - schmückten ihre Haare wie die unverheirateten Mädchen mit Blumenkränzen und Metallreifen. Besonders geschätzt wurde als Kopfbedeckung jedoch der Pfauenhut. Hierbei handelte es sich um ein Tuchgestell, das ganz mit Pfauenfedern bedeckt wurde.

Auf die Wahl der »richtigen« Schuhe legten sowohl die adligen Herren als auch die Damen großen Wert, obwohl es beim weiblichen Geschlecht für unschicklich und ordinär galt, Fuß zu zeigen.

Die Halbschuhe oder kurzen Halbstiefel, die im 12. und 13. Jh. getragen wurden, waren aus schwarzem oder farbigem Leder oder aus Stoffen wie Brokat gefertigt worden. An ihren Innenseiten befanden sich Spangen- oder Schnürverschlüsse, und vorne endeten sie mehr oder minder spitz.

Die Hände verschwanden unter kostbaren, oft weißen Handschuhen. Natürlich besaßen auch die Handschuhe im Mittelalter eine symbolische Bedeutung und zwar ganz speziell im Lehnswesen und im Marktrecht. So kann man aus dem Sachsenspiegel, dem bedeutendsten Rechtsbuch des Mittelalters, das um 1220 geschrieben wurde, folgendes erfahren:
»Kein Ort dürfe einen Markt errichten, es sei denn, der König sende seinen rechten Handschuh als Zeichen des Rechtsbannes und seines Schutzes.«

Schließlich darf im Hochmittelalter auf keinen Fall die Ritterrüstung unerwähnt bleiben.

Im 12. Jh. begnügten sich die adligen Krieger noch mit einem Ringpanzer, der aus einem mehrschichtigen Geflecht von zusammengenieteten, zusammengeschweißten und ausgestanzten Ringen bestand. Dieser Panzer reichte etwa bis zu den Knien und war mit Ärmeln und oft auch mit Fäustlingen versehen. Letztere wurden, um ein Wundscheuern der Finger zu verhindern, innen mit Leder überzogen. Aus dem gleichen Grund trug man unter den Ringpanzern zusätzlich noch einen gesteppten Wams. Für die noch ungeschützten Körperteile wie den Kopf, den Hals, die Unterschenkel und die Füße gab es noch weitere Panzerteile. So wurde der Hals z.B. durch einen dicken, gepolsterten Stehkragen geschützt.

Für den Kopf stand anfänglich der Rund- oder Spitzhelm zur Verfügung. Erst im 13. Jh. kamen die schweren Topfhelme (Abb. 12) mit ihren Sehschlitzen in Mode, unter denen die Männer - um Verletzungen allein schon vom bloßen Tragen zu entgehen - noch gesteppte Kappen aufsetzen mußten. Die Hauptwaffen des Ritters waren die Lanze und das zweischneidige, ungefähr 80 - 90 cm lange Schwert. Letztere Waffe konnte schreckliche Verletzungen verursachen und Männer mit einem Schlag von der Schulter bis zum Oberschenkelknochen zerfetzen. Da die Ritter aus Schutzgründen immer mehr unter ihren Rüstungen verschwanden, und es im Kriegsfall schwierig wurde, Freund und Feind zu unterscheiden, gelangte die Wappenkunde zur Blüte. Anhand der Wappen konnte man nun erkennen, um welchen Herrn es sich unter der Ritterrüstung handelte. Angebracht wurden diese Abzeichen auf den Waffenröcken, die über die Rüstungen angelegt wurden, auf dem Schild, auf der Schabracke (Decke des Pferdes) und manchmal auf dem Helm als Helmzier (Abb. 13).

Diese Helmzier, die außer dem Familienwappen auch Tiere, Tierkörperteile, Pflanzen, sogar Frauen (Abb. 14) darstellen konnte, wurde aus Holz, Leder, Leinen oder Pergament angefertigt und war z.T. sehr bunt bemalt oder sogar vergoldet.

Die Kleidung der Bauern und der ersten Bürger bestand im 12. und 13. Jh. im Gegensatz zu den adligen Herrschaften immer noch aus den kurzen Hemdröcken und den engen oder weiten Hosen. Einige von ihnen konnten sich noch einen Umhang, der »Glocke« genannt wurde und oft mit einer Kapuze versehen war, leisten. Die meisten Bauern und Bürger begnügten sich jedoch mit der Gugel (Abb. 15), einer an einem breiten Schulterkragen befestigten Kapuze. Ihre Frauen gaben sich wie bisher mit ihren Hemdkleidern zufrieden. Als Schuhe standen den Bauern und Handwerkern - wenn diese sich überhaupt welche leisten konnten - geknöpfte oder geschnürte Halbstiefel zur Auswahl. Viele von ihnen hatten jedoch barfüßig ihrer Arbeit nachzugehen.

Bei den Adligen dagegen wurde im 12. Jh. eine neue Schuhform »hochmodern«: der Schnabelschuh (Abb. 16).

Angeblich soll ein gewisser Graf Fulko IV. von Anjou (+ 1109) diese Schuhform erfunden haben, um seine deformierten Füße in ihnen verbergen zu können.

Eine absolut neue Erfindung war der Schnabelschuh jedoch nicht. Diese Schuhform wurde schon seit langem im Orient getragen. Wahrscheinlich gelangte er mit anderen morgenländischen Kulturgütern durch die Kreuzzüge nach Europa. Neu an den »abendländischen« Schnabelschuhen war nur, das zum erstenmal ein rechter und ein linker Schuh unterschieden werden konnte. Diese Unterscheidung gab es bei den mittelalterlichen Schuhen bisher noch nicht!

Die im Laufe der Jahrzehnte immer länger werdende Spitze des Schnabelschuhs wurde mit Werg, also mit den Zubereitungsabfällen von Flachs, Hanf usw., ausgestopft. Gefertigt wurden sie in den Materialien Leder oder Samt. Kostbare Schnabelschuhe wurden zusätzlich noch mit Perlen oder Goldstücken verziert. Als besonders »schick« hielt man ein unterschiedlich gefärbtes Paar. Vielleicht am linken Fuß ein blauer, am rechten Fuß ein roter Schuh?

Selbst die Ritter konnten auf ihre eisernen Schnabelschuhe nicht verzichten. Die eisernen Spitzen, die erst nach dem Aufsitzen zu Pferde angesteckt wurden, mußten beim Gehen oder Kämpfen jedoch entfernt werden, da man mit ihnen kaum vorwärts kam, geschweige denn fliehen konnte. Ja das Gehen mit Schnabelschuhen hatte so seine Tücken! Auch die Zivilbevölkerung konnte davon ein Lied singen! Um beim etwas schnelleren Vorwärtsschreiten nicht ständig über die eigenen Füße zu fallen, halfen sich pfiffige Leute, indem sie die Spitzen ihrer Schuhe mittels eines Kettchens am Knie »hochbanden«.

Um die teuren Schuhe vor dem Dreck und Schlamm der mittelalterlichen Straßen zu schützen, gab es zusätzlich noch die Trippen (Abb. 17), aus Holz gefertigte Unterschuhe, die unter ihrer Sohle häufig zwei absatzartige Verstärkungen aufwiesen. Die Trippen, die unter den eigentlichen Schuhen getragen wurden, konnten durch Lederriemen am Fuß befestigt werden. Schnabelschuhe und Trippen ließen bei ihren Trägern oder Trägerinnen jedoch nur einen trippelnden Gang - wie bei den Chinesinnen bis zu Beginn des 20. Jhs. oder traditionsbewußten Japanerinnen - zu. Zunächst war der Schnabelschuh nur dem Adel vorbehalten, aber schon bald wurde er auch von Patriziern, von Geistlichen, sogar von Handwerkern, Knechten und Bauern getragen. Im 14. Jh. sah sich die Obrigkeit deshalb gezwungen, in Kleiderordnungen wiederholt gegen die Auswüchse und vor allem gegen die Länge der Schnäbel vorzugehen. Es wurden sogar für einige Stände Beschränkungen und Kaufverbote angeordnet, die jedoch nichts änderten.

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