Einige überdurchschnittlich positiv bewertete
Assoziationen zu »Mittelalter«
Charch schrieb am 4.1. 2001 um 19:05:00 Uhr zu
Bewertung: 7 Punkt(e)
HERALDIK
Wappenkunde
Das Wort Wappen leitet sich von Waffen ab, sein Ursprung ist der Kampf in Rüstungen, die Freund und Feind unkenntlich machten.
Seit dem Anfang des 12.Jhs. begannen die Ritter im Kampf und Turnier unterschiedliche Farben und Abzeichen zu führen, damit Freund und Feind sie weithin sichtbar, erkennen und unterscheiden konnten. Daraus entwickelte sich am Ende des 12. Jhs. die Wappen.
Bei einer Wappenbeschreibung (Blasonierung) wird ein Wappen immer aus der Sicht des Schildträgers beschrieben. (Rechts - lat. dexter - links - lat. senestre).
Die Heraldik kennt nur bestimmte Farben. Diese teilen sich in Metalle und Tinkturen auf.
Tinkturen: Metalle: In der Buchmalerei golden oder silbern dargestellt.
rot (frz. gules) gold (frz. or)
blau (frz. azure) gelb dargestellt.
grün vert) (silber (frz argent)
schwarz (sable) weiß dargestellt.
Andere Farbtöne durften nicht verwendet werden.
Die wichtigste Regel der Heraldik besagt, daß nie Tinktur auf Tinktur oder Metall auf Metall gesetzt werden durfte. Das Nebeneinander der Tinkturen und Metalle ist nicht zu vermeiden, wenn etwa drei Felder aneinanderstoßen wie z.B. beim Deichselschnitt oder bei halbgespalten und geteilt oder bei gespalten und halbgeteilt.
Da es sich für den Erben anbot, das Wappen des Vaters, daß durch lebenslangen Gebrauch schon mit dem Geschlecht in Verbindung gebracht wurde beizubehalten, entstanden erbliche Familienwappen.
Da immer nur das derzeitige Familienoberhaupt das Stammwappen führen durfte, änderten alle anderen männlichen Familienmitglieder das Wappen ab. Sie »brachen« es (frz. - briser). Eine der häufigsten Form der Brisüre war der Farbwechsel unter Beibehaltung des Wappenmotives. Sehr beliebt waren auch drei - oder fünflätzige Turnierkragen. Diese wurden im oberen Drittel über das Stammwappen gelegt. Jedes Familienmitglied brach das Stammwappen durch ein eigenes Beizeichen oder eigene Farbgebung, so das jeder sein eigenes nur ihm zuzuordnende Wappen führte. Nach dem Tod des Familienoberhauptes legte sein Nachfolger, meist der älteste Sohn, seine Brisüre ab und führte von diesem Zeitpunkt an das Stammwappen.
Auch Querstäbe oder Schrägfäden wurden als Brisierung über das Stammwappen gelegt. Fanden diese Wappenbeibeizeichen ab dem 15. Jh. eine häufige Verwendung für illegitim geborene Nachkommen, ist im 13. Jh. diese Bedeutung noch nicht üblich. Vielmehr trifft man diese Beigaben bei sich von der Hauptlinie abspaltende jüngere Familienzweigen an, die diese Beizeichen zum festen Bestandteil ihres neuen Stammwappens machten.
Auch Vasallen und Ministerialen, nahmen ähnliche Wappen an, wie sie ihre Herren führten.
Ein Beispiel, um dem Wappen seines Herrn, ein eigenes Wappen hinzufügen besteht in der Anwendung eines gevierten Wappens. In den Feldern 1 und 4 ist das Wappen des Herren angebracht, während in den Felder 2 und 3 das eigene Wappen dargestellt wird.
Heraldische Kreuzformen:
Weckenkreuz Antoniuskreuz Krückkreuz Kugelkreuz geschweiftes Prankenkreuz
Wiederkreuz Lilienkreuz Kalvarienkreuz Kleeblattkreuz
Fußspitzkreuz Andreaskreuz Balkenkreuz Ankerkreuz
Patriarchenkreuz oder Lothringer Kreuz
Pelzwerksymbole traten nie als Einzelzeichen in Wappen auf. Vielmehr waren Wappenflächen mit ihnen bestückt. (Heraldisch - besät)
Pelzwerksymbole:
Hermelin Eisenhutfeh Wolkenfeh
Auf Bannern, Waffenröcken und Kuvertüren zeigen unsymmetrische Wappenzeichen wie z.B. Löwen, Adler und Greifen immer nach vorne.
Die Trennung der Farben und Metalle geschieht durch Schnitte. Das Ergebnis sind Heroldsbilder oder Heroldsstücke. Die Verdoppelung einer Teilung oder Spaltung ergibt bei zwei Farben einen Balken bzw. einen Pfahl (Heroldsbild) Kommen aber drei Farben vor bleibt es eine einfache Teilung (Heroldsstück).
Beispiel: Ein Wappen mit zwei Pfählen = Heroldsbild
Ein Wappen drei, oder fünfmal gespalten = Heroldsstück.
Wappenbilder enthalten auf einer ungeteilten Grundfarbe eine oder mehrere Figuren.
Charch schrieb am 31.8. 2000 um 19:34:16 Uhr zu
Bewertung: 9 Punkt(e)
Das Pferd im Mittelalter
Die Pferde im Hochmittelalter sind vergleichbar mit leichten oder mittelschweren Jagdpferden. Sie hatten ein Stockmaß bis ca. 1,50m, waren also verhältnismäßig klein. Man unterscheidet zwischen dem gewöhnlichen Reitpferd, dem Palafridus und dem Dexstrarius, das als Streitross bei Kampfhandlungen geritten wurde. Der Dexstrarius war so agressiv, daß er beißend und tretend in die Schlachtreihe einbrach, er hatte jedoch den Nachteil, daß er schnell ermüdete.
In der Schlacht wurden Hengste geritten. Diese wurden auf Menschenmassen, Fahnen, Lärm und Anrempelungen geschult.
Für Sendboten standen schnelle Pferde (curriles equi) zu Verfügung.
Der Zelter, der im Paß gehen konnte, wurde besonders von den adligen Frauen geschätzt.
Die Pferde des Ritters: l Palafridus als Reitpferd
l Dexstrarius als Streitross bei Kampfhandlungen
l Ein Packpferd (roncinus) oder Maultier und
l ein bis zwei berittene Knappen.
Die Pferdeausrüstung
Das Zaumzeug wurde aus Leder hergestellt. Hebelstangentrensen (Kandaren) waren gebräuchlich.
Der Krippensattel ist aus Holz mit Leder überzogen. Der hintere Sattelbogen ist nach vorne gebogen und umschließt die Hüfte des Reiters um den Ritter einen festen Sitz zu geben. Der vordere Sattelbogen ist kleiner als der Hintere. Er kann gerade oder nach hinten gebogen sein.
Besonders wichtig war der Brustriemen, der verhinderte, das der Sattel beim Aufprall nach hinten rutschte.
Steigbügel hatten einen geraden oder halbrunden Steg. Der Bügel ist rund oder leicht geschweift.
Die Pferdedecke (Kuvertüre) ist zweiteilig und wird am dazwischen liegenden Sattel befestigt. Sie reicht bis zu den Fesselgelenken und ist heraldisch geschmückt.
Die Pferdepanzerung (isine kovertiure) ist seit 1187 bezeugt.
Die Geschichte der Reitkunst - (Mittelalter).
HISTORIE - Die Schlachtrosse der Könige.
Ein Lichtstrahl im »dunklen Zeitalter«.
Höfische Kultur - Joachim Bumke
Josef Fleckenstein - Der Ritter in der Stauferzeit
Charch schrieb am 3.9. 2000 um 02:26:20 Uhr zu
Bewertung: 10 Punkt(e)
Hygiene im Mittelalter?
Na, das ist sehr differenziert zu betrachten, sowohl chronologisch als auch räumlich.
In den meisten Dörfern gab es öffentliche Bäder, gesiedelt wurde ohnehin weitgehend in der Nähe von Gewässern. In den Burgen sind in aller Regel Badeeinrichtungen verbürgt.
Gleiches gilt für die Klöster. Hier sind sogar Baderegeln überliefert (im Rahmen von Constitudines, die zum Teil noch aussagekräftiger und eingehender sind als die der benediktinischen Ordensregel).
In epidemischem Sinne verbreiteten sich die meisten der bekannten Krankheiten (es waren insgesamt nur fünf Seuchenzüge,) erst relativ spät.
Ab dem vierten Jahrhundert gab es allerdings Fälle von AUSSATZ (Lepra), in Nord-, Ost- und Mitteldeutschland aber erst seit dem 13. Jahrhundert!
Pesteinbrüche gab es im 6. Jahrhundert, die sogannte PEST DES JUSTINIAN,
die aber nur (von Süden) bis nach Trier vordrang und im
14. Jahrhundert den SCHWARZEN TOD, eine seiner möglichen Verlaufsformen war di Bubonenpest (Beulenpest).
Sehr spät im Mittelalter, nämlich 1485 trat, zunächst in England, der »Englische Schweiß« auf. Erst in der Frührenaissance (1529) erreichte diese Krankheit den deutschen Sprachraum.
Als kaum noch mittelalterlich, nämlich weil erst um 1493 nach Europa und 1495 nach Deutschland eingeschleppt, kann man die »«Mal Franzoso" - die französische Krankheit, auch auch oletum (Gestank) oder BLATTERN genannt, bezeichnen.
Das Mittelalter war keinesfalls »golden«, romantisch und schön, aber es gab nicht nur Seuchen, (das 20. Jahrhundert definieren wir ja auch nicht nur über AIDS, Polio und Krebs), sondern viele, viele, viele andere Aspekte des Lebens, wie zum Beispiel der soziale Aufstieg vorher rechtlich abhängiger Schichten (Ministeriale), die Entwicklung weiterer freier Stände, im Hochmittelalter, eine relative rechtliche und soziale Aufwertung der Frau (ebenfalls im Hochmittelalter), eine Verbesserung des Klimas, einhergehend mit agrarischen Revolutionen, wie der Einführung von Dreschflegel und Radpflug und der Dreifelder-Wirtschaft, im Hochmittelalter (12./13. Jahrhundert), etc.!
Charch schrieb am 27.12. 2000 um 21:02:25 Uhr zu
Bewertung: 9 Punkt(e)
Der Klerus in der höfischen Gesellschaft
Der Hofgeistliche
I. Der Einfluss der Kirche auf die höfische Gesellschaft
Gewiss wurde in der traditionellen Mediavistik der tatsächliche Einfluss der Amtskirche auf die gehobenen sozialen Gruppen des Hochmittelalters häufig überschätzt. (1)
Insbesondere die etablierte Schicht der Ritterschaft macht spätestens ab dem Beginn des 13. Jahrhunderts deutlich, dass sich der Adel in einem kräftigen emanzipatorischen »Aufwind« gegenüber den Regeln, Normen und Verboten der Amtskirche befand. (2) Man bedenke nur das seit 1178 immer wieder ausgesprochene Turnierverbot verschiedener Päpste (3), das tatsächlich nie hatte wirksam umgesetzt werden können.
Auch war der Adlige in der Spätstaufischen Epoche (ca. 1200 - ca. 1250) durchaus in der Lage, einmal einen päpstlichen Bann für gewisse Zeit zu verkraften, ohne dadurch in unüberwindliche psychische, geistliche oder soziale Schwierigkeiten zu geraten (siehe hierzu die Beispiele des Kaisers Friedrich II. (4) oder Heinrich I. von Anhalt. (5)
In keinem Fall aber sind Macht und Einfluss der - seit mehr als einem Jahrtausend gewachsenen Amtskirche einerseits, und eines, tief in allen Gesellschaftsschichten verwurzelten, und zum Teil in vorchristlichen Zeiten (6) zurückreichenden Volksglaubens, zu unterschätzen!
Vielmehr müssen wir es als gegeben hinnehmen, dass die Kirche im hohen Mittelalter eine ganz wesentliche, normengebende und - kontrollierende, gesellschaftliche Instanz war.
Selbstverständlich stürzte gerade die Kirche das gesellschaftliche voll etablierte Postulat von der »gottgegebenen Gesellschaftsordnung« (7) besonders nachdrücklich.
Gewisse Rechte des Klerus sind als traditionell verbürgt und geschützt zu betrachten. Wie der Anspruch auf Schutz durch die weltliche Obrigkeit (8) ein Recht auf Versorgung (z.B. durch Pfründe) und auf die Ausübung der geistlichen Ämter. (9) Leib, Leben und Freiheit der Kleriker galten als geschützt; Gefangennahme oder Mord konnten mit dem Tode geahndet werden, sofern es sich nicht um fahrende Kleriker (10) handelte.
Wir können davon ausgehen, dass nahezu jeder deutsche Adlige in irgendeiner Form der christlichen Religiosität verpflichtet war, also »geglaubt« hat. Gleichfalls wird er - auf die eine oder andere Weise - der Amtskirche, bzw. einem ihrer Teile, verbunden gewesen sein, auch wenn der direkte päpstliche Einfluss auf Deutschland in der Zeit von 1150 - 1250, phasenweise sehr gering gewesen sein mag.
Auch und gerade in diesem Zeitraum haben die durchschnittlichen deutschen Adligen - sei es nun aus religiöser Überzeugung, aus »Aberglauben«, oder aus politischem Kalkül heraus, immer wieder versucht, sich mit den für sie greifbaren Vertretern der Amtskirche gut zustellen und sie in verschiedenen Formen zu unterstützen (11) (Übergriffe gegen kirchliche Besitzungen oder Personen sind im Einzelfall zu beleuchten!).
Neben Klostergründungen, Landgaben, Reliquienschenkungen, Pilgerreisender Adliger, Teilnahmen an Kreuzzügen, vordergründig christliche Lebensweise uns so fort, ist an dieser Stelle das Phänomen zu erwähnen, dass sich der deutsche Hochadel, besonders im 12. und 13. Jahrhundert, bemüht hat, Heilige aus eigenen Reihen zu stellen. (12)
Als wichtig erscheint es mir, sich vor Augen zu führen, dass die Kirche in der spätstaufischen Zeit kaum existiert hat. Stellen wir fest: Durch den Investiturstreit (13), zahlreiche Papstschismen (14), verschiedene soziale und geistliche Bewegungen (wie die der Katharer und Waldenser, deren Ideale teilweise in der kirchlich sanktionierten Armuts- Bettelorden-bewegung (15) aufgegriffen werden mussten), hatte die Amtskirche ihre absolute Macht und Unantastbarkeit bis zur spätstaufischen Epoche verloren.
Wesentliche Aspekte ihres Status aber waren gesellschaftlich etabliert und dienten unter anderem dazu, althergebrachte Positionen, und damit auch ihren relativen Einfluss auf den Adel - bzw. die höfische Gesellschaft - zu sichern. Dazu gehört der beträchtliche Einfluss auf den altverankerten Volksglauben, das relative Bildungsmonopol (16), damit verbunden die Beherrschung der »Sieben freien Künste« (17) und eine recht hohe, ökonomische Machtposition. (18)
Von besonderer Bedeutung ist auch die enge Verzahnung von Adel und Amtskirche. Es wird kaum eine adlige Familie gegeben haben, die nicht mindestens eines ihrer Mitglieder im kirchlichen Dienst untergebracht hatte. (19)
Über die Hofgeistlichen wirkte die Kirche entscheidend auf die höfische Gesellschaft ein; nahm Einfluss auf die Entwicklung höfischer Regularien, auf die Normen und Sitten an den Höfen.
II. Der Hofgeistliche
II. 1: Vorbemerkungen
Wie oben bereits angedeutet, müssen wir für die spätstaufische Epoche davon ausgehen, dass - jedenfalls im Raum des »Deutschen Reiches« - viele hochqualifizierte Berufe von Personen mit geistlicher Bildung ausgeübt wurden.
(Zitat Bumke, Joachim: »Höfische Kultur«..., S. 76 - 77) »Darüber hinaus nahmen die Hofkleriker eine Fülle verschiedener Aufgaben war; der Hofarzt war in der Regel ebenso Kaplan wie der Hofarchitekt und der Prinzenerzieher, und auch die diplomatischen Missionen wurden vielfach Angehörigen des geistlichen Standes übertragen. Das Personal der Hofkapelle war zum Teil identisch mit dem der Kanzlei, den Notaren und Schreibern, in deren Händen, unter der Leitung des Kanzlers, der gesamte Schriftverkehr des Hofes lag«.
Bis auf wenige Ausnahmen müssen diese (geistlich) Gebildeten ihr Wissen, bzw. ihre Fertigkeiten, in klösterlichen, bzw. ähnlich gearteten kirchlichen Bildungsinstitutionen erworben haben, denn im deutschen Kulturraum entstanden die ersten Universitäten erst nach der Gründung der Prager Universität (im Jahre 1348), und zwar in Wien, Erfurt, Heidelberg und Köln. (20)
In der Stauferzeit standen auf den europäischen Kontinent nur Universitäten wie Salerno, Bologna, Paris, und ab 1244 - als Stiftung Kaiser Friedrich II. - die Universität in Neapel (21) zur Verfügung.
Selbst wenn wir von einer nicht zu unterschätzenden »horizontalen Mobilität« (22) auch in der spätstaufischen Epoche, ausgehen können, dürften die Absolventen solcher Einrichtungen nur in geringem Umfang die Geistlichen, Rechtsgelehrten und anderweitig Gebildeten, an den deutschen Höfen gestellt haben.
Für die breitere Bildung der Geistlichkeit gilt folgender Satz: »Im Laufe des 9. und 10. Jahrhunderts schaffen und unterhalten die Klöster sowohl eine innere als auch eine äußere Schule, wobei die eine der Ausbildung der künftigen Mönche und die andere der Ausbildung der Laien und des weltlichen Klerus dient«. (23) Allerdings lässt sich "... sicherlich von 800 bis 1100 von einem Vorherrschen der klösterlichen Bildung sprechen, während danach die Dom-, Kathedral-, Stifts-, und zuletzt die Pfarrschulen an Bedeutung gewinnen. (24)
Folgendes ist bei der Betrachtung von Berufen und Aufgaben der Geistlichen am Hofe zu berücksichtigen: Das, was uns übermittelt wurde, betrifft zum größten Teil die Gegebenheiten an den »großen« Höfen, das heißt, die königliche und kaiserliche Hofgesellschaft.?? Wenig ist uns bezüglich der Fürstenhöfe, noch weniger über die kleinen und kleinsten Grafenhöfen oder gar Ritterburgen überliefert. Es besteht daher oft das Erfordernis, von den bekannten Fakten (Geistliche an Königs- und Kaiserhöfen) auf unbekannte (Geistliche an kleineren Höfen) zu schließen; dies Selbstverständlich nicht willkürlich, sondern unter Berücksichtigung anderer bekannter Sachverhalte.
II. 2: Berufe und Funktionen Geistlicher am Hofe
In dem zu Beginn des Kapitels genannten Zitat Joachim Bumkes, wird die Bandbreite der Funktionen deutlich, die Kleriker an hochmittelalterlichen Höfen wahrgenommen haben.
An dieser Stelle will ich sie zusammenfassend und bereits um die anderen, wesentlichen Funktionen ergänzt, vorstellen. Weiter unten sollen sie dann näher ausgeführt werden.
Der Kleriker als Priester
Als Prediger / Zelebrant der Messe
Als Beichtiger / Seelsorger
Der Kleriker als Pädagoge
Als Erzieher zum Glauben
Als Mädchenerzieher
Als Lehrer in den sieben freien Künsten
Als Lehrer der Hofetikette und höfischen Ethik
Der Kleriker als Rechtsgelehrter
Als Notar
Als Rechtsberater
Der Kleriker als Schreibkundiger
Als Kanzler
Als Schreiber
Der Kleriker als Diplomat
Der Kleriker als Spezialist in besonderen Fachgebieten
II. 3. Der Kleriker als Priester
Während an den größeren Höfen ein umfangreiches Kontingent an Klerikern versorgt werden konnte, ist davon auszugehen, dass an kleinen und kleinsten Höfen nur wenige - bzw. nur ein Geistlicher - Platz fanden.
In solchen Fällen werden die Priester am Hofe auch andere als ihre eigentlichen Aufgaben wahrgenommen haben.
Den Status des Klerikers als Priester macht den Erhalt der höheren Weihen und das Recht (bzw. die Verpflichtung), die Sakramente (25) zu spenden, aus.
II. 3.1 Der Priester als Zelebrant der Messe und als Prediger
Der Kleriker als Priester am Hofe hatte zunächst einmal die Aufgabe, die Messe (26) zu lesen, was in der Regel mit der Eucharistiefeier (das heißt, dem Altarsakrament, bzw. dem Abendmahlsakrament verbunden war.
Bis zum hohen Mittelalter entwickelte sich die Praxis, die chorischen Gesänge der Messe immer weniger von der Gemeinde, als vielmehr von einem zusammengestellten Chor singen zu lassen. (27) Im nichtmonastischen - also außerklösterlichen Gottesdienst - konnte dieser Chor sowohl aus Laien als auch aus Klerikern (auch Priestern) bestehen.
An größeren Höfen werden die Hofkapelle mit Sicherheit auch Chöre, zur Durchführung der Messe, vorgehalten, oder - in anderen Fällen - »gute Stimmen« aus der Hofgesellschaft zur Erfüllung von Gesangsaufgaben gebeten worden sein.
Der Wortgottesdienst, als Bestandteil der Messe, gewann ab dem frühen 12. Jahrhundert an Bedeutung. Im 13. Jahrhundert intensivierte sich diese Entwicklung, mit der Bildung der »Bettel- und Predigerorden« (der Franziskaner und Dominikaner). Während die offizielle liturgische Sprache weiterhin das Latein blieb, wurden die Predigten immer häufiger in der jeweiligen Landessprache abgehalten. (28)
Die Aufgabe des Priesters, bezogen auf seine Funktion als Prediger (29), bestand:
1. in der Verkündung und Auslegung der Heiligen Schrift,
2. in der Übertragung der Auslegung auf die aktuelle Situation in der Gemeinde oder
3. des Reiches.
Letztere beiden Aspekte bedeuteten für den Hofgeistlichen:
1. Er hatte konkrete Situationen im alltäglichen Leben der Hofgesellschaft aus biblischer Sicht zu reflektieren und zu kommentieren.
Diesbezüglich konnte er Forderungen an die Gemeinde richten.
2. Er hatte die »Solidarität« gegenüber dem (weltlichen) Herrn zu wahren. Vermutlich werden Hofgeistliche auch in der Predigt dessen Interessen vertreten haben, z.B. durch einen Aufruf, an einer Schlacht teilzunehmen oder anderen Pflichten - gegenüber dem Grundherrn - nachzukommen.
Geistliche an deutschen Höfen, werden sich häufig in Konflikten zwischen ihren Ver-pflichtungen gegenüber dem Heiligen Stuhl und ihrem weltlichen Herren befunden haben.
Diese Konflikte waren sicher nahezu ebenso oft dadurch abgemildert, dass die deutschen Bischöfe ihre Ämter mit einer relativen Selbstständigkeit gegenüber dem Pontifex in Rom versahen, und von dieser Seite in Streitfragen vielfach zumindest eine »moralische Akzeptanz« zu erwarten war.
II. 3.2 Der Priester als Beichtiger / Seelsorger
Als Seelsorger bestand die Aufgabe des Priesters im Hochmittelalter ausschließlich in der Spende der Sakramente, insbesondere in der Abnahme der Beichte. (30)
Natürlich war seine erste Aufgabe im Zusammenhang mit der Rolle des Beichtigers, die des Trostspenders und des Geistlichen, der über die Seele seiner Beichtkinder wacht, bzw. sich um deren »Seele sorgt«, was der Begriff des Seelsorgers ja ausdrückt.
Nach Nennung der Formel »Mea culpa, mea maxima culpa« seitens der / des Beichtenden kommt es zur Aussprache zwischen ihm und den Priester, in dem er / sie die Sünden bekennt. Der Priester bespricht die Sünden, gibt in der Regel eine Buße auf und erteilt die Absolution.
Allein durch seine Befugnis, Sünden zu beurteilen und mit Buße, also »Strafen« zu belegen, konnte der Geistliche als Priester, Einfluss auf das Geschehen am Hofe - und unter Umständen, auch mit reichspolitischer Wirkung - ausüben.
Es galt im Hochmittelalter das Beichtgeheimnis. Aber wir müssen uns vor Augen halten, dass der Priester Kenntnisse von Wahrheiten - auch intimster und geheimster Natur - besaß, und ihm schon deshalb mit Respekt, vielleicht auch mit Misstrauen und Furcht begegnet wurde. Daraus allein konnte eine Machtposition erwachsen.
Sollte ein Hofgeistlicher - im Einzelfall - diese Kenntnisse missbräuchlich verwendet haben, so ließ sich diese Machtstellung möglicherweise immens steigern. Fememorde an Geistliche - in ähnlichen Zusammenhängen - sind immerhin überliefert. (31)
II. 4 Der Kleriker als Pädagoge
Auf andere Weise, aber mit mindestens ebenso großer Effizienz, wirkten die Geistlichen bei der Gestaltung der höfischen Gesellschaft als Lehrer mit.
»Als Erzieher am Hof haben die Kleriker sicherlich einen bedeutenden Einfluss auf die Gesellschaftsvorstellungen des weltlichen Adels ausgeübt«. (32)
II. 4.1 Der Kleriker als Erzieher im Glauben
II. 4.1.1 Ideologische Grundvoraussetzungen
Die spätstaufische Epoche lebte im Konflikt zweier widerstreitender Lehrmeinungen, nämlich der »Scholastik«, die ihren wesentlichen Denker in Petrus Abaelaerd (33) hatte, und der aufkommenden »Mystik«, als deren früher Vertreter Bernhard von Clairvaux (34) gilt. Beide lebten bis ca. zur Mitte des zwölften Jahrhunderts. Ihrer beiden Denkgebäude prägten die nachfolgenden Jahrhunderte entscheidend. (35)
Der eher »weltoffene«, auf Disputation und Auseinandersetzung (36) angelegte, scholastische Ansatz des Petrus Abaelaerd, wird dem weltlichen Adel der spätstaufischen Epoche eher entsprochen haben, als die kontemplativen, auf persönliche Gotteserfahrung, Askese und weltabgewandter Versenkung, abzielenden Lehren Bernhard von Clairvaux. (37)
Es ist davon auszugehen, dass die Scholastik, als religiöses und philosophisches Glaubens- und Denkmodell, an den Höfen - zunächst den französischen, später auch den deutschen - von der adligen Gesellschaft angenommen worden ist.
Der scholastischen Denkweise entspricht eine weltnahe Auseinandersetzung mit dem Spannungsfeld zwischen religiös - biblischem Anspruch, und den realen, alltäglichen Bedingungen des Lebens, auch denen am Hofe.
Dies kann allerdings nicht bedeuten, dass es keine Kleriker, deren Ausbildung in den Händen kontemplativ motivierter Orden gelegen hat, an den weltlichen Höfen gab.
Aber sie werden sich - zumindest bis zu gewissen Graden - den - höfischen Ansprüchen angepasst haben, um andererseits wiederum aus ihrer religiös - weltanschaulichen Sicht heraus den Hof zu beeinflussen, so, wie alle Hofgeistlichen ihren Beitrag zur Entwicklung einer höfischen - und ritterlichen - Gesellschaft geleistet haben. (38)
II. 4. 1.2 Glaubenserziehung am Hofe
Eine klare Trennung zwischen einer gesellschaftlichen - bzw. ständischen - Erziehung, und einer reinen »Religionspädagogik«, also einer Erziehung zum christlichen Glauben, im Hoch- mittelalter, ist meines Erachtens heute kaum zu machen. Natürlich vermischten sich in der Spätzeit der staufischen Epoche, auch im Bewusstsein der Geistlichkeit, ritterliche und biblische, antike und mittelalterliche Traditionen.
Die Kleriker hatten den »wahren christlichen Glauben« zu lehren; dies war nicht nur der päpstliche Auftrag, sondern entsprach auch den Anspruch der christlichen Laien. (39)
Das hat er nach »bestem Wissen und Gewissen« zu tun. Dies hieß insbesondere, dass er seinen Educanden (40) eine profunde Bibelkenntnis vermitteln musste.
Darüber hinaus bestand der Anspruch (vonseiten der kirchlichen und der weltlichen Obrigkeit), dass der Geistliche seinen Beitrag zur Lösung rein diesseitiger Konflikte leistete; er hatte die aktuelle Lage - im privaten, persönlichen Bereich, wie in politischen Dingen, auch überregionale und reichsrelevante Belange betreffend - zu berücksichtigen und die Folgerungen praktisch umzusetzen.
Eine gesellschaftliche Grundlage des hohen Mittelalters bildete die »ständische« Ordnung.
Eine wichtige Aufgabe der Geistlichen war es, diese gottgegebene Ordnung" (41) zu manifestieren, zu begründen, zu erklären und zu vertreten.
Durch das Handeln innerhalb dieser »gottgewollten Ordnung«, qualifizierte sich der mittelalterliche Mensch zum »guten Christen«; ergo war es ein primäres Ziel des Klerus, der jeweiligen Gemeinde (eben auch der Höfischen), das adäquate Verständnis dafür zu lehren.
II. 4.2 Der Kleriker am Hofe als Mädchenerzieher
Die erzieherische Arbeit von Hofgeistlichen gegenüber den adligen Mädchen, zielte auf deren gesellschaftliche Einordnung ab.
Noch im 13. Jahrhundert wirkten die Einschätzungen der spätantiken Kirchenväter nach:
»Weil die weibliche Natur so schwach ist, müssen Frauen sorgsamer belehrt und angeleitet werden als Männer.« (42)
Vinzenz von Beauvais, ein französischer Kleriker, verfasste zur Zeit Ludwig IX. von Frankreich (Tod 1270) die Schrift: Über die Erziehung königlicher Kinder." (43)
Unter anderem empfiehlt von Beauvais, dass die Mädchen einer strengen Bewachung unterliegen sollen, um ihre Jungfräulichkeit zu schützen, sie sollen nur zum Kirchgang - unter der Bewachung durch die Mutter - das Haus verlassen. Damit sie nicht auf »schlimme Gedanken« kämen, sollten sie zuhause beschäftigt werden: Sie sollen spinnen, weben und nähen, sie sollen lesen lernen und sich viel mit dem Psalter und den heiligen Schriften beschäftigen. Sie sollen außerdem viel in guten Sitten und Bräuchen unterwiesen werden, vor allem sollen sie über
- Schamhaftigkeit und Keuschheit
- Demut
- Schweigsamkeit und
- Würde der Sitten und Gebärden
belehrt werden.
Ein Teil der Ausbildung in Sitten- und Tugendlehre der Mädchen wird in den Händen der Hofkleriker gelegen haben, ebenso wie die »literarische Ausbildung«. (45)
II. 4.3 Der Hofkleriker als Lehrer in den »Sieben freien Künsten«
An den deutschen Höfen spielte von den »Sieben freien Künsten« vermutlich die Rhetorik (Redegewandtheit) die größte Rolle, vor Lesen, Schreiben und Rechnen. Diese wurde - vor allem im Alter von vier bis sieben???; aber auch darüber hinaus, den Jungen von Geistlichen vermittelt. Grammatik, Dialektik, Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie vervollständigen die »sieben freien Künste«. (Siehe auch Fußnote 17)
II. 4.4 Der Hofkleriker als Lehrer der Hofetikette und der höfischen Ethik
Das das Idealbild des höfischen Ritters (der »miles christianus«), unter maßgeblicher Beteiligung der geistlich Gebildeten ausformuliert wurde, gilt nach Bumke (47) als zwingend logisch.
Die gesamte höfische Ethik, einschließlich des ritterlichen Tugendsystems (48) entstand unter dem starken Einfluss des Klerus. »Die Gattung der höfischen Tischzucht ist offenbar von Gebildeten Hofklerikern geschaffen worden; ...« (49)
Allein in diesen drei Aspekten ist erkennbar, wie groß der Einfluss des höfischen Klerus, aus der »Theorie« heraus, auf Ethik und Etikette am Hofe gewesen ist.
Selbstverständlich ist der Schluss, dass auch in der höfischen Praxis, die Hofkleriker Einfluss auf diese Inhaltsbereiche zu nehmen trachteten. Mit welchem Erfolg ist nicht einwandfrei erklärbar, ist es doch nahezu unumstritten, dass »Tugendlehren« und vergleichbare Schriften, eher einen Anspruch, eine Forderung formulierten, als dass sie reale Zustände wiedergaben.
In der Praxis wird die Vermittlung der Hofetikette und der höfischen Ethik durch die Hofkleriker in der Predigt, in der Mädchenerziehung, in der Beichte und im vertraulichen Gespräch stattgefunden haben.
II. 5 Der Hofkleriker als Rechtsgelehrter, Schreibkundiger und Diplomat
Die Kanzleien
Laut Bumke (50), (siehe auch das Zitat auf Seite 2 - II. 1), waren die Notare in der Regel Angehörige der Hofkapelle, d.h. Geistliche.
Da die Gesetze, bis zur Niederschrift des Sachsenspiegels (51), in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, weitgehend mündlich überliefert, die weltliche Rechtsprechung ohnehin in den Händen des Adels und der von ihm im Delegationsverfahren beauftragten Personen lag, kam den Geistlichen in den höfischen Kanzleien in erster Linie die Funktion des Notars und des Schreibers zu.
Ab dem 12. Jahrhundert bildete sich ein geregelter Schriftbetrieb an den Fürstenhöfen heraus.
Zitat: »Die Fürstenkanzleien des 12. und 13. Jahrhunderts darf man sich nicht als gut organisierte Behörde vorstellen. In den meisten Fällen gab es dort nur einen Notar (notarius), der nicht selten auch als Schreiber tätig war, oder ein bis zwei Schreiber beschäftigte.« (52)
Zitat: "Die Notare waren in der Regel Geistliche. Der erste Laie ist 1296 in einer niederbayrischen Kanzlei bezeugt.
Bei der Auswahl und Bestellung ihrer Notare konnten die Fürsten vielfach auf ihre Hofkapläne zurückgreifen. Ebenso wie Kanzler am Kaiserhof, in deren Händen die Leitung der Reichskanzlei lag, überwachten die Notare am Fürstenhof nicht nur den gesamten Schriftverkehr, sondern wurden auch zu anderen vertrauensvollen Diensten herangezogen, vor allem zu diplomatischen Missionen. Dafür wurden sie dann mit hohen kirchlichen Ämtern belohnt." (53)
Zitat: »Die Ausfertigung von Urkunden bildete nur einen Teil des Aufgabenbereiches der neu eingerichteten Kanzleien, und wohl nicht den wichtigsten.« (54) Es wurden Urbare (Aufstellung der Einkünfte und Besitztümer), Lehnsbücher, Amts- und Geschäftsbücher, Rechnungsbücher und Steuerverzeichnisse verfasst.
Als berühmte Beispiele von Reichskanzlern, die jeweils auch wichtige Diplomaten des Reiches waren, gelten Rainald von Dassel (unter Friedrich I. von Staufen) (55) und Hermann von Salza (unter Friedrich II. von Staufen). (56)
II. 6 Kleriker am Hofe in Spezialfunktionen
Viele Aufgaben an Höfen im deutschen Kulturraum, wurden im Hochmittelalter von Klerikern wahrgenommen, weil ihre (geistlich - klösterliche) Bildung, oder andere Qualitäten sie dafür prädestinierten.
So gibt es z.B. einen Bericht über die Hofhaltung der Hennegauer Grafen, aus dem frühen 13. Jahrhundert, aus dem hervorgeht, dass der »Kleriker Martin den Kellerschlüssel zu verwahren hatte«. (57)
Ein klein wenig ausführlicher möchte ich folgende Sonderfunktionen beschreiben:
II. 6.1 Der Kleriker als Hofarzt
Die »akademische Medizin« war in der Stauferzeit im deutschen Kulturraum wieder extrem unterentwickelt. Es gab zwar »wissenschaftliche Versuche«, z.B. Hildegard von Bingens, volksmedizinische Erkenntnisse anzuwenden und zu sammeln (58), eine systematische Medizin hat es, auch bedingt durch kirchliche Aversionen gegen die Chirurgie (59) nicht gegeben.
Fest steht dennoch, dass es immer Ärzte an Höfen gegeben hat. So sind z.B. für den Babenberger Hof, in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, zwei - der Kanzlei angehörige Kleriker nachweisbar (Heinrich und Symon) (60), die als Hofärzte gewirkt haben.
Wesentlich für die medizinischen Vorstellungen des Hochmittelalters, im deutschen Kulturraum, waren die Lehren des Hippokrates und Galenius. (61)
II. 6.2 Spezialisten auf handwerklichen und künstlerischen Gebieten
Wir können davon ausgehen, dass im weiter oben (S. 2 - II. 1)skizzierten »Bildungssystem« des Mittelalters, eingroßer Teil der Handwerker und Künstler, die für geistliche, aber auch für weltliche Fürstenhöfe tätig waren, eine geistliche Ausbildung besaßen. Man muss gar nicht unbedingt auf geschichtlich bekannte Größen, wie den Bischof Bernward von Hildesheim abzielen.
Zitat: »Er glänzte in der Schrift, übte aber auch die Malerei aus und beherrschte die Techniken des Schmiedens und Schmelzens.« (62)
Denn für die Erfüllung ihrer Dienste gegenüber der weltlichen Obrigkeit sind viele andere Künstler, bzw. Handwerker bekannt, die aus Kreisen mit geistlicher Bildung stammen, wie z.B. der Konverse des Zisterzienserklosters Walkenried Jordan, für dessen Verdienste bei der Trockenlegung der »Goldenen Aue'« (63) eines damals sumpfigen Landstriches in Nord- Thüringen, das Kloster von Kaiser Friedrich I. (»Barbarossa«), reich belohnt wurde.
Beide Reformorden der Benediktiner (64), die Zisterzienser (65) wie die Prämonstratenser (66) waren Spezialisten in der Urbarmachung von Land, im Bauwesen wie auch im Bergbau (67), was auch die weltliche Obrigkeit sicher immer wieder veranlasste (siehe das Beispiel Walkenrieds, (Fußnote 63), sich ihre Dienste nutzbar zu machen.
Eine Ausarbeitung von Carsten Baumann - Bremerhaven.
Quellennachweise und Anmerkungen:
1. Werner, Ernst; Erbstößer, Martin: »Kleriker, Mönche, Ketzer. Das religiöse Leben im Mittelalter«. Herder: Freiburg - Basel - Wien 1994 S. 8 - 9
2. Bumke, Joachim: Höfische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter Bd. 1 dtv München, 1987 S. 376
3. Krüger, Sabine: Das kirchliche Turnierverbot im Mittelalter in Das ritterliche Turnier im Mittelalter HG. Josef Fleckenstein Vandenhoek und Ruprecht Göttingen, 1985 S. 401 - 424.
4. Anmerkung: Siehe hierzu beispielsweise:
Fink, Humbert: Ich bin der Herr der Welt
Friedrich der Staufer. Eine Biographie Paul List Verlag München, 1986 S. 94 - 135
Horst, Eberhard: Friedrich II. , der Staufer. Biographie Wilhelm Heyne Verlag 1989 S. 131 - 137
5. Anmerkung: Auskunft hierüber erhält man in einer Dauerausstellung zum Sachsenspiegel auf der Burg Falkenstein im Selketal
Zur »Bannfrage« allgemein: Gurjewitsch, Aaron Jakolewitsch: Das Weltbild des mittelalterlichen Menschen. Verlag C. H. Beck, München, 1989. S. 339 - 340
6. Anmerkung: Das Schriftgut mit Thesen und Theorien zur Vermischung von heidnischen Kulturmerkmalen (also auch kultischen und religiösen Inhalten) ist reichhaltig.
Hier sei nur auf Gurjewitsch, aaron J.: Mittelalterliche Volkskultur verwiesen.
C.H. Beck. München 1987
7. Kupisch, Karl: Kirchengeschichte Band II. Das christliche Europa. Größe und Verfall des Sacrum Imperium. Verlag W. Kohlhammer. Stuttgart - Berlin - Köln - Mainz 1984. S. 86
8. Der Sachsenspiegel in Bildern aus der Heidelberger Handschrift. Ausgewählt und erläutert von Walther Koschorrek. Insel Verlag. Frankfurt a.M. 1974. S. 50, 54, 56.
9. Le Goff, Jaques (Hg): Fischer Weltgeschichte Band II. Das Hochmittelalter. Fischer Verlag, Frankfurt a.M., 1965. S. 90 - 91
10. Anmerkung: Laut Bumke, Joachim: Höfische Kultur Band 2; S. 695
Unter Bezug auf den Bayrischen Landfrieden, von 1244, gelten auch fahrende Kleriker als friedlos, ebenso wie die Laien - Spielleute; d.h., sie standen unter keinem juristischen Schutz, wurden mit allen anderen fahrenden Gruppen gleichgesetzt.
Nach Bernt, Günther: Die Kleriker und Vaganten - in der Carmina Burana. Die Lieder der Benediktbeurer Handschrift. Zweisprachige Ausgabe. dtv, München 1991. S. 855 - 856
Ist bei den in den Carmina Burana als Clerici bezeichneten Fahrenden von der Existenz zweier Gruppen auszugehen. Zum einen Litterati, die sich die Grundlagen der damaligen lateinischen Bildung, und sich etwas von den »höheren Wissenschaften« angeeignet haben, oder dabei sind, es zu tun, d.h., die Akademiker und die Studenten. Vielfach besaßen sie die niederen Weihen, aber nicht einmal das war unbedingt notwendig, um Kleriker zu sein. Es genügte, wenn ein Bischof Tonsur und Habit verlieh.
Die andere Gruppe wird von den »echten« Vaganten - bzw. Goliarden - gestellt, einen Personenkreis, der, zur obigen Gruppe gehörend - aus welchen Gründen auch immer, im »fahrenden Stand« verharrte, und dessen, »....Absinken zu einer Gesellschaft von schlechtem Ruf ... unvermeidlich« war.
(Übrigens gehören nach Bernt die Verfasser der Carmina Burana zum größten Teil in die erste Kategorie, aber das ist an dieser Stelle nebensächlich).
11. Anmerkung: Hierzu gehören Kooperationen mit deutschen Bischöfen, Schenkungen an diese und an zahlreiche Klöster; Auch die ritterlich - höfische Tugend der »Freigebigkeit« hat christliche Wurzeln.
Siehe hierzu: Bumke, Joachim - Höfische Kultur. S. 314, 369, 386, 334, 481, 715.
12. Anmerkung: Als prägnantes Beispiel sei hier Elisabeth von Thüringen genannt, die nahezu unmittelbar nach ihrem Tode im Jahre 1231, nämlich bereits 1235 heiliggesprochen wurde.
Siehe hierzu: Bentzien, Hans: Elisabeth, Landgräfin von Thüringen. Verlag Neues Leben GmbH, Berlin 1990 S.315.
Pernoud, Regine: Die Heiligen im Mittelalter. Frauen und Männer, die ein Jahrtausend prägten. Gustav Lübbe Verlag. Bergisch Gladbach, 1988. S. 142, 145, 270, 283, 325, 334.
Ein weiteres Beispiel ist in der - dem Hochadel entstammenden Benediktiner - Äbtissin Hedwig von Andechs - Meranien zu sehen. Sie wurde bereits vor ihrem Tod, 1243, als »Heilige« betrachtet. Der Heiligsprechungsprozeß begann unmittelbar nach ihrem Ableben und wurde durch die päpstliche Kanonisation schon 1267 beendet.
Siehe hierzu: Fritzen, Hedwig: Hedwig, 1174 - 1243. , in Mair, Hans Hg: Sie herrschten und sie dienten. Heilige als Träger der Macht. Mathias Grünewald Verlag, Mainz 1982. S. 93 - 99.
Oder: Herbers, Klaus: Die deutschen Heiligen im Mittelalter, in: Pernoud, Regine: Die Heiligen im Mittelalter. S. 334 - 335.
Groß ist die Zahl der »Heiligen«, die nie kanonisiert wurden, aber vor allem vom Volk - und Teilen der Kirche, als Heilige verehrt worden sind, wie z.B. Gottfried von Cappenberg.
Siehe hierzu u.a. Hinkel, Helmut: Die Diözesan - Heilige im deutschsprachigen Raum. M. Grünewald Verlag, Mainz, 1987. S. 30 und 80
13. Anmerkung: Unter »Investiturstreit« wird die langjährige, massive Auseinandersetzung um das Einsetzungsrecht der Bischöfe verstanden, der insbesondere im Streit zwischen Kaiser Heinrich IV. und Papst Gregor VII. kulminierte.
Siehe hierzu u.a.: Fuhrmann, Horst: Deutsche Geschichte im Hochmittelalter. Vandenhoek & Ruprecht, Göttingen, 1983. S. 47, 96, 102, 106 u.a.
Oder: Frank, Isnard Wilhelm: Ki
Charch schrieb am 27.12. 2000 um 21:09:37 Uhr zu
Bewertung: 5 Punkt(e)
Das Bischofsornat
a. Mitra b. Bischofsstab c. Pilcolus d. Fasciae
e. Amikt f. Pallium g. Pontificalhandschuh
h. Manipel i Kasel j Kaselstab k. Dalmatik
l. Tunika m. Stola n. Quasten des Cingulum
o. Albe (vom Cingulum gehalten) p. Pontificalschuhe und Strümpfe
Der Bischofsstab (mlat. virga pastoralis, pedum)
Seit dem Frühmittelalter Abzeichen der bischöflichen Würde. Er gilt als Symbol der Sorgfalt und Milde aber auch der Strenge und Züchtigung. Der lateinische Begriff pedum deutet die Ähnlichkeit der oberen Krümmung mit den Hirtenstab an. Ursprünglich wurde er aus Edel-hölzern gefertigt. Die Krümmung besteht seit der Zeit der Ottonen aus Elfenbein, zuweilen auch aus Silber oder Gold.
Amikt (mlat. amictus)
Schultertuch, seit dem 8. Jh. Bestandteil des bischöflichen Ornats.
Pallium (lat.)
Eigentlich ein rechteckiges Stück Tuch, das um die Schultern, Brust und Rücken getragen wurde. Entwickelt sich allmählich zu einem langen Band; aus weißer Wolle mit zwei bis fünf schwarzen Kreuzen oder dem Monogramm Christi bestickt.
Stola Charakterisches Abzeichen, Insignie der empfangenen Weihe.
Manipel (mlat. manipulus, mappa, mappula, fano)
Zierstreifen mit einem Kreuz in der Mitte, wird seit dem 12. Jh. aus Seide gefertigt mit Goldstickerei und Perlenbesatz.
Ursprünglich war es ein zu einem Streifen gefaltetes Tuch.
Mitra (mlat. infula) auch Infel Bischofsmütze
Mitra 12. Jahrhundert a. - Mütze b. - Infulae, Fanones bzw. Vittae
Die aus dem Phrygium entstandene pontifikale Kopfbedeckung ist in ihrer ältesten Form eine kegel- bzw. kalottenförmige Mütze aus weichem Stoff mit Zierbesatz und Bändern, die vom unteren Rand der Hinterseite herabfallen. Die um die Mitte des 10. Jh. in Rom erstmals nachweisbare Mütze ändert im 12. und 13. Jh. ihre Form, es kommt zu seitlich ausgeprägten Bauschen und Hörnern.
Hergestellt wird sie aus Leinen, aber auch aus weißem Byssus (feines schleierartiges Gewebe aus Leinenfäden), Damast und Seide. Viele Mitren sind mit Perlen und Edelsteinen geziert.
Im 12. Jh. ist die Mitra bei den Bischöfen allgemein in Gebrauch.
Kasel (mlat. casuala - kleines Haus) Meßgewand
Die Kasel ist bis zum 13. Jh. glockenförmig und ohne Schlitz, überdies dermaßen weit und lang, dass sie auf Armen und vor der Brust in Falten gelegt werden muß (Glockenkasel). Die Spitze der Kasel wird für den Kopfdurchlass abgeschnitten.
Die Kasel wurde vorwiegend aus Seide, Brokat oder Damast hergestellt mit Stickereien aus Gold oder farbiger Seide.
Der vertikale Bordürensatz auf dem Vorderteil der Kasel heißt Stab oder Kaselstab.
Albe (mlat. alba) Hemdartiges, knöchellanges Untergewand.
Die Albe ist aus der römischen Tunika entstanden. Ursprünglich aus weißem Leinen (Sinnbild der Reinheit) gefertigt. Seit dem Ende des 12. Jh. stimmt die Farbe der Besatzstücke der Albe mit jener der Kasel überein.
Dalmatik (mlat. dalmatica) Oberkleidung (Amtskleidung)
Wird unter der Kasel getragen. Materialien ursprünglich Wolle und Leinen, jedoch seit dem 12. Jh. aus Seide.
Mit der Ausbildung des liturgischen Farbkanons im späten 12. Jh. wird die Farbe der Dalmatik den übrigen gottesdienstlichen Gewändern angeglichen.
Tunika (mlat. dalmatica minor, tunica subtile)
Ursprünglich über den Kopf gezogenes Gewand mit einem rechteckigen Schnitt.
Seit dem 13. Jh. Bestandteil der Pontifikalkleidung aus Leinen oder Seide im enganliegenden Schnitt, engen Ärmeln und Zierstreifen am Ärmelsaum.
Pluviale (mlat.) auch Cappa
Chormantel
Die liturgische Cappa erfährt im 11. Jh. eine Modifikation; sie wird vorne aufgeschlitzt und mit Hilfe eines Pektorale oder mittels Haken und Ösen zusammengehalten. Das P. wird lange Zeit vornehmlich aus Seide, seit dem 13. Jh. auch aus Goldbrokat hergestellt; Fransen werden als Verzierung am Saum angebracht und Aurifrisien aufgenäht.
Die ursprünglich an der Cappa vorhandene Kapuze bildet sich zum Schild (Pluvialschild - mlat. clipeus) zurück, der in gleicher Weise figural und ornamental bestickt ist. Das P. zählt zum liturgischen Obergewand des Bischofs und Priesters und findet bei allen Feierlichkeiten Verwendung (Prozessionen, Segnungen, feierliche Vespern, Begräbnisse etc.), bei denen die Kasel nicht gebraucht werden darf.
Bildwörterbuch der Kleidung und Rüstung Harry Kühnel
Charch schrieb am 4.6. 2001 um 03:49:37 Uhr zu
Bewertung: 4 Punkt(e)
Hochmittelalter?
Zeit der Minne, des Minnegesanges und des Frauendienstes - Heinrich von Veldeke, Walther von der Vogelweide, Heinrich von Morungen, Bernger von Horheim, Gottfried von Straßburg, Bligger von Steinach, etc.
Zeit der Ritter - der ritterlichen Tugenden, wie Maze, Staete, Fouwenlob usf.!
Zeit der Kaiser. Die zum Sterben verurteilte Idee des
»Weltreiches«!
Zeit der kirchlichen Reformen: Investiturstreit, Cluny, Hirsau, Citeaux/Clairvaux, Franziskus, Domenikus Guzman - Die Katharer, Albigenser, Waldenser begehren auf und werden niedergemacht. Die Armutsbewegung, usw. .
Zeit des Glaubens. Zeit der Pilgerreisen, der friedlichen, unbewaffneten, zum Beispiel nach Santiago de Compostela.
Zeit auch der bewaffneten Pilgerfahrten, der Kreuzzüge.
Zeit der Begegnungen. Neue Einflüsse, aus dem Orient, berührten das Abendland. So werden zum Beispiel neue Gewürze, wie Safran, Piment und Kumin eingeführt. Neue Musikinstrumente erreichen Europa. Das Papier (Papyrus) wird eingeführt. Die europäische Medizin erfährt neue Anregungen (z.B. durch den Mauren Avicenna). Und so weiter und so fort!
Auch eine Zeit der Veränderungen: Die Frau wird - gegenüber dem Frühmittelalter, gewertschätzt (siehe oben, Minnesang und Frauendienst), darf inzwischen sogar Regentinnenpositionen bekleiden.
Ein Sohn, Heinrich (VII.) begehrt gegen seinen Vater , Kaiser Friedrich II. auf.
Die Kirche beginnt, spätestens ab dem 13. Jahrhundert, sich nach ‚außen' zu öffnen - Armutsbewegung, der Wortgottesdienst, die Predigt, erhält mehr Gewicht, die Liturgische Sprache bleibt zwar vorerst Latain, aber die Sprache der ‚einfachen' Menschen gewinnt innerhalb der Liturgie mehr Gewicht (Predigt und einzelne Gesänge, wie zum Beispiel von Berthold von Regensburg - zweite Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts).
Die Dreifelderwirtschaft verbreitet sich, ebenso wie der Radpflug und der Dreschflegel...... und so weiter, und so weiter ..... .
Siehe:
Mittelalter, Hochmittelalter, Spätmittelalter, Mönche, Kloster u. ä. .
Charch schrieb am 18.10. 2000 um 06:18:49 Uhr zu
Bewertung: 9 Punkt(e)
Die Mode im Hochmittelalter
Seit dem 10. Jh. war die Schicht der »Herrschenden« durch die Kleidung leicht von der Schicht der »Dienenden« zu unterscheiden.
So trugen die weltlichen Herrscher zu Beginn des Hochmittelalters wie z.B. Kaiser Otto III. (+ 1002)(Abb. 5) wie die adligen und geistlichen Herren bevorzugt byzantinische Gewänder. Über ein bis zu den Knöcheln reichendes, hemdartiges Untergewand zog man ein etwas kürzeres Obergewand. Für die Beine gab es lange, enganliegende Strümpfe und für die Füße Schlupfschuhe. In den kälteren Jahreszeiten wurde zudem noch ein langer, viereckiger Mantel benötigt, der wie üblich mit einer Fibel auf der rechten Schulter zusammengehalten wurde. Unter dem Untergewand befand sich bei den vornehmen Herren außerdem noch ein Leinenhemd und unter den Strümpfen eine Leinenunterhose.
Die langen Strümpfe oder Beinlinge wurden durch viele kleine Bändchen, die man in der Modefachsprache »Nesteln« bezeichnet, an einem Gurt, der um die Hüfte gelegt wurde, befestigt (Abb. 6). Nebenbei erwähnt, galt es bis ins 16. Jh. hinein als schick und äußerst modern, ein verschiedenfarbiges oder ein unterschiedlich verarbeitetes Paar Strümpfe zu tragen.
Dem byzantinischen Modevorbild entsprach auch das deutsche Königs- bzw. Kaiserornat, das vom 12. Jh. bis zum Jahre 1806 bei den Krönungsfeierlichkeiten angelegt wurde und aus folgenden Hauptkleidungsstücken bestand: der Dalmatika, der Alba, der Stola und dem Pluviale.
Bei der Dalmatika handelte es sich um ein kostbares violettes Unterkleid, das die Knie bedeckte und am Halsausschnitt mit einer Borte versehen war. Die langen und sich vorn verengenden Ärmel wiesen auf rotem Grund blätterartige Zierate aus Goldfäden und Perlen auf.
Die Alba wurde über die Dalmatika gezogen, war aus weißer Seide und besaß ebenfalls kostbare Säume.
Die Stola war ein langer, schmaler Stoffstreifen aus violetter Seide, der reich mit Perlen und Edelsteinen besetzt war. An ihren beiden Enden befanden sich je drei lange goldene Quasten. Die Stola wurde um den Hals gelegt, auf der Brust gekreuzt und dann unter einem Gürtel befestigt.
Das Pluviale stellte einen halbkreisförmigen, offenen Mantel aus rotem Seidenstoff dar, der mit Taft gefüttert war und bis zu den Füßen reichte. Oben wurde es durch eine goldene Spange und eine Schleife zusammengehalten. Auf der äußeren Rückenseite befand sich in der Mitte - mit Goldfäden eingestickt - ein Lebensbaum, der links bzw. rechts von einem Löwen bzw. einem Kamel flankiert wurde.
Zum Königsornat gehörten zudem noch Handschuhe, Strümpfe, Schuhe und zwei Gürtel.
Die Handschuhe aus Purpurseide waren mit Perlen und Edelsteinen bestickt. Die roten Seidenstrümpfe wiesen am oberen Rand eine Goldborte auf und wurden mittels zweier roter Schnüre am Rutschen gehindert. Die mit Gold und Perlen bestickten Schuhe wurden aus glanzlosem karmesinrotem Atlas hergestellt, und einer der beiden Gürtel war aus mit Goldfäden bestickter Seide, der andere aus vergoldeten Silberfäden gefertigt worden.
Wie die Kaiser oder Könige waren auch die hohen geistlichen Würdenträger byzantinisch gekleidet. Aber im Gegensatz zu den weltlichen Herrschern sind die Bischöfe, Erzbischöfe und Päpste noch heute in dieser mittelalterlichen Tracht zu bewundern. In der folgenden Abbildung (7) wurde der heilige Erasmus (links), der der Legende nach Bischof von Antiochia in Syrien war, in den typischen Gewändern eines Bischofs dargestellt. So befindet sich über seiner bis zum Boden reichenden, weißen Alba die kürzere, rote Dalmatika, über die die goldene Casula gelegt wurde. Auch das Schulter- oder Halstuch wie die Handschuhe, die Manipel und die Mitra fehlen nicht. In seiner rechten Hand hält er, der zu Beginn des 4. Jhs. als Märtyrer starb, die Winde, mit der seine Eingeweide herausgerissen wurden. Mit ihm unterhält sich der heilige Mauritius (rechts), der als Anführer der Thebäischen Legion im Jahre 302 bei einer großen Säuberungsaktion des Heeres in Agaunum enthauptet wurde, weil er sich wie seine Soldaten geweigert hatte, Christen zu töten. Er trägt hier die typische Ritterrüstung des Spätmittelalters, die aus dem Plattenharnisch und dem darunterliegenden Kettenhemd bestand. Nur die weißen Handschuhe passen nicht zum mittelalterlichen Ritter. Und statt der vorhandenen Märtyrerkrone schützte normalerweise der Topfhelm oder die Beckenhaube das ritterliche Haupt.
Die Alba des hohen Geistlichen stellt ein bis zu den Füßen reichendes Unterkleid aus weißem Leinen- oder Seidenstoff dar. Um die Hüfte wird ein bestickter Gürtel, der an seinen beiden Enden kleine Schellen oder Glöckchen aus Gold aufweist, und um den Hals die Stola, ein schmales, oft mit Kreuzen reich geschmücktes Band aus Wolle oder Seide, gelegt. Letzteres reicht bis zu den Füßen und wird vor der Brust gekreuzt und unter den Albagürtel geführt. Unter der Alba befindet sich noch ein rechteckiges Tuch, das sogenannte Hals- oder Schultertuch, das die Schultern bedeckt.
Über der Alba und der Stola werden ein oder zwei hemdartige Überziehkleider getragen, die Dalmatika und die Tunicella. Gewöhnlich ist die rote Dalmatika länger als die weiße Tunicella. Wenn beide Gewänder getragen werden, liegt die Dalmatika über der Tunicella.
Die Casula, ein ringsum geschlossener, glockenförmiger Umhang, ist ein ausschließliches Meßgewand und wird zusammen mit dem Pallium getragen, einer mit Kreuzeszeichen geschmückten Binde, die über die Casula gelegt wird.
Das Pluviale, der vorne offene, ursprünglich mit Kapuze versehene Umhang, wird nur auf Prozessionen getragen.
Und dann gibt es noch den Chorrock, der der Alba gleicht, aber meistens nur bis zu den Knien reicht.
Zusätzlich gehören zur Kleidung des hohen Geistlichen noch lange Strümpfe aus violetter Seide oder Samt, die durch spezielle Bänder an den Knien vor dem Rutschen gehindert werden, und ein Paar geschlossene Lederhalbschuhe, die mit Goldstickereien, Edelsteinen und Perlen versehen sind.
Außerdem wird noch die Manipel, ein schmales Band, als bloßes Ornament über dem Arm getragen. Sie soll sich aus dem antiken Schweißtuch oder Handtuch entwickelt haben, das die Priester benutzen mußten, um liturgische Gefäße, die mit bloßen Fingern nicht berührt werden durften, anzufassen.
Die Hände verschwinden unter Handschuhen, die laut einer kirchlichen Verordnung keine Naht aufweisen dürfen. Sie werden deshalb im allgemeinen in einem Stück aus purpurfarbener Seide angefertigt und besitzen auf der Oberseite häufig ein eingesticktes Kreuz.
Auch der Kopf muß bedeckt werden. Im Frühmittelalter trugen die hohen Geistlichen eine einfache Rundkappe. Erst in der zweiten Hälfte des 12. Jhs. führte man die noch heute übliche Bischofs- und Erzbischofsmütze, die Mitra, ein. Von dieser Mützenform, die im Scheitelpunkt tief eingesunken ist, hängen zwei gleichlange Bänder herab. Gewöhnlich ist die Mitra schlicht weiß. Nur bei höheren Kirchenfesten wird eine perlen- und goldbestickte Variante aufgesetzt.
Die Priester, die »weihe-rangmäßig« unter den Bischöfen stehen, dürfen von diesen genannten Kleidungsstücken das Pluviale nicht tragen; den Diakonen, die sich »weihe-rangmäßig« noch unter den Priestern befinden, ist außerdem das Tragen der Casula verboten.
Die geistlichen »Herrscher«, auch Päpste genannt, waren - wie den vorherigen Beschreibungen zu entnehmen ist - nicht nur wie die weltlichen Herrscher gekleidet, sondern besaßen wie diese ebenfalls eine Krone: die Tiara (Abb. 8), die über die Mitra mit ihren herabhängenden Bändern gesetzt wird.
Die mittelalterliche Kleidung der Mönche und Nonnen hat sich wie die der Kleriker ebenfalls nicht geändert und ist auch noch heute bei ihren verschiedenen Vertretern anzutreffen.
Die Gewänder der Mönche sind die Kutte, das Skapulier und die Kukulle.
Die bis zu den Füßen reichende Kutte gleicht einer römischen Tunika mit langen schmalen Ärmeln. Um sie wird im Bereich der Hüfte ein Ledergürtel gebunden. Das ebenfalls bis zu den Füßen reichende, weite Skapulier besteht aus zwei Stoffstreifen, die brust- und rückwärts herabfallen, und einer angenähten Kapuze. Die Kukulle, der große Ausgehmantel mit Kapuze, ist ringsum geschlossen und besitzt sehr weite Ärmel.
Die Kutte und das Skapulier stellten die gewöhnliche Haus- und Arbeitskleidung der Mönche dar. Nur wer das Kloster im Auftrag des Abtes verließ, erhielt die Kukulle.
Jeder Mönch bekam zwei Kutten, zwei Skapuliere und zwei Kukullen ausgehändigt, damit er, wenn er eines dieser Kleidungsstücke an den entsprechenden Waschtagen reinigen wollte, noch ein zweites zum Anziehen besaß. Im Sommer bot sich diese Waschgelegenheit alle drei, im Winter alle vier Wochen. Die Kutten, Skapuliere und Kukullen wurden für den Sommer aus leichten, für den Winter aus dicken, wolligen Stoffen gefertigt.
Je nach der Jahreszeit erhielten die Mönche zudem Sandalen oder geschlossenes Schuhzeug.
Die einzelnen Mönchsorden ließen und lassen sich kleidungsmäßig hauptsächlich auf Grund ihrer gewählten Farben unterscheiden. So trugen die Benediktiner die schwarze, die Zisterzienser, die Dominikaner, die Kartäuser die weiße, die Franziskaner die braune Ordenstracht. Zusätzlich gaben bzw. geben die Größe der Kapuze, die Weite des Skapuliers u.ä. noch nähere Auskünfte. So waren die weißgekleideten Kartäuser z.B. durch ihre übergroße Kapuze von anderen weißgekleideten Ordensbrüdern leicht zu unterscheiden.
Grundsätzlich besaßen alle Mönche die Tonsur. Im Abendland trug man die »Petrus-Tonsur«, bei der ein Kranz von Haaren übrig blieb. Im Morgenland gab es die Totalrasur, und die iroschottischen Brüder waren an ihrer »Jakobs-Tonsur« zu erkennen, bei der nur der vordere Teil des Kopfhaares wegrasiert wurde.
Die Nonnen - nehmen wir hier als Beispiel die Zisterzienserinnen - trugen einen weißen Ärmelrock, der bis eine Handbreit über dem Boden reichte, darüber das etwas kürzere schwarze Skapulier, das schürzenartig über Brust und Rücken lag und die obligatorische Kapuze besaß, und die weiße Kukulle, die glockenartig bis zu den Knöcheln fiel und mit überlangen und überweiten Ärmeln und einer Kapuze versehen war. Über das Haar wurde ein weißes Kopftuch gelegt, und schließlich verhüllte man noch den gesamten Kopf- und Halsbereich mit einem schwarzen Schleier.
Und wie sah es bei den adligen Damen im 10. und 11. Jh. modemäßig aus?
Hier bestimmte die Gattin des deutschen Kaisers Otto II., die byzantinische Prinzessin Theophanu (+ 991), was »in« war.
So wurde das Oberkleid kürzer, und dessen bisher enganliegenden, glatten Ärmel entwickelten sich zu weiten Hängeärmeln, die zuweilen bis zum Boden reichten.
Außerdem trug man nun in den gehobenen Kreisen sowohl bei den Damen wie auch bei den Herren die Kleider und die Schuhe in leuchtenden Farben. Wenn man sich als besonders vornehm geben wollte, empfahl es sich, seine Gewänder in Rot oder Dunkelviolett zu wählen. Auch der kostbare Schmuck mußte bunt sein. Edelsteine und Perlen schmückten den Hals und die Finger. Außerdem wurden sie noch reichlich auf die Gewänder genäht bzw. gestickt.
Und was trug die »dienende« Bevölkerungsschicht?
Der Mann aus dem Volk war stolz, wenn er sich lange erdfarbene Hosen leisten konnte. Normalerweise hatte er sich mit einem meist erdfarbenen hemdartigen Leibrock zu begnügen, während sich die Frauen erdfarbene hemdartige Kleider anfertigten.
Im 11. Jh. wurde die adlige Mode wiederum durch eine Frau besonders stark beeinflußt. Es handelte sich diesmal um die Gemahlin Heinrichs III., die Französin Agnes von Poitou (+ 1077). Durch sie verloren die bisher immer noch sackartig wirkenden Gewänder völlig an Attraktion. Statt dessen wurden ihre den Körperbau betonenden Kleider sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern sehr gefragt.
Über einem leinenen Unterhemd trugen die adligen Damen ihre farbigen Unterkleider, deren Ärmel wie bisher eng zugeschnitten waren und bis zum Handgelenk reichten. Diese Unterkleiderärmel wurden wie die Oberkleiderärmel mittels kleiner Bänder im Bereich der Armhöhlen mit den Unter- bzw. Oberkleidern verbunden. So konnten sie leicht ausgewechselt, separat vom Kleid gewaschen oder verschenkt werden. Denn als Liebespfand in den Turnieren waren sie heißbegehrte Souvenirs!
Angefertigt wurden die Unterkleider der adligen Damen im allgemeinen aus kostbarer Seide. Die Kleider der Bäuerinnen waren dagegen stets aus Wolle oder Leinen.
Mit den Oberkleidern, die über den Unterkleidern getragen wurden, betrieben die reichen Damen noch mehr Aufwand und Luxus. Sie wurden im 12. Jh. so eng zugeschnitten, daß man bei den Frauen die Brüste - beliebt waren kleine feste Brüste - nicht übersehen konnte. Von der ebenfalls enggefaßten Taille sollte das meist sehr bunte Obergewand in weiten Falten bis zu den Füßen herabfallen. Als Stoffe wurden für diese kostbaren Gewänder Atlas, Barchent, Brokat, Damast, Purpur, Samt oder Scharlach gewählt.
Atlas ist ein glatter Seidenstoff - Barchent, ein auf einer Seite aufgerauhter Baumwollstoff - Brokat, ein schwerer, reich gemusterter Seidenstoff, der Gold- und Silberfäden enthält, - Damast, ein kostbarer Stoff mit eingewebten Bildern - Purpur, ein in allen Farben zu erstehendes, kostbares Seidengewebe - Samt, ein kostbares Seiden-, Woll-, Baumwoll- oder Leinengewebe, das im Mittelalter nicht, wie wir es heute kennen, eine angerauhte Oberfläche aufwies, sondern wie Atlas glatt und schwerfallend war, - Scharlach, ein kostbarer Schafswollstoff, der in den Farben Rot, Weiß, Braun, Blaugrün und gestreift zu erstehen war.
Unter- und Oberkleider wurden grundsätzlich immer in verschiedenen Farben getragen. Zudem fielen die Oberkleider oft recht bunt aus oder waren in zwei Farbbereiche geteilt. So konnte die linke Seite des Gewandes grün und die rechte rot sein. Apropos Farben! Im Mittelalter hatte jede Farbe ihre ganz spezielle Bedeutung. Die rote Farbe war, wie schon erwähnt, besonders beliebt. Bereits bei den Germanen galt sie als Farbe des Rechtes.
Jede Farbe besaß auch in der »Liebesskala« ihren ganz besonderen Wert. So konnte der verliebte Ritter anhand der Kleiderfarben seiner Angebeteten deutlich erkennen, wie groß seine Chancen waren. Rot bedeutete Freude, Ehre und »brennende Liebe«, Grün »der Liebe Anfang« oder Verliebtheit, Blau »der Liebe Stetigkeit« oder die Treue, Grau »der Liebe Trauer«, Schwarz »der Liebe Ende« oder »des Leides Anfang und der Freude Ende«.
Weiß war die Farbe der Jungfrauen, der Unschuld und der Reinheit des Herzens. Gelb, das ursprünglich mit »erfüllter Liebe« gleichzusetzen war, wurde im Hochmittelalter zur Farbe der Prostituierten und Juden. Grün wurde im Spätmittelalter sogar zur Teufels- und Hexenfarbe abgewertet.
Auch Farbkominbationen »sprachen Bände«! Grün-Blau war gleichzusetzen mit »Anfang in der Stetigkeit«, Weiß-Blau mit »stets gutes Gedenken«, Grün-Schwarz mit »das Leiden folgt unverhofft auf erwartungsvollen Beginn« und Schwarz-Rot mit »der grausame Mord der schönsten Liebe«.
Unter den Kleidern trugen die Damen wie die Herren Strümpfe, die unterhalb des Knies mit Bändern gehalten wurden.
Während für die Bauern mittlerweile schwarzes und graublaues »Zeug« vorgeschrieben war, durften sich außer den Adligen auch die Geistlichen an den farbenprächtigen Gewändern erfreuen, bis - ja bis ihnen im 13. Jh. dies strikt untersagt wurde. So ordnete ein Kölner Konzil im Jahre 1281 an, daß es für Kirchenangehörige nicht erlaubt sein sollte, rote und grüne Stoffe, Schmuckärmel und Schnürschuhe zu tragen. Aber was bewirkten im Mittelalter schon Verbote! Die hohen Geistlichen jedenfalls ließen sich nicht einschüchtern.
Die Adligen fütterten ihre farbigen Obergewänder und Mäntel schließlich innen noch mit Pelzen vom Eichhörnchen, Fuchs, Iltis, Kaninchen, Lamm oder Schaf, Marder, Wasserwiesel, Fischotter oder mit gefärbten Stoffen.
Den fürstlichen Herrschaften blieben die Zobel- und Hermelinpelze und das »Schwanenfell« vorbehalten. Beim letzteren handelt es sich um die abgezogene, nach einem bestimmten Verfahren bearbeitete Haut einer Schwanenart, die sich durch besonders weiche Flaumfedern auszeichnete. Diese so präparierte Schwanenhaut wurde als kostbarer Besatz oder als Innenfutter verwendet.
Die langen Mäntel von halbrunder Form wurden im 12. und 13. Jh. nicht mehr wie bisher auf der rechten Schulter gefibelt, sondern durch eine Schnur oder eine kleine Kette vorne am Hals zusammengehalten. Die Schnüre oder Ketten führten zu zwei Schmuckstücken am Mantel, die großen Broschen glichen und Tasseln genannt wurden. Nach ihnen erhielt dieser Mantel die Bezeichnung Tasselmantel. Die Spange des Mantels war - nebenbei erwähnt - eine Art Abzeichen der Ehrbarkeit. In Marseille z.B. war es leichten Frauenzimmern verboten, mit Spangen besetzte Mäntel zu tragen.
Sehr oft sieht man bei Statuen des 12. und 13. Jhs., wie die vornehme Dame zwei Finger in die Schnur dieses Tasselmantels legt. Neben dem Aufraffen des Mantels galt diese Geste als »Haltung höchsten Schicks« (Abb. 9)!
Apropos Mantel! Im Mittelalter besaß der Mantel gerade im Rechtsbereich eine besondere, symbolische Bedeutung. So war es seit dem 13. Jh. in Deutschland üblich, voreheliche Kinder während des Trauungsaktes unter den Mantel oder den Schleier der Mutter treten zu lassen, damit sie zu ehelichen Kindern wurden (Mantelkinder).
Bis weit ins 12. Jh. hinein wurden die oben beschriebenen Kleidungsstücke von den Frauen zu Hause angefertigt. Auch die adligen Damen stellten zumindest ihre Unterkleider selbst her. Erst als die Modelle zu kompliziert wurden, waren Spezialisten, die Schneider, gefragt.
Die Gewänder der adligen Herren waren im 12. und 13. Jh. ebenso kostbar, bunt und raffiniert wie die der Damen. Auch sie trugen Oberkleider, die im oberen Teil eng zugeschnitten waren und unten in Falten zum Boden herabfielen. Lange Hängeärmel und Schnürbänder an den Seiten des Oberteiles waren bei ihnen und selbst bei den Mönchen sehr begehrt! Festkleider wurden z.T. noch zusätzlich mit Tausenden von Perlen und kostbaren Steinen besetzt. Kostbare Hüte und Hauben wurden mit Rubinen, Smaragden, Diamanten und Perlen verziert. Karl der Kühne (+ 1477), Herzog von Burgund, überraschte 1471 seine Frau mit einem Hut, der aus 600 großen und kleinen Perlen und unzähligen kleinsten Steinchen zusammengestellt worden war. Auch der Gürtel, den Männer und Frauen trugen, wurde oft reichlichst mit Edelsteinen und Perlen verziert. Dabei waren echte Perlen, die damals am Persischen Golf von Perlenfischern gewonnen wurden, selbst für viele Adlige unerschwinglich. Als Ersatz dienten ihnen Glasperlen aus Venedig, die von Glasmachern hergestellt wurden.
Wie der Mantel besaß auch der Gürtel im Mittelalter im Rechtsbereich seine symbolische Bedeutung. Wenn ein Verurteilter z.B. des Landes verwiesen wurde, hatte er seine Schuhe und seinen Gürtel abzulegen. Zum Zeichen ihrer Unterwerfung mußten Besiegte ihre Gürtel dem Sieger übergeben. Der Brautgürtel wurde der Ehefrau am Hochzeitstag von ihrem Gatten abgenommen, der seine Gattin durch diesen Akt völlig in seinen Besitz nahm. Eine Witwe konnte sich der Schulden ihres toten Mannes entledigen, indem sie ihren Gürtel oder ihren Mantel auf die Bahre oder das Grab des Ehemannes legte.
Neben dem Aussuchen kostbarer Stoffe und dem Anfertigenlassen prächtiger Gewänder wandten die adligen Herren und Damen viel Zeit für ihr Haar auf. Im 12. Jh. waren bei den Männern wieder längere Frisuren gefragt, die aber nicht über die Schultern reichen sollten. Mit Eiweiß und Brenneisen versuchte man auch die Haarsträhnen an der Stirn in künstliche Locken zu legen. Für kahlköpfige Herren wurden Perücken hergestellt. Besonders begehrt war dabei die blonde Haarfarbe mit einem Stich ins Rötliche. Wer zu dünnes Haar besaß, konnte eine größere Fülle vortäuschen, indem er zusätzlich gelbe Seide oder Goldfäden ins eigene Haar hineinflocht. Männer mit besonders dicken und langen Haaren ließen sich sogar Zöpfe flechten.
Die Barttracht der Herren war vom Alter abhängig. Junge Adlige waren in der Regel bartlos. Erst die Männer mittleren Alters zeigten sich mit dem vornehm gestutzten Kinn- oder dem Schnurrbart. Die älteren Herren bevorzugten den Vollbart, der zuweilen in Zöpfe geflochten oder mit Goldfäden versetzt wurde.
Für die Männer aus dem Volk war dagegen kurzes Haar vorgeschrieben.
Die adligen Frauen bedienten sich ebenfalls des Brenneisens, um ihre Haare in Locken fallen zu lassen. Junge Mädchen durften ihr Haar offen tragen. Sie schmückten es mit Blumenkränzen, Krönchen und Metallreifen oder zogen bunte Bänder durch die Haarsträhnen.
Die verheiratete Frau hatte dagegen auf Anordnung der Kirche hin in der Öffentlichkeit ihre Haare unter einem Schleier zu verbergen. Im karolingischen (8. - 10. Jh.) und ottonischen Zeitalter (10. - 11. Jh.) trugen die Ehefrauen lange, faltenreiche Schleier aus durchsichtigen Stoffen, so daß das Haar darunter immerhin noch zu erkennen war. Im 12. Jh. wurde eine neue Kopfbedeckung, das Gebende, modern. Da dessen schmale Tuchbänder fest um die Wangen und das Kinn gebunden wurden, fiel den Frauen von nun an das Sprechen, Lachen, Essen und Küssen recht schwer (Abb. 10).
Neben dem Gebende gab es noch den Wimpel (Abb. 11). Beide Kopfbedeckungen wurden vorzugsweise aus weißem Leinen hergestellt.
Auch das Haar hatte im Mittelalter Rechtssymbolkraft. Das Weiterwachsen der Haare noch gewisse Zeit über den Tod hinaus, ließ es zu etwas Geheimnisvollen werden, zu einem Sitz magischer Kräfte. So verstärkten friesische Männer ihre Schwüre, indem sie z.B. die linke Hand auf ihr Haar legten.
Nach bayerischem und schwäbischem Recht leistete eine Frau den Eid, indem sie mit den Fingern der rechten Hand den über der Brust herabhängenden Haarzopf berührte. Das Abschneiden und die Übergabe von Haar wurden als Zeichen der Unterwerfung betrachtet. Gefangenen Feinden schor man deshalb das Haupthaar. Die Tonsur der Mönche symbolisierte ihre Unterwerfung unter die Regeln des gewählten Ordens.
Die adligen Herren - ob verheiratet oder nicht - schmückten ihre Haare wie die unverheirateten Mädchen mit Blumenkränzen und Metallreifen. Besonders geschätzt wurde als Kopfbedeckung jedoch der Pfauenhut. Hierbei handelte es sich um ein Tuchgestell, das ganz mit Pfauenfedern bedeckt wurde.
Auf die Wahl der »richtigen« Schuhe legten sowohl die adligen Herren als auch die Damen großen Wert, obwohl es beim weiblichen Geschlecht für unschicklich und ordinär galt, Fuß zu zeigen.
Die Halbschuhe oder kurzen Halbstiefel, die im 12. und 13. Jh. getragen wurden, waren aus schwarzem oder farbigem Leder oder aus Stoffen wie Brokat gefertigt worden. An ihren Innenseiten befanden sich Spangen- oder Schnürverschlüsse, und vorne endeten sie mehr oder minder spitz.
Die Hände verschwanden unter kostbaren, oft weißen Handschuhen. Natürlich besaßen auch die Handschuhe im Mittelalter eine symbolische Bedeutung und zwar ganz speziell im Lehnswesen und im Marktrecht. So kann man aus dem Sachsenspiegel, dem bedeutendsten Rechtsbuch des Mittelalters, das um 1220 geschrieben wurde, folgendes erfahren:
»Kein Ort dürfe einen Markt errichten, es sei denn, der König sende seinen rechten Handschuh als Zeichen des Rechtsbannes und seines Schutzes.«
Schließlich darf im Hochmittelalter auf keinen Fall die Ritterrüstung unerwähnt bleiben.
Im 12. Jh. begnügten sich die adligen Krieger noch mit einem Ringpanzer, der aus einem mehrschichtigen Geflecht von zusammengenieteten, zusammengeschweißten und ausgestanzten Ringen bestand. Dieser Panzer reichte etwa bis zu den Knien und war mit Ärmeln und oft auch mit Fäustlingen versehen. Letztere wurden, um ein Wundscheuern der Finger zu verhindern, innen mit Leder überzogen. Aus dem gleichen Grund trug man unter den Ringpanzern zusätzlich noch einen gesteppten Wams. Für die noch ungeschützten Körperteile wie den Kopf, den Hals, die Unterschenkel und die Füße gab es noch weitere Panzerteile. So wurde der Hals z.B. durch einen dicken, gepolsterten Stehkragen geschützt.
Für den Kopf stand anfänglich der Rund- oder Spitzhelm zur Verfügung. Erst im 13. Jh. kamen die schweren Topfhelme (Abb. 12) mit ihren Sehschlitzen in Mode, unter denen die Männer - um Verletzungen allein schon vom bloßen Tragen zu entgehen - noch gesteppte Kappen aufsetzen mußten. Die Hauptwaffen des Ritters waren die Lanze und das zweischneidige, ungefähr 80 - 90 cm lange Schwert. Letztere Waffe konnte schreckliche Verletzungen verursachen und Männer mit einem Schlag von der Schulter bis zum Oberschenkelknochen zerfetzen. Da die Ritter aus Schutzgründen immer mehr unter ihren Rüstungen verschwanden, und es im Kriegsfall schwierig wurde, Freund und Feind zu unterscheiden, gelangte die Wappenkunde zur Blüte. Anhand der Wappen konnte man nun erkennen, um welchen Herrn es sich unter der Ritterrüstung handelte. Angebracht wurden diese Abzeichen auf den Waffenröcken, die über die Rüstungen angelegt wurden, auf dem Schild, auf der Schabracke (Decke des Pferdes) und manchmal auf dem Helm als Helmzier (Abb. 13).
Diese Helmzier, die außer dem Familienwappen auch Tiere, Tierkörperteile, Pflanzen, sogar Frauen (Abb. 14) darstellen konnte, wurde aus Holz, Leder, Leinen oder Pergament angefertigt und war z.T. sehr bunt bemalt oder sogar vergoldet.
Die Kleidung der Bauern und der ersten Bürger bestand im 12. und 13. Jh. im Gegensatz zu den adligen Herrschaften immer noch aus den kurzen Hemdröcken und den engen oder weiten Hosen. Einige von ihnen konnten sich noch einen Umhang, der »Glocke« genannt wurde und oft mit einer Kapuze versehen war, leisten. Die meisten Bauern und Bürger begnügten sich jedoch mit der Gugel (Abb. 15), einer an einem breiten Schulterkragen befestigten Kapuze. Ihre Frauen gaben sich wie bisher mit ihren Hemdkleidern zufrieden. Als Schuhe standen den Bauern und Handwerkern - wenn diese sich überhaupt welche leisten konnten - geknöpfte oder geschnürte Halbstiefel zur Auswahl. Viele von ihnen hatten jedoch barfüßig ihrer Arbeit nachzugehen.
Bei den Adligen dagegen wurde im 12. Jh. eine neue Schuhform »hochmodern«: der Schnabelschuh (Abb. 16).
Angeblich soll ein gewisser Graf Fulko IV. von Anjou (+ 1109) diese Schuhform erfunden haben, um seine deformierten Füße in ihnen verbergen zu können.
Eine absolut neue Erfindung war der Schnabelschuh jedoch nicht. Diese Schuhform wurde schon seit langem im Orient getragen. Wahrscheinlich gelangte er mit anderen morgenländischen Kulturgütern durch die Kreuzzüge nach Europa. Neu an den »abendländischen« Schnabelschuhen war nur, das zum erstenmal ein rechter und ein linker Schuh unterschieden werden konnte. Diese Unterscheidung gab es bei den mittelalterlichen Schuhen bisher noch nicht!
Die im Laufe der Jahrzehnte immer länger werdende Spitze des Schnabelschuhs wurde mit Werg, also mit den Zubereitungsabfällen von Flachs, Hanf usw., ausgestopft. Gefertigt wurden sie in den Materialien Leder oder Samt. Kostbare Schnabelschuhe wurden zusätzlich noch mit Perlen oder Goldstücken verziert. Als besonders »schick« hielt man ein unterschiedlich gefärbtes Paar. Vielleicht am linken Fuß ein blauer, am rechten Fuß ein roter Schuh?
Selbst die Ritter konnten auf ihre eisernen Schnabelschuhe nicht verzichten. Die eisernen Spitzen, die erst nach dem Aufsitzen zu Pferde angesteckt wurden, mußten beim Gehen oder Kämpfen jedoch entfernt werden, da man mit ihnen kaum vorwärts kam, geschweige denn fliehen konnte. Ja das Gehen mit Schnabelschuhen hatte so seine Tücken! Auch die Zivilbevölkerung konnte davon ein Lied singen! Um beim etwas schnelleren Vorwärtsschreiten nicht ständig über die eigenen Füße zu fallen, halfen sich pfiffige Leute, indem sie die Spitzen ihrer Schuhe mittels eines Kettchens am Knie »hochbanden«.
Um die teuren Schuhe vor dem Dreck und Schlamm der mittelalterlichen Straßen zu schützen, gab es zusätzlich noch die Trippen (Abb. 17), aus Holz gefertigte Unterschuhe, die unter ihrer Sohle häufig zwei absatzartige Verstärkungen aufwiesen. Die Trippen, die unter den eigentlichen Schuhen getragen wurden, konnten durch Lederriemen am Fuß befestigt werden. Schnabelschuhe und Trippen ließen bei ihren Trägern oder Trägerinnen jedoch nur einen trippelnden Gang - wie bei den Chinesinnen bis zu Beginn des 20. Jhs. oder traditionsbewußten Japanerinnen - zu. Zunächst war der Schnabelschuh nur dem Adel vorbehalten, aber schon bald wurde er auch von Patriziern, von Geistlichen, sogar von Handwerkern, Knechten und Bauern getragen. Im 14. Jh. sah sich die Obrigkeit deshalb gezwungen, in Kleiderordnungen wiederholt gegen die Auswüchse und vor allem gegen die Länge der Schnäbel vorzugehen. Es wurden sogar für einige Stände Beschränkungen und Kaufverbote angeordnet, die jedoch nichts änderten.
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